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Der liebe Gott hat uns geschaffen, weil er Geschichten mag!
Mit Verkostungsnotizen verdiente ich zwar mehr wie mit Weingeschichten. Aber irgendwie bereitet mir das Zweite mittlerweile fast mehr Freude. Und an diesem Spass möchte ich die Leser meiner Webseite ab und zu teilhaben lassen.



Das neue Gabriel-Glas im Test in der Schweizerischen Weinzeitung


DIE 13 ALS GLÜCKSZAHL FÜR VERITABLE COGNAC-GENIESSER

Viel lieber als einen guten Cognac trinke ich einen guten spanischen Brandy. Die sind voller, aromatischer und, was die Altressourcen betrifft, irgendwie ehrlicher.

Manchmal ist der Sonntag bei uns zu Hause der Spanienabend. Ein Stück Manchegokäse, eine dünne Scheibe von einem Iberico-Schwein, simples Brot und dazu einen gereiften Rioja (Winter) oder einen bulligen Ribera del Duero (Sommer). Das ist Leben und redimensioniert – besonders in dunklen, kalten Abenden – die mir angeborene Spaniensehnsucht.
Obwohl ich sehr selten Digestifs trinke, begebe ich mich dann manchmal noch in den Keller um eine Havanna zu holen und greife dann, je nach Stimmung, an den Hals eines Cardenal Mendoza, Carlos Primeros oder das höchste aller spanischen Brandygefühle; zum Constitucion.

Und der letztgenannte war bis vor kurzen für mich der beste Schnaps der Welt!

Doch es gibt einen aus Frankreich der so fein und zart ist und sich wie Seide auf der Zunge bewegt und dabei ein Cognacparfüm frei setzt, das dem Geniesser das Gefühl gibt, jemand hätte mir dem Zerstäuber den Gaumen benetzt.
Doch – diese unglaubliche Delikatesse hat leider seinen Preis. Für eine Flasche vom Remy Martin Louis Treize (XIII) blättert man gut und gern 1500 Euro hin. Zu teuer für einen Sonntagabend bei mir zu Hause. So geniesse ich ihn halt ab und zu bei meinem Freund Lucien in Ste. Maxime.




Mehr als Bluff und Luxuxsgeplänkel.

Ein Cognac Louis XIII ist das höchste aller Feingefühle im hochstelligen

Prozentbereich.

WIE WERDE ICH WEINLIEBHABERIN

Fragen zur Maturaarbeit von Lea Moser. Antworten von René Gabriel

Wie sind Sie zu Wein gekommen? Wurde bei Ihnen zu Hause bereits Wein getrunken?
Mir schmeckte Wein immer sehr gut zum Essen. Deshalb genoss ich schon Wein als meine Kollegen noch Bier tranken.
Im Elternhaus wurde nur selten Wein getrunken. Er hatte fast keinen Stellenwert.

Was haben Sie für einen persönlichen Bezug zu Wein?
Wein ist ein fester Bestandteil in meinem Leben. Es vergeht (fast) kein Tag ohne Wein.

Sie haben den ganzen Tag mit Wein zutun, geniessen Sie ihn auch in der Freizeit?
Absolut. Wein ist kulturelle Freundschaftspflege und ein Genusselixier.

Braucht es ein gewisses Grundwissen um einen guten Wein schätzen zu können?
Robert Mondavi sagte einmal: «To love wine you have to have an open heart».
Wenn Wein nicht bewegt, dann ist er nur Mittel zum Zweck.

Braucht es viel Eigenstudium um Weinkenner/in zu werden?
Heute ist das viel komplizierter, weil alle Weine der Welt zum Weinkennen gehören. Also ist Allround-Wissen extrem aufwändig und bedingt Geld, Zeit und Gedächtnis.

Wie gelangt man am Besten zu Wissen über Wein?
Aus Neugier, Pflege von gleichgesinnten Freundschaften, Lesen, Teilnahme an Degustationen, Kurse an der Academie du Vin. www.academie.org, Coop-Wein-Kurse etc. 

Wie wird man zu einer Weinliebhaberin?
Echte Liebe zum Wein und… siehe oben

Würden Sie sagen, dass es für junge Leute schwierig ist einen Bezug zu Wein herzustellen?
Eigentlich ja, weil der Kollegenkreis durch ein anderes Konsumationsverhalten geprägt ist. Zudem ist der Kontakt zu sehr guten Weinen sehr teuer geworden. 

Sollte man ein gewisses Weinvokabular beherrschen, um unter Weinliebhabern zu kommunizieren?
Ja, aber ein naturnahes, allzu hedonistische Aussagen verwirren. Wichtig ist, dass man die Zusammenhänge vom Rebstock zu Flasche nahtlos erkannt und auch von Nuancen der verschiedenen Herstellung zu berichten weiss. Und einen erlebten Genus sympathisch dokumentieren kann und in Relationen setzt. Wein erzählt Geschichten….

Was entscheidet darüber, ob man den Wein schätzt oder bloss als Getränk wahr nimmt?
Das Glücksgefühl das man beim Genuss erlebt. Im Buch «die Glücksformel» von Stefan Klein ist dieser Umstand herrlich erklärt und beschrieben. Serotonin als Genusswaffe! 

Was kann bei der Degustation einen Einfluss auf das Schätzen des Weins haben? (Tagesverfassung, Stimmung einer Person, Essgewohnheiten)
Alles. Degustieren ist Tagesform. Persönlich aber die qualitativen Umstände der Probe. Temperatur des Weines, Lagerung, Glas. Und… da gehört sogar noch das Wetter dazu: Tiefdruck und Hochdruck wirken sich auf die physische Konstellation des Weines aus!

Kann man einen Wein wirklich rein objektiv bewerten? Bsp. Punktesystem mit 20 oder 100 Punkten.
Kein Leichtathletiker läuft seine 100 Meter immer in der gleichen Zeit. Welche seiner bisherig gelaufenen Zeiten ist jetzt die richtige Bewertung für seine Grundleistung? Seine beste oder seine schlechteste Zeit? Auch ich bewerte manchmal den gleichen Wein etwas höher, aber auch manchmal leicht tiefer. Nicht mit viel Differenz – aber doch mit einer gewissen Differenz. Nimmt man den gleichen Wein den ich schon mehrmals bewertete und stellt man diese Wertung den Punktierungen von anderen Journalisten gegenüber, so ergibt sich daraus ein Bild in dessen Mitte der Spannbreite der effektiven Punkte-Qualität sein kann. Bewerten alle Journalisten den Wein hoch. So ist eine gute Garantie vorhanden. Ist das Bewertungsbild allzu heterogen; Finger weg! 

Was sind Ihre besten persönlichen Erfahrungen mit Wein?
Die unvergesslichen Erinnerungen an besonders schöne Weinerlebnisse. Irgendwie sind wir Genussjäger die eine solche Suche mit möglichst würdigen Menschen gerne teilen.  

Was halten Sie davon, dass Grossanbieter wie Aldi Weine zu einem sehr tiefen Preis verkaufen und ihn als gute Qualität klassifizieren?
Als ich bei Mövenpick vor 20 Jahren meine Arbeit anfing, waren gute Weine teuer und schlechte Weine billig! Heute ist das anders. Wer grosse als Produzent grosse Mengen von Wein produziert, braucht ein genaues Qualitätsmanagement und ein attraktives Marketing um den gewünschten Erfolg zu erreichen. Es gibt nicht wenige Weine die günstig und gut sind. Und es gibt auch Weine die teuer sind und die erwartete Leistung trotzdem nicht erbringen. Also ergibt sich aus dieser Formel das oft zitierte Preis-Leistungsverhältnis. Und das kann auf jedem Niveau gut oder schlecht sein. Auch ich trinke ab und zu – vor allem am Mittag – gerne einen einfachen, ehrlichen und somit auch günstigen Wein.     

Hat der Preis eines Weines, einen Einfluss auf junge/unerfahrene Käufer?
Mehr als 50 % des Weinkonsums und dessen Beschaffung laufen über den Lebensmittel-Grosshandel (Coop, Denner etc.). Das spielt beim primären Kaufentscheid erst Mal der Preis und dann sofort die Aufmachung (Outfit) eine grosse Rolle. Ob der Wein dann wieder gekauft wird, hängt vom Genuss ab, den das Produkt effektiv vermittelte.  Wer keine Ahnung vom Wein hat, kauft sich immer wieder die «schönsten Flaschen» innerhalb seines Budgets. 

Spielt es für die spätere Entwicklung eine Rolle, ob man eher in einer Weingegend oder einer Biergegend aufgewachsen ist? 
Absolut - aber ich würde die Analyse nicht auf Weingegend beziehen, sondern aufs menschliche Umfeld. Bis vor wenigen Jahren trank man in Deutschland mehr Bier wie Wein. Heute ist es etwa gleich und man stellt dabei eine Tendenz von immer mehr Rotweinkonsum fest. Also passt sich Deutschland den umliegenden Ländern mit einer jahrzehntelangen Differenz nach und nach an.  

Gibt es einen typischen Frauen- oder Männergeschmack?
Sprechen wir von den ganz grossen Weinen, dann glaube ich kaum an einen relevanten Unterschied. Frauen neigen tendenziell dazu besonders gut auf die Kombination Speisen und Wein zu achten. Männer sind da eher weinegoistischer und wählen den Wein und das Essen eher nach Vorlieben aus, auch wenn es dann nicht ganz so passt. Auf der untersten Genusschiene ist die Differenz zwischen Frau und Mann gewaltig. Ich sage dazu nur: Prosecco und Bier.    

Gibt es typische lokale Präferenzen (Deutschschweiz, z.B. leichte Rote – Romandie, z.B. spritzige Weissweine – Tessin)?
Das Gefälle des helvetischen Weinkonsums ist gewaltig. Während es die Weine des Südens (Tessin, Wallis und Romandie) es locker bis an die nördlichen Grenzen der Schweiz schaffen, funktioniert der «kantonalen Export» vom Norden in den Süden überhaupt nicht. Die Romands sind sehr Frankreich-fixiert, während die Konsumenten der deutschen Schweiz viel offener sind, gegenüber der ganzen Weinwelt. 

Gibt es hinsichtlich des Geschmackes einen Unterschied zwischen den Generationen?
Ja! Aus mehreren Gründen. Zum einen verfügt die ältere Generation über eine gewachsene, persönliche Evolution und über ein besseres Budget um seine persönlichen Vorlieben zu zelebrieren. Dabei spielt auch die Möglichkeit sich Weine im Keller für den späteren Konsume über Jahre reifen zu lassen eine gewisse Rolle.
Die Jugend sieht den Wein – sofern vor lauter Konsum von Designer-Drinks – überhaupt  entdeckt, als Partygetränk. Dass man Wein als idealen Essensbegleiter sieht, ist eher marginal. Eine Cola schmeckt in dieser Lebensphase zum Hamburger besser als ein Rotwein. In der Regel ist die Wirkung wichtiger als der Geschmack. In den ersten Phasen hin zu einem möglichen Weinkenner ist Power wichtiger als Finesse.  

Ordnen Sie bitte die Begriffe Intensität, Aromen, Farbtönung, Transparenz, Süsse/Säurekomplex, Harmonie, Nachgeschmack und der 1. Eindruck einer Rangefolge ein. Der erste Begriff ist der wichtigste Punkt bei einer Weindegustation, der letzte der etwas Bedeutungslosere.

Eine Aufreihung ist sinnlos. Jede Weinbewertung hat einen chronologischen Ablauf der sich von der Fragestellung unterscheidet.
1. Auge
2. Nase
3. Gaumen
4. Gesamteindruck/Konklusion
5. Wertung
6. Definition der Genussreife

Einen guten Degustator erkennt man daran, dass man beim Lesen Weinbeschriebes mehr Aufmerksamkeit als der Wertung zuwendet.

Eines der grössten Komplimente ist es für mich jeweils wenn die Leute sagen: «Wie viele Punkte gibt Parker – und was sagt Gabriel zu dem Wein!»




Unerwartete Rieslinglegende aus der Pfalz getrunken mit guten Freunden im Restaurant Luther in Freinsheim.






1918 Riesling Kieselberg, Bassermann-Jordan: Ockerbraun mit Bernsteinreflexen. Die Nase zu Beginn weg mittelsüss aber mit viel kompotthafter Frucht hinterlegt, gekochte Mirabellen, gelbe Pflaumen, Malz und dicker Honig, aber noch genügend Platz um eine Art Kräuterlikör durchschimmern zu lassen und mit einer erfrischenden Melissentonnote aufzuwarten. Im Gaumen wie ein süsser Manzanilla, Feigensirup und mit Curry-Madeiranote endend. Das Faszinierende war das «Leichte» im «Süssen». Meine allererste ganz grosse Pfalzreifweinerfahrung! 19/20  


DER WEIN - ACHILLESFERSE FAST ALLER EINLADUNGEN

FRAGE VON CH. W. AUS Z: Mein Beruf und unser Freundes- und Bekanntenkreis beschert uns die Teilnahme an vielen Events, Geburtstagen und sonstigen Einladungen. Auch wenn die Gastgeber noch so wohlhabend sind: Mit dem Wein hapert es fast immer! Praktisch niemand -  es gibt ganz wenige löbliche Ausnahmen - kredenzt einen tollen Bordeaux zu einem Essen oder Bankett! Immer nur irgendwelche namenlosen Italiener oder Südamerikaner, welche nichts anderes bewirken als blaue Zähne und Kopfweh! Was tun dagegen?
Es gibt zwei Lösungen:
1.) Den ganzen Abend nur Mineralwasser trinken.
2.) Aus dem eigenen Keller zwei tolle Flaschen mitnehmen, mitsamt
Korkenzieher, diese an seinem Platz öffnen und... stillvergnügt geniessen.
Aber das kommt manchen Gastgebern in den falschen Hals.
Wisst Ihr eine andere Lösung ?

ANTWORT VON R.G: AUS G: Da gibt es zwei, sensationelle Möglichkeiten:
1. Nicht hingehen. Der Abend wird länger bei schlechtem Wein.
2. Selber Flaschen mitnehmen, dann (auf der Toilette) diese in die "offiziellen Gastgeber-Flaschen" dekantieren und dann das Servicepersonal instruieren, dass dieser Wein diskret nur bei sich eingeschenkt wird.

Habe ich auch schon gemacht. Funktioniert super.


BURGUNDER-TECHTEL-MECHTEL MIT HUDELOT-NOELLAT

Wer beim grosszügigen Gastgeber Urs Ratschiller auf seiner lauschigen Terasse in Sugiez Platz nimmt muss damit rechnen, dass er mit feinen Burgundern nahezu zugedröhnt wird...


Und da ich diesen Provenienzen nicht abgeneigt bin, nehme ich jeweils dort sehr gerne Platz. Urs entschied sich für den Jahrgang 2004 und holte uns eine Flasche 2004 Vosne-Romanée Les Beaux-Monts der Domaine Hudelot-Noellat. Mir graute aus vager Erinnerung. Noellat besass grossartige Lagen in Vosne-Romanée aber die Weine waren jeweils absolut mies. Irgendwann kaufte die Domaine Leroy dann Noellat auf und verzehnfachte die ehemalige Qualität linear mit dem damaligen Preis was nicht schwierig war. Und auch an Hudelot hatte ich eher bescheidene Erinnerungen an Flaschen, bei denen noch Moine-Hudelot auf dem Etikett stand. 

Doch dieser Beaux-Monts (17/20) war fein, erdbeerkompottig ohne zu viel Süsse und bereitete derart Spass, dass Urs schon bald wieder im Keller verschwand. 
Jetzt ploppte es beim Entkorken einer Flasche 2004 Romanée-St-Vivant. Dieser war würzig wie ein La Tâche mit viel schwarzen Beeren, feinem Rauch und einer trockenen Reserve. (18/20). Urs meinte, mann solle diesem Wein noch etwas Luft gönnen und wir derweil etwas anderes trinken könnten. Bevor ich etwas erwiedern konnte, war er schon wieder im tiefen Keller und erschien mit einem 2004 Richebourg. Genau so wie ein Richebourg duften soll, etwas frische Himbeeren, etwas Himbergelée und sogar etwas Himbeeregeist. Dicht und fein im Extrakt mit nachhaltigen Reserven (18/20). Konklusion: Kleines Jahr - überraschend grosser Winzer.  

Offensichtlich ist die Domaine Hodelot-Noellat (positioniert in Chambolle-Musigny) ein Geheimtipp. Und ich überlegte mir ganz ernsthaft, ob ich nicht wieder einmal ins Burgund fahren sollte um ein paar kleinere Burgunderproduzenten zu besuchen und mir auf die alten Tage ein mittelgrosses Regal für Flaschen aus der Côte d'Or im überfüllten Keller frei zu schaufeln. 
Und falls mir das in absehbarer Zeit nicht gelingt - habe ich als Joker immer noch den Urs...   


DAS DUCRU-WUNDER

Dreizehn verschiedene Bordeaux-Doppelmagnumflaschen entkorkten wir im Gasthaus Sempacherhof. Noch unglaublich jung, sehr gross und leider etwas zu wenig lang dekantiert (mea culpa); 1983 Mouton-Rothschild (20/20) und 1986 La Mission Haut-Brion (19/20).

Vom effektiven Trinkgenuss her die schönsten Weine des Abends: 1978 Léoville Las-Cases (19/20), 1988 Clerc-Milon (19/20). Fein, würzig und klassisch: 1979 Figeac - was für eine Nase! – (18/20), 1985 Pavie (18/20), 1993 Lafleur (18/20) und 1994 Cheval-Blanc. Fett und vollreif: 1989 Petit Village. Bombig und röstig: 1999 Valandraud.

Meine ganz persönliche Überraschung war der 1973 Ducru-Beaucaillou. Ich schenkte ihn selber ein und er zeigte sich rostbraun und gefährlich hell und duftete deutlich überreif, ja fast schon kaputt aus den Gläsern. Ich überlegte, was ich wohl zu diesem ersten Wein den rund 40 Gästen als Entschuldigung murmeln sollte.
Als ich dann zum Kugelschreiber griff und meinen Kommentar nieder schrieb, schien mir die Oxydation schon etwas dezenter geworden zu sein. Ja – noch etwas Liebstöckel halt, etwas Verdelho-Madeira, etwas alte Fässer, aber doch noch Etwas versöhnlich Süsses darin. Im Gaumen eher  schlank, wie man es  sich von einem so kleinen Jahr gewohnt war, aber doch – dank seiner generellen Balance – noch recht schön zu trinken. Und mit diesen Worten präsentiere ich ihn dann dem Publikum.
Und ich erzählte von meiner Theorie, dass die Luft die sich zwischen dem Korken und dem Wein befindet halt nicht so richtig atmen kann und nach so vielen Jahren erstickt und manchmal stinkig wird wie altes Blumenwasser und diese miese Luft dann beim Einschenken halt mitkommt und eine Zeit lang über dem Glas schwebt und dann verfliegt und dass der Wein nach ein paar Minuten ganz anders riecht/duftet als am Anfang. Man soll also nie alte Flaschen zu schnell verdammen und ihnen diese Miese-Luft-Absorbierungs-Zeit unbedingt gönnen. 

Dann kommentierte ich noch die anderen drei Weine und setzte mich wieder an meinen Platz. Und – oh Wunder. Meine Theorie bewahrheitete sich und der kleine Ducru 1973 schmeckte aus der grossen Flasche jetzt ganz ausgezeichnet!

Toller Abend! Tolle Stimmung und viele Komplimente. Dies trotz des korkigen 1996er Pape-Clément. So beschloss ich den Abend nächstes Jahr (am 7. Mai – bereits auf dem Netz) zu wiederholen. Nicht zuletzt auch darum einer weiteren Doppelmagnum 96er-Pape eine zweite Chance zu geben…


BURGUNDER BEST-BOTTLE

«Einen guten Bordeaux würde ich jederzeit einem guten Burgunder vorziehen – aber ich mag lieber einen ganz grossen Burgunder wie einen ganz grossen Bordeaux!» Das war die Antwort vom legendären Senior Egon Müller als wir ihn einmal nach seinen persönlichen Vorlieben beim Rotweingenuss fragten. 

Vielleicht ist es die klägliche Summe ganz grosser Burgundererlebnisse die die Sehnsucht danach steigert. Denn – wer sich mit den Weinen der Côte de Beaune und der Côte de Nuits eingehend befasst weiss, dass es bis hin zum Besitz zu ganz grossen Burgundern eine lange Durstrecke gibt die Neugier, Geduld und Budget erfordert. Und ist man endlich im Besitz von ein paar ganz grossen Côte-d’Or-Raritäten, hütet man diesen Schatz wie den Augapfel. Und wartet manchmal mehr wie ein Jahrzehnt, bis man die passende Gelegenheit findet. Und – dann will man eine bestmögliche Garantie, dass jene Weinfreunde die an diesem Tropfen partizipieren das Gebotene auch gebührlich zu schätzen wissen. 

Somit ist die Formel «Best-Bottles» eine gute Erfindung um nicht nur seinen eigenen Wein zu zelebrieren, sondern auch an andere Burgundererlebnisse heran zu kommen. René Gabriel bestimmte das Datum (Freitag, 1. Juni) und den Veranstaltungsort (Gasthaus Sempacherhof, Sempach-Station) und informierte über diesen Event auf seiner Webseite (www.weingabriel.ch) mit einer Vorlaufzeit von gut einem Jahr. Nun lag es an den Internetseitenbesuchern Gebote zu platzieren um sich einen Sitzplatz zu ergattern. Diese konnten in Form von einer einzigen, besonders raren und teuren Flasche sein. Oder halt der Bereitschaft gleich zwei Flaschen zu opfern, um mithalten zu können.  

Hier die Ernte eines unvergesslichen Weinabends mit keinem Kork und einer oxydierten Flasche. Also eine Burgunder-Genussernte von seltenem Ausmass.

Und weil es im Burgund keine Süssweine gibt und weil Jürg Richter ebenfalls an dieser Weinprobe teilnahm, schloss sich der Kreis bei zwei ungeahnt grossen Sauternes aus dem an sich als wenig berühmten Weinjahr 1904... 

1979 Batard-Montrâchet, Ramonet (Yves Beck): Dunkelgelb. Fett, üppig, fast ranzige Butter, Haselnussöl. Auch im Gaumen fast ölig. Ein dicker gereifter, aber noch sehr intakter Batard der seinem Namen alle Ehre bereitet. 19/20 trinken

1995 Corton-Charlemagne Coche-Dury (Thorsten Grubmüller): Mittelreifes Gelb. Leicht käsig im ersten Nasenbeginn, Molketon, elegant gefüllt und fast rahmig. Grosser Gaumenauftakt, milde aber noch stützende Säure, cremiger Fluss von königlicher Erhabenheit. 19/20 trinken

2005 Montrâchet Jacques Prieur (Marcel Merz): Leuchtendes Gelb. Würziges Bouquet, feine Kamilenuancen und Akazienhonig, sehr vielschichtig. Im Gaumen leicht stohiger Beginn, trockenes Extrakt, eine tolle Konzentration zeigend, gewaltige Aromatik im Finale. Noch grosses Potential. 19/20 trinken

2007 Meursault Les Grands Charrons Bernard Boisson-Vadot (René Gabriel): Hell und brillant mit dezent grünlichem Schimmer. Klare, mineralische Stilistik, Krachmandeln und feine Harznuancen. Im Gaumen mit fast knackiger Säure, beeindruckendes, konzentriertes Extrakt. In diesen grossen Weinen der Serie locker mithaltend. Spannendes Potential. 19/20 trinken

1947 Chambertin Vandermeulen (Harald Jäckle) : Leicht bräunliches Gelb. Kokosfett und Kakaobutter in der eigenwilligen Nase, gebrannte Mandeln, weisse Sesamkörner und Bambus, feine Oxydation aber nicht störend. Im Gaumen füllig, ölig, leicht ranziges Erdnussöl, aber immer noch ein beeindruckender weisser Altburgunder der sogar mit einem Hauch Caramel dick endet. 19/20 vorbei

1928 Charmes Chambertin Morin ( Wolfgang Luiz): Aufhellendes Rostbraun, grosser Rand aussen. Waldig-pflaumiges Bouquet eine schöne Terroirsüsse zeigend, Tabak und Malagarosinen, Moschus und Leder. Samtener Gaumen, feine Tannine, reife Säure, sehr harmonisch, traumhaft gereift. 19/20 austrinken

1937 Richebourg, Louis Jadot (Harald Jäckle): Braun mit Bernsteinreflexen. Oxydative Noten, alter Madeira, Bakelit. Noch durch Säure etwas erhalten, aber leider weit über dem Zenit. 16/20 vorbei

1947 Musigny Comte de Vogue (Albrecht Braun): Sehr hell aber auch recht intakt. Filigranes, delikates Bouquet mit letzten Himbeerfruchtresten, Hirschleder, Pfifferlinge. Tänzerischer Gaumen, schlanker aber sehr langer Körper die lebendige, leicht dominierende Säure gibt dem mehr als 60jährigen Weine eine gewaltige Frische. 19/20 trinken 

1947 Chambertin Vandermeulen (Sigi Hiss): Recht dunkle Farbe. Kaffeesatz, schwarze, feuchte Herbstpilze, viel malzige Süsse mit einem gewissen Guinessbiertouch. Im Gaumen füllig, cremig, viel Kräuter und wieder Malz. Leicht über dem Zenit – aber immer noch faszinierend. Im Gaumen besser als in der Nase. 18/20 vorbei

1974 Richebourg Domaine de la Romanée-Conti (René Gabriel) : Sehr hell mit viel Braunschimmer. Nelkenpulver, Nescafé, Sauerkirschen, typisches, reifes DRC-Bouquet mit leicht stieligen Nuancen. Im Gaumen extrem leicht tänzerisch mit einer dezent, aber doch passenden kapseligen Säure, klingt erstaunlich lange nach. Noch sehr gut – aber wohl Dank Grossflasche (3 Liter – damals noch Réhoboam) 17/20 austrinken 

1959 Musigny Comte de Vogue (René Gabriel) : Extrem hell, fast transparent. Sehr reifes, feinwürziges Bouquet, Himbeeressig, Nelkenpulver, Liebstöckel, Lorbeerblatt. Wie beim 47er auch hier eine stützende Säure, viel Muskeln bei sehr schlankem Körper. Viel erwartet, wenig bekommen. 16/20 vorbei

1961 Grands Echézeaux Domaine de la Romanée-Conti (Klaus Kupper): Intaktes Weinrot, relativ wenig Reifetöne für dieses Alter. Kompottige Süsse, rote Pflaumen, Ricola. Im Gaumen eine tolle Süsse mit relativ viel reifen Früchten, füllig und würzig, waldiges Finale wie ein artisanaler Rioja. Toller Burgunder ! 19/20 trinken

1967 Clos Vougeot Jacques Prieur (Marcel Merz): Aufhellendes Weinrot, wenig Reifetöne. Pilziges Ranchiobouquet, alter Schrank. Gezehrter Gaumen, spröde Tannine, ausgelaugtes Finale. In der Nase noch passabel im Gaumen kaputt. 14/20 vorbei

1969 Echézeaux, Domaine de La Romanée-Conti (Jürg Richter): Hell und ziegelrot mit bräunlichem Schimmer. Maggiwürze, flüchtige Säure, alter Essig, morscher Balken. Im Gaumen viel angenehmer eine morbide Süsse, mürbe Tannine, gut erhalten, aber nicht das, was man erwartet hätte. Vor allem, wenn man die aktuellen Marktpreise betrachtet. Verkaufen ist besser als trinken. 16/20 vorbei

1990 Musigny Comte de Vogue (Benno Ottiger): Noch jugendliches Rubin, leuchtend. Verhaltenes, reduktives Bouquet, noch ein feiner Hauch Caramel, nussig, Nescafé. Im Gaumen noch geballt, kräftig mit viel Kraft, adstringierend und damit anzeigend, dass er erst knapp am Anfang einer ganz langen Genussreife ist. Wenn er sich weiter so entwickelt, dann hat er das Zeug zu einem Kult-Musigny. 19/20 trinken

1989 Clos Vougeot Domaine Leroy: Leuchtendes Rubin, feine ziegelrote Töne. Biscuit und Halbweissbrotnase, eine Spur Fenchelsamen. Fest im Gaumen, gut gestützt, noch etwas prägnant in der Textur, wird zwar noch zulegen können, aber auch immer etwas metallisch bleiben. Die Nase liegt fast einen Punkt höher. 18/20 trinken  

1989 Richebourg Domaine Leroy: Leuchtend aufhellend, aber noch sehr jugendlich wirkend. Feinwuchtig, etwas zu Kopf zeigend, Himbeeren und Himbeerenrispen mit einem feien Touch Cassis vermischt. Schlanker und muskulöser Gaumen, die Säure verbindet sich mit den Tanninen, wirkt noch extrem jung und wird wohl erst in etwa 5 bis 10 Jahren seine effektive Note beweisen. Lange dekantieren. 19/20 trinken

1991 Romanée St. Vivant, Leroy (Christian Grill): Mittleres Rubin mit feinem Reifeschimmer. Pfeffriges Bouquet, dezent flüchtige Noten in form von Himbeeressig, ein Touch Grenadine. Konzentriert, eng gebündelt, feinrassig mit erstaunlich langem, rotbeerigem Finale. Kleines Jahr – ziemlich  grosser Wein! 18/20 trinken

1992 Clos de la Roche, Leroy (Christian Grill): Hölzernes Bouquet, Nussnoten, Pfeffermehl, eingelegte Rosenpfefferkörner, Fliedernoten, wirkt also noch sehr frisch. Noch viel Frucht die, so wie in der Nase pfeffrig im Extrakt wirkt, viel Rasse und erst am Anfang einer schönen Genussphase. Unterschätztes Jahr mit der Garantie einer grossen Domaine. 18/20 trinken

1999 Grands Echézeaux, Domaine de la Romané-Conti (Patrick Bopp): Recht dunkles Granat-Rubin, Ein extrem würziges Bouquet, getrocknete Preiselbeeren, Wildkirsch, Rosenpfeffer, Kardamom mit einem Touch Grenadine, viel Power und Tiefe zeigend. Im Gaumen eine geballte Ladung, nicht mehr so zäh wie vor zwei Jahren aber immer noch weit entfernt vom ersten Genusspunkt. Ein Monument das aufzeigt, wie gross die anderen, höher eingestuften 99er der DRC sein müssen. 19/20 warten

2000 Romanée St. Vivant, Leroy (Robert Kemmler): Reifende Farbe, ziegelrot-oranger Schimmer. Eine Fruchtbombe in der Nase, rote gekochte Kirschen, Himbeerlikör, Bast- und Zedernholz. In der Nase mit feinfülliger, eleganter Balance. Ein Weintraum mit unendlicher Länge. Es gibt offensichtlich ein paar ganz, ganz grosse 2000er in der Côte de Nuits und das Schöne daran ist, dass diese Weine jetzt ganz grossen, reuelosen Genuss bieten. 19/20 trinken

2001 La Tâche Domaine de la Romanée-Conti (Gerhard Müller-Schwefe): Deutlich hell, recht transparent. Viel Würze, mehr Würze wie Frucht, aber das ist man sich bei einem La Tâche gewohnt, Nelkenpulver, weissgraue Pfefferkörner, trotz der schönen Würznuancen ist das Bouquet noch sehr verhalten. Fester, muskulöser Gaumen, leicht kerniges Extrakt, noch ein fast blockiertes Potential zeigend, viel Reserven aber auch sehr bourgeoise Konturen. Ein Trotanoy aus Vosne Romanée. Kann – und wird noch zulegen. 18/20 warten

1904 Rayne-Vigneau, Sauternes (Jürg Richter) : Leuchtendes Orange-Gold. Nussiges Bouquet, viel Noten von gekochtem Aprikosenkompott, eine abgeklärte, recht füllige Süsse zeigend mit einer Spur Malz drin. Wunderschön harmonischer Gaumen, nach mehr als 100 Jahren mit einem unglaublichem Spasspotential ausgestattet. Heute noch ein absolutes Sauternes-Vergnügen. 19/20 austrinken

1904 d’Yquem : Sehr dunkles Orange-Braun mit viel goldenen Reflexen. Die Nase ist würzig mit einem fein grünlichen, erfrischenden Capsintouch im süss-trockenen, konzentrierten Bouquet. Im Gaumen mit einer klar mit einer lebendigen Säure ausgestattet, tolle Würze, wirkt auch hier wieder unglaublich frisch und ist auf gleicher Höhe wie der Rayne-Vigneau vom gleichen Jahrgang der links von diesem Yquem stand. Mehr als 100 Jahre als und kein Bisschen müde. 19/20 trinken 

 







Best-Bottle-Burgunder-Erlebnisse...


EIN GEPLATZER 5-STERN-HOTELBESUCH 

Irgendwie kam ich da auf diese Mail-Liste. Mag sein, dass sich die im gleichen Besitz befindlichen Hotel Trois Rois in Basel und Grand-Hotel Bellevue in Gstaad gegenseitig die Kundendateien zuhalten…

Ich klickte auf den Bellevue-Newsletter und ein Angebot namens «Autum Relax Special» interessierte mich besonders:  

Unser Angebot für 3 Nächte
• 3 Übernachtungen im Design-Doppelzimmer
• tägliches Frühstücksbuffet
• 3 Diners in der Brasserie Coelho
• freier unbegrenzter Eintritt in unser Bellevue SPA
• täglich Group-Workout-Lektionen
• 1 After Work time out im Bellevue SPA inklusive kl. Massage, Express Facial, Kopf- und Gesichtsmassage
• 3 Tage Easy Access Card (nur September & Oktober)
• Transfer vom Bahnhof zum Hotel und zurück
• Transfer zu den Bergbahnen und zurück
• Kurtaxen, Service & MwSt.

Ich fragte an, ob ich das auch für 30 Personen haben könnte? So in der Zwischensaison.

Schnell fanden wir einen passenden Termin. Allerdings ein Jahr später, weil ich ja meine Semester-Raritäten-Degustationen immer recht früh plane. Und eine Frau Holtlüver bestätigte mir das Ganze. Und ich schrieb den Event wie folgt aus: 

Donnerstagabend, 30. September bis Sonntagmorgen 2. Oktober 2010, Grand Hotel Bellevue, Gstaad www.bellevue-gstaad.ch 
«90 Mal 1990». Semester-Raritäten-Degustation.
Ein weltweit gelungenes, grossartiges Jahr in seiner vollen Reife. Das wird ein Freudenfest! Nebst allen wichtigen Bordeaux' öffnen wir: Spumante Bellavista Cuvée Anna Maria Clémenti aus der Doppelmagnum: Weitere Weine aus diesem Format: Barolo Sperss, Gaja; Pergole Torte; Ein paar Höhepunkte aus Australien: Armagh, Grange, Wynns John Riddoch. Aus der Rhône: Hermitage: La Chapelle Jaboulet, Le Pavillon Chaptoutier, Guigal. Weiter nördlich: Château de Beaucastel. Alle Weine von Castello di Ama: L'Apparita, San Lorenzo, Il Chiuso, Bellavista, Bertinga, La Cassucia; Weitere Toskaner: Guado al Tasso, Masseto, Ornellaia. Aus Spanien: 1990 Vega Sicilia Unico. Aus der Schweiz; der unzerstörbare Gran Riserva von Klausener. Aus dem Burgund meine 20/20-Ikone: Charmes Chambertin Geantet-Pansiot. Aus Kalifornien: Alle Heitz, Shafer, Silver Oak und Stags Leap Cask 23. Und immer wieder ein paar von den tiefgoldenen Sauternes. Die kleinste Flasche (37 cl.) stammt aus Fläsch (CH); der legendäre Strohwein von Gantenbein und der Schweiz. Die grösste Flasche (15 Liter!) stammt aus St. Estèphe; 1990 Les Ormes-de-Pez! So viele schöne und grosse Weine, werden Sie nie mehr wieder in Ihrem Leben an drei gloriosen Tagen geniessen dürfen!
Nach ein paar Tagen war diese Raritäten-Probe bereits ausgebucht.

Etwa zwei Monate später bekam ich ein Mail von Frau Goller die jetzt für mein Dossier verantwortlich war und sie fragte ob wir uns mal treffen könnten um die Details zu besprechen weil sie nichts in den vorhandenen Unterlagen finden würde.

Es sei ja noch eine gewisse Zeit bis dahin meinte ich und eigentlich müssten nur die Hotelzimmer, die Infrastruktur und der Koch bereit sein. Denn ich würde ja den Weinservice selber machen und dafür einen eigenen Sommelier mitbringen. 

Ein halbes Jahr später meldete sich die Frau Mix, die jetzt die Nachfolgerin von Frau Groller war. Zuerst musste ich Ihr mitteilen, was an diesem Wochenende in Ihrem Hotel stattfinden würde, weil jetzt grad im Moment das Dossier…

Vor ein paar Tagen rief mich der Herr Grasmuck an. Er würde sich jetzt – als neu zuständiger für den Veranstaltungsbereich – persönlich um mein Dossier kümmern und er hätte ein kleines Problem. Ob ich nicht den Event etwas verschieben könnte, weil sie jetzt neu auf ein Saisonhotel switchen und grad dummerweise, an dem Wochenende an dem ich mit meiner Gruppe kommen möchte, eigentlich jetzt neu geschlossen hätten. Er könnte es zwar irgendwie organisieren, obwohl der Küchenchef dann nicht mehr da wäre. Und leider wäre der SPA-Bereich nicht verfügbar, weil abgeschaltet. Und auch die Bar wäre logischerweise leider geschlossen, aber sonst würde es dann schon irgendwie gehen, wenn ich unbedingt noch wollte.  

Nein – ich wollte jetzt nicht mehr. 5-Stern-Hotel hin oder her. Und ich bat ihn höflich, die 15'000 Franken Anzahlung die ich bereits letztes Jahr leistete, wieder zurück zu zahlen.

Ich weiss nicht, ob ich künftig weiterhin den News-letter vom Grand-Hotel-Bellevue erhalten werde. Aber meine Weininformationen werden das sich offensichtlich stets erneuernde Team dort nie mehr erreichen. Ich habe diese Mail-Adresse nämlich heute gelöscht!


DIE ROTEN 80ER BORDEAUX IN HOCHFORM

Im Gasthaus Sempacherhof ploppten 27 Mal die Korken von honorigen Bordeaux. 25 Mal bei Eintelflaschen für die eigentliche Degustation die unter dem Titel «Greatest Hits of the 80s» ablief. Und zwei Mal stellte der Organisator Baschi Schwander noch süffige Doppelmagnum's auf den Familientisch. Und beide Tischweine mit dem Jahrgang 2004 zeigten sich schon erstaunlich zugänglich oder zumindest in einem Zwischenhoch und beiden attestierte ich 18-Punkte. Also sowohl dem feinwürzigen Phélan Ségur, wie auch dem kokos-schokoladigen Petit-Gravet-Ainé.

Die eigentliche Verkostung begann mit dem 1982 Cos d’Estournel der leider seine besten Zeiten schon hinter sich hat und pilzig mit Soyasaucentouch aufwartete (17/20, vorbei). Genial, süss, geil und zugleich erotisch ist immer noch der 1982 Pichon-Lalande (19/20, austrinken). Der 1983 Palmer legte erst nach ein paar Minuten im Glas richtig los mit Tabak-, Torf- und Ledernoten. Also kann man diesen lange Dekantieren oder sogar noch etwas liegen lassen (19/20, trinken). Der 1983 Mouton-Rothschild ist erst seit ein paar Jahren am Öffnen und wird garantiert zu einem derartigen Klassiker, dass er der mögliche Nachfolger von seinem eigenen 59er werden kann. Diese Flasche war perfekt (20/20, trinken). Und noch ein weiterer Weintraum bildete den leisen Schluss der ersten Serie: 1982 Figeac. Dieser duftete wie ein mit Wein versetztes Ricola-Bonbon mit seiner süssen grünwürzigen Cabernet-Franc-Kräuter-Malznote (19/20, trinken).

Verschlankt kam der 1989 Pape-Clément daher. Damals lag der Ertrag halt noch etwas höher als bei den heutigen, knapp an der Grenze konzentrierten Magrez-Nektars. Also etwas für einsame Abendstunden (18/20, trinken). Dramatisch tief mit Trüffel- und Heitz-Kräuternoten, der schon fast ins Legendäre greifende 1983 Mission. Ich liess ihn stehen und degustierte zuerst alle anderen Wine des Flights was sich absolut lohnte (20/20, trinken). Ein passender Pirat stand in der Mitte; 1985 Ridge Jimsomare. Dieser Wein wird heute nicht mehr auf der US-Ridge-Winery hergestellt. Eigentlich schade, denn er strotzte nur so von klassischem Muschelkalk-Hillside-Terroir in seinen restlichen schwarzen Beerentouch (19/20, austrinken). Dann wurde es so richtig bombig und es war sicherlich meine bisher beste Flasche vom süssen, cremigen 1990 Léoville-Las-Cases. Dieser weist sogar noch Reserven auf für eine weitere Dekade (19/20 trinken). Der 1990 Léoville-Poyferré hätte auch noch Reserven. Aber das interessierte niemand, weil der Wein korkte.

Wer ihn kennt, suchte ihn und ich schrieb auch schon darüber. Aber wer erwartet denn als Nichtwisser schon grosses vom 1988 Pontet-Canet? Ein Dekantierwein für ruhige Stunden für Bordeaux-Terroiristen (19/20, trinken). Dann standen zwei absolute Giganten gegenüber. Beide in Hochform. Der Pavarotti des St. Estèphes 1989 Montrose (20/20) und der wohl verführerischste und gleichzeitig spektakulärste 1990 Montrose. Eine Topflasche! (20/20, trinken). Baschi Schwander: «Von diesem Wein wird man so richtig umarmt». René Gabriel: «Wenn man dabei nicht verarmt». Und es ging fast gleich bombig weiter. Wir fragten uns, warum der 1990 Pichon-Baron seine Frucht so intensiv erhalten konnte in den letzten 20 Jahren. Es mag wohl an der perfekten Balance dieses Pauillacs liegen – so die mögliche Antwort (19/20). Und schon folgte noch ein weiterer Höhepunkt dieser klar besten Serie des Abends: 1989 Lynch-Bages. Etwas Marzipan, Eucalyptus, reife Pflaumen, Holunder und dunkle, süsse Edelhölzer und schon fertig ist dieser legendäre Cazes-Cocktail (19/20, trinken).

Hat er Korken oder nicht oder stinkt er einfach nur nach Muff? Im Prinzip ist es ja egal, denn in dieser Dekade ist man sich von allen Jahrgängen Ducru-Beaucaillou Einiges gewohnt und so konnte man diesen 1986er nach zwei Sekunden Nasenkontakt getrost abhacken. Kräftig, tief, Klassisch und recht körnig zeigte sich dann der charaktervolle 1986 Gruaud-Larose. Hier bestellt man passend am besten etwas Rustikales aus der Küche dazu und sagt dem Koch, dass er sich nicht beeilen soll, damit dieser Saint Julien etwas Luft bekommt (19/20, trinken). Margaux 1986 (siehe Geschichte unten). Da wäre der 1986 Pichon-Lalande ein viel besserer Vertreter des Jahrganges gewesen, aber leider korkte dieser, was leider schon sehr, sehr oft der Fall war. Meiden! Und zu allerguter Letzt in dieser Achterbahn-Serie: 1986 Mouton-Rothschild, mehrere Stunden dekantiert und immer noch jung, klar, geradlinig ausgerichtet, alle Aromen im schwarzen Bereich und eine sehr langsam beginnende Orgie mit deutlichem Jahrhundertweinstatus darstellend (20/20, langsam beginnen).

Als erster Wein im fünften Flight: 1986 Trotanoy, Baschis Geheimtipp. Leider mit Kork. Klar, tief, schlank mit rauchiger Cabernet-Francaromatik und rauchigem Korinthenspiel mit vermischten Spitzwegerichnoten beim 1988 Angélus (19/20, trinken). Etwas feiner, ja fast schon diskreter wirkend aus dem gleichen Jahrgang; 1988 Cheval-Blanc (18/20, trinken). Reif und zu einem ziemlich grossen Pomerol avanciert ist der 1989 Gazin (18/20, austrinken). Und der ärgerlichste Kork des sonst wunderschönen Abends zum Schluss in Form des 1989 Lafleur.

Wenn man die wenigen korkigen Flaschen nicht vollumfänglich am Gesamteindruck subtrahiert, dann bleibt eindeutig die Schlussfolgerung stehen, dass die besten 80er jetzt in absoluter Hochform sind!


DIE LEIDENSGESCHICHTE VOM MARGAUX 1986

Kein anderer Bordeaux-Wein hat eine derartigen Genusskursverlust seit der Primeurprobe erlitten...

87: Fassdegustation (19/20): Fruchtige, klassische Nase, die nur wenig aus der Oberfläche herausragt. Volles Tannin, das Jahre brauchen wird, um weich zu werden. Auf der Stufe von Lafite und Mouton. 1991 trank ich ihn an einem Kalifornien/Bordeaux-Blindtasting mit Robert Mondavi. In einer so schrecklichen Rumpelphase, dass er von sechs degustierten Weinen auf dem letzten Platz landete: Kräuternase und sehr ausbrechend. Auch 1995 war noch nicht viel los und somit ein Fall für önologische Wahrsager: Immer noch ein unzugänglicher, ungestümer Wein, der sich mehr und mehr zu einem absoluten Cabernet-Klassiker entwickelt. Blind würde man ihn glatt mit einem Heitz Martha’s Vineyard verwechseln – aus einem ganz grossen Jahr – versteht sich. 98: Ein gewaltiges, reduktives Potential ausstrahlend, auch nach einer Stunde war das Bouquet noch völlig verschlossen, jodig, Gummiaromen (Pneu), dann erst langsam leicht süsser werdend, immer auf der Terroirseite. Im Gaumen massive Tannine, Heitz-, Cabernet-Aromen. Wer ihn jetzt öffnet, wird diesen Wein als kaum trinkbar einstufen, obwohl ein Potential dahinter schlummert, welches sich erst in ein paar Jahrzehnten entfaltet. 01: Quo Vadis – mein lieber Margaux 1986. Du gehätschelter und von allen Degustatoren hoch gelobter und trotz Deiner arroganten Verschlossenheit noch immer mit Bestnoten bewerteter Wein!? Noch selten habe ich zu einem an sich grossen, ja fast legendären Wein so viele Fragezeichen auf einem Blatt notiert: Die tiefgründige fast trüffelige Nase zeigt oxydative Noten, Sojasauce und Anflüge von Madeira und Malaga? Im Nasenbild zeigt sich flüchtige Säure, was ihm eine Fruchtessignote verleiht? Im Gaumen vermisst man die noblen, feinen Tannine eines Premier Grand Cru classé und bekommt mit einem Schluck eine brutale, sandige Tanninladung verpasst? Die Säure ist, statt reif und eingebunden, lose, neben dem Extrakt dahintrödelnd und zeigt metallische Konturen? Sucht man bei einem grossen Wein nach Harmonie, so findet man hier ein massives Power-Wine-Puzzle, bei dem die Teile einfach nicht ineinander passen wollen. Und der Wein kostet heute, sechzehn Jahre nachdem er anfangen sollte, seine erste Grösse zu zeigen, ein kleines Vermögen. Kaufen kann man ihn noch, das ist gewiss. Aber geniessen? Diese Zeilen notierte ich, nachdem ich gerade den 1985er Margaux ausgetrunken hatte. Nach den glücklichen Emotionen des Vorgängers folgten jetzt diese ernüchternden Hinterfragungen eines Weines, der entweder irgendwann doch noch genial wird, oder wie viele einstmals hochgelobte 75er im eigenen Alterungs-Potential erstarren wird, ohne je ein wirklich glaubhaftes Genuss-Potential vermittelt zu haben? Wer davon im Keller hat, kann jetzt aufgrund dieses Textes hoffen oder verkaufen. Wer keinen besitzt, soll sich an günstiger und fraglos grössere Margaux halten (wie z.B. 1985er und 1988er)! Es wäre unfair, ihn aufgrund einer so ungewissen Zukunft weiter auf dem Siegerpodest zu platzieren und deshalb nehme ich meine Wertung deutlich zurück. 02: An der Semesterprobe in einer Serie mit dem Margaux 1990 und 1983 degustiert: Er war schlichtweg "beschissen", waldig, mit unreifen, ausbrechenden Tanninen und einem Gesamtaroma, das niemals zu einem wirklich grossen Bordeaux passt. Wer hat, sollte wohl langsam ans Verkaufen denken. Wer keinen hat, ans Nichtkaufen! 03: Um ihm nochmals eine Chance zu geben, öffnete ich eine halbe Flasche und verfolgte diese vier Stunden lang. Anstatt sich zu öffnen, begann er schleichend zu oxydieren und wurde immer blechiger. Nach 12 Stunden wieder verkostet, am anderen Tag noch einmal und um ganz sicher zu sein, nach zwei Tagen nochmals versucht. Kommt mir immer mehr wie ein zu grosses Steak vor, das mehr Muskeln wie Fleisch aufweist. Und eine Woche später zufälligerweise an einer Magnumprobe in einer Viererserie. Seine Nebenbuhler: 1982 Gruaud-Larose (19/20), 1982 Léoville-Las Cases (20/20) und 1986 Latour (19/20). Der Margaux wusste zwar im Bouquet noch sehr gut zu gefallen, im Gaumen gab es aber für drei negative Elemente Abzug. Erstens: Eine über dem Extrakt dominierende Säure. Zweitens: Metallische Noten im Extrakt. Drittens: Rohe, ungeschliffene, fast eckig anmutende Gerbstoffe. Der Wein hat aber zu wenig Fett, um dies in einer weiteren Flaschenentwicklung alles auszugleichen. Ich bleibe somit pessimistisch: 16/20. 06: Dunkles Purpur, rubiner aber auch oranger Rand. Kräuteriges, kelleriges Bouquet, zeigt sich trocken, dahinter Rosenpfeffer und rote Johannisbeeren, eine gewisse Zinfandelaffinität ausweisend, weil sich zu den roten Beeren auch sanft konfitürige Nuancen zeigen. Stoffiger Gaumen, immer noch prägnante Säure die den ganzen Körper dominiert, muskulös, leicht kapselig im Finale. Noch viel Potential, aber ob daraus wirklich jemals ein richtig schöner, klassischer Margaux wird ist fraglich. Ein Bisschen Masochismus ist auf jeden Fall dabei. Wer diesen Wein zum akutellen Marktpreis kauft, wird hier aber doch sehr enttäuscht sein. 07: Sattes, dunkles Purpur mit orangen und bräunlichen Reflexen. Fleischiges Bouquet, getrocknete Steinpilze, Backpflaumen, Lorbeer, Teer aber auch oxydative Noten darunter. Im Gaumen mit massiven, unfertigen Gerbstoffen die dem Wein einer zu dominanten Härte verleihen, noch extrem viel Säure und Tannin, wirkt brutal. Nach so vielen Jahren Flaschenreife, sollte dieser hoch gehandelte Wein nun endlich zeigen, dass er auch Spass machen kann hinter seiner arroganten Grösse. Ich gehöre zu den Pessimisten! 10: An der Baschi-Probe in Sempach: Lieber Margaux 1986, bei mir hast Du die Gunst schon seit Jahren verloren. Trotz hohen Parkerpunkten. Ich öffne ihn nur noch, wenn er irgendwie in ein Degustationsthema passt. Die Nase duftet nach Brunello, ebenso würzig wie furztrocken. Und im Gaumen ist es ein polarisierendes Rugby-Spiel von brutaler Säure, metallischen Komponenten und bockigen, eckigen Tanninen die förmlich die Zunge zerkratzen bei bei einer Denise Bielmann-Piroutette unten das Eisfeld (16/20, vorbei). Am meisten Lustgewinn kann man hier nur erzielen, wenn man ihn auf einer Auktion verkauft.


WAS KOSTET EIN LITER CHÂTEAU PÉTRUS?

Seit dem Jahrgang 1995 gibt es den meist gesuchten und meist auch teuersten Pomerol nicht mehr in der halben Flasche. Ein grosser Wein gehöre nicht in eine kleine Flasche, so damals die Erklärung von Christian Moueix. Aber es gibt ihn natürlich vor allem in den Normalflaschen. In der Magnum, Doppelmagnum und in ganz seltenen Fällen in Jéroboam- und Impérialeflaschen. In Deutschland wird er auch im Liter angeboten – aber nur als Phantom…

Die deutschen Konsumenten haben es gut. Ein ziemlich strenges Verbraucherschutzgesetzt schützt vor Betrugsdeklarationen. So ist bei allen Lebensmitteln nebst der eigentlichen Verpackungsmenge und dem Preis dafür auch der Gesamtbetrag angegeben, wenn man ein Kilogramm davon kaufen würde. Das Gesetz will es so.

Habe ich beispielsweise Lust auf ein Safranrisotto, so suche ich mir einen passenden Shop im Internet. Da ich die Safranfäden dem Pulver vorziehe, würde ich mich für ein halbes Gramm beim Safran Pütter-Shop entscheiden. Und dafür müsste ich € 4.25 bezahlen. Natürlich will ich mich dort nicht bescheissen lassen und so ist es wichtig, dass ich weiss, dass das Kilo von diesem Artikel 8500 Euro gekostet hätte. Ich nehme an, dass der «Kiloartikel» vorübergehend nicht grad lieferbar wäre…

Etwas nachvollziehbarer wird es bei einer Tafelschokolade. Ich könnte meine Lieblingsschokolade, nämlich die «weisser Nougat mit roten Nüssen» von Zotter die kleine Tafel zu 70 Gramm für € 3.10 in den Warenkorb legen. Das Kilo wäre an € 44.28. Ich liebe Schokolade, ich lasse diese immer ganz langsam auf der Zunge zergehen und schlürfe dann (so gut es geht…) die klebrige Masse um noch mehr Aromen zu entlocken. Aber wenn ich ein Kilo essen müsste, würde das sehr lange dauern. Ich habe auch noch nie in meinem Leben ein ganzes Kilogramm Schokolade auf einmal gekauft. So wie beim Safran. Aber ich wüsste wenigestens - Dank Deutschem Verbraucherschutzgesetz - was das Kilo Zotter-Schokolade kosten würde.  

Ein knackiger Apfel gefällig? So für ca. 30 Cent im Supermarkt. Doch wie schwer ist so ein Apfel im Schnitt? Und wie viel hätte es gekostet, wenn ich statt diesem einen Apfel ein ganzes Kilo gekauft hätte. Irgendwie will ich das gar nicht wissen, wenn ich grad Lust auf einen einzigen Apfel habe.        

Und beim Wein ist es genau so mit dem Verbraucherschutz. Nur muss hier die Preisangabe nicht auf das Kilo, sondern auf den Liter bezogen werden!

Warum ich mir solch analysierende Gedanken über das Deutsche Verbraucherschutzgesetz mache? Das Primeurmail von meinem deutschen Weinfreund Michael Unger brachte mich auf die Idee. Denn wenn man aus Frankreich einen Bordeaux einem Deutschen Händler anbietet, dann sieht es für den Deutschen Kunden dann im Angebot konkret so aus:   

2009 Chateau Cantemerle Haut Medoc
12er Original-Holzkiste 0,75l á 318,00€ (35,33€/l)
  6er Original-Holzkiste 0,75l á 162,00€ (36,00€/l)
12er Original-Holzkiste 0,375l á 177,00€ (39,33€/l)
24er Original-Holzkiste 0,375l á 339,60€ (37,67€/l)
  3er Original-Holzkiste Magnum 1,5l á 170,10€ (37,78€/l)
  6er Original-Holzkiste Magnum 1,5l á 329,40€ (36,56€/l)
  1er Original-Holzkiste Doppelmagnum 3,0l á  135,90€ (45,00€/l)
  1er Original-Holzkiste Imperial 6,0l á 253,90€ (42,17€/l)

Man beachte vor allem die unterschiedlichen Literpreise infolge unterschiedlicher Kosten für Kisten- und Flaschengrössen. Da ist eine sehr wichtige Informationen, die dazu führen kann, dass man sich tendenziell eher für eine 6er Magnumkiste entscheidet (den Liter zu € 36,56), anstatt für 12 halbe Fläschchen (den Liter zu € 39,33). Dies obwohl man alleinstehend ist und möglicherweise keine Weinfreunde hat. Schliesslich will man sich doch nicht vom Weinhändler betrügen lassen, handelt es sich doch bei beiden Bestellartikeln um ein und denselben Wein!  

Und natürlich steht in den Händlerlisten und im Supermarkt bei allen Weinen – egal in welchem Format diese angeboten werden – immer auch, gesetzlich verpflichtet, der Literpreis dabei. Dem superreichen Weinsammler mag diese Informationen logischerweise wenig dienen. Wenn man aber ein ganz bescheidenes Weinbudget hat, dann will man auch seriös vergleichen können.

Hier ein mögliches Beispiel bei dem man wirklich sehr froh ist, dass der Anbieter verpflichtet ist, genau zu deklarieren was letztendlich das möglicherweise vermeintliche Schnäppchen pro Liter kosten würde und so eine arglistige Täuschung unmöglich wird:  

Bei Unger kostet eine 75cl. Flasche Château Pétrus 2003 € 2532 pro Liter. Bei Aldi Süd kann man eine 5-Liter Bag in Box 2009 Tempranillo kaufen. Hier kostet der Liter umgerechnet € 1.40!

Glücklicherweise gibt es nur in Deutschland ein derartig idiotisches Verbraucherschutzgesetz. Wäre das weltweit so, so würde sich bald kein Schwein mehr für den gehätschelten Pétrus interessieren, wenn es doch so herrliche Alternativen gibt…

Und zu guter Letzt noch den: Ein Grieche, ein Spanier und ein Portugiese gehen ins Bordell. Wer bezahlt? Der Deutsche!  


Was er in die Hände nahm, verbesserte sich. Zuerst Belle-Vue, dann Pédésclaux & Lilian-Ladouys. 
Bordeaux trauert um Vincent Mulliez




Gruppenbild mit Flaschen...  

Zwischen der Schweiz und dem Burgund liegt Marino's Sapin Bleu in der Gemeinde Sagy.


BOXEN-STOP IN SAGY BEI MARINO

Etwa vor 20 Jahren kaufte sich Marino Aliprandi ein altes Bauernhaus in der Bresse. Das sei viel günstiger als in der Schweiz, sagte er. Und dann steckte er viel Geld in sein günstiges Bauernhaus und dann kostete es doppelt so viel wie ein Haus in der Schweiz.

Und dann kaufte er sich ein kleines altes Haus etwas weiter unten im Dorf für seine Freunde die zahlreich auf Besuch kamen. Dann noch eines daneben. Und eines grad neben dran. Dann noch das Häuschen ganz unten an der Strasse und zu guter Letzt noch das etwas grösser Haus an der Ecke. Und jetzt gehört ihm die ganze Strasse. 

Jedes Häuschen wurde liebevoll renoviert und mit sehr viel Geschmack und Gachet eingerichtet und man kann diese «Gites de France» tageweise oder wochenweise mieten. Ideal auch für Familien. 

An der Ecke befindet sich der Speisesaal mit einem Guiness-Buch verdächtig grossen Holztisch. Da kann man frühstücken oder ein Diner buchen. Mit etwas Glück ist der Hausherr präsent und erzählt seine unendlich vielen Bauchmuskel-Geschichten.

Und man kann auch zu fairen Preisen dieses köstliche Diner sogar mit begleitenden Weinen aus Marino's grossen Ressourcen bestellen. 

Wir waren zwei Tage unterwegs im Burgund und logierten jeweils am Abend im Sapin Bleu. Das liegt eine knappe Autostunde entfernt von der Côte d'Or. Und jeder brachte am Schlussabend eine Magnum mit. Dabei möchte ich nur eine einzige erwähnen. Aber die hatte es dafür in sich...

Der 1989 Château Montrose ist schon lange ein Favorit von mir. Oft vergleiche ich ihn mit seinem eigenen, legendären 90er. Und je mehr ich diese beiden Rivalen analysiere, so habe ich eine Präferenz für den 1989er. Aus der Magnum trank ich ihn bisher noch nie. Aber genau diese Möglichkeit erlaubt es mir nun, ihn definitiv zu den ganz grossen Bordeaux einzureihen. Und unter den ganz grossen Bordeaux zu jenen mit besonders viel Tiefgrund und Charakter. Einer mit einem gewaltigen, ja schon fast dramatischen Potential. Und da ist man sich ja bei der neuen Generationen Bordeaux nur ganz selten wirklich sicher. Die Aromen reichen aus um einen ganz grossen Einkaufskorb voll zu füllen. Einen mit etwas getrockneten Pilzen, viel getrockneten Pflaumen, ein paar Korinthen, frisch gepflückten und getrockneten Küchenkräuter, ein Minzesträusschen und etwa drei Kilogramm Perigourd-Trüffel. Diese Magnum lag bei 40/20, weil doppelt.

P.S. Warum ich das Wort «Boxen-Stop» als Titel wählte?
Michael Schumacher war auch schon bei Marino!  


Zwei Mal 2000
Denis Mortet

Getrunken im Restaurant Le Montrachet im Burgund.
19/20 für den
Clos Vourgeot 20/20 für den Chambertin.
Ein legendäres Vermächtnis der leider zu früh verstorbenen Spitzenwinzers.


Der Lafite Wahnsinn! Eine süffig-kritische Analyse vom Wineterminator 



Wein als Musik-Inspiration...

Der berühmte Komponist Kurt Brunthaler war auf der Bordeauxreise der Académie du Vin dabei und liess sich zu einem René Gabriel-Marsch hinreissen!


PONTET-CANET 2007

Da scheint sich ein langlebiger Frühschlürfer anzubahnen. Diesen Wein trank ich bei einem Diner auf Branaire-Ducru. Alfred Tesseron brachte ihn eigens mit und beichtete bei der Präsentation des Weines, dass es ihm - trotz vieler Anstrengungen nicht möglich war, den 2007er biologisch heranwachsen zu lassen. 

«Da war so viel Mehltau in den Rebbergen, sodass ich mich zwischen einer Missernte oder einem guten Wein entscheiden musste». Eine kluge Entscheidung - wie sich jetzt zeigt. Denn der Pontet-Canet straft alle, die nicht ganz grosse 
Jahrgänge kategorisch ablehnen. Hier ist ein recht druckvoller Pauillac entstanden mit angenehm, fleischigen Tanninen und erstaunlichem, trüffeligem Tiefgang. Er ist jetzt eine erste Jugendsünde wert und wird trotzdem lange halten. Bei mir lag er schon bei der Fassprobe bei 18/20 und hat dieses Versprechen in der Flasche jetzt locker gehalten. Und er hat sogar viele Chancen nochmals einen Punkt zuzulegen, was ihn dann - in seiner Preiskategorie - mit dieser Wertung für den Jahrgang einzigartig machen würde.  


WIE SCHMECKT EINE ANGEBROCHENE FLASCHE 1989 CHÂTEAU D'YQUEM
NACH 134 TAGEN?


«Was macht man, wenn man es nicht schafft, einen guten Wein auszutrinken», werde ich oft an Kursen oder Events gefragt. Im Kopf hätte ich dann schon eine Antwort bereit: «Aufhören, guten Wein zu trinken!». Doch als Referent wäre eine solche Bemerkung sicherlich unpassend, weil der Fragende vor dem gesamten Publikum lächerlich gemacht würde. Es gibt schliesslich keine dummen Fragen – nur dumme Antworten…

Ich kann nämlich durchaus verstehen, dass es gewisse Situationen gibt, bei welchen manchmal eine halbe Flasche (37,5 cl) zu wenig und eine ganze Flasche (75 cl) halt zu viel ist. Ausser man hält sich an eine Anekdote, die mir kürzlich vorbei, Besitzer von Léoville-Barton, Anthonny Barton zugetragen wurde. Er erzählte nämlich einem Besucher, dass er kürzlich zu zweit eine Doppelmagnum getrunken hätte. Ungläubig fragte der Gast wer der Zweite gewesen sei. Anthonny Barton antwortete cool: «Niemand – ich sagte Ihnen ja bereits dass wir nur zu Zweit waren. Nur die Doppelmagnum und ich!»

Im Handel werden für unausgetrunkene Flaschen mehrere Systeme angeboten. Da ist zum Beispiel die manuelle Pumpe: Es wird ein Gummikorken auf die Flasche gesetzt und durch abpumpen die Luft entzogen. Ich behaupte, dass dabei fast das gesamte Bouquet weggesaugt wird und somit gleich Flöten geht! 

Ein weiteres System ist eine Gasflasche, die Stickstoff enthält. Stickstoff ist schwerer als Luft, wodurch ein Stickstoffteppich zwischen Wein und Luft gelegt und somit (teilweise) eine Oxidation verhindert wird. Bedingt gut!
Kürzlich habe ich in einer Weinhandlung in Saint Emillion ein neues, revolutionäres System gesehen. Hier wird die Flasche zuerst entkorkt. Dann führt man ein dichtes Abschlusssystem in den Flaschenhals. Mittels einer Gasbombe wird durch Drücken am Ausschankregulator Stickstoff in die Flasche befördert. Dieser gibt von oben Druck auf den Wein. In der Mitte der Flasche befindet sich dann eine weitere Pipeline die von unten durch eine verchromte einem verdünnten Wasserhahn-ähnlichen Leitung den Wein direkt ins Glas fliessen lässt. Eine einzusetzende Stickstoffpatrone (ziemlich teuer) soll für etwa drei Flaschen reichen. Sieht ziemlich avantgardistisch aus das Ding. Und dieses High-tech-System kostet mehr als so manche sehr gute Flasche Wein… 

Was rät Gabriel? Ganz einfach: Sie entscheiden als erstes, direkt nach dem Öffnen, welche Menge Sie nicht trinken wollen. Diese Menge füllen Sie sofort in eine kleine, sauber gewaschene, etwa drei Deziliter grosse, leere PET-Flasche. Dann drücken Sie so lange die Luft raus, bis die Flasche oben «spuntvoll» ist und verschliessen diese mit dem Schraubverschluss. Ist es Weisswein, so legen Sie diese PET-Flasche in den Kühlschrank. Ist es Rotwein legen Sie ihn wieder in den Keller oder in den Weinschrank zurück. Schreiben Sie zur Sicherheit mit einem wasserfesten Stift das Datum drauf und welcher Wein es ist. Dieses einfache System ist billig, effizient und erstaunlich sicher! Hier gebe ich eine Garantie von mehreren Monaten.

Noch lustiger wäre es ganz kleine PET-Flaschen zu verwenden. Solche gibt es manchmal im Flieger oder in gewissen Geschäften. Jetzt könnte man zum Beispiel die Restmenge in mehrere, einzelne Deziliter abfüllen und viel später geniessen.

Wenn man weiss, dass man eine Flasche Weiss- oder Rotwein ganz sicher am anderen Tag fertig geniesst, so kann man die angebrochene Flasche ruhig in den Kühlschrank stellen. Ja – auch den Rotwein. Die kühle Temperatur verhindert das Oxidieren. Man muss ihn dann nur rechtzeitig aus der Kühle nehmen, damit die Trinktemperatur stimmt. 

Ein ganz gewaltiges Kühlschrank-Erlebnis bescherte mir kürzlich ein Zufall. Mein Freund Lucien öffnete am Sylvester eine Flasche 1989 Château d’Yquem. Die Tischrunde genoss zwar das erste Glas, doch irgendwie wollte die Flasche dann einfach nicht leer werden. Im Juni war ich zu Besuch in seinem Haus in Ste. Maxime und entdeckte die angebrochene Flasche im Kühlschrank. Er erzählte mir die Geschichte und ich überlegte schon, ob ich den Rest dieses Yquem’s irgendwie in eine feine Sauce einbinden konnte, um ihm eine letzte Ehre zu erweisen. Doch jegliche mögliche Kombinationen mit den geplanten Speisen schienen nicht zu passen. Aber meine Neugier war gewaltig wie so ein 134 Tage lang geöffneter Sauternes noch schmecken würde. Da wir den Wein im letzten Herbst im Rahmen einer ganz grossen 1989er Verkostung degustierten, wusste ich im Kopf wie er sich präsentiert, wenn er entkorkt und dann gleich getrunken wird.

Also schenkten wir uns alle einen Schluck ein – mit relativ wenigen Erwartungen. Doch die Überraschung war riesengross! Zwar fehlten die Primäraromen eines just geöffneten Weines, doch diese wurden kompensiert durch viel Rosinentöne, hellem Malz, dunkler Aprikosenkonfitüre, einem Hauch Curry und süssem, schwerem Malmsey Madeira. Das konnte doch irgendwie nicht wahr sein, was wir da – viereinhalb Monate nach dem Entkorken – erleben durften. Ungläubig rieben wir uns die Augen, schauten uns verblüfft an, murmelten ein paar überraschende Worte zu und schenkten uns jeder eine gehörige Portion von diesem genialen «Luft-Rentner» ein. Um ganz sicher zu sein, dass wir uns nicht täuschten…      


EVOLUTION AM FLASCHENHALS: AM KORK WIRD GESCHRAUBT

Die Diskussionen rund um den Drehverschluss sind eine „verkorkste Sache“. Es vergeht keinen Monat, an dem ich nicht von einem Weinsammler, Händler, Journalist oder Winzer darauf angesprochen werde. Meist endet die Diskussion mit der ganz persönlichen Frage: „Sind Sie dafür oder dagegen?“

Gegenfrage: „Wer hat’s erfunden?“ Bereits vor mehr als 20 Jahren begannen Westschweizer Winzer ihre teuersten Weine mit einem Drehverschluss zu versetzen. Ja die Teuersten. Es war diesen Weinbauern egal, wenn die ihre günstigen Weine korkten. Damals war es noch Pflicht, dass es für korkige Weine eine vollständige Rücknahmegarantie gab.   

Auf einem New-Zealand-Trip fragte ich dort die Winzer, weshalb fast 100% aller Weine in diesem Land mit dem Schreibverschluss abgefüllt werden?  „Wissen Sie, die Korken kommen auf dem Schiffsweg aus Portugal und bis dann diese bei uns ankommen würden, sind die besseren Qualitäten längst in Australien hängen geblieben. 

In Europa verbreitet sich der Schraubverschluss schon ziemlich rasant bei den günstigen, respektive den schnell zu trinkenden Weinen. Mehr bei den Weissen, momentan noch etwas weniger bei den Roten. Aber die generelle Entwicklung zeigt eine klare Tendenz. Und ich bin mir sicher, es geht mit dem Schraubverschluss heroisch aufwärts.  

Geht man den Argumentationen auf den Grund, so kommt immer wieder die Behauptung auf, dass ein Naturkork bei der Alterung gegenüber allen anderen Verschlüssen wesentliche Vorteile in sich birgt. Doch gerade diese Theorie wird nun in einer Analyse von Monika Christmann (Professorin an der Forschungsanstalt Geisenheim) widerlegt. Und sie fordert demonstrativ: „Hört endlich auf mit dem Kork!“. Im Hals einer Weinflasche hätte Kork nichts mehr zu suchen. Denn hinter dem lustigen Plopp des Korkens würden verdorbene Weine in einem Wert von weltweit über 100 Mio. Euro jährlich stehen. Auch die idyllischen Schilderungen, wonach vor allem grosse Rotweine jahrelang im Keller durch den Kork atmen müssten, um ihre optimale Genussreife zu erreichen, sei längst als Märchen entlarvt worden. „Ein einwandfreier Naturkork atme nicht“, schreibt Christmann; „sondern, er dichtet zu 100 Prozent ab“. Somit benötige ein Wein für die Reife keinen von aussen in die Flasche dringenden Sauerstoff. Das bisschen Luft, das sich mit dem Wein im Glas befinde, reiche dafür völlig aus. Also ist ihre Quintessenz: „Her mit dem Drehverschluss!“

Oder gibt es denn möglicherweise noch andere, bessere Alternativen zwischen Korken und Drehverschluss. Ja – gibt es. Vieles wurde probiert. Von Bröselkorken über synthetischen Korken bis zum Glasverschluss. Doch diese Systeme sind in der Anwendung entweder stabil oder bereits wieder rückläufig. Der Drehverschluss hingegen ist deutlich auf unaufhaltsamem Vormarsch. 

Lustig wird es, wenn der Konsument selbst entscheiden muss. Im Jahr 2005 präsentierte das Team von Penfolds einen neuen Icon-Wein, den 2004 Block 42 Cabernet Sauvignon weltweit als Fassprobe. Diesen Wein konnte man – gleich wie die berühmten Bordeauxweine – in Subskription bestellen und sofort bezahlen. Pikantes Detail: Man musste bei der Bestellung angeben, ob man den Wein dann bei der Auslieferung im Jahr 2007 mit Schraubverschluss oder mit Naturkorken geliefert haben wollte. Das Resultat erstaunte, denn fast die Hälfte der Kunden entschieden sich bei diesem sehr teuren Wein für den Schraubverschluss! 

Fragt man angefressene Weinsammler nach deren Meinung, so höre ich meist immer ein 100%iges Pro-Korken. Geht man durch deren Weinkeller so sieht man oft ein paar besonders honorige Grossflaschen die im Hals mit einem Korken versehen sind. Darüber klebt seit Jahrzehnten eine völlig Luft abdichtende Wachs, respektive Siegelschicht. Hier vereinen sich dann eigentlich zwei Argumente die sich völlig widersprechen. 

Aber damit Sie mir nicht wieder die Frage stellen, ob ich jetzt in dieser Thematik dafür oder dagegen bin, gebe ich Ihnen an dieser Stelle meine ganz persönliche Ansicht kund. Bei günstigen Weinen ist es mir schon lange egal. Wenn ich einen ganz grossen, legendären Wein öffne und zelebriere, dann bestehe ich darauf, dass dieser mit einem Naturkork versehen ist. Aber leider kommt es immer wieder vor, dass eine ganz besondere Flasche korkt. In diesem Fall bin ich dann sofort für den Schraubverschluss…     


ZU GAST BEI DEN ZANINI LUIGI'S IN LIGORNETTO

Beide heissen Luigi. Um die beiden nicht zu verwechseln, sagen Freunde Luigi zum älteren und Luigino zum jüngeren.


Und 80 Personen waren extra an einem Freitag ins Tessin gereist um beide Luigi's in Hochform zu erleben. Mit den just abgefüllten Weissweinen 2008 Vinattieri und Luigi Bianco.
Und um bereits an Fassproben vom feinen, eleganten Tessiner-Jahrgang 2008 zu schnuppern.
Und um viel, ja sehr viel Zanini-Rotwein zu trinken. Zu Coppa, Lardo, Salami, Capretto und gereiften Alpkäsen. Die reifen Höhepunkte: 1998 Vinattieri und 2002 Castello Luigi. Als Zukunftsdrogen servierte das Team von Renato Bordogna (Rist. Svizzero, Capolago) auch noch 2007 Vinattieri und 2007 Luigi. Letzterer ist der einzige Schweizer Rotwein, dem Gabriel je die Höchstnote 20/20 vergab...  



Parker ist raus mit seinen Primeurnoten zum Bordeaux 2009.

Bei Gazin sind wir uns ziemlich einig. Bis auf die Genussreife.

Parker empfiehlt ihn schon zu trinken, wenn er noch im  Château im Fass liegt...

2009 Gazin: Extrem dunkles Purpur mit lila und violetten Reflexen. So eine tiefe Farbe habe ich bei einem Gazin in der Primeurverkostung noch nie erlebt. Berauschend viel Cassis, Brombeeren, Rauch, Kräuter und Lakritze, dicht und vielschichtig, ein zärtlicher Hauch Minze schwebt über dem parfümierten Nasenbild. Im Gaumen ein Weintraum schlechthin voller schwarzen Beeren, Holunder und Cassis stehen im Vordergund, man spürt auch den reifen, kleinen Anteil von Cabernet Sauvignon der der Gaumenaromatik eine feine Rauchnote und Vanillemark verleiht, im Finale noch Schokobitterkeit, doch das legt sich bei diesem gewaltigen Potential mit der ersten Reife und wird ihm dann genau jene Rasse verleihen, die bei ein paar - zugegeben wesentlich simpleren Pomerols - fehlt. Gab es je einen so grossen Gazin? Ich glaube kaum! Mehrere Male verkostet; einmal bei Moueix, einmal im Syndicat Pomerol, dann bei Ulysse Cazabonne und nochmals auf Clinet. 20/20 2018 - 2035 (R. Gabriel)


SABTA – DAS GEHEIMNIS ZUM BERUFLICHEN ERFOLG

Meinen Sohn Stefan bewundere ich immer wieder wie souverän er mir meine kleineren und grösseren Computerprobleme löst. Egal was es ist. Ich erkläre ihm jeweils «was mein Labtop für ein Problem hat» dann setzt er sich auf meinen Bürostuhl, rumort ein Bisschen auf der Tastatur herum und schon kann ich sorglos weiter arbeiten.

Wenn er mal nicht gerade persönlich da ist, dann muss ich auf einer von ihm angegebenen Webseite einen Code eingeben und schon surft Stefan extern auf meinem Bildschirm herum. Und bereits nach ein paar wenigen Minuten bin ich wieder eigenständig online. 

Er erzählt mir oft, dass er Pikett hat und manchmal zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens für seine Firma, respektive deren Kunden das Funktionieren des Netzes garantiert, respektive repariert.

Oder er erwähnt, dass er manchmal tageweise bei Grosskunden arbeitet und dort von Computer zu Computer pilgert und dort von Viren befreit oder neue Programme aufsetzt. 

Kürzlich frage ich ihn, wie er das macht? Er verhält sich immer unglaublich souverän, so als ob es nichts in der Computerwelt gäbe, was ihn gar beim allergrössten Problem erschüttern könnte. 

Er blieb mir seine Antwort nicht lange schuldig: «Mein Berufsgeheimnis heisst SABTA! Damit komme ich überall durch – egal in welcher Situation ich mich befinde.»

SABTA? Nie gehört erwiderte ich. Kann ich das auch lernen? Er meinte jeder kann das.

Aber wie soll das jemand können der fast nichts von Computer versteht?

Das sei nicht berufsspezifisch, sondern eigne sich für praktisch für alle Jobs. Vor allem aber im Dienstleistungsbereich.

Extrem neugierig und schon fast ein Bisschen entnervt frage ich ihn dann was SABTA überhaupt ist. Wenn es ihm so viel hilft und nicht nur für Computer geht, dann will ich es künftig auch beherrschen.

«SABTA ist ganz einfach und ist eigentlich eine Abkürzung», erklärte mir Stefan «SABTA heisst im Klartext; sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit!»


SABTA

Unser hauseigenes Computergenie
Stefan Gabriel mit Cheanie

Man beachte den Spruch auf seinem T-Shirt:
I will not fix your computer


DER HOLZWEG GEWISSER WINZER

Es gibt wenige Weine, bei deren Fassprobe ich mir einen klitzekleinen Schluck als Freudenhonorar gönnte. Und es gab bisher nur eine einzige Barriqueprobe bei der mir die Freudetränen übers Gesicht kollerten: Es war La Mouline 1989, den ich vor mehr als 20 Jahren im dunklen Keller in Ampuis zusammen mit Marcel Guigal verkostete. 

Später begegnete ich demselben Wein wieder ein paar Mal als er in der Flasche war. Aber so emotionell, waren diese Schlucke dann doch nicht mehr so ganz. Ich mute zwar dem Guigals auf keinen Fall zu, dass das Fassmuster nicht mit dem gefüllten Original abweicht aber irgend etwas musste geschehen sein, dass zu irgendwie einer Genussminderung führte. Ich konnte es mir einfach nicht erklären… 

Gleiche Beispiele erlebte ich auch mit zwei anderen Weinen. Bewegend als Primeur – enttäuschend als Jungweinprobe oder noch später als gereifte Weine.

Da war zum einen der 1989 legendäre Barolo Gran Bussia von Aldo Conterno. Aus dem grossen Holzfass – zusammen mit dem gütigen Aldo und seinen Söhnen in Monfortino degustiert, war ich hin und weg und ich lobte den Wein über alle Töne und kaufte dann voller Vorfreude ein paar Flaschen als der recht teure Wein im Markt verfügbar war.

Unvergesslich auch der 1989 Château Le Bon Pasteur, den ich mit Michel Roland auf seinem kleinen Château damals in Pomerol verkostete. Ich musste zwar mit dem Glas nach draussen gehen um eine seriöse Degustationsnotiz zu schreiben, weil sich Michel grad voller Vorfreude auf das gemeinsame Nachtessen eine lineal-lange, glühende Havanna in den Mund steckte. 

Und was haben jetzt diese drei Weine – zufällig alle vom gleichen weltweit gelungen Jahrgang 1989 – möglicherweise gemeinsam?

Es ist vielleicht nur eine Vermutung, aber ich muss einfach in diese Richtung ermitteln, weil ich mir mittlerweile, aufgrund weiterer Beispiele, ziemlich sicher bin: All diese Weine wurden viel zu lange im Holz ausgebaut!

Es gibt im Leben eines Weines drei Reifeepochen:

- Die Reife im Rebberg
- Die Reife im Keller
- Die Reife in der Flasche

Der dritte Zeitraum liegt in der Hand des Geniessers. Die ersten zwei sind in der Entscheidungsgewalt des Winzers. Während in der letzten Zeit sehr viel über die physiologische Reife der Trauben gesprochen wird, ist der Ausbau im Keller eher tabu, oder zumindest von bedeutend weniger grossem Interesse. 

Im Sinne eines gesamten Qualitätsmanagements und dem Blick auf jedes noch so kleine Detail vom Rebberg bis zur Flasche sollte hier von Winzern und Oenologen mehr Aufmerksamkeit und Erfahrungsaustausch herrschen.  

Der Ausbau in Holz ist an sich in der Regel bei passenden Weinen eine gute Sache. Aber auch eine besonders heikle Sache. Man muss das Wesen des auszubauenden Weines genau kennen. In einem ersten Akt muss man dem Potential entsprechend die Art des Holzes auswählen und entschieden wie viel neues Holz der junge Schützling verträgt. Ob die malolaktische Gärung im Gärbottich oder in den Barriques vollzogen wird ist eher eine Stilfrage. Wann der Wein umgezogen wird oder überhaupt nicht ist, kann man als unterschiedliche Vinifikationsmethodik deklarieren. Für den Ausbau spielen auch die Temperaturen im Keller und die generelle Luftfeuchtigkeit eine wesentliche Rolle.

Und irgendwann hat der Wein dann seine Fassreife erreicht und kann gefüllt werden. Diese Entscheidung liegt beim Winzer. Untertreibt er es mit der Ausbaudauer, riskiert er unter anderem einen rückständigen, unfertigen Wein bei dem die Gerbstoffe roh wirken. Solche Weine brauchen dann länger Flaschenreife um diesen Makel eventuell noch ausgleichen zu können.

Übertreibt der Winzer mit der Dauer des Holzausbaus, nimmt das Fett des Holzes Einfluss auf den Körper und macht ihn zu üppig. Die Gerbstoffe werden dabei so rund und so extrem abgeschliffen, dass die körperliche Eigencharakteristik des Weines zu einem grossen Teil verloren geht. Auch geschmacklich leidet der junge Wein dabei enorm. Dies je nach prozentualem Neuholzanteil und Grösse der gewählten Fässer. Karamell, Eiche und Süsse übertönen in diesem Fall den Eigengeschmack. Der Wein wird bei zu langem Fassausbau schon vor der Flaschenfüllung um seine Primäraromen und seine Jugendlichkeit beraubt. Zudem riskiert ein Winzer auch, dass, falls das Potential überschätzt wurde, der Wein bereits erste Oxydationsnoten aufweisen kann und die Tannine spröde werden, weil diese von zu viel Holz schlichtweg ausgetrocknet wurden.

So schlimm war es bei meinem Beispiel eigentlich nur in meinen drei Fällen konkret beim 1989 Le Bon Pasteur. Der war ja dann auch «nur» 20 Monate im Fass. Beim Conterno’s Gran Bussio betrug die Holzschlummerei dann bereits 36 Monate in grossen Slawonien-Holzfässern. Und wie lange war dies der Fall bei meinem früheren und heute Jahr für Jahr enttäuschenden Lieblingswein La Mouline der bis zum Jahrgang 1985 jeweils noch in grossen Fässern ausgebaut wurde? 

Ein Blick auf die Webseite des Winzers beantwortete mir diese Frage die beim versuchten Geniessen vom La Mouline 2001 im Raum stand. Es waren alles erfahrene Weinkenner am Tisch. Diese erfreuten sich zwar der generellen Qualität dieses an sich einzigartigen Nord-Rhône-Crus. Doch auch noch nach fast 10 Jahren Flaschenreife roch und schmeckte dieser ex-orbitant teuere, allseitig hoch bewertete Guigal-Star in erster Linie primär nach drei Komponenten: Holz, Holz und nochmals Holz. Logisch; nach 42 Monaten Ausbau in 100% neuer Eiche. Weniger – wäre mehr.

Lieber Marcel, lieber Philippe Guigal: Ihr seid auf dem Holzweg!


HAMMERPREISE

An der erfolgreichen Auktion der Weinbörse (Gabriel und Bertschinger am Hammer - 96 % verkauft!) brodelte es bei zwei ganz besonderen Lots.


Doch wir schlugen u.a. auch ein paar sehr günstige Kuriositäten zu. Beispielsweise eine Magnum 1988 Canon-La-Gaffelière zu CHF 90, eine Magnum 1992 Merlot James Irvine zu CHF 60, 1 Mixed Lot mit zwei Flaschen Bordeaux 1937 zu CHF 40 oder ein anderes Mixed Lot mit 8 Flaschen 1959 Moulin à Vent zu 50 Franken.

Die beiden Auktionstars erreichten folgende Hammerpreise: Auf dem zweiten Platz; eine OHK 1982 Château Lafleur mit CHF 34'500 und der Sieger; eine OHK 1982 Château Pétrus zu CHF 54'000.  

Wer auch mal eine solche Kiste Lafleur oder Pétrus im Keller haben möchte, bekommt an der nächsten Auktion im Herbst eine zweite Chance. Hier nehmen wir bereits Einlieferungsofferten entgegen. Infos    



Zum Ersten!
Zum Zweiten!
Zum Dritten!

1290 Lots im Ausruf an der Weinbörse.

Bis zu 100 Personen verfolgten den OHK-Pétrus-1982-Krimi...


GEBURTSTAG: A GLAS IS BORN

Was gibt es Schöneres als an seinem eigenen Geburtstag mit Freunden und Weinfreaks sein eigenes Glas zu feiern?

Die Gabriel-Glas-Premiere fand im Crowne-Plaza in Zürich mit 40 Teilnehmern statt und war (glaube ich wenigstens...) ein voller Erfolg. 20 verschiedene Weine mit verschiedenen Rebsorte oder Blendsn, aus verschiedenen Anbauländern mit verschiedenen Jahrgängen von alt bis jung wurden serviert, respektive dekantiert. Mit diesem Mix wollte ich zeigen, wie vielseitig und strapazierfähig das neue GABRIEL-GLAS sein kann.
André Kunz hat ganz heimlich an der Premiere das neue GABRIEL-GLAS gegen das Vorgängermodell UNIVERRE getestet. Bin gespannt auf seine Erfahrungen die in der Schweizerischen Weinzeitung publiziert werden. 
Bis zur vollständigen Markteinführung dauert es noch etwa 6 Wochen. Es braucht also noch etwas Geduld...


«Das Geheinmnis des Glücks ist,
statt der Geburtstage die Höhepunkte des Lebens zu zählen»

Dieses Zitat stand einst im Wall Street Journal und Wein- und Jassfreund Elmar Wohlgensinger hat es mir auf sein Geburtstagskärtchen geschrieben. Ein kleiner Trost für meine Half-Midlife-Crises...


CHÂTEAU CADET-PIOLA 1955

Zwei Mal Magnumpech am gleichen Wochenende. Zuerst korkte eine 1993 Grüner Veltliner Loibenberg von Knoll. Dann eine Doppelflasche 1989 Château Angélus.


Doch von Letzerem hatte ich noch eine zweite. Und ich wollte ihn unbedingt servieren, denn am letzten Wochenende nahmen wir vom Château ein paar Zitronen von Angélus mit und meine Frau Karin hatte herrliche Cordon-Bleu's zubereitet. 

Es war ein Kraftakt und der Angélus 1989 ist so kräftig und gross, wie kein anderer Saint Emillion aus diesem Jahrgang. Da hat kein Ausone, kein Cheval, kein Figeac etc. auch nur eine kleine Chance sich hier anzunähern.

Dann dekantierte ich einen 1955 Cadet-Piola. Das pikant-frivole visuelle Detail auf der Etikette habe ich unten beschrieben. War der Angélus ein Powerakt, so zeigte sich dieser Cadet-Piola zart. Milchiger Schimmer über dem Bouquet, stichfestes Mocca-Jogurth, Kakaobutter, eigentlich keine Frucht mehr, aber doch eine schöne Süsse, als Terroiranzeige etwas eingelegte Morcheln und Herbstpilze. Niemals würde man blind auf einen 55jährigen Wein tippen.

Seit dem Jahrgang 2002 bis zum 2009er erreicht dieses nur 7 Hektar kleine Weingut - das mit Merlot, Caberent Sauvignon, Caberent Franc und etwas Malbec bepflanzt ist - immer zwischen 16 bis 17 Punkten.  



Baschi hat es entdeckt.

Mir fiel das so noch gar nie auf. Zwar hat die Dame ein Glas in der linken Hand und der Jüngling bietet ihr Wein an. Aber irgendwie ist das Korsett verrutscht und so...


DEUTSCHLAND - TÜRKEI ???

Wissen Sie noch wie das Spiel Deutschland - Türkei an der Europameisterschaft ausfiel? Ich auch nicht mehr. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass der Sieg mittels Penalty-Schiessen ausgetragen wurde.

Damals waren wir aufgrund einer grossen Lynch-Bages-Degustation im Hotel Engel in Warendorf in Westfahlen. Vor dem letzten Flight schlug ich vor, dass wir eine Lüftungspause an der frischen Luft machen könnten. Der Wein hatte mir schon etwas zugesetzt und so wollte ich mich ein wenig Erfrischen.

Der Vorschlag gefiel und so standen wir alle draussen im schönen Gastgarten. Ein paar andere Gäste schauten sich den Schluss des Fussballspiels Deutschland - Türkei an. Plötzlich hörte ich das Wort «Penalty-Schiessen».

Trotz meines gewaltigen Desinteresses an dieser Sportart dachte ich mir, dass so ein Penalty-Schiessen eventuell doch ganz spannend sein könnte.

Und so begab ich mich in den recht kleinen Übertragungsraum in dem eine fanatische Sippschaft schon seit fast zwei Stunden gespannt das Spiel verfolgten.

Der erste Spieler hatte zu diesem Zeitpunkt schon erfolgreich seinen Elfmeter eingelocht. Und der zweite Spieler nahm Anlauf. Um nicht mit meiner imposanten Erscheinung das Blickfeld zu beeinträchtigen, begab ich mich in die hinterste Ecke des recht kleinen Raumes.

Dabei strauchelte ich über das Elektrokabel das den Beamer mit der Steckdose verband. Dieser fiel zu Boden und gab seinen Geist auf. Ich wollte den Sturz noch auffangen indem ich mich an der aufgestellten Leinwand fest hielt. Die Folge aber war, dass ich am Boden lag und die Leinwand über mir.

Ich murmelte etwas von sorry und flüchtete geistesgegenwärtig aus dem Raum und versteckte mich dann eine Zeit lang auf der Toilette. Erkannt hatte mich keiner, weil es recht dunkel war im Raum. Logisch bei abgeschaltetem Beamer...


RETTUNG IN SAINT EMILLION

Der in Nöten gestandene Winzer Jonathan Malthus konnte mit einem Banken-Deal gerettet werden. Die gleiche Aktion musst übrigens auch Christine Valette vor einiger Zeit durch führen. Die Rettung damals - man staune: die UBS! 


BLAUFRÄNKISCH ZUM STAUNEN

Der Journalist rief an und fragte, was ich generell von Blaufränkisch halte. Da sagte ich ihm, dass ich bei den günstigeren Weinen den Zweigelt bevorzuge, aber dass es für mich in der Regel mehr grosse Blaufränkisch gäbe als Zweigelts.

In der österreichischen Zeitung Capital stand dann, dass René Gabriel den Blaufränkisch für mittelmässig halte und er lieber Zweigelt trinke. 

Also ist nicht immer wahr was in der Zeitung steht. Das fand schon der deutsche Liedermacher Reinhard Mey vor Jahrzehnten heraus.

An einem Diplomessen der Hotel & Gastro Formation in Weggis durfte ich vor 120 Gästen österreichische Weine vorstellen. Für mich der absolute Höhepunkt: 2007 Blaufränkisch Jois von Erich Scheiblhofer. Aus Joisertrauben hergestellt und sehr modern, aber auch sehr präzis vinifiziert. Muskeln verbinden sich mit fleischigen Tanninen, im Gaumen zeigen sich schwarze Kirschen, Mocca und Pumpernickel. Ein mineralischer und gleichzeitig früh gefälliger Wein. Und wer ihn trinkt, wird neidlos eingestehen, dass es nirgends auf der Welt so gute Weine dieser Rebsorte gibt, wie eben in Österreich. Für mich ist dieser Blaufränkisch der beste, seit dem legendären 1986 Ried Marienthal von Erich Triebaumer. Ich entdeckte ihn vor mehr als einem Jahr bei einer Weinprobe in Andau und Mövenpick orderte in der Folge grad alles was wir bekommen konnten. Und ein paar Wochen später wurde der gleiche Wein Salonsieger. Will heissen = der beste Blaufränkisch. Das nenne ich Degustationsglück!

P.S. Für die Subskription vom Jahrgang 2009 verkostete ich mehr als 250 Cru Bourgeois. Eine fiel mir besonders auf. Dann fuhren wir in den Norden des Médocs aufs Weingut, trafen den Oenologen und verkosteten den Wein nochmals auf dem Château. Am Wochenende hatten wir einen Termin mit dem Besitzer und dealten um einen Kauf 30'000 Flaschen für die Hauptselektion.
Am Montag lud James Suckling (Wine-Specator) denselben Wein ins Internet mit 91 - 93 Punkten. Ich gab ihm 18/20. Und er wird weniger als 20 Franken in der Primeur-Offerte kosten. Schon wieder Degustationsglück...  


1985 BORDEAUX: EVERGREEN

Gelobt und doch etwas unterschätzt. Die Bordeaux 1985 kann man guten Gewissens als Evergreen bezeichnen. Einerseits waren diese immer schön und beliebt, andererseits sorgte die späte Ernte mit knapp gereiftem Cabernet auch für eine grünliche Note die bis heute geblieben ist. Nicht störend, eher würzig. Vor allem bei den Médocs!

Die meisten Flaschen sind wohl schon ausgetrunken. Immerhin zeigen sich die Bordeaux aus diesem damals als gross gehandelten Jahrgang seit Jahren mit wunderschönem Genuss. Lanciert wurden die 85er in einer Hochkunjunkturphase. Just nach dem Primeurverkauf legte sich der „Blues“ über die Weltwirtschaft und die späteren Offerten lagen tiefer als die Erstlingspreise und der danach folgende Jahrgang 1986 blieb jahrelang bei Händlern und Négociants liegen – dies bei nochmals rund 30 % tiefern Marktpreisen.   

Heute zeigten sich eine Vielzahl der Weine aus allen Appellationen noch in sehr guter Verfassung und bieten einen klassischen, feinen Trinkgenuss. Es gibt da nicht wenige Weine, die sich auf gleichen oder fast gleichen Qualitätsniveau wie die wesentlich teurer gehandelten Premiers befinden. Der teuerste Premier ist der Lafite der sein Geld bei weitem nicht wert ist. Genial und eigentlich der beste vom linken Ufer ist der Las Cases der seine Hochform seit der Primeurverkostung eisern verteidigt. Gefolgt vom traumhaften Palmer und noch frischen Margaux. Der beste Premier ist Margaux zusammen mit Latour. Ganz fein wäre auch der Haut-Brion mit seiner zarten Terroirwürze. Die Saint Emilions sind den Pomerols generell unterlegen. Leider war an unserer Probe die Yves Beck in Twann organisierte der Lafleur oxydiert (schlechte Flasche). Hier hätte man einen ziemlich mächtigen 19/20-Wein erwarten dürfen. Der Evangile ist schon seit längeren Jahren müde und abgekämpft. Hingegen sind der sperrige Le Gay, La Conseillante, Pétrus und der vielleicht allerbeste Libournaiser L’Eglise-Clinet heute, morgen und auch noch übermorgen eine Offenbahrung. Korkmeldungen: Lascombes, Cheval-Blanc, Lafleur und Ducru-Beaucaillou. Die Sauternes 1985 taugen fast alle nichts, dafür überzeugte der Aperowein, ein trockener Yquem mit dem Namen „Ygrec“. Die Verkostungsnotizen folgen im WeinWisser…       


WACHAU
TOTAL


Mehr als 200 reife Flaschen Knoll und Hirtzberger wurden im Schloss Spitz im Rahmen des Wachau-
Gourmet-
Festivals
geöffnet. 


LÉOVILLE LAS-CASES 1928 BIS 2003

Wer sich heute zu den Las-Cases-Fans zählt, muss die Augen offen halten. Meist lohnt es sich nicht den Wein in Subskription zu kaufen, weil man ihn später nicht nur zum gleichen Preis oder gar günstiger auf dem Markt findet. Grad so geschehen jetzt mit dem Jahrgang 2006 (WeinWisser 20/20). 

Und überhaupt sind die neuen Jahrgänge – wie auch bei anderen vergleichbaren Grand-Crus – viel teurer als eben so grosse «Millésimes» die jetzt in erster Reife stehen. So würden wir jetzt unbedingt nach den Jahrgängen 2001 und 1998 Ausschau halten. Da ist der Genussspass fast schon greifbar, nach ein zwei Stunden Dekantierens. Und obwohl der verstorbene Patron Michel Délon immer behauptete, dass die alten Las-Cases nicht viel taugen, fanden wir an unserer Vertikale ein paar ganz tolle, noch rüstige Prachtexemplare wie 1945, 1929 und 1928. In tanninreichen Jahren kann der Las-Cases ganz schön sperrig und recht hart ausfallen, was der immer noch zähe 1986er beweist. Typische Vertreter dieses heute möglicherweise als Premier einzustufenden Saint Juliens sind meist recht weich, süss und füllig-elegant. Das Musterbeispiel dieser Behauptung ist der Erotik versprühende, legendäre 1982er. An einer grossen Vertikalverkostung im Hotel Waldheim in Risch (Schweiz) genossen die Teilnehmer zu einem begleitenden Menu 28 Jahrgänge von 1928 bis 2003. Nicht bewertbar, weil oxydiert oder Korkgeschmack: 1956, 1961 und 1993.



30 Mal
Château Rieussec

Der Tagessieger 1945 und der überrasschende 1943er garniert mit vielen Korkbröseln..


BERÜHMTER YQUEM-NACHBAR: RIEUSSEC

So richtig aufwärts ging es mit diesem unmittelbaren Ostnachbar vom legendären Château d’Yquem erst, als die Domaines Rothschild dieses 75 Hektar grosse Weingut übernahmen. Die Schlüsselfigur für den neuen Ruhm war damals der heutige Domaines-Rothschild-Generaldirektor Charles Chevalier der 1984 auswählen konnte, ob er lieber auf Lafite-Rothschild oder Rieussec arbeiten wollte. «Einen grossen Sauternes herzustellen sei viel schwieriger als Rotwein zu machen. Man müsse mit der Natur dabei Roulette spielen», sagte er. Und weil er auch privat ab und zu ganz gerne ins Casino gehe, hätte er sich vor 25 Jahren für Château Rieussec entschieden.  

Leider scheint die Sonne in den letzten Jahren mehr über Rieussec zu scheinen als vor ein paar Jahrzehnten. Der Sauternesfanatiker Jürg Richter organisierte im Restaurant Lindenhofkeller in Zürich eine grosser Vertikale mit dem «alten Testament» von Rieussec. Dabei wussten kleinere Jahrgänge nicht selten zu überraschen. Während die grossen, erwartungsvollen enttäuschten. Der möglicherweise allerbeste alte Rieussec vom Jahrgang 1929 korkte. So teilten sich halt der 1945er und der 1947er den Siegerplatz – mit je 19 von 20 Punkten.

Hier die Verkostungsnotizen 




LE PIN-WEEKEND

Weltweit einzigartig und unvergesslich. Man soll zwar mit der Superlative sorgfältig umgehen, aber ich glaube kaum, dass es eine solche Probe, in dieser Form, weltweit schon einmal gab. Auf jeden Fall kann sich der Besitzer vom klitzekleinen Château Le Pin aus Pomerol, Jacques Thienpont (persönlich anwesend) nicht an so etwas daran erinnern.
 

Alle je produzierten Le Pin's vom miesen Erstlingsjahrgang 1979 bis hin zum just ausgelieferten 2007er. Nicht wenige davon in Magnumflaschen und Doppelmagnums.

Der erste Abend fand im ParkHotel Delta in Ascona statt: Höhepunkte: 1981, 1983, 201, 2005. Zum Hauptgang ein paar 1994er. Lafleur aus der Doppelmagnum, La Conseillante aus der Impériale, Gazin aus Magnums und der Le Pin (der dann auch der beste der Serie war) aus der Doppelmagnum.

Am Samstagmittag assen wir rustikale Tessiner Spezialitäten im Grotto Broggini in Losone und die beiden Luigi Zanini's servierten 2008 Vinattieri bianco, 2007 Vintattieri Rosso und den wunderschön gereiften 1998 Vintattieri rosso. Dazu spielte Bruder Giuseppe mit seiner Fisarmonica.

Das Gala vom Samstagabend fand im Restaurant Santabondio bei Martin Dalsass in Lugano statt. Geniale Küche, sensationeller Lamm-Hautgang und alles wunderschön passend zu den Le Pins. Als Tischwein öffneten wir eine 15 Literflasche - äh wie heisst jetzt so eine schon wieder? Aha - Nebuchadnezar vom 1998 Château Petit-Village. Ein saftig-grosses Pomerolerlebnis mit erster Reife. Das Überformat reichte grad so knapp für die 40 überdurstigen Weinseelen. Die besten Le Pins an diesem Abend? 1998, 2000, 2002 und 1986 sowie 1990. Letztere beide aus Doppelmagnums. Den 2003er gab es nicht, weil er überhaupt nicht produziert wurde. Alle Trauben rosinierten am Stock infolge der grossen Herbsthitze. Der allergröste Wein dieser zweitägigen Probe: 

1982 Le Pin: Magnum. Dunkles Weinrot, reifender Rand, satt in der Mitte. Tiefes Bouquet, Trüffelnoten, getrocknete Herbstpilze, Pfefferschote, dunkle Pralinen, frische und getrocknete Kräuter. Komplexer Gaumen mit grossem, artisanalen Terroirgeschmak, viel Dörrpflaumen, Pflaumenmark, Birnel, Korinthen, eine gewaltige Konzentration zeigend, nachhaltiges Finale mit dunklen Ledernoten. Ein bewegender Moment für einen extrem raren und sehr teuren Wein (Marktwert dieser Magnum; rund 20'000 Franken). Wesentlich dichter als Pétrus und Cheval aus dem gleichen Jahr. 20/20 austrinken   

Die ganze Probe folgt noch in diesem Jahr im WeinWisser...

LA MOULINE 1989

Vor 10 Jahren verkostete ich diesen Wein aus dem Fass, zusammen mit Marcel Guigal in Ampuis. Das ist jener Winzer, der im Keller immer mit Hut degustiert. Nach dem Motto: «On déguste mieux avec la casquette!» Wenn man also eine Mütze auf dem Kopf trägt, dann sei das Hirn warm und man könne besser arbeiten.

Jetzt begegnete ich diesem mörderischen Wein wieder und die Bewertung lag wieder bei 20/20. Auch wenn man ihm vorwerfen muss, dass immer noch unglaublich viel Holz diesem Power-Côte-Rôtie begleitet. Doch die Aprikosen, reifen Pflaumen, Dörrfrüchte machen das Nutella-Caramel wieder wett. Wenn man nach Gewürzen sucht, dann findet man Karadmom und Zitronenthymian. Und auch jene die nach nichts suchen finden von allem fast zu viel. Diesem fast reinrassigen Shyraz werden jeweils etwa 7 % Viognier beigemischt, deshalb sind auch immer im Duft ein paar Aprikosen dabei....

Und da gab es noch klassischere Weine wie 1989 Châteauneuf-du-Pape Cuvée Céléstine Henry Bonneau, 1990 Domaine Trevallon (19/20), 1990 Bouscassé Vieilles vignes (18/20), 1990 Château Rayas (20/20), und Hermitage Jean Louis Chave (20/20). Mehr darüber gibt's, wenn ich im Herbst alle wichtigen 1990er nachverkostet habe....


Wer sucht eine powervolle Projektmanagerin?


DIE VIELLEICHT BESTEN SMARAGDE 2009

Wissen Sie was noch viel mehr Spass macht als Fassproben in Bordeaux? Die noch nicht gefüllten Weissweine der Wachau zu verkosten! Während die in hölzernen Barrique-Primeurs manchmal so richtig weh tun können, so ist ein junger Wachauer ein derartig grosses Vergnügen, dass der Spucknapf bei gewissen Weinen glattweg verdurstet. 

Welches werden wohl die allerbesten Smaragde sein vom Jahrgang 2009? Sicher werden die absoluten Spitzenproduzenten um den Spitzenplatz buhlen. Hier meine drei besten Weine von einem intensiven Wachauer Wochenende…

2009 Chardonnay Smaragd Emmerich Knoll: Die knolligen Smaragde sind heuer besonders pfeffrig und vif und glockenklar. Also wieder voll auf Kurs. Ich bevorzuge heuer generell die Rieslinge etwas mehr als die GV’s. Besonders fein – trotz seinem Volumen – ist die Vinothekfüllung vom Riesling. Doch meine Wahl geht an eine Wachau unübliche Rebsorte: Noch nie habe ich einen derartig grossen, phänomenalen Chardonnay erlebt, der ganz ohne Barrique auskam. Er zeigt eine hohe Reife, ohne exotisch zu wirken und er ist weich ohne jegliche stahlige Konturen. Warum züchten eigentlich führende Obstbauern keine Äpfel die nach Chardonnay schmecken? Das müsste doch eigentlich ein Renner sein. Knoll’s bester Wein kostet deutlich weniger als seine besten Rieslinge und GV’s. Nichts wie hin…. 19/20

2009 Grüner Veltiner Honivogl Smaragd, Franz Hirtzberger: Das grosse an diesem immergrossen Wein liegt heuer in der Finesse und Balance. Dies wird ihm auch zu einem sehr langen Leben bei anhaltender Frische verhelfen. Die Aromen liegen im reifen, gelben Bereich mit einer delikaten Terroir-Kalkwürze und ganz hellem Tabak im bereits jetzt schon völlig harmonischen Finale. Ich stufe ihn um eine kleine Nuance höher ein als den Riesling Singerriedel aus gleichem Hause den es übrigens heuer auch in den Varianten Beerenauslese und Trockenbeerenauslese gibt. 19/20  

2009 Riesling Kellerberg Smaragd F.X. Pichler: Wir haben mit Lucas Pichler seine 2009er verkostet. Diese sollten eigentlich im Juwelenmarkt verkauft werden. Es sind alles funkelnde Wachauer-Diamanten! Das Niveau der gesamten Produktion ist mörderisch. Da fällt es nicht leicht, sich den besten heraus zu picken. Vielleicht wird es ja in ein paar Jahren die 15.4-Droge Unendlich sein. Völlig emotionell war für mich der Schluck vom Kellerberg Riesling. Hier wurde das mögliche Maximum an Selektion und Know-How in diesen Wachauer-Premier-Cru verpackt. Die Frucht tanzt zwischen grünen Agrumen, frisch gepflückten Trauben und Anklängen von exotischen Nuancen und über allem duftet es nach hoch reifem Weinbergpfirsich zum Verschwenden. Hier haben selbst abgebrühte Verkoster Mühe bei der Jungweinprobe auch nur ans Ausspucken zu denken. Mir kamen die Tränen. 20/20   



ÖNOLOGISCHES DONNER-WETTER ZUM RENTENBEGINN

Grosszügige, soeben pensionierte Gastgeber erkennt man daran, dass diese bereit sind, mit guten Freunden die ersten paar AHV-Renten zu verprassen. So geschehen in Baden am Theaterplatz. Nomen es Omen, denn was die männrige Tischrunde am 65igsten Geburtstag von Weinfreund Heinz Wetter erleben durfte, war mehr als ein Weintheater, eher schon eine veritable Aufführung in mehren Akten. Vielen Akten, fast schon zu vielen Akten...

Schöne Flaschen mit Jubilar...


Vielleicht hatte aber der Jubilar bereits ein gewisses (und dann leider auch stattgefundenes Korkenrisko..) bei der Planung mit eingerechnet, sodass es für jeden Gratulanten just zu einem anständigen Damenrausch reichte. Und wenn auch im Hintergrund sich der junge Toggenburger-Simi Olympiagold ersprang, meine ganz persönliche Goldmedaille geht an Heinz Wetter, für den grosszügigsten Gastgeber unter den Frührentnern. 

Als Vorbereitung für die önologische Semi-Narkose diente der nicht gerade besonders leichte, aber dafür extrem rare weisse 2005 Grange des Pères (19/20). Und wer glaubte, dass als zweiter Weisswein etwas Leichteres ins Glas gelangen würde, täuschte sich positiv. 1970 Le Montrâchet Domaine de la Romanée Conti. Die erste Flasche mit mittlerer Schulter vom Geschmack her, gelb wie ein hoch reifer Sennenanken. Die zweite perfekt; leicht seifig mit prallreifen Mirabellen- und Kamilletouch und einer sublimen, langen Fetthülle ummantelt. (19/20).

Am Tisch folgte dann eine erste Ouvertüre: 2004 Pinot Noir Gantenbein, hochfein und elegant. (19/20). Da zeigte sich der 2005 Pinot Noir Tête de Cru, Staatskellerei Zürich ziemlich charaktervoll daneben und im Moment etwas zurückhaltender (18/20). Der 1990 Merlot Sassi Grossi war früher wohl besser und die Diskussionsmeinungen schwankten zwischen «kaputt» und «Zapfen», was dann den Braten auch nicht mehr fett machte.

Apropos Braten, respektive Essen. Betreut wurde die Gästeschar von der charmanten Meta, die perfekt einschenkte und die vielen Teller einsetzte und den immer forscher werdenden Männerblicken souverän stand hielt. Und in der Küche kochte Harry Pfändler helvetisch-grossmütterlich ein währschaftes und doch königliches Essen wie man es sich sonst in seinem Restaurant Bären in Birmenstorf gewohnt ist. Ich bekam sogar die doppelte Portion Fleischvögel.

Dann folgte für mich der absolute Höhepunkt des Abends. Grosse Burgunder sind halt irgendwie immer um Nuancen grösser als grosse Bordeaux. Vielleicht, weil man es auch viel seltener so eindrücklich erfährt. Ich kann mich nicht erinnern schon einmal im Leben zu vor gleich drei Musigny’s auf einen Schlag neben einander erlebt zu haben. 1993 Musigny Leroy; ziemlich hart, einerseits Nasenreif und trotzdem Gaumenjung. (17/20). 1998 Musigny Jacques Prieur: Der barocke, tiefe Typ mit Beerentrüffelgemisch. (19/20). Und die unsterbliche Perfektion zeigend; 1999 Musigny V.V. von Comte de Vogue. (20/20). Hier folgt demnächst noch eine detailierte Story dazu im WeinWisser.

Etwas zu reif mit portigem Luffton; 1994 Monte Bello Ridge. (17/20). Als Trost stand die luxuriöse Napa-Beauty 2000 Harlan daneben. (18/20).  

Als nächstes standen die wohl besten Toskana-Merlots in einer Reihe: Der mächtige, fast überkonzentrierte 2001 Masetto. (20/20). Das ist einer der wenigen Weine die eigentlich nicht vom Weinhandel, sondern vom Drogenhandel den Besitzer wechselt. Der schon fast klassisch, nach grossem St. Emilion anmutende 2001 L’Apparita von Castello die Ama folgte im zweiten Glas. (19/20). Und dann kam der erst heuige, dann bullige Pflaumen-Vanille-Schokorhumtopf der dann an der Luft doch noch etwas klassischer wurde. Aber das Handicap bestand wohl darin, dass der 2004 Redigaffi von Tua Rita halt drei Jahre jünger am Tisch war als die beiden etwas reiferen Konkurrenten. (19/20).

Bevor es zum Bordeaux ging liess Heinz Wetter die spanische Sonne im Glas scheinen. Eine echte Überraschung, weil nicht auf diesem Niveau erwartet; 1994 Pesquera Gran Reserva. (18/20). Und – wie erwartet – gross der Vega Sicilia Reserva Especial. Wie der andere Premiumwein aus dem gleichen Hause – pardon Bodega – heisst dieser auch UNICO. Doch die Reserva Especial wird jeweils mit einem Blend von drei verschiedenen Jahrgängen lanciert. Also immer genau auf die Etikette achten. Hier fanden sich die Cosecha’s 1990, 1994 und 1996 in der Assemblage. (19/20).

Zwei grosse Rhôneweine folgten. Eigentlich wären es drei gewesen doch der Cuvée Cathéline von Chave korkte. Ausgerechnet dieses, fast unauffindbare Cuvée! Der müsste nämlich ganz gewaltig gewesen sein, denn im Glas eins präsentierte sich der «normale» 2000 Hermitage Jean Louis Chave mit unendlich vielen Finessen und einem delikaten Syrah-Parfüm. (19/20). Noch feiner eine grosse Tänzerin die noch weiter südlich heranwuchs. 2000 Châteauneuf-du-Pape Vieilles Vignes Domaine Marcoux; hier hätte man stundenlang nur schon am berauschenden Kräuter-Malzbouquet riechen können. (19/20).

Trilogie Bordeaux 1989: Der perfekte und burgundische 1989 Palmer (20/20). Mit viel roten Pflaumen, Dörrfrüchten und guter Würze durchsetzte 1989 Margaux (18/20) und der bombige, erschlagende 1989 La Mission. (20/20).

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass fast alle Bordeaux des Jahrganges 1990 ausgetrunken werden sollten. Zu gross der Ertrag, zu wenig rigoros die Selektionen. Das rächt sich jetzt nach 20 Jahren Flaschenreife. Und so glaube ich, dass nicht wenige dieser wunderschönen Weine noch vor wenigen Jahren halt noch etwas wunderschöner waren. Hoch reif und definitiv zum Austrinken; 1990 Latour (17/20). Aber das behaupte ich ja schon lange. Just am Beginn einer noch mittellangen Genussreife; 1990 Léoville Las-Cases (18/20). Und ganz sicher auf dem Peak, der 1990 Margaux der schon mehr in der Nase zeigt, als er dann im Gaumen halten kann. Also immer länger riechen wie trinken. Auch hier – gejammert auf hohem Niveau. 19/20.

Auf jeden Topf gehört ein Deckel. Und nach so vielen tollen Weinen sind meist die Gaumen etwas abgestumpft und die Wahrnehmung – nobel ausgedrückt – etwas redimensioniert bis handicapiert. Also hilft nur noch die Medizin einer Down-Under-Granaten-Parade. Konsequenterweise gleich drei Mal Grange. Der beste für mich im linken Glas; 1991 Penfolds Grange (19/20). Wesentlich leichter; 1995 Penfolds Grange (17/20) und dann wieder etwas fleischiger, aber doch nicht ganz die grosse Klasse vom 91er erreichend; 1996 Penfolds Grange den ich mit 18/20 bewertete.

Als ich mit dem Zug nach Hause fuhr, war es heiss und laut im Abteil. Heiss, weil der Heizungsregler ganz rechts im roten Bereich stand. Und laut, weil ein Jägerquartett von irgend einer Versammlung nach Hause unter Absingen unter eines mir unbekannten Hallali-Repertoires sich lautsark ein gewisses Aufsehen verschaffte. Ich nahm an, dass sich diese vier demonstrativ fröhlichen Hubertusbrüder wohl alkoholmässig auf dem gleichen Niveau befanden wie ich selbst. Trotzdem schien ich irgendwie glücklicher zu sein als die grün angezogenen Mannen. Es kommt halt schon ein Bisschen drauf an, was man trinkt...  



HOFFNUNG FÜR ALLE 1972ER
 
«Der Jahrgang 1972 ist ein Desaster», meinte der heimliche Winzersuperstar Eben Sadie vor ein paar Wochen als ich ihn auf seiner Winery im Swartland (Südafrika) besuchte.



Er musste es wissen, denn er verkostete viele verschiedene Weine von seinem Geburtsjahrgang während seiner Europabesuche.

Aus vielen Erfahrungen musste ich ihm recht geben. Ein paar knapp akzeptable, halbsaure Burgunder 1972 trank ich, einen eben so gesäuerten, durch Barriquen halbsüss gewordenen Vega Sicilia und sehr viele extrem enttäuschende Bordeaux. Also irgendwie alles Fiasko pur.  

Und jetzt bescherte mir ein Zufallsbesuch im Kaufhaus Jelmoli in Zürich ein unglaubliches 1972er-Erlebnis. Ich würde es sogar – um mit dem Ende einer Beschreibung aufzuhören – als längsten Abgang der Welt deklarieren. Noch minutenlang hielt sich das wundervolle Aroma im Gaumen. Zu Fuss vom Jelmoli bis zum ersten Schluck Boddingtons im James Joyce-Pub.

Also ein 500-Meter langer Abgang! Davor bot dieses Elixier ein nasal explodierendes edel-fettes Rhum-Erlebnis der dritten Art. Im Gaumen eine Mischung von Jagertee, Kindheits-Rhum-Corubadüften, 80%-Strohrum und edleren Aromen wie Baileys, Bounty, Pina-Colada, Tahiti-Vanille, kalter Earl-Grey, Ricola, Kakaobutter, caramelisiertes Zuckerrohr, Kaffeerahm und weisser Nestrovit-Schokolade.

Das kleine, viereckige Ding kostet luxuriöse 299 Franken und es befinden sich lediglich 50 cl. Menge mit einem 58%igen Volumengehalt in der dickwandigen Flasche. Aber – kühl gelagert - kann man da an jedem Geburtstag eine kleine Pippette auf die Zunge träufeln und den Rest seines Lebens lang geniessen.

Es war der beste 72er meines Lebens und ich finde, man darf auch einen so grossen, alten Rhum bewerten. 20/20

Wer ehrliche Kaufabsichten deklariert, darf dem Jelmoli-Team einen schönen Gruss von mir bestellen und erhält eine klitzekleine Kostprobe. Nichts wie hin!   




MOUTON-ROTHSCHILD 1899

Die Geschichte wäre noch viel länger. Abgekürzt: Eine Kundin lieferte die Flasche an die Weinbörse. Aber niemand war bereit für diesen Mouton 1899 das Limit zu bieten
.

Vielleicht deshalb, weil der Jahrgang nicht auf dem Etikett zu sehen war. Aber die Witwe die uns diese Flasche überliess, wusste ganz genau, dass es ein Mouton von diesem Jahrgang sei. Also beschlossen wir diesen honorigen Restposten aus dem Inventar an der Generalversammlung, zusammen mit unserem Team, zu trinken. Das Füllniveau war - für das Alter der Flasche - mit Top-Schulter noch sehr gut. Allerding verschrak ich als ich den Wein vorsichtig in die Karraffe umgoss. Die Farbe war extrem hell, fast schon wässrig-hell, mit viel orangen und ziegelroten Tönen. Aber da die Farbe sehr brillant-klar war, liess sofort wieder hoffen. Und schon nach ein paar Sekunden duftete es herrlich süss zwischen meiner Nase und der Karaffe. Auch im Glas setzte sich dieses wunderschön zart-süsses Bouquet fort, Bastholz, Feigen, Kakaopulver, Reseda-Biuschtöne, gebrannte Mandeln und zerlassener Butter und sehr helles Caramel. Nicht mit viel Druck eher zart und filigran, aber doch noch schwer intakt. Im Gaumen schlank wie eine lang gezogene Schnur, nur ein paar Muskeln und Säureresten stützen den Körper, also musste man ihn eigentlich von seiner Leichtigkeit her eher mit einem hoch reifen Lafite vergleichen, tänzerisch, wieder süss und fast parfümiert im Finale, das dann doch das greise Alter deutlich zeigte, so bestand das Finale aus einer Mischung von Himbeergelée, spanischem Brandy und Sherry-Amontilladonoten. Der Ausklang, war wie das sanfte Nachhallen in einem grossen Konzertsaal nach einem leisen Finale. 19/20


Kutteln und Pétrus 1975!

Würde passen, aber ging in die Hosen, weil der honorige Pomerol (mittlere Schulter) leider müde war. Doch  da war ja glücklicherweise noch ein alter Mouton... 


TRENDIGE KAFFEEKULTUR FÜR JEDEN GUSTO

Kindheitserinnerungen! Manchmal durfte ich mit meiner Mutter im Dorfladen einkaufen. Sie hatte aber einen Trick mich so zu beschäftigen, dass ich nicht ständig fragen konnte, ob ich dies oder das haben konnte. Als Erstes kaufte sie immer den Kaffee und trug mir auf, dass ich ihn in der elektrischen Kaffeemühle mahlen durfte und dann an der Kasse auf sie warten solle. So fasste ich die mittelgrosse Packung, schütte die Bohnen oben rein, zwackte den Sack unten in die Klemme und stellte den Schalter auf «ein». Ein Riesenlärm entstand und die Bohnen kesselten in die vibrierende Mühle und das Kaffeemehl füllt den Beutel so, dass ich immer oben etwas drücken musste um den Beutel wieder mit dem weissen Papierdrahtband (2 Drähte) verschliessen zu können. 

Doch bevor ich den Beutel verschloss, roch ich ein paar Mal an dem frisch gemahlenen, erwärmten Kaffee und genoss den wunderbaren Duft. Den Milchkaffee den die Eltern dann immer am Morgen und manchmal auch zum Nachtessen genossen trank ich damals (noch) nicht. Viel lieber Kakao. Oder „Gaggo“ wie wir in unserem Dialekt sagten.

Das war die Filterkaffeegeneration. Gute – alte Zeit!

Dann folgte die Kaffeemaschinengeneration. Man kaufte die Bohnen ganz. Auch wieder in Beuteln. Aber – man mahlte nicht mehr im Laden oder Supermarkt, sondern konnte die ganzen Bohnen in einen Behälter des elektrischen, revolutionären Haushaltapparates einfüllen. Und dabei sogar die Dosiermenge und die Feinmahlung einstellen. Was aber nicht immer funktionierte. Dann drückte man auf einen Knopf. Ein nicht unüberhörbarer Lärm bestätigte die Absicht einen Kaffee geniessen zu wollen. Und dann, ja dann füllte sich unten die kleine oder grosse Tasse von selbst. Gute – alte Zeit!     

Bleiben wir beim Privatgebrauch um die neueste Stufe des Kaffeegenusses zu deklarieren. Auch hier haben wir es wieder mit einer Kaffeemaschine zu tun. Was heisst mit einer, mit unendlich vielen. Je nachdem wofür man sich entschieden hat. Eigentlich steht nicht die Marke der Maschine im Vordergrund, sondern das System. Irgend ein fein plastifizierter «Kaffee-Tampon» in dessen Innern irgend ein seit Monaten gemahlener Kaffee, von nicht genau definierter Herkunft darauf wartet, dass er durch irgend einen mechanischen Vorgang an mehreren Stellen durchstochen wird, sodass das heisse Wasser dann vielen Stellen hindurch rinnen kann, worauf sich unten irgend eine Tasse füllt und einen Teil von dem hält, was die Werbung suggeriert.

Nehmen wir mal als Beispiel den Markenleader Nespresso der auf seiner Webseite u.a. seine  16 «Grands Crus» vorstellt. Müssig alle aufzuzählen. Also habe ich mich für eine nicht repräsentative Auswahl entschieden. Es gibt da alleine 7 verschiedene Espressosorten. Meine Selection für diesen Artikel befindet sich in einer frechen Lilakapsel; der Apreggio. Das soll ein reiner, stark gerösteter Arabica aus Mittel- und Südamerika sein. Er hat einen «starken Charakter» und einen «gut spürbaren Körper» der durch Kakaonoten unterstrichen wird. Die Intensität wird mit 9 (?) angeben. Also klar etwas für jene, die sich nicht zwischen einem Kakao und einem Kaffee entscheiden können.

Wem dies zu stark ist, der fokussiere sich auf den provokativ-violetten Cosi. Denn der hat nur eine Intensität von 3. Eine Kombination der besten Arabica’s aus Kenia verleihen dieser Mischung eine «charakteristische Zitronennote». Also – wer zwischen zwei Caipirinha’s schnell einen Kaffee reinziehen will, der leidet fast nicht unter Agrumenverlust wenn er sich für den unvergleichlichen Cosi entscheidet.      

Beim Fortisso Lungo (lhasa-grüne Kapsel) gibt es nebst Arabicabohnen auch etwas Robustabohnen. Die sind dann nicht ganz so raffiniert, verleihen aber dem Kaffee viel Körper und eine robuste (Nomen est Omen) Persönlichkeit. Aber die Sache hat, mit dem Vermerk auf Intensität 7, auch einen gewissen Haken. Die «intensive, separate Röstung» (Was wurde hier separat geröstet? Die Verpackung?) verpasse dem Kaffee eine gewisse Bitterkeit. Wer will schon bitteren Kaffee trinken?

Ab nach Kolumbien! Hier gibt es aus der milchig-metallischen-rosa Kapsel den sagenhaften Rosabaya de Columbia. Diese nicht kopierbare Varietät besteht ganz deutlich aus aus «Pure Origine». Wow! Er wird – gemäss Deklaration – nass aufbereitet und dann – wieder gemäss Beschreibung – in  der Pergamenthülle nach Paramo de Letras gebracht. Warum nicht gleich in der Nespresso-Kapsel? 

Vor lauter Schreiben bekomme ich selbst Lust auf eine Tasse Kaffee. Ich gehe vom Büro nach oben und nehme die Plastik-Wäscheklammer, die das Aroma verteidigt, vom Kaffeebeutel. Es ist ein banaler Kilosack. Ich kaufe diesen immer von einem befreundeten Wirt. Die Mischung heisst Eldorado und den Kaffeeröster aus Luzern kenne ich persönlich seit mehr als 20 Jahren. Er macht nicht viele verschiedene Mischungen, weil er sich entschieden hat, hauptsächlich einen sehr guten Kaffee zu verkaufen.

Bevor ich die noch nach frischer Röstung duftenden Bohnen in den kleinen Behälter der langjährig-treuen Haushaltkaffeemaschine einfülle, rieche ich lange und genüsslich oben am schwarz-goldenen Sack. Danach fülle ich ein paar Bohnen ein. Nicht viel, damit ich beim nächsten Kaffee wieder am Beutel als Vorspiel riechen kann. Dann wärme ich kurz die Tasse mit heissem Wasser (auch aus der Maschine). Dann drücke ich auf den Knopf und warte geduldig bis sich die Tasse gefüllt hat. Dann rieche ich ganz, ganz langsam am feinen, aber nicht übertriebenen, ehrlichen Schaum der sich wie ein Teppich auf der Oberfläche der Tasse ausgebreitet hat. Manchmal trinke ich ihn schwarz, manchmal mit einem Schuss kalter Milch. Verzeihen Sie mir bitte, dass ich ein solch simpler Kaffee-Banause bin und mit der modernsten Arabica-Kultur nicht mithalten kann!            


SAUERKRAUTVERLANGEN

Wer hat das nicht? Eine Vision was man demnächst einmal unbedingt dringend essen könnte. Im Winter ein Raclette. Im Frühling Spargeln. Im Sommer Fleisch vom Grill. Im Herbst einen Rehrücken. Die Beispiele wären endlos…

Heute hatte ich mein ganz persönliches, ultimatives Sauerkrautverlangen!
Es gibt da so Vacuum-Packungen beim Supermarkt mit einem (viel zu) kleinen Wienerli, einer (wesentlich zu) kleinen Tranche Speck und wenigstens zwei einigermassen hungerkompatiblen Scheiben Hausmacherwurst. Da muss man selbst dazu nur noch etwas Salzkartoffeln kochen und den anderen Rest erwärmen.

Gesagt – getan! Am Morgen degustierte ich noch ein paar Weine von Schloss Salenegg. Einst berühmt, dann von anderen überholt, dann von mir kritisiert, dann von mir «konsulentiert» und heute wieder sehr vernünftig auf dem Damm. 

Also sass ich ganz alleine mit diesem Mix aus Sauerkraut, Wienerli, Speck, Hauswurst und Salzkartoffeln am Tisch. Im Hintergrund Radio Eviva mit ländlicher Musik und im Glas den 2008 Blauburgunder von Schloss Salenegg. Das ist der Normale – nicht der Barrique. Man muss wissen, dass in der Bündner Herrschaft ein normaler Pinot Noir in der Regel Blauburgunder genannt wird und der gefässerte dann meist nobel mit der Deklarartion Pinot Noir auf dem Etikett prangert. Das ist nicht ein Verdikt von Schloss Salenegg, sondern eines von fast allen Bündner Winzern. Und da liegt der Speck im Sauerkraut – respektive der Hase im Pfeffer!

Heute wird der Pinot Noir in den grischonigen Regionen wie folgt separiert:
- Die einfachen, leichten sind die Traditionellen, kommen in den Stahltank oder in gebrauchte Holzfässer und heissen dann simpel Blauburgunder.
- Die Besseren lümmeln in den recht teuer erworbenen Piècen (228 Liter) oder Barriques (225 Liter) und heissen dann mondän Pinot Noir.    

Was viele Winzer dabei vergessen haben oder irgendwie nicht schaffen, ist der Kompromiss zwischen diesen zwei Ausbausphären. Nämlich; einen anspruchsvollen Blauburgunder in die Flasche zu füllen, der so richtig herrrlich nach Herrschaft schmeckt und trotzdem enorm viel Spass bereitet und eine gewisse Grösse aufweist. Frei nach dem englischen Motto:  «We do no like competition – we are different»!

Genau so schmeckt der 2008 Blauburgunder Schloss Salenegg. Es ist kein Wein, der Chambertin-Fans umhaut oder Beaune-Freaks in Rage bringt. Sondern er ist gedacht für Weingeniesser die wissen, dass im Bündnerland der eh schon leichtfüssige Pinot Noir manchmal Blauburgunder heisst und dass dies absolut kein Deklassement darstellen muss. Genossen mit einem traditionellen Gericht ist das wie ein helvetischer Genussvorbeimarsch. Vergiss nie – woher Du kommst!


MOUTON 2000 UND WÜRSTLI

Seit seiner Geburt, respektive seit der Fassprobe im März 2001 hatte ich jedes Jahr die Möglichkeit, mindestens einmal am Mouton 2000 zu schnuppern um seine Evolution mit zu verfolgen.

Es ist ein sehr delikater, süsser Mouton, der sicherlich zu den ganz grossen Mouton-Jahrgängen gehört, dem aber dann doch ein kleines Quäntchen Genialität und Power fehlen um die Maximalpunktezahl zu erreichen.

Etikettensammler ärgern sich, weil er gar keine Etikette hat, sondern nur eine zugegeben sehr edle, goldene Flaschengravierung aufweist. Die anderen Premierbesitzer ärgern sich, weil er - seit diesem Jahrgang - in eine wesentlich grössere, luxuriösere und auch schwerere Flasche abgefüllt wurde um sich, zumindest optisch, von der Konkurrenz abzuheben. Und die Weingeniesser ärgern sich, weil er - und da ist er nicht alleine - ganz schön viel Geld kostet.

Schon wieder so Einer, dachte ich mir, als ich erstmals im Keller vom Dorfmetzger Werner Limacher in Hünenberg stand. In der Mitte provokativ protzend mehrere verschlossene Kisten Mouton-Rothschild auftürmend und rundherum zwar auch gute, aber doch eher nette Flaschen. Ich hasse Mouton-Sammler. Sammeln heisst da sehr oft -  vergammeln. 

Meine Freunde nahmen aus ihrem Keller auch ein paar Weine mit zum Lunch und anschliessendem Jass. Doch irgend wann ging unser Bestand zur Neige und da kam die Idee auf, dass wir doch jetzt von seinem Bestand so eine schwere Kiste Château Mouton Rothschild 2000 aus dem Keller hiefen könnten und mit einem Kaffeelöffeli (es war kein Schraubenzieher in der Nähe...) versuchen könnten den Deckel aufzubrechen um dann eine solche Flasche gemeinsam zu trinken. Ich unterstrich diese Absicht, indem ich dem Werner erklärte, dass ich eigentlich jedes Jahr einmal den Mouton 2000 degustieren müsste für eine berufsbegleitende Degustationsnotiz... 

Es brauchte keine weiteren Überredungskünste und eine Minute später funkelte das tiefdunkle Rot in einer edlen Karaffe. Und einen glücklichen Moment später war ich stolzer Besitzer von einem guten Deziliter «Schäfliwein» in meinem Gabriel-Test-Glas das noch vor diesem Sommer auf den Markt kommen wird. Ich weiss jetzt nicht mehr genau, ob es an dem unglaublichen Glas lag oder am momentan unglaublichen Mouton. Auf alle Fälle bot dieser Moment ein wunderschönes Erlebnis mit guten Freunden in diesem hölzig heimeligen Carnozet.

Ein paar Minuten dampften kleine Weisswürstchen, Wienerli und pikante Minischweinswürstli auf dem Tisch. Und weil es so viele kleine herrliche Würstchen waren, musste noch eine zweite Flasche dran glauben. Danke Werner!    


KAP-TOP’S: CHENIN BLANC, COLUMELLA, ANWILKA, KÄSE

Kapstadt ist, kurz nach dem Jahresbeginn, noch eine gigantische Baustelle. Die wichtigsten Strassen sind aufgerissen und es werden noch megatonnenweise Brücken zementiert. Eigentlich merkt man es bereits am Flughafen, denn auch dort fahren Lastwagen im Minutentakt mit Erdmassen hin und her und Hämmer und Pressluftbohrer bescheren ein laut akustisches «Welcome». Es muss dann alles ganz schön sein und möglichst wenig soll auf die unendlich vielen Slums hinweisen, wenn der egowichtige Sepp Blatter für die Fussball-WM in Capetown landet.

Für unsere Reisegruppe war es deutlich ruhiger in der vierten Januarwoche bei unserem Wine-Trip rund um Stellenbosch. Aber dafür gemütlicher und eindrücklicher. Das Motto war klar: Lieber viele herrliche Flaschen Weine während vier Tagen durch zwei Dutzend Freunde zu teilen, als einen einzigen Fussball 90 Minuten lang semipassiv nach zu gaffen. Jedem das Seine. Ein richtiger Fan ist man immer nur dann, wenn man etwas bewundert, das man selbst nicht kann!   

Die Kapweine werden immer wieder etwas besser. Bei den Weissweinen ist man schon lange nahe bei der Weltklasse. Tendenziell etwas mehr beim Sauvignon Blanc als beim Chardonnay. Aber die Winzer haben zum Glück wieder eine alte, ziemlich heimische Rebsorte wieder entdeckt. Noch nie habe ich so gute und eindrucksvolle Chenin Blanc‘s getrunken.

Die einfacheren Rotweine sind gefälliger geworden. Hier hat man den Stil vom Early-Drinking-Pleasure mehr und mehr im Griff. Die grossen Roten sind nochmals eine Stufe präziser und auch hochstehender als noch vor zwei Jahren. Jahrgangsunterschiede werden besser erkenntlich und da und dort ist nun langsam auch der Begriff Terroir bei den Weinbeschreibungen angebracht. Die Kunst der Kapwinzer ist es den Alkoholgehalt auf einem erträglichen Mass zu halten und dabei die Gerbstoffe, die Kernen und Weinsäuren ausreifen zu lassen. Hier ist man auf gutem Weg und die Summe der sehr guten Rotweine erhöht sich kontinuierlich. Doch Weltklasseweine sind limitiert und – kaum entdeckt – oft schnell verteilt. Die Winzer beklagen sich nicht selten über mangelndes Interesse von einflussreichen Journalisten und so hat der allmächtige Weinguide Platter eine marktbeherrschende Autorität wenn es darum geht die besten Weingüter und deren Weine einigermassen transparent zu justieren.

Als Genussprodukt zum Wein passt ja bekanntlich Käse. Der grösste Fortschritt in den letzten 10 Jahren ist hier am Kap zu beobachten. Wunderbare, geschmacksvolle Exemplare in allen Kategorien sind uns hier auf dem Teller präsentiert worden. Mehrheitlich sind es Kopien von europäischen Vorbildern. Aber so was von gut! Das Betriebsgeheimnis liegt am guten Rohstoff. Nicht selten überschreitet die angelieferte Milch die 4%-Fettmarke. Wenn die Käseproduzenten es hier künftig schaffen ein paar eigenständige Produkte auf dem Markt zu bringen, sollten sich erfolgreiche Importeure wohl bald in dieser Region umsehen…

Doch zurück zum Wein. Genauer gesagt zu den gereiften Flaschen. Vor gut 10 Jahren fing ich an, die Weine vom Kap recht hoch zu bewerten. Einige davon sind jetzt ausgereift und bestanden deren Reifeprüfung mit Bravour wie meine Kostnotizen zu ein paar honorablen Flaschen mit 18 und 19 Punkten beweisen. Und der mit dem Besitzer Simon Barlow getrunkene 1982 Cabernet Sauvignon Rustenberg beweist auch ein vielleicht bisher gar noch nicht deklariertes Alterungspotential.

And the winner is? Sieger sind wie Sternschnuppen: Kaum gewonnen, kommt schon das nächste Rennen. Die Superlative lebt leider zu oft von deren Kurzfristigkeit. Wenn mich jemand danach fragen würde, was das Grösste an dieser einwöchigen Reise war, so würde ich – ohne lange zu überlegen – den Besuch beim Jungwinzer Eben Sadie im Swartland nennen. Geboren im miesen Jahrgang 1972. Weitgereist – hat er alle wichtigen und unwichtigen Rebsorten in den Produktionsgebieten bei namhaften Winzern studiert. Dass er die allergrössten Weine der Welt alle schon einmal getrunken hat, davon zeugen die vielen, leeren Flaschen die im Büro, im Cuvier und in den Fasskeller zu Hunderten herumstehen. Er hat in Südafrika nach geeignetem Terroir und alten Reben gesucht und gefunden. Nachdem er anfänglich jeden neuesten, önologischen Trend mitmachte hat er nun – aus tiefster Überzeugung – die Art seiner Weinproduktion um eine Generation zurück geschraubt. Die bisher legendärsten Weine der Welt seien nicht im Stahltank vergoren und dann in neuen Barriques ausgebaut worden. Die Verkostung seiner neuesten Jahrgänge geben ihm recht. Eben Sadie ist ein Name den sich Freunde von langlebigen, terroirbetonten Weine im Rhônestil merken sollten. Er hat das Zeug zum Kultwinzer. Einer der mit allergrösster Sicherheit dereinst mit den ganz grossen, legendären Namen in einem Atemzug genannt werden wird!                 

Die memorabelsten Flaschen 

Südafrika mischt definitiv mit bei der Weltklasse. Nicht mit endlos vielen Weinen, aber doch so, dass auch verwöhnte Geniesser auf deren Rechnung kommen. Auch hier stiegen die Preise leicht in den letzten Jahren für die besten allerbesten Tropfen, doch noch lange nicht so, dass diese eine willkommene Alternative für die nicht enden wollende Abgehobenheit vergleichbarer EU-Qualitäten standhalten könnte.   

Weissweine
2009 Sauvignon Blanc Piernett La Motte: 18/20
2009 Sauvignon Blanc Klein Constancia: 18/20
2009 Sauvignon Blanc Saxenburg: 18/20
2009 Chenin Blanc unwooded Raats Family: 17/20
2009 Chenin Blanc  Private Collection: 18/20
2009 Chardonnay Hamilton-Russel: 17/20
2008 Palladius The Sadie Family: 19/20
2008 Chardonnay Uva Mira: 18/20
2008 Chardonnay Radford Dall: 17/20
2008 Chardonnay Hamilton-Russel: 19/20
2006 Sandstone Ashbourne: 18/20
2006 Chenin Blanc Private Collection Spier: 18/20
2005 Vin de Constance Klein Constancia: 18/20

Rotweine
1982 Cabernet Sauvignon Rustenberg: 18/20 
1998 Paul Sauer Kanonkop: 19/20
1998 Shiraz La Motte: 18/20
1999 de Trafford Pinot-Shiraz. 18/20
2001 Shiraz Private Collection Saxenburg: 19/20
2004 Frans K. Smit Spier: 19/20
2004 Rubicon Meerlust: 18/20
2004 Vergelegen: 19/20
2005 Christine Buitenverwachting: 18/20
2006 Paul Sauer Kanonkop: 18/20
2006 Columella The Sadie Family: 19/20
2006 Walker Bay Ashbourne: 19/20
2007 Fusion V de Toren: 19/20
2007 Pinotage Kanonkop: 17/20
2007 Z de Toren: 17/20
2007 Cabernet Franc Raats Family: 17/20
2007 Anwilka: 18/20
2007 Friedrich Laibach Laibach: 18/20
2007 Pinot Noir Hamilton-Russel: 18/20
2008 Ugabe (Zweitwein Anwilka): 17/20
2008 Pinot Noir Hamilton-Russel: 18/20
2008 Merlot Bein Cellars: 18/20
2009 Pinot Noir Hamilton-Russel: 19/20

Die ausführlichen Verkostungsnotizen der besten Weine erscheinen im WeinWisser.
 
Wer Lust hat mit René Gabriel die besten Kapweingüter zu besuchen und natürlich auch die einheimische Küche, Winzer und Weine kennen zu lernen, der schreibt sich am besten gleich für die nächste Südafrikareise im Januar 2012 ein... 


BIER AUF WEIN - IST AUCH SEHR FEIN 

«Was Sie trinken Bier?». Eine oft gestellte Frage, wenn ich mir, vor oder nach einer öffentlichen Weinveranstaltung, ein kleines Bierchen gönne. Ich trinke gerne ein gutes Bier und stehe auch dazu. Geniessen ist Stimmungssache. Immer nur Wein kann es letztendlich auch nicht sein. Es gibt nicht wenige Gerichte, bei denen Bier sogar besser passt als Rebensaft.

Doch blättern wir zurück. Meine «Bierkarriere» hat etwas zweifelhaft angefangen. Weil ich das Schweizer-Lagerbier in den Anfängen (und das ist auch heute noch so…) geschmacklich nicht mochte, liess ich es mir mit Grenadine-Sirup «verfeinern». Das ist jetzt schon mehr als 30 Jahre her und ich beschreibe diese Phase als Übertritt vom Sirupalter in das mühsame Erwachsenwerden. Da ich Koch als Beruf erlernte, merkte ich schon bald, dass meine Gerichte den Gästen noch besser schmeckten, wenn ich dazu einen anständigen Wein servierte.

1978 lernte ich Englisch in London. Nicht nur Sprachkenntnisse, sondern ich entwickelte dort auch ein Fabel für die englischen Biere. Gegen den Durst; ein Ben Truman. Für den grossen Genuss; ein Trophy Bitter. Um gut schlafen zu können; ein Youngs Special (halbes Pint im grossen Glas) und dann einen Ramroad (zum Auffüllen). Das war dann ein Self-Made-Baukastensystem für das so genannte beste «Light and bitter».

Weil es in der Schweiz zur damaligen Zeit noch keine Englischen Biere gab, ausser in den aufkommenden Pub's, begann ich selber englisches Bier her zu stellen. Dose auf, mit Zucker und Wasser aufkochen. Temperatur auf 22 Grad absinken lassen. In einen sauberen Plastikkübel füllen. Das kleine Hefepulverbrieflein, das vorher auf der Dose klebte, öffnen und sorgfältig einrühren. Schliesslich ein sauberes Tuch mit Wäscheklammern darüber fixieren (damit keine Fliegen den Heldentod sterben…) und dann im dunklen Heizungsraum 3 Wochen lang gären lassen. Schliesslich mit einer kleinen Dosis Zuckerlösung in die Flasche füllen, verschliessen und im kalten Frigor reifen lassen. Not und Durst machen eben erfinderisch.

Heute gibt es eines der besten englischen Biere in Dosen zu kaufen. Ein paar dieser gelben Dinger, auf denen Boddingtons steht, zittern permanent in meinem privaten Weinkeller. Bin ich jeweils an der London-Wine-Trade-Fair, degustiere ich meist bis zu 100 Weine am Tag. Als Bonus gönne ich mir dann jeweils im Warwick Inn Fisch and Chips und trinke dazu ein Pint Cafreys. Und zu einer danach folgenden Cigarre gleich noch Eines. Guiness: Nein – das mag ich nicht. Ich trinke schliesslich auch keinen kalten Kaffee der bitter schmeckt.

Bier aus Österreich? Lustig sammer – Puntigammer! Gösser Bier ist unerreicht – vier getrunken – fünf geseicht! Doch Spass beiseite. Ja – gerne sogar. Es gibt Nichts Schöneres als an einem langweiligen, nie endenden Dinner so zwischendurch aus dem Saal abzuhauen und dann heimlich ein Zipfer zu zupfen. Oder zu einem deftigen Essen ein Eggenberger Bier. Mein persönlicher Favorit: Hirter Pils. Das gibt es beispielsweise im Weibel's Wirtshaus in Wien im Offenausschank.

Deutsche Biere? Fangen wir mit einem Witz an: Ein Amerikaner sitzt im Hofbräuhaus und bestellt sich eine Mass nach der Anderen und isst dazu auch noch den Bierdeckel auf. Nach fünf Runden bestellt er wieder: «Nocch eine Biär – aber no Biscuit!». Warsteiner ist sehr gut. Schneider Weisse würde ich gerne trinken, aber die Kohlensäure ist derartig grobschlächtig, dass sich der peinliche Rülpsfaktor, lautstark etabliert. Also heisst die Alternative: Erdinger, manchmal hell, gerne auch zwischendurch in dunkler Form.

Und die tollen Belgier Gerstensäfte! Ein fülliges Leffe ist wie eine doppelte Kraftbrühe. Dann das einfahrende Duvel. Oder das federleichte Hoegaarden; das ist ein Bière blanche, welches mit Curaçao bleu und Koriander gewürzt ist. Kürzlich habe ich auf einer Motorradtour in der Tschechei vor dem Einschlafen ein ganz frisches Budweiser getrunken. Hat mir sehr geschmeckt. Heineken ist auch passabel. Wird aber von mir höchstens in Ermangelung von Alternativen getrunken.

Und die Schweizer Biere? Leider ist das meiste ein lascher, fader Standard. Wir haben vielleicht mitunter die besten Quellwasser der Welt, aber die Brauer schaffen es nur selten, diesen Heimvorteil in die Flasche zu bringen. Meist sind es die Privatbrauereien die hier den Karren aus dem Dreck ziehen müssen. Ittinger Klösterbräu beispielsweise. Oder das Appenzeller Mondbier von Locher. Ein herrlich frisch gezapftes Ueli Bier in Basel. Das Warteck Alt (leider nur noch spärlich zu finden..). Am Glücklichsten bin ich bei einem Ratshaus Bier in Luzern. Dazu esse ich dann Rauchwürste mit Kraut und rauche später einen billigen, aber mir schmeckenden Villiger-Stumpen. Da kann es dann schon mal passieren, dass ich erkannt werde und schon liegt wieder die sehr originelle Frage in der Luft: «Was Herr Gabriel – Sie trinken auch Bier?».       




Entdeckt - aber noch nie getrunken:

Gabriel-Bier aus   Portugal in eine edle Champagner-flasche gefüllt.

Wer kann mir dieses besorgen? 




     

PIZZA ORNELLAIA

An dieser Stelle verrate ich Ihnen, wie Sie eine ganz spezielle Pizza-Kreation selbst zubereiten können. Sie brauchen dazu kein Pizzaiolo zu sein…

Man suche sich als Erstes ein gutes, italienisches Restaurant aus. Also eines, welches über eine gute Weinkarte verfügt – aber trotzdem noch Pizza anbietet. Nun wissen Eingeweihte natürlich was zum Beispiel eine Pizza Margherita ist. Das ist die mit Tomaten. Und wer weiss, was auf italienisch Prosciutto heisst, ist soweit informiert, dass über dem dünnen, tomatierten Teigboden etwas Schinken umher lümmelt.

Bei der «Quatro Stagioni» wird es schon schwieriger. So, wie wenn man die vier nicht vorhandenen Nebendarsteller beim «Dinner for One» aufzählen müsste. Aha, Sie kennen den schwarzweissen Flimmerfilm von Freddy Frenton und haben auch bereits angefangen zu studieren, wer die vier imaginären Tischgenossen waren. Also hier, als Zwischenresultat dieser Pizza-Geschichte die vier Namen. Ja – ich weiss, Sie hätten es gewusst: Admiral von Schneider, Mister Pomeroy, Mister Winterbottom und… Sir Toby.

Doch zurück zu meiner «Pizza Ornellaia». Und hier das relativ simple Rezept:

1. Man(n) bestellt sich irgend eine Pizza.
2. Man(n) ordere dazu eine halbe Flasche Ornellaia

Törö! Und schon haben Sie die unvergessliche «Pizza Ornellaia». Versuchen Sie es einmal. Ist genial. Oder vielleicht eine Pizza Sassicaia, Pizza Solaia oder gar eine Pizza Masseto. Die Formel ist immer gleich: Billig essen – teuer trinken…      


1878 CHÂTEAU MOUTON-ROTHSCHILD  (VERY LOW SHOULDER) 

Wenn nicht am Schluss noch ein paar ganz grosse Mouton’s im Glas gewesen wären – so hätten fünf sensationell gelungene Jahrgänge vom hauseigenen Rothschild-Cinquième-Cru Château Clerc-Milon dem wesentlich teureren Premier fast die Show gestohlen…

Ort: Restaurant Old-Swiss-House zum alljährlichen Mouton-Memory-Treff. Gleich zu Beginn musste ich gute und schlechte Nachrichten verkünden:
Die schlechte: Der 1995 Mouton korkte.
Die gute: Philipp Buholzer hatte noch zwei Kisten in seinem Keller.
Die schlechte: Nicht im Restaurantkeller, sondern am anderen Ende der Stadt.
Die gute: Trotz schlechtem Schneewetter war er bereit eine Flasche dort zu holen.
Die schlechte: Er war mit seinem Motorrad da.
Die gute: Bereits nach einer Viertelstunde war er wieder zurück.
Die schlechte: Er fiel direkt vor dem Restaurant im Scheckentempo auf die Schnauze.
Die gute: Die Flasche Mouton 1995 blieb ganz.

Clerc-Milon: Dieser Cinquième ist eigentlich viel zu wenig bekannt. Etwas gröber in der Ausstattung als der Grand-Puy-Lacoste und nicht so bombig wie der Lynch-Bages, gehört er doch (noch) zu den eher unerkannten Grand-Cru-Werten der Médoc-Klasse. Jung und fleischig der 1986 (18/20). Diskret und fein wie ein nobler St. Julien – der 1988 (18/20), Füllig und heiss wie ein anspruchsvoller Pomerol, der 1989 (18/20), sexy und ziemlich sicher besser als der Mouton aus dem gleichen Jahrgang, der 1990 (19/20), und noch jung und erstaunlich konzentriert, der 1995 (18/20). 

Weniger spektakulär waren dann ein paar schwierige Mouton-Jahrgänge wie 1969, 1972, 1981, 1984. Eine hochschlanke, aber noch intakte Magnum Mouton Baronne 1978 (16/20). Eine korkige Magnum 1980 Mouton. Würzig und voller Aromen, eine vom Etikettenkünstler Hans Erni handsignierte Magnum Mouton 1987 (18/20). Seit Jahren ist dieser kleine Jahrgang immer noch ganz gross. Motto: Öffnen und saufen! Und eine noch total verschlossene Magnum 1994 (19/20). Hier war die Normalflasche letztes Jahr deutlich präsenter.    

Fünf grosse Moutons zum Schluss: Eine erotische Pauillac-Caramel-Pralinen-Weincreme, der 2003 (19/20), total verschlossen und kompakt mit viel Potential der 1995 (19/20), extrem tiefschürfend schwarzen Aromen der unzerstörbare 1986 (20/20), pferdig-süss mit Perubalsamtouch, der 1983 (19/20) und eine sensationelle Flasche 1982 (20/20) mit dem berühmten Cassis-Röstton in Reinkultur und Perfektion. 

Klar wusste ich aus ein paar früheren Erlebnissen, dass der Bordeaux-Jahrgang 1878 ganz gross sein könnte. Aber was erwartet man von einer Händlerabfüllung Mouton aus diesem Jahrgang, wenn in der Flasche der obere Viertel Flüssigkeit fehlt? Ich hatte zwar mal die Theorie aufgestellt, dass – wenn nur Wein raus läuft, zwar der Schwund gewaltig sein kann, aber trotzdem der Wein vorne abdichtet und so die Oxydation verhindern kann. Als Beispiele hatte ich den 1881 Léoville-Barton, den 1878 Pontet Canet, 1878 Lagrange und den 1899 Branaire Ducru in Erinnerung, die alle mit dem höchst gefährlichen Niveau «very low shoulder» (sehr tiefe Schulter) ausgestattet waren. Also nicht mehr in der Schulter selbst, sondern bereits nur noch im obersten Drittel des geraden Flaschenteils. Und alle diese Flaschen zeigten sich noch zwischen sehr gut und gross. Also wie würde dann dieser 1878 Mouton sein, den ich ohne zu dekantieren, direkt nach dem Öffnen, ohne vorher zu probieren, den Gästen persönlich einschenkte? Er war gewaltig!
 
1878 Château Mouton-Rothschild:
De Luze-Abfüllung, very low shoulder. Die Farbe extrem dunkel, nur Nuancen von Reifetönen zeigend und noch in leuchtend mit sattem, dunklem Weinrot in der Mitte. Der Duft war von Beginn weg schlichtweg umwerfend, süss, süss und nochmals süss, also typisch Mouton-like, viele Kräuter, Zitronenthymian ganz zuforderst, dann etwas wilder Rosmarin und zärliche kleine Minzblätter, sowie würzig-trockenes Rosenholz, darin noch erstaunlich viel Fruchtresten. Im Gaumen durch seine noch sehr präsenten Gerbstoffe im Charakter gestützt, die Tannine wiederum süss, sich mit dem Fleisch und dem Extrakt vermischend und auch hier noch deutliche Fruchtresten die sich mit einem markanten Terroir-Parfüm vermischten. Ich beobachtete den Wein gut eine halbe Stunde lang. Er stand da wie eine «önologische Eins» und legte immer wieder um feine Nuancen zu. Ein grosses, legendäres Pre-Philoxera-Altweinerlebnis. 20/20 austrinken


LATTE MACCHIATO

Die neueste Generation des ultimativsten Kaffeegeniessens ist längst schon da. Das ist der «Latte Macchiato». Es geht hier darum in ein relativ hohes, recht dickwandiges Glas in einem aufwändigen Arbeitsprozess unten Milch, in der Mitte einen Espresso und oben Milchschaum zu produzieren. Fein säuberlich getrennt bitte!

Zu 90 Prozent bestellen sich Frauen einen Macchiato. Das ist bitte nicht frauenfeindlich, sondern statistisch erwiesen. Vom Warenaufwand (und vom Geschmack) ist der Macchiato gleich teuer wie ein stinknormaler Milchkaffee. Kostet aber das Doppelte. Wegen der Handarbeit!

Steht der Macchiato einmal auf dem Tisch, wird sofort ganz kritisch geprüft, ob die drei verschiedenen Schichten Milch, Kaffee und Milchschaum perfekt separiert wurden. Und das diese sich farblich klar unterscheiden wie zu erwarten und somit klar die Abgrenzungen respektieren. 

Ist der Serviceangestellte dann ausser Sichtweite, greift man sich den langen Löffel und rührt sich seinen heiss geliebten Macchiato kräftig um. Also ist diese neueste Kaffeegeneration bereits schon wieder degeneriert… 


Möchten Sie mal einen Korken aus einer leeren Flasche zaubern? Hier


LATOUR-LUNCH

Die Idee ist nicht neu. Man(n) bitte Weinfreunde je eine schöne Flasche für einen Lunch mitzubringen und schon entsteht daraus eine recht schöne Raritätenprobe. André Kunz kennt viele Weinfreunde und viele dieser Weinfreunde hatten eine honorige Flasche Latour im Keller. Die Betonung liegt auf «hatten»...

Denn an einem stinknormalen Mittwochmittag trafen sich 13 Weinfreaks aus der Schweiz und Deutschland im Restaurant Kreuz Emmen um eben diese raren und teuren Flaschen entkorken zu lassen. Glücklicherweise brachte Gerhard Müller-Schwefe gleich zwei Flaschen Latour mit – sonst wären wir – was die Rotweine betraf bei der Unglückszahl 13 gelandet.
Und auch die Sauternesfreunde schwelgten nicht im Unglück, denn ein Erstweltkrieg geschädigter 1914er Coutet bot ein unerwartet grosses Süssweinvergnügen.

Die Latours verkosteten wir in vier Serien mit jeweils drei oder vier Jahrgängen. Klar der beste und schon fast ein Überwein dem man eigentlich 21/20 Punkte verleihen müsste, war der 1961! Doch auch sonst sorgten viele andere grosse Flaschen dieses extrem tiefgründigen Pauillac’s für beruhigende und doch emotionelle Weinmomente.

Folgende Jahrgänge wurden verkostet: 1953, 1955, 1959, 1961, 1964 1966, 1970, 1982, 1983, 1988, 1990, 1996, 2000.  Degunotizen


1959 CHÂTEAU LAFITE-ROTHSCHILD: WINE OF THE YEAR?

Kann es sein, dass ich bereits in den ersten Tagen des neuen Jahres meinen vielleicht besten Wein für das Jahr 2010 im Glas hatte?


Niemand der Gäste hatte einen trockenen Weisswein dabei! So begann ich halt den Reigen mit einem 1995 Corton-Charlemagne von Joseph Drouhin der sich voll, mit viel duftendem Honig zeigte, vermischt mit einer ganz feinen, passender Botryris. (18/20). Beim ersten Blinderratungswein mussten wir leider einen fiesen, milden Korken feststellen. Sonst bin ich mir sicher, dass die 1976 Riesling Auslese Heppenheimer Centgericht von der Verwaltung der Staatsweingüter Eltville ein sehr grosses Erlebnis gewesen wäre. Somit kam Jürg Richter etwas schneller zum Zug und überraschte mit einem 1925 Sigalas Rabaud der so schmeckte wie ein ganz grosser, alter Sauternes, nur etwas schlanker, was ihm zu viel Eleganz verhalf, bei feinrassiger Säure die ihn noch sehr lebendig erscheinen liess. (19/20).

Die Teilnehmer rätselten beim ersten Rotwein. Doch keiner der Anwesenden hätte einem 1990 Vieilles Vignes von Château Bouscassé (Madiran) diese Klasse zugetraut. Die garstige Traubensorte Tannat kann offensichtlich halt doch ganz gross werden, wenn das Klima stimmt. (17/20). Beim nächsten Blindwein waren wir recht schnell in der Appellation Rhône. Und der Produzent war auch recht schnell erraten. Der 1998 Hermitage von Jean-Luis Chave hat halt viel Eigencharakter. Einzig die Diskussion entstand, ob man den nicht reifer trinken sollte. Max meinte dann, man soll ihn einfach immer trinken, wenn sich die seltene Gelegenheit bietet - egal wie alt.
 
Dann zwei Gläser zur Hauptspeise: Links der mächtige, mit Cerealien durchsetzte, schon fast pomöse 1934 Haut-Brion (20/20). Perfekte Flasche - just von einem serösen Händler aus England, dank günstigem Wechselkurs Franken-Pfund gekauft. Und rechts der viel leichter erscheindende, süss-elegante, aber für einen 1947er nicht wahnsinnig konzentrierte Calon-Ségur (17/20). Sigi Hiss als Spender.

Zum Finale eine rote und eine süsse Sternstunde. Zuerst zum Beeler-Käse eine Legende aus dem Keller von Max Gerstl: 1959 Lafite-Rothschild. Fast schwarze Farbe. Junges Bouquet mit einer berauschenden Süsse von hoch reifem Cabernet, Kräutern und Minze. Im Gaumen komplex und perfekt. (20/20). Es muss dann im Jahr 2010 schon noch was Gewaltiges kommen, damit dieser Wein zu schlagen ist. Vielleicht hatte ich also in den ersten Tagen dieses neuen Jahres bereits den «Wine of the year» im Glas.

Und zum hausgemachten Himbeer-Schoko-Tiramisu aus dem unerschöpflichen Sauternesreservat von Jürg Richter das Finale: 1920 Vin de tête von Château Guiraud. Eine Spezialabfüllung die auch absolut spezial ist! Nougat, Orangeat, gerösteter Sesam, Hagebuttengelée und frisch gebackenes Butterflygebäck. (20/20) 


POSITIVER EGOISMUS

So ein Quatsch! Was soll positiv sein, wenn man von Egoismus spricht?

Mit Egoismus meint man nämlich Eigennützigkeit, Ich-Sucht, Selbstsucht und eine überdimensionierte Eigenliebe. Der so Handelnde kann es nicht akzeptieren, wenn andere Menschen ihm gegenüber das gleiche Verhalten zeigen. Der Egoist räumt sich also selber mehr Freiheiten ein, als er anderen zugesteht.


Wie sagte doch einst der Radioreporter Ruedi Josuran: «Wenn Sie heute einem Egoisten begegnen, dann seien Sie recht freundlich zu ihm – denn er hat Niemanden ausser sich selbst.»

Um nicht als Egoist zu gelten, braucht es ein gewisses Quantum Altruismus und eine gehörige Portion Solidarität. Damit verstehe ich eine bestmöglich sozial gelebte Kompetenz. Aber zu viel permanentes Geben kann auch in Selbstlosigkeit mutieren.

Das ist dann der Fall, wenn über längere Zeit, der von mir in diesem Schreiben deklarierte «positive Egoismus», nicht richtig gelebt wird und jemand plötzlich ausbrennt. Ihr kennt den Begriff bereits: «Burn out!» Man merkt es leider meist erst – wenn es viel zu spät ist.

Man vernachlässigt nach und nach Partner, Familie, Freunde und Hobbys. Wochenenden und Ferien sind nicht konkret geplant. Es gibt in diesem falsch eingefädelten Alltag keine Möglichkeit aufzutanken oder sich richtig zu entspannen.   

Die Zeit, die man zu viel arbeitet – kriegt man nie mehr im Leben wieder zurück! Auch wenn man sich früher pensionieren lässt. Doch das hebt sich eh wieder auf, weil Leute, die zu viel arbeiten, immer das Gefühl haben werden unabkömmlich zu sein - bis zum Greisenstatus.

Was ist positiver Egoismus? 

«Nehmen Sie die Sauerstoffmaske und stülpen Sie diese über Ihr Gesicht – dann helfen Sie Kindern und Schlafenden», heisst es bei der Demonstration der Sicherheitsmassnahmen vor dem Flug. Instinktiv würde jede Mutter zuerst dem Kind helfen und dann sich selbst. Und genau dieses Verhalten könnte in einem solchen Ausnahmefall fatale Folgen haben. Es ist also ein demonstratives Beispiel des positiven Egoismus, den ich noch anhand anderer Beispiele erklären will.  

Man erreicht durch die richtige, teilweise langfristige Koordination seines eigenen Lebens die bestmögliche persönliche Ausgeglichenheit. Nichts Faules – nichts Extremes! Alles, was man tut, schafft man relativ locker und dabei schaut man immer wieder zu sich selbst, indem man die Grenzen zwar manchmal, aber nicht permanent auslotet. Nur wer mit ausreichenden Reserven durch das Leben schreitet, wird weniger krank und fällt anderen nicht irgendwann zur Last. Motto: «Jeder hat in seinem Leben – auf sich selber acht zu geben».

Wer ein gutes Lebensgefühl erreichen will, der richtet sich eine imaginäre Gefälligkeitsbank ein. Das ist die mächtigste Bank der Welt! Jeden Gefallen, den man anderen tut, ergibt ein Guthaben, wenn man mal selbst in der Klemme ist. Der Schriftsteller Paolo Coelho hat dieses System in seinem Buch «Der Zahir» eindrücklich beschrieben. Und es gibt sogar eine Webseite, die dieses System verdeutlicht: http://www.gefaelligkeitsbank.ch/

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein positiv-egoistisches Neues Jahr!


SYLVESTER

KISS - so läuft unser Sylvester jeweils ab. Einfach! Eben nach dem englischen Motto: «Keep it simple and stupid». Wir feierten in unserem Ferienhaus am Murtensee mit ein paar Freunden.

Zum Apero ein paar getoastete Milchbrotscheiben. Darauf ein feuerroter, mild geräuchter Alaskalachs. Dazwischen eine fein-scharfe, hausgemachte Washabi-Mayonnaise. Und wer kein Lachs mochte, griff halt nach den Gänseleberscheibchen auf denen ein hausgemachter Sauternes-Gelée (mit Rieussec 1987) drappiert war. Im Glas eine Magnum 2008 Riesling Ried Schütt von Emmerich Knoll.

Auf dem Teller: Bratkartoffeln mit frischem Rosmarin. Die kleinen Kartoffeln extra einen Tag zuvor gekocht und an der Schale gelassen und kurz vor dem Bräteln erst geschält. In dankbarer Erinnerung an meine Mutter die diese Köstlichkeit jeweils «Goldhärdöpfeli» nannte.
Daneben gefüllte Tomaten mit Maiskörner und Peperoni, mit geriebenem Käse gebunden und Dörrbohnen mit Speck und viel Knoblauch. Eine mit Schweinsfüssen und viel Rotwein über Stunden gegarte, braune Sauce und unanständig viel grossen Morchelstücken darin. Und im Zentrum des Tellers: Ein gut gelagertes Kalbscarrestück mit abzunagenden Knochen. Den knusprigen Aussenmantel verpassten wir dem imposanten Stück mittels Gasgrill der vor dem Haus steht.
 
Dazu: Eine Magnum 1996 Pape-Clément; fein elegant, würzig. (19/20) und eine weitere Magnum 2000 Valandraud (19/20). Viel Druck aber dann doch nicht so überladen wie man es von einer Kombination Valandraud-2000 erwarten würde. Insgesamt ziemlich sexy und zu recht grossen Schlucken animierend. Was mich dazu zwang noch einen 1959 Volnay Caillerets von M.L. Parisot zu entkorken. Ich hatte ihn aber bereits im Vorfeld bereit gestellt, weil ich damit den beiden 1959er-Gästen eine Freude bereiten wollte die in diesem Jahr den 50ïgsten Geburtstag feierten. Der Wein voll und erstaunlich jung mit viel pflaumiger Süsse. (19/20). 

Zum Kaffee genossen Kaspar und ich einen 1865er Cognac. (Geschichte siehe unten). Und unter freiem Himmel dann den Mitternachts-Glockenschlag vom Radio DRS durch die Aussenlautsprecher mit einem 2003 Riesling Ried Schütt von Emmerich Knoll.
Warum ich ausgerechnet diesen auswählte?
Weil ich irgendwo mal las, dass man immer so aufhören soll wie es angefangen hat...   

  





Mit Schwung ins neue Jahr.

Als besonderen Leckerbissen:
Ein Cognac vom Jahrgang 1865




1865 GRANDE FINE CHAMPAGNE: WEDER BURGUNDER NOCH CHAMPAGNER

Hand aufs Herz! Was würden Sie unter dem Bergriff «Grand Fine Champagne» verstehen? Am einfachsten: ein grosser feiner Champagner. Doch die Flasche die ich im Rahmen eines Kellerkaufes erwarb hat nicht die Form eines Champagners und es waren auch keine Bläschen im grünlichen Glas festzustellen. Was könnte es wohl sein, wenn dann auf dem Etikett noch Chevillot, Proprietaire à Beaune (Côte d'Or) drauf steht. Ein Burgunder? Doch da müsste die Flasche eigentlich bauchig sein und nicht à la Bordelaise?

Ich stehe im Keller von einem guten Freund irgendwo in der Nähe von Bern. Mein Freund weiss, was ihm schmeckt. «Momentan verrecke ich fast wegen dem 1996 Château Calon-Ségur aus St. Estèphe». Vielleicht noch ein paar 1995er Bordeaux. Ja Bordeaux sowieso, am liebsten etwa ein Dutzend Jahre alt oder jünger. Aber nicht älter. Und nur Bordeaux – sicher keine Burgunder. Er hätte kürzlich bei einem Kollegen einen ganz grossen Keller gekauft und bereits schon alles wieder verkauft oder in seinen Keller getragen was er davon mochte. Und jetzt muss er nur noch dieses alte Zeugs los werden. Und Gabriel wäre sicherlich ein möglicher «Wein-Erwerbs-Restposten-Kandidat».

Ich schaue mir die alten Burgunder an. Gute Produzenten, schöne alte Jahrgänge, die ich für meine Raritätenproben gebrauchen kann. So zum Beispiel: 1919, 1928, 1934, 1947 etc.

Die Füllniveaus sind erstaunlich hoch – also wenig Schwund in den Flaschen – was auf einen guten Keller hinweist.

Ich versuche auf eine Pauschale hin zu arbeiten, weiss aber noch nicht, wie viele Flaschen ich dann kaufen würde. Der Verkäufer ist an der Ware desinteressiert, also passe ich mich im Einkaufsgespräch dieser Stimmung an und wir pegeln uns bei einem Flaschenpreis von 30 Franken ein. In einer Ecke, sehe ich dann zwei Flaschen mit dem Jahrgang 1865! Dort drauf steht Grands Vins de Bourgogne – Grande Fine Champagne. Ich kombiniere blitzschnell. Aus meiner Lehrzeit kenne ich ja noch die Qualitätsabstufungen beim Cognac. Petit Bois, Grand Bois, Petit Champagne, Fine Champagne und Grande Champagne. 

«Und diese zwei da?», frage ich vorsichtig. «Ach das ist weisser Burgunder, die Flaschen sind kaputt. Wenn Du diese willst, dann schenke ich Dir diese dazu!».

Bevor er sich es anders überlegen kann, lege ich diese Raritäten vorsichtig in ein 2er Holzkistchen zu den anderen, bereits gekauften Weinen. Es sind am Schluss etwa 30 Flaschen und der Gesamtbetrag – zusammen mit einer Flasche Ducru-Beaucaillou 1961 und einer Flasche Château Ausone 1949, beläuft sich total auf 1120 Franken. Der Deal ist gemacht und beide Kontrahenden dieses Deals sind glücklich.

Es ist kurz vor zwölf Uhr Mittags, als ich mich verabschieden will. Nein – ich dürfe noch nicht gehen. Ein Kollege käme noch und er hätte noch etwas Wein für uns vorbereitet und kaltes Fleisch und frisches Brot eingekauft. So gehen wir nach oben. Auf dem Tisch steht links ein 1997 Chevalier-Montrachet und rechts ein 1983 Château Margaux. Es wird eine gemütliche Stunde mit diesen besonders feinen Weinen und ich fahre nach Hause und kann es kaum erwarten, dass ich nach dem Nachtessen diese ganz alte Cognac Flasche vom Jahrgang 1865 entkorken kann. Wie er schmeckte, verrate ich am Schluss dieses Geschichtleins. Eines vorweg – er war genial. Also war es doch insgesamt ein «sehr fairer Deal» - oder?

1865 Grande Fine Champagne Chevillot. Zwar als Grand Vins de Bourgogne auf dem Etikett angepriesen. Aber es befand sich ein veritabler, ganz grossen Cognac darin. Die Farbe dunkelgelb mit rotgolden und bernsteingrünen Reflexen darin. Das Bouquet abgeklärt, weich und anmutig, mit Strohnoten, Curcumaschimmer, Rosinentönen und noblem Branntweinton, dezent süssliches Holz noch dahinter. Im Gaumen samtig, weich, mit viel saft und völlig intakt, die Balance ist sehr elegant und der mehr als 130järhige Cognac klingt minutenlang nach. Hat nicht nur mir, sondern auch vielen meiner Freunde sehr viel, andächtige Genussfreude bereitet. 20/20





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