•  
  •  


MAGNUMS: 1971 CHEVAL, 1988 LATOUR, 1998 PÉTRUS

Wir treffen uns immer vor Weihnachten. Um unsere Freundschaft zu feiern und um ein paar schöne Weine zusammen zu geniessen.

Der Austragungsort heuer: Das Restaurant Old Swiss House in Luzern. Jeder eine Magnum im Handgepäck ohne sich vorher abzusprechen. Diesmal war der Mix besonders gut und die Erinnerungen an diesen Abend werden deshalb wohl noch lange nachklingen.

1971 Château Cheval Blanc, Magnum: Extrem selten im Handel zu finden. Bräunlich-Orange. Aber das bin ich mir ja von diesem Cheval eh schon lange gewohnt. Dann dieser Lebkuchenduft und Datteln und viel Rosinen. In der Nase wie im Gaumen hat man das Gefühl, dass hier jemand zu einem grossen Cheval noch einen Chambertin, einen Rayas und einen grossen Musar als Blend hinzugefügt hätte. Ich genoss ihn zuweilen aus einem klassischen Bordeauxglas und dann auch aus einem ausufernden Burgunderkelch der noch auf dem Tisch stand, weil sich darin zuvor ein völlig überraschend grosser 2002 Corton-Charlemagne von Louis Latour befand. Das war etwas, wie wenn man eine halbe Stunde lang unter Drogen steht. 19/20 austrinken

1988 Château Latour, Magnum: Vielleicht dekantierten wir den Wein zu wenig lange? Eine Faustregel besagt, dass man einen grossen Latour eigentlich nie genug lange dekantieren kann. Und der 88er ist noch meilenweit von seiner richtigen Genussreife entfernt. Will aber nicht heissen, dass er sich heute – nach immerhin mehr als 20 Jahren in der Flasche – ganz unnahbar anfühlt. Aber zwischen den beiden doch sehr lauten Libournaiserweinen Cheval 1971 und Pétrus 1998 verlangte dieser Tenor des Pauillac’s nach Ruhe, Musse und Andacht. Nur wer ganz runter fährt und seine Sinne schürt, kann einen solchen Latour richtig erfahren. Das Bouquet trocken, nobel mit Trüffeln und rauchigem Cabernet der seine schwarze Frucht nur in kleinen Dosierungen frei gibt. Der Gaumen barock, mächtig mit erhabenen Konturen. Seine Aromatik legte enorm zu, sobald er mit dem Hauptgang (das ausufernd grosse, legendäre Wienerschnitzel des Hauses…) im Mund vermischt wurde. Grosse Weine sind halt erst wirklich gross, wenn dazu was Feines gegessen wird. 19/20 beginnen

1998 Château Pétrus, Magnum: Können Sie sich vorstellen von diesem Luxus-Wein ein sehr gut gefülltes Glas vor sich zu haben? Luigi Zanini stellte zu unserem Vorweihnachtstreffen eine Magnum von diesem bereits heute legendären Wein auf das kleine Beistelltischchen im Restaurant. Da ich wusste, dass der Wein noch sehr verschlossen war, entschied ich mich diesen Pétrus nicht dekantieren zu lassen und direkt von der Magnum ins recht grosse Glas zu füllen. Es war ein guter, richtiger Entscheid. Ich glaube nämlich, dass Grossflaschen die Frucht länger bewahren und sich später oder weniger verschliessen während der Reduktionsphase. Das Bouquet? Von Null auf Hundert in einer Sekunde! Völlig explosiv mit vielen blauen und schwarzen Beeren, vermischt mit Ingwer, Kokos und hellen Pralinen. Ein Nasenbild wie von einem anderen Stern; erhaben, aber nicht überheblich. Im Gaumen eine ausufernde, dicke Pomerolfülle zeigend, durch die stützende, wieder mit viel Frucht gepaarte Säure hält sich aber die Balance zwischen Schwere und Eleganz auf einem mörderisch hohen, artistischen Seiltanz. Ein bewegender Schluck der die Sinne berauscht und jedes echte Weinherz höher schlagen lässt. Es ist irgendwie, wie wenn man auf einer unglaublich langen Suche sein Ziel für immer gefunden hat. Ich erinnerte mich bei diesem unvergesslichen Erlebnis an die Fassprobe vor 10 Jahren. Noch nie hatte mich ein Pétrus bei einer Primeurverkostung so restlos überzeugt. Er hat all diese Versprechen gehalten und gilt somit als der vielleicht allergrösste Pomerol der «neuen Zeit».  20/20 beginnen


SAME TIME – SAME PLACE

Er kommt immer um 16.00 Uhr. Nicht weil die Einladung so formuliert ist, sondern weil er schon letztes Jahr um die gleiche Zeit kam. Und auch das Jahr zuvor. Und um die gleiche Uhrzeit auch schon vor zwei Jahren.

Also koche ich dann halt schon am Mittag das Abendessen und mache die entsprechenden Vorbereitungen im Keller damit ich ready bin – wenn er dann um 16.00 Uhr kommt.

Die Invitation ist eine jahrelange Revanche für seine Gastfreundschaft die wir jeweils in Ste. Maxime erleben dürfen. Heuer wünschte er sich Pomerol. Und er wünschte sich mit einem halben Fläschchen zu beginnen. Dies deshalb weil er sich das gleiche schon letztes Jahr wünschte. Und auch im Jahr zuvor.  

Also hielt ich es für eine gute Idee, mit einem Schöppli 1994 Le Pin (süss, Kokos, Caramel 19/20) zu beginnen. Weil meine Frau etwas später von der Arbeit kam, holte ich noch ein Schöppli 1994 Gazin (würzig, jung 18/20), aus dem Keller. Und weil mein Frau dann noch etwas später nach Hause kam als gedacht (Schneesturm!) fand ich selbst die Idee ein Schöppli 1988 Lafleur zu öffnen (Dörrfrüchte, Teer, Kräuter 19/20) geradezu genial.

Am Tisch begannen wir mit dem legendären 1985 L’Eglise-Clinet. Ein unglaublich junger Wein mit viel Johannisbeeren und Himbeeren und feinen Trüffel und Erdnoten. 19/20. Nebenbei: Der Wein wurde ausschliesslich in gebrauchten Barriquen ausgebaut. Leider war der 1937 Petit Village über dem Zenit und nur noch ein säuerliches Rostwasser. Ich goss den Wein in die Bratensauce in der genügend Schweinsfüsse schmorten die dann später den hausgemachten Hackbraten begleitete.

Dafür bot der 1967 L’Evangile eine schöne Überraschung: Kompakt, viel Pflaumen und erstaunlich viel Tiefgang in seinem samtigen Body zeigend. 18/20. Wer würde es schon wagen bei eine Pomerol-Einladung nicht am Schluss noch einen Pétrus zu servieren? Ich dekantierte den 1995er vier Stunden lang. Zu kurz! Der Luxuswein ist noch geballt und fast kantig mit unglaublich viele Reserven. Er zeigt dabei ein extrem konzentriertes, rotbeeriges Extrakt auf der Zunge. 10 Jahre warten lohnt sich. Also handelt es sich bei den 19/20-Punkten eher um eine Potentialwertung. 

Am anderen Tag verabschiedete er sich bedankend und wir verabredeten uns mit einem fixen Termin in einem Jahr – wieder um 16.00 Uhr.
Irgendwo las ich einmal, dass zu grosszügige Gastgeber auch Pleite gehen können.
Hoffentlich wünscht er sich nächstes Jahr Weine von der Appellation Listrac!   


DURCHHALTEVERMÖGEN

Eine Frau sprach mich an der Weingala meines 20jährigen Mövenpick-Jubiläums an. Sie hätte auf der Webseite gesehen, dass ich diese Woche von Montag bis am Samstag jeden Abend irgendeinen Weinanlass habe.  «Wie stehen Sie das nur durch?»

Schnell sinnierte ich nach einer passenden Antwort. Eiserne Disziplin? Psychisches Durchhaltevermögen? Moderates Trinken? Autogenes Training? 

Dann entschied ich mich für eine einfache, durchaus ehrliche Antwort: «Wie ich so einen Marathon durchstehe? Ganz einfach – indem ich ab und zu absitze!»


DAS KLEINE FESTTAGSQUIZ (von René Gabriel)

Sind Sie ein Festtagsmuffel oder freuen Sie sich auf die festlichen Tage? Dieses kleine Festtagsquiz gibt Ihnen endlich Klarheit. Es fängt einfach an und wird dann kompliziert. 

8 – 10 Punkte: Freude herrscht! Sie können auswendig viele Weihnachtslieder singen. Mit Fantasie und Originalität lassen Sie genau die richtigen Geschenke einpacken. Sie kochen entweder herrliche Menues oder bringen tolle Flaschen auf den Tisch. Ihre Fröhlichkeit ist ansteckend…

6 – 7 Punkte: Immerhin – Sie machen mit! Sie lallen oder summen zumindest die Melodie der live oder im Radio gesungenen Weihnachtslieder mit. Egal wie das Geschenk ankommt – Hauptsache Sie haben genau jene Geschenkmenge, die man von Ihnen erwartet. Das Essen (das jemand anderes zubereitet hat!) schmeckt Ihnen recht gut und vom Wein nehmen Sie gerne etwas grössere Rationen um die schleppende Zeit etwas angenehmer verstreichen zu lassen…

0 – 5 Punkte: Sie können es kaum erwarten bis zum 1. Januar. Familiäre Zusammenkünfte sind Ihnen ein Gräuel. Wenn andere Lieder singen oder mitsummen verhalten Sie sich wie ein Zierfisch im Aquarium. Das Essen erscheint Ihnen nicht besser als sonst und Sie stochern lustlos darin herum. Der Wein dient eher als Medizin für Ihre ganz persönliche Festtags-Depression. Sitzen Sie immer ganz unten am Tisch, damit Sie den anderen die Stimmung nicht verderben... 

So – doch nun geht’s ans Eingemachte. Wie gesagt – es fängt einfach an…

1. Wie begrüsst der Nikolaus die Kinder?
a.) Hi Hi Hi
b.) Ho Ho Ho
c.) He He He

2. Was schenkt man einer Schwiegermuter zu Weihnachten?
a.) Zyankali
b.) Aspirin
c.) Parfüm

3. Wie feiern die Amerikaner Thanksgiving?
a.) mit einem gefüllten Truthahn
b.) mit einem Filet Washington
c.) mit einem Käsefondue

4. Wie viele Ergebnisse liefert Google, wenn man «Weihnachten» eingibt?
a.) 06 Millionen
b.) 11 Millionen
c.) 16 Millionen

5. Welche zwei Herren komponierten/texteten das Lied:
«Stille Nacht – Heilige Nacht»?

a.) Rogner und Gloor
b.) Truber und Pschorr
c.) Gruber und Mohr

6. Welcher Sänger singt ein Lied bei dem folgender Begriff vorkommt: 
«and the mother finds under the Weihnachtstanne a brand new Teflonpfanne»?

a.) Udo Jürgens
b.) Reinhard Mey
c.) Volker Lechtenbrink

7. Jesus Christus wurde am 25. Dezember geboren!
a.) an einem Samstag in Hebräus?
b.) an einem Freitag in Bethlehem?
c.) an einem Montag in Jerusalem?

8. Die Russen feiern das Neue Jahr nicht am 31. Dezember, sondern…
a.) jeweils am 28. Dezember
b.) jeweils am 6. Januar
c.) jeweils am 12. März

9. Welchen heiligen Nikolaus gab es nie?
a.) Nikolaus von Göttweig
b.) Nikolaus von der Flüh
c.) Nikolaus von Myra  

10. Warum wird eigentlich der Sylvester gefeiert?
a.) ganz einfach - weil es der letzte Tag im römischen Kalenderjahr ist
b.) wegen dem Papst Sylvester (314 bis 335) Todestag, 31. Dezember
c.) Es gibt keine offiziellen Überlieferungen warum

Wie viele Punkte haben Sie erreicht?
Die Antworten müssen Sie selber heraus finden! Mist! Jetzt werden Sie vielleicht nie wissen, ob Sie ein gern gesehener Gast an der Tischrunde sind.
Oder zu den unverbesserlichen Festtagsmuffeln gehören…


KOMPROMISSWEINE SIND LANGWEILIGE FESTTAGSBEGLEITER 

In den Restaurants ist es das Gegenteil während der kommenden, festlichen Zeit! Mehrere Menus stehen zur Verfügung und oft warten mehrere hundert Weine auf der Karte auf eine passende Gelegenheit.

Ganz anders zu Hause. Während Jemand (meistens Mama) kocht, so gut wie noch nie das ganze Jahr über, spielt Papa den Sommelier. Eigentlich wäre der Keller gut gefüllt, aber bei so vielen Gästen sucht man verzweifelt nach einem «kompromissigen Wein» der zu Allen und Allem passt. Einer, der viel her gibt und wenig kostet. Einer dessen Flasche extrem gut aussieht, bei vernünftigem Preis. Vielleicht gar Einer, den (fast) alle kennen, aber doch nicht zu protzig wirkt. Um es vorweg zu nehmen; den gibt es nicht. Im Kompromiss steckt immer die Langeweile, respektive auch eine gewisse Banalität.

Was wäre des Rätsels Lösung für die vielen Verwandten, die – man(n) ist ja schliesslich Weinkenner, etwas Originelleres erwarten? Hier der ultimative Tipp: Ein echter Partyknüller ist ein Weinbüffet!
Man nehme viele verschiedene Einzelflaschen aus dem Keller. Auch solche, die man selber schon lange nicht mehr trinkt. Öffne aus verschiedenen Ländern/ Anbaugebieten/Traubensorten schon mal je eine Flasche und stelle diese provokativ auf den Tisch.

Tischrede: «Liebe Gäste, da ich nicht wusste, wer lieber Barolo trinkt, wer mehr angetan ist von einem Rioja, oder einen etwas kräftigeren Cabernet bevorzugt, habe ich mir erlaubt, Euch eine ganze Palette zur Auswahl zu kredenzen. Da auf dem Nebentisch hat es noch andere Flaschen zur freien Auswahl. Der Korkenzieher liegt gleich neben dran. Ich wünsche Euch viel Weinvergnügen!» Applaus für den grosszügigen Gastgeber.

Und Abgang in die Küche. Dort steht nämlich meine ganz persönliche Flasche. Schliesslich brauche auch ich etwas gute Festtagslaune - Verwandtschaft hin oder her…


BURGUNDER-PLEITE

Das fängt ja gut an, dachte ich mir bei der ersten Weissweinserie!
Der 1928 Meursault Goutte d'Or bewies: Nomen est Omen. Or heisst aus französisch Gold und die Farbe leuchtete tatsächlich golden und der Duft roch süss wie ein parfümierter, alter Sauternes. Auch im Gaumen war der Wein noch intakt und endete mit einem caramelisierten, haselnussigen Reigen. Ich schrieb die Zahl 19/20 hin. Genau so wie beim 1995 Puligny La Truffière von Bernard Morey und beim 2007 Corton-Charlemagne von Poulleau.

Doch das war ja eigentlich nur das Vorspiel. Die Gäste aus Deutschland und der Schweiz waren schliesslich wegen den gereiften Rotweinen aus der Côte d'Or zum Tobler Werner ins Restaurant Braui Hochdorf angereist.

Aber leider war uns das Flaschenpech mehr hold als das Genussglück. Viele Kork's und Gruftie's machten die Erwartungen mit jedem Flight etwas mehr zunichte. Da hält man sich dann an die feinen Strohalme die spärlich für Aufmunterung sorgten. So ein 1924 Gevrey-Chambertin von Jules Regnier (17/20), der kräftig-robuste 1952 Bonnes-Mares Ed. Mahler (18/20) oder der tänzerische 1953 Hospices de Beaune, Savigni Cuvée Fornerel (19/20) oder der 1962 Nuit St. Georges Clos des Corvées von Denis Gouachon (18/20).

Recht gross - aber doch nicht die Domaine- und Jahrgangserwartungen erfüllend: 1985 Richebourg von Jean Gros (18/20). Als zweitletztes Glas - der Pechvogel des Abends: 1987 Vosne Romanée Cros Parentoux von Henry Jayer mit einem schleichenden Kork. Das sind die ganz fiesen Korks. Man spürt den grossen Wein darunter und über diesem grossen Wein schleicht eben ein Zapfenduft. Der Gedankengang ist zwar fies - aber wenn man es vorher wüsste, dann könnte man diese Flasche statt öffnen ja auf die Auktion geben und - in diesem Falle - weit mehr als 1000 Franken dafür einkassieren. 

Etwas Trost spendete der Tischwein; eine Impériale 2002 Château d'Agassac und der frisch gefüllte 2008 Pinot Noir vom Thomas Mattmann aus Zizers. Letzterer war eigens für die pleitige Burgunderprobe nach Hochdorf angereist. 

Und die unglaublich tolerante Tischrunde schwor sich genau in einem Jahr wieder beim Werni zu treffen. 
Wie sage ich doch immer wieder? Echte Burgunderfreunde sind halt unverbesserliche Masochisten!  


LIEBER BARACK OBAMA

Wenn Du dann sämtliche Probleme ausserhalb Amerikas gelöst hast, dann könntest Du Dich irgendwann um die idiotische Gerichtspraxis im eigenen Land kümmern.


Letzte Woche las ich, dass eine Frau, die täglich mehr als 40 Glimmstengel in den Mund schob, von Philipp Morris 370 Millionen Dollar erfolgreich erklagte. Dies weil sie glaubhaft machen konnte, dass sie nicht wusste, dass Zigarettenrauchen so derart schädlich sein kann.

Heute lese ich in meiner Hauszeitung, dass ein 47jähriger Arbeitsloser zu 75 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er einer 101jährigen Frau 33 Dollar raubte. Es kam hier im Besonderen das Gesetz gegen Minderheiten in Kraft. Weil es sich bei den um älter als 100 Jahre alten Menschen in Amerika um eine Minderheit handelt. Überlebt der der Angeklagte das Urteil, dann ist er dann genau 122 Jahre alt. Und dann wird er den amerikanischen Staat wohl etwas mehr als 33 Dollar gekostet haben.
 
Da scheinen ja die 16 Monate Gefängnis die unsere zwei Schweizer in Lybien in der selben Woche vom selbstverherrlichenden «Gad-Affi» für «Visa-Vergehen» kassiert haben geradezu als vorbezogenes Weihnachtsgeschenk!    


1998 FIGEAC VERSUS 1998 CHEVAL-BLANC

Fast 50 Personen durften diesen eleganten Wettkampf miterleben. Denn es gibt doch tatsächlich noch Finanzfirmen die Mitarbeiter und Kunden grosszügig einladen. Allen Krisen- und Unkenrufen zum Trotz.
  

Und die gleiche Firma lud auch schon vor einem Jahr ein ins Zunfthaus zur Waage zum Wimmer Sepp in Zürich. Als die Zeiten noch schlechter waren. Oder es noch nicht bergauf ging. Also sassen wir da an einer enorm grossen Tafel und Patrick und ich schenkten drei sorgfältig dekantierte 98er vom rechten Ufer ein.
Als ersten den 1998er La Grave Trigant de Boisset aus Pomerol der schon lange einer meiner saufigen Pomerollieblinge ist. Doch er war nur ein seichtes Vorspiel zu dem was nachher folgte...

Links: 1998 Figeac: Aktueller Handelspreis um 150 Franken. Entstanden aus einem Ertragsschnitt von nur 29 Hektoliter pro Hektar mit einer Gesamtproduktion von 84'000 Flaschen. Die Nase ein wahrer Kräuterreigen von Minze, Eucalyptus, Ricola, Fernet Branca und dunklem Malz. Im Gaumen satt, fleischig mit gewissen Ecken die sich noch abrunden werden und einem schon fast dramatischen Aromenpower im Finale. Einen halben Tag lang dekantieren. 20/20 trinken - 2040

Rechts: 1998 Cheval-Blanc: Aktueller Handelspreis um 700 Franken. Entstanden aus einem Ertragsschnitt von nur 32 Hektoliter pro Hektar. Gesamtproduktion von 90'000 Flaschen. Komplex, feinsüss mit Irish-Moos, Caramel, gekochten Erdbeeren und zartem Vanillin und dahinter ähnliche Kräuternoten wie der Figeac, auch basierend auf viel reifem Cabernet Franc. Im Gaumen füllig, cremig mit einer sublimen Finesse und mit einer schon fast traumatischen Non-Chalence endend. Einen halben Tag lang dekantieren. 20/20 trinken - 2040

Und bevor jetzt wieder x-Mails an mich gelangen welchen von beiden St. Emilions man kaufen soll, antworte ich hier ganz einfach. Der Kaufentscheid basiert auf folgenden drei Elementen:

a: Budget
b: Geschmack   
c: Intelligenz


SCHENGEN AHOI

Wie habe ich darauf gewartet endlich bei den «Schengenern» dabei zu sein. Das gibt praktisch nur Vorteile. Vor allem muss man bei der Passkontrolle praktisch nie mehr anstehen und auch unterwegs mit dem Auto geht es an den Schweizer Grenzen zügiger voran...

Wir sind unterwegs von Frankreich in die Schweiz. Geniessen die wunderschöne Fahrt durch den Jura und sind an der verschlossenen Zollabfertigung, am menschenleeren Zollhäuschen in Pontarlier einfach vorbei gefahren. 

Hätte uns ein Zöllner gefragt ob wir Waren mitführen würden, so hätte ich geantwortet: «Ja – 30 Flaschen Wein» und ich hätte ihm die Rechnung gezeigt, die eh klar ersichtlich schon auf den Kartons bereit lag.

Ich hätte diese Weine verzollt, die 7.6 % Mehrwertsteuer entrichtet und dann beim Winzer die bereits bezahlte französische Mehrwertsteuer von 19.6 % zurück gefordert. Ein echtes Geschäft also. Fast wie ein zusätzlicher Rabatt. 

Aber weil niemand da war, fuhr ich halt weiter. Etwa 300 Meter nach dem verlassenen Zollhäuschen hielt uns eine fliegende Zollkontrolle an und fragte ob wir Waren mitführen würden.

«Ja, wir waren im Burgund und dort habe ich 30 Flaschen Wein eingekauft!», sprach’s und stieg aus um ihm die mitgebrachten Weine zu zeigen und gab ihm gleich auch die Rechnung auf die Hand.   

Er griff sich ans Kinn und fragte ob wir den Meldeschein am Zoll ausgefüllt hätten.

Das konnten wir nicht, weil der Zoll ja geschlossen war. 

Aber es gäbe da neu auf der Seite bei der kleinen Stiege, wenn man nach oben geht, so eine Art Briefkasten und wenn man diese Stiege hoch gehen würde, dann könnte man dort so ein Meldeformular nehmen und dieses ausfüllen und dann diese Deklaration in den gleich sich daneben befindlichen Briefkasten werfen. Und dann würde dann das Zollamt die Verzollung und Mehrwertsteuer in Form eine Rechnung nach Hause schicken.

Da überlegte ich mir spontan, wer dann wohl den Zollstempel auf der Originalrechnung gemacht hätte, um zu beweisen, dass ich die Weine deklariert hätte, für die ich die französische Mehrwertsteuer bereits zahlte. Hätte ich wohl da die Originalrechnung opfern müssen und wie hätte ich diese diesem Formular beiheften können? Ich sah später, dass dort die Formulare tatsächlich da waren aber kein Kugelschreiber und auch kein Behelfstischchen um etwaige Deklarationen ausfüllen zu können und auch kein Bostich um die Originalrechnung auf dem besagten Formular anheften zu können.  

Wir waren zu viert und jeder hatte etwas Wein zwischen 12 bis 30 Flaschen pro Person eingekauft. 

Was nun folgte:
1. Der federfürhende Zöllner nahm jedem uns die persönlichen Papiere ab.
2. Wir mussten zurück zum Zoll fahren.
3. Dann berieten die 3 Zöllner sehr lange was in einem solchen Fall zu tun wäre.
4. Es wurde geschrieben, kopiert und gefragt.
5. Dann musste jeder Delinquent einzeln antraben.
6. Erstens musste jeder den Zoll zahlen – als geschlossener Akt.
7. Dies passierte eben separat vor des danach folgenden Bussprozederes.
8. Dafür musste von jeder uns vier gleiche Formulare unterschreiben.
9. Diese vier Formulare wurden dann mit Kohlepapieren hinterlegt.
10. Dann unterschrieb ein Zöllner diese von uns bereits unterzeichneten Bögen.
11. Die Busse wurde separat von jedem einkassiert.
12. Der Beleg klebte der umständliche Zöllner dann ans vierte Kundenformular.
13. Dies nachdem er jedes einzelne Formular noch abgestempelt hatte.

Die Französische Mehrwertsteuer betrug umgerechnet 441 Franken. Ich kann diese nun, weil vom Zoll abgestempelt, beim Winzer zurückfordern.

Wäre das Zollhäuschen besetzt gewesen, oder ich hätte gewusst, dass es da an der Seitenwand einen ominösen Briefkasten mit Deklarationsformularen gibt, hätte ich nach Rückerstattung der Französischen Mehrwertsteuer und der Bezahlung der Schweizer Mehrwertsteuer inkl. Zoll am Import etwa 270 Franken zurück verdient. 

Die Busse betrug inkl. Zoll 510 Franken. Ich bin jetzt in Bern registriert als Schmuggler. 

Das ganze Prozedere dauerte ganze 1½ Stunden, stehend in einem stickigen, engen Zollhäuschen. 
Die Zöllner konnten ganz schlicht nicht fähig das Prozedere bewältigen, wofür diese eigentlich angestellt wären.

Hätten Sie das mit dem Formular an der Seite, an der Wand des Zollgebäudes neben dem Briefkasten auf der kleinen Treppe, «wenn Zoll geschlossen» gewusst? Wir waren zu viert. Von uns wusste es keiner!
Jetzt wissen wir es! Man hat es uns auf sehr eindrückliche Weise gelehrt. Schengen Ahoi!


VISITE AUF DOMAINE DE LA ROMANÉE-CONTI

Um sieben Uhr fuhren wir vom Murtensee los – genau um 10.30 Uhr standen wir vor der eisernen Türo von Romanée-Conti und drückten auf den Klingelknopf… 

Jan Martel hatte uns diese einmalige Audienz verschafft. Danke! Der Direktor Jean-Charles begrüsste uns und führte uns an einen einfachen Holztisch, wo wir mit dem jungen, engagierten Chef de Culture Nicolas parlierten. Er beantwortete alle Fragen mit einem unglaublichen Erfahrungswert und verriet uns das Geheimnis rund um Romanée-Conti. Es gibt Keines! Es ist ein Mix aus besten Lagen – kleinem Ertrag, viel Handarbeit und eine mörderische, konsequente Selektion der Trauben.

Dann durften wir in den Fasskeller. Leider wurde der Boden am Morgen gründlich mit Javel-Wasser gewaschen. Somit war es sehr schwer die Fassproben 2008 richtig zu verkosten und einzuschätzen. Aber es war trotzdem eindrücklich die Hierarchie-Leiter von Echézeaux, Grands Echézeaux über Romanée St. Vivant, weiter über Richebourg und dann kurz nach dem La Tâche zum besonders feinen, seidigen Romanée-Conti zu gelangen.

Der DRC-Jahrgang 2008 wird sehr saftig sein, von sauberen Beerenexpression, nicht kapriziös aber vielleicht zu frühem Genuss verleitend durch dessen parfümierte Frucht und den sehr fein ausgefallenen, mittelleichten Tanninen.

Dann standen wir im Flaschenkeller, nachdem wir die gesamte, just gefüllte Ernte 2007 passierten. Bernard Noblet ist seit 30 Jahren der Kellermeister auf der Domaine. Leider scheint er gesundheitlich angeschlagen zu sein und musste sich immer wieder am Fasstisch festhalten, weil ihn offensichtlich starke Rückenschmerzen plagten.

Der Apero mit dem Montrâchet 1997 missglückte, weil der Wein etwas von «gout de liège» geprägt war, wie Bernard meinte. Diesen Ausdruck werde ich künftig ebenfalls dann und wann - bei passender Situation - einsetzen. Tönt einfach besser als «Zapfen».

Der Trost erfolgte in roter Form…
1999 Echézeaux: Tiefe Farbe, noch jung. Geballte Frucht mit Waldbeerentouch, feine dominikanische Tabaknoten, extrem dicht. Erste Reife vermittelnd und einen ganz, ganz grossen Burgunderjahrgang demonstrativ zeigend. 18/20 trinken

1956 La Tâche: Sehr hell, rostrot mit viel Transparenz. Kräutriges Bouquet, Eucalyptus, rote Johannisbeeren, Wildleder, Gewürznelkenköpfe und reichlich stielige Noten. Im Gaumen schlank, erhaltende Säure und im schlanken Körper noch nervige Sehnen zeigend. Dies ist ein absoluter Achtungserfolg aus diesem miesen Frostjahrgang nach immerhin 55 Jahren Flaschenreife. 16/20 austrinken


Insgesamt unterscheidet sich bei Romanée-Conti visuell nicht viel von anderen Domainen.
Der Unterschied zeigt sich also lediglich im Glas und im Preis.
Aber irgend jemand muss schliesslich in einer so be-kannten Wein-region wie es das Burgund es ist der Beste sein!  


WEINSPAZIEREN

Die Weine und die Benotungen von André Kunz. Der nächste Weinspaziergang in die gemütliche Alpwirtschaft
Unterlauelen ist im November 2010...

2005 Mas du Soleilla, Réserve Blanc Coteaux du Languedoc, 18/20 trinken
2006 Beyond the Clouds, Elena Walch, Alto Adige, 16/20 trinken
1992 Maison Leroy, Nuits St. Georges aux Boudots, Burgund, 18/20 trinken
1997 Jean Raphet et Fils, Clos de la Roche, Burgund, 17/20 trinken
2006 JOIS, Markus Altenburger, Burgenland (Magnum), 18/20 trinken - 2022
2004 Salzberg, Gernot & Heike Heinrich, Burgenland, 19/20 trinken - 2025
1994 Ch. l'Eglise Clinet, Pomerol. 18/20 trinken - 2025
2003 Steinzeiler, Kollwentz, Burgendland, 18/20 trinken - 2019
2000 Ch. Valandraud, St. Emilion (Magnum), 18/20 trinken - 2025
1996 Ch. Léoville-Barton, St. Julien (Magnum), 19/20 trinken - 2030
1998 Hedges, Red Mountain Reserve, Napa Valley, 18/20 trinken - 2025
2006 Churer Pinot Noir, Mattmann, Zizers (Magnum), 17/20 trinken - 2018
1985 Taylor's ,Vintage Port, Portugal, 18/20 trinken - 2020


GESAGT - GETAN

«Wir könnten eigentlich den 50gisten Geburtstag zusammen feiern, wenn wir schon in der gleichen Woche und sogar im selben Jahr geboren sind», sagten sich zwei Kollegen zu einander…

Eine Superidee ist das! «Komm lass uns in den Sempacherhof gehen, dort servieren manchmal ziemlich hübsche Servierdamen in recht kurzen Röcken!». Gesagt – getan.

Zehn Jahre später: «Wollen wir nicht zusammen den 60igsten feiern? Ich kenne da ein Restaurant ein Restaurant mit einer Super-Weinkarte, den Sempacherhof in Sempach-Station.» Gesagt – getan.

Wieder weitere 10 Jahre später: «Warst Du schon einmal im Sempacherhof? Dort könnten wir ja zusammen den 70igsten Geburtstag feiern! Wenn wir einen Tisch in der Nähe der Zwischentüre vom Saal bestellen, dann sind es nur wenige Meter bis zur Toilette!». Gesagt – getan. 

Ein paar Wochen vor dem Geburtstag treffen sich die beiden zufällig. Beide erwähnen, dass sie bald einen runden Geburtstag feiern können. «Unglaublich,» meint der Eine; «so ein Zufall, wir sind beide bis auf ein paar Tage genau gleich alt. Diesen 80igsten Geburtstag müssten wir eigentlich gemeinsam feiern, ich habe kürzlich von einem Restaurant gelesen, das ganz in unsere Nähe sein soll und laut Gault-Millau 14 Punkte hat – es heisst Sempacherhof.» Der andere ist ganz begeistert: «Ja – lass uns dort zusammen feiern. Dort war ich noch nie!» Gesagt  – getan!

















1929 Château Belair:
Natürlich waren alle gespannt wie eine so alte Jéroboam mit einem Füllniveau "mittlere Schulter" schmecken würde. Gekauft hatte ich diese Grossflasche aus den Weinschätzen von Walter Eigensatz für eigentlich wenig Geld, will heissen weniger als 2000 Franken.

Das ist zwar - vom Marktpreis her gesehen - recht günstig. Wäre aber viel zu teuer gewesen, wenn der Wein verdorben gewesen wäre. Oder noch schlimmer gekorkt hätte. Noch selten war ich so gespannt als ich den Korken herauszog, nach dem ich die Flaschenöffnung von relativ viel altem Mief gereinigt hatte. Nur noch schwach hielt der Korken und leistete fast keinen Widerstand. Nur ein ganz leises Plopp war zu hören.

Ich hielt meine Nase an die Öffnung. Aussen roch es noch etwas nach Mief, aber schon kam ein feines, süsses Düftlein von einem alten, aber noch intakten Wein aus der Lochmitte von ganz weit unten. Ich holte mir ein Glas an der Theke vom Restaurant Rütli in Zug. Denn die Flasche starb während der "Imperiale-Metzgete" ihren Heldentod. Der Farbe war Orange-Braun. Die Nase duftete nach Rosenholz, altem Leder, Tornister, erdigen Noten und getrockneten Pilzen, doch da kam auch etwas süsse Frucht durch, überhaupt passte das Wort "süss" durch und durch in die Nasenbeschreibung. Klar, dass da auch nicht wenige Oxydationsnoten dabei waren.

Im Gaumen schlank, dezent muskulöse, trockene, typische 29er-Gerbstoffe zeigend und auch hier ein schöne Mix von rotbeerigen Fruchtnoten, etwas Curry, verdünnter Madeira und an einen alten Rioja erinnernde Süsse aufweisend. Ein seltenes Erlebnis, denn wer hat schon die Chance aus einer so alten und erst noch sehr gut erhaltenen Grossflasche zu trinken?

1929 Ch. Belair, St. Emilion, Jéroboam 18/20
1970 Ch. Canon, St. Emilion, Jéroboam 18/20
1978 Ch. Margaux, Margaux, Doppelmagnum 19/20
1982 Ch. Meyney, St. Estèphe, Doppelmagnum 18/20
1989 Ch. Mouton-Rothschild, Doppelmagnum  19/20
1994 Ch. Montrose, St Estèphe, Jéroboam 19/20
1997 Ch. Valandraud, St. Emilion, Doppelmagnum 18/20
1998 Domaine de Chevalier, Pessac-Léognan, Balthasar 19/20
2000 Ch. Paloumey, Haut-Médoc, Doppelmagnum 18/20
1997 Ch. La Tour Blanche, Sauternes 18/20

Ein glanzvolller Abend mit Weinen die zwischen 18/20 bis 19/20 schwankten. Und nicht nur die Weine schwankten! Wer einmal an der Metzgete dabei sein will, der kann sich jetzt schon anmelden!
Siehe Events 2010, 20. November....


GABRIEL: DIE 100 BESTEN BORDEAUX 

Immer Ende Jahr bereite ich in einer hoch komplexen Excel-Datei die WeinWisser-Tabelle auf. 
Als nicht uninteresssantes Nebenprodukt sehe ich dann den Punktedurchschnitt aller Weingüter der letzten 20 Jahre die eigentlich für ein neues Klassement relevant wären.
 

01 . 18.82 : Lafite-Rothschild Pauillac
02 . 18.82 : Haut-Brion Graves/Pessac-Léognan
03 . 18.76 : Mouton-Rothschild Pauillac
04 . 18.71 : Latour Pauillac
05 . 18.65 : Pétrus Pomerol
06 . 18.59 : Léoville-Las-Cases St. Julien
07 . 18.56 : Le Plus de la Fleur de Boüard Lalande de Pomerol
08 . 18.53 : Margaux Margaux
09 . 18.47 : Ausone St. Emilion
10 . 18.45 : Clos Dubreuil St. Emilion
11 . 18.41 : Léoville-Barton St. Julien
12 . 18.41 : La Mission Haut-Brion Graves/Pessac-Léognan
13 . 18.35 : L'Eglise-Clinet Pomerol
14 . 18.35 : Cheval Blanc St. Emilion
15 . 18.29 : Trotanoy Pomerol
16 . 18.29 : Montrose St. Estèphe
17 . 18.29 : Angélus St. Emilion
18 . 18.24 : Palmer Margaux
19 . 18.24 : Lafleur Pomerol
20 . 18.22 : Hosanna Pomerol
21 . 18.21 : Valandraud St. Emilion
22 . 18.18 : Cos d'Estournel St. Estèphe
23 . 18.18 : Pape-Clément Graves/Pessac-Léognan
24 . 18.12 : Le Pin Pomerol
25 . 18.12 : Lynch-Bages Pauillac
26 . 18.06 : Pichon-Longueville-Baron Pauillac
27 . 18.00 : Léoville-Poyferré St. Julien
28 . 18.00 : Clos du Jaugueyron Margaux
29 . 17.93 : La Mondotte St. Emilion
30 . 17.91 : Faugères Cuvée Spéciale Péby St. Emilion
31 . 17.88 : Grand-Puy-Lacoste Pauillac
32 . 17.88 : Figeac St. Emilion
33 . 17.87 : Bellevue-Mondotte St. Emilion
34 . 17.82 : Gruaud-Larose St. Julien
35 . 17.82 : Pichon-Longueville-Comtesse-de-Lalande Pauillac
36 . 17.82 : Ducru-Beaucaillou St. Julien
37 . 17.71 : Tertre-Rôteboeuf St. Emilion
38 . 17.70 : L'Hermitage St. Emilion
39 . 17.69 : Haut-Condissas Médoc
40 . 17.65 : Phélan-Ségur St. Estèphe
41 . 17.65 : L'Evangile Pomerol
42 . 17.64 : Gracia St. Emilion
43 . 17.59 : Lagrange St. Julien
44 . 17.59 : Gazin Pomerol
45 . 17.55 : Croix de Labrie St. Emilion
46 . 17.53 : Pavie St. Emilion
47 . 17.53 : Le Gay Pomerol
48 . 17.53 : Pontet-Canet Pauillac
49 . 17.53 : Domaine de Chevalier Graves/Pessac-Léognan
50 . 17.50 : Clos L'AbbA St. Emilion
51 . 17.50 : Clos des Quatre Vents Margaux
52 . 17.50 : Bellevue St. Emilion
53 . 17.47 : Haut-Bailly Graves/Pessac-Léognan
54 . 17.47 : Clinet Pomerol
55 . 17.43 : Ferrière Margaux
56 . 17.41 : La Fleur-de-Gay Pomerol
57 . 17.41 : Magdeleine St. Emilion
58 . 17.41 : Certan de May Pomerol
59 . 17.37 : Magrez-Fombrauge St. Emilion
60 . 17.37 : Calon-Ségur St. Estèphe
61 . 17.37 : Branon Graves/Pessac-Léognan
62 . 17.36 : Les Carmes-Haut-Brion Graves/Pessac-Léognan
63 . 17.35 : Poujeaux Moulis
64 . 17.35 : Grand-Mayne St. Emilion
65 . 17.35 : Clerc-Milon Pauillac
66 . 17.35 : La Fleur-Pétrus Pomerol
67 . 17.31 : La Couspaude St. Emilion
68 . 17.30 : Petit-Gravet-Ainé St. Emilion
69 . 17.29 : Rauzan-Ségla Margaux
70 . 17.29 : Vieux Château Certan Pomerol
71 . 17.29 : Langoa-Barton St. Julien
72 . 17.29 : La Conseillante Pomerol
73 . 17.29 : Giscours Margaux
74 . 17.29 : Clos Fourtet St. Emilion
75 . 17.29 : Canon-La-Gaffelière St. Emilion
76 . 17.27 : Providence Pomerol
77 . 17.27 : La Fleur St. Emilion
78 . 17.25 : Tour de Pez St. Estèphe
79 . 17.25 : Les Angélots de Gracia St. Emilion
80 . 17.25 : La Croix Pomerol
81 . 17.24 : Smith-Haut-Lafitte Graves/Pessac-Léognan
82 . 17.24 : Trottevieille St. Emilion
83 . 17.24 : Pavie-Macquin St. Emilion
84 . 17.24 : Beauséjour (Duffau-Lagarrosse) St. Emilion
85 . 17.24 : Latour à Pomerol Pomerol
86 . 17.22 : Clos St. Julien St. Emilion
87 . 17.20 : Clos du Jaugueyron Haut-Médoc
88 . 17.18 : Clos de Salles Pomerol
89 . 17.17 : L' Ambroisie du Château la Croix des Moines Lalande de Pomerol
90 . 17.15 : Bel-Air La Royère Côtes de Blaye
91 . 17.13 : Clos de la Vieille Eglise Pomerol
92 . 17.12 : Sociando-Mallet Haut-Médoc
93 . 17.12 : Batailley Pauillac
94 . 17.11 : Le Dôme St. Emilion
95 . 17.09 : La Fleur de Boüard Lalande de Pomerol
96 . 17.09 : Destieux St. Emilion
97 . 17.06 : Prieuré-Lichine Margaux
98 . 17.06 : Petit-Village Pomerol
99 . 17.06 : Les Forts de Latour Pauillac
100 .17.06 : Clos L'Eglise Pomerol


POMEROL-PARADE

United Colours of Pomerol gab es zu geniessen/degustieren im Mövenpick Weinkeller in Zürich: 

1997 Château L’Evangile: 16/20 austrinken, ist den Preis nicht wert.
1999 Château Petit-Village: 17/20 evtl. kaufen macht momentan viel Spass
2000 Château la Providence: 16/20 das traditionellem erdige mag
2000 Château Certan de May: 18/20, hat sich gemausert, noch sehr trockene Tannine
2001 Vieux Château Certan: 18/20, schlank, aromatisch, jung aber erste Reife
2001 Château La Grave Trigant de Boisset: 16/20, unauffällig und korrekt
2001 Château Clinet; 18/20, viel Röstnoten und Cassis, ein Nasenwein
2001 Château La Clémence: 18/20, die Moderne schägt zu, okay aber gross
2001 Château La Conseillante: 18/20, Kokos, rote Johannisbeere und Schokonoten
2001 Château Trotanoy: 18/20, Terroirklassiker, fest aber feine Tannine
2002 Château Lagrange: 16/20, Vierfruchtkonfitüre für Business-Lunch
2002 Château L’Eglise-Clinet: 17/20, die Extraktion wirkt brutal, warten
2003 Château La Gabanne: 18/20, Trüffeltiefgang, Pavarotti-Pomerol
2003 Château La Fleur-Gazin: 17/20, momentan füllig, schöne Süsse
2003 Pensées de Lafleur: 17/20, Fonsalettenase, ins Burgunderglas mit ihm
2003 Château Certan-Marzelle: 16/20, (zu) schnell reifender 100%-Merlot
2004 L’Hospitalet de Gazin: 16/20, coole Cabernetnoten, recht kernig
2004 Château Latour à Pomerol: 17/20, Überraschung, kaufen und bald geniessen
1996 Château Pétrus: 18/20, noch viel Biss und eine tolle Konzentration

Und weil ich schon am Nachmittag da war, und mein ehemaliger WeinWisser-Kompagnon Wolfram Meister zufällig vorbei schaute, stimmten wir uns mit einem kleinen Vorspiel auf die Probe ein.

Der 1997 Château Lafleur überraschte mit einer unglaublich dichten und dunklen Farbe. Das Bouquet unnatürlich konzentriert für diesen Regenjahrgang; Rauch, Backpflaumen und Korinthen. Im Gaumen fleischig, kompakt mit viel Biss aber auch hier mit der eigentlich typischen Lafleur-Trockenheit ausgestattet. (18/20).

Der 1996 Château Le Pin (ein halbes Fläschchen) überraschte ebenfalls mit seiner Farbe, aber eben anders; aufhellend, mit rostbraunen Reflexen am Rand. Die Nase schokoladig und erdig, mit getrockneten Küchenkräuternoten und etwas oxydativ wie ein überreifer Châteauneuf. Doch er konnte an der Luft zulegen und blieb, bei mittlerem Körper, recht stabil, erst im Finale kam dann die cremig-röstige Le-Pin-Süsse doch noch. (17/20).


BARSAC-KÖNIGIN AUS 100 PROZENT SEMILLON

25 Mal ein kleines Glas Climens an einem einzigen Abend degustieren, respektive trinken zu dürfen, gehört zu den besonderen Privilegien eines Süssweinfans. Warum?

- Erstens sind die gereiften Climensjahrgänge meistens generell die besten Barsac’s.
- Zweitens kann dieser grosse Barsac zuweilen sogar die Maximalnote erreichen.
- Und drittens; ist dieser Wein eigentlich viel rarer als Château d’Yquem auf dem Markt zu finden.

Die Erklärung für diese Behauptung ist relativ einfach. Während d’Yquem nicht selten deutlich mehr wie 120'000 Flaschen von einem Jahrgang auf den Markt bringt, füllt die charmante Châteaubesitzerin Bérénice Lurton nur etwas 25'000 Flaschen ab. Die 30 Hektaren ergeben selten mehr wie 7 Hektoliter pro Hektare. 

Es ist unter den Premiers Grands Crus Classés des Sauternais der einzige Süsswein, der immer ein 100-prozentiger Sémillon ist. Die einzelnen Tagesernten lagern separat und werden erst kurz vor der Flaschenfüllung zusammengefügt. Man kann zwar den jeweils jungen Jahrgang auf dem Weingut während der Primeurphase zwar verkosten, aber nur als Puzzle aus den einzelnen Barriques.       

Sauternesfreak Jürg Richter plünderte Mal wieder seinen Gold-Keller und lud zur Château Climensprobe im Restaurant Lindenhofkeller in Zürich. Wer an einer solchen Raritätendegustation mit derartig alten Jahrgängen teilnimmt, ist sich des Risikos von Risikoflaschen bewusst. Und in jeder der eingeschenkten Fünferserien gab es ein paar Enttäuschungen aber noch viel mehr Höhepunkte.

Der zweite Flight mit dem millésimes 1927, 1928, 1929, 1934, 1937 bleibt unvergesslich. Hier drin „lagerten“ gleich zwei Highlights die die Maximalnote redlich verdienten. Zuerst der Climens 1929 mit seiner schon fast tokajhaften, Konzentration und Süsse und dann der elegante, noch frische mit viel caramelisierten Orangen bestückte 1937er. Vin seiner Art und Klasse her genau so, wie man sich einen ganz grossen Barsac und einen eben so typischen legendären Climens vorstellt. 

1912 Château Climens: 13/20 vorbei
1914 Château Climens: 15/20 trinken
1921 Château Climens: 19/20 trinken
1925 Château Climens: 14/20 austrinken
1926 Château Climens: Keine Bewertung.   

1927 Château Climens: 17/20 trinken
1928 Château Climens: 17/20 trinken
1929 Château Climens: 20/20 trinken
1934 Château Climens: 18/20 trinken
1937 Château Climens: 20/20 trinken
 
1939 Château Climens: 15/20 austrinken
1943 Château Climens: 18/20 trinken
1947 Château Climens: Keine Bewertung. 
1948 Château Climens: 18/20 trinken
1950 Château Climens: 15/20 vorbei

1955 Château Climens: 19/20 trinken
1957 Château Climens: 17/20 austrinken
1959 Château Climens: 16/20 trinken
1960 Château Climens: Keine Bewertung.
1967 Château Climens: 16/20 trinken

1970 Château Climens: 17/20 trinken 
1971 Château Climens: 19/20 trinken
1975 Château Climens: 14/20 austrinken
1976 Château Climens: 16/20 trinken 
2001 Château Climens: 18/20 trinken



Zum gedanklich mitschlürfen...

1929 Château Climens: Sehr dunkles Gold mit Kupferrotem Schimmer.
Intensives, reifes Rosinenbouquet, Nescafé, Rauch und dunkle, getrocknete Aprikosen.
Im Gaumen mit einer sehr reifen, grossen Sauternesaromatik die sogar Tokajhafte Konturen zeigt, schmeichelnd, purer Feigensaft und Bual-Madeiranoten im extrem langen Finale. Eine Legende! 20/20 trinken


VINUM - GRAND PRIX DU VIN SUISSE

Über die miesen Punkte für sehr gute Weine die die Weinzeitschrift VINUM immer wieder vergibt, habe ich mich vor Jahren schon einmal ausgelassen. Damals kam es zu einem Gentlemen-Schlagabtausch zwischen dem damaligen Chefredaktor Rolf Bichsel und mir.

Jetzt ist Barbara-Meier Dittus am Ruder und fährt mit dieser beschissenen Tiefpunkt-Bewertung fröhlich fort. Sehr wahrscheinlich steht dieses Anforderungsprozedere in den Anstellungsverträgen der jeweiligen Mitarbeiter. Anders ist dieses Debakel nicht erklärbar. Gute Weinjournalisten sind keine Weinkritiker, sondern Weinbewunderer! Warum sieht denn dort niemand ein, dass ein fair und gut punktierter Wein dem Leser, dem Winzer, dem Weinhändler und dem Käufer Freude bereitet? Aber wenn natürlich in dieser Schicksalsgemeinschaft VINUM-Journalisten zwischen Glas und Tasten hocken, die ihren Arbeitsfrust am sonst eigentlich mehrheitlich Freude bereitenden Rebensaft auslassen, dann ist Hopfen und Malz verloren.  

Nun habe ich wieder Mal ein VINUM geschenkt bekommen. Das heisst nicht ganz geschenkt, sondern als Belegsexemplar, weil wir mit unserer Weinbörse dort drin inserieren. Wir glauben nämlich, dass es trotz den miesen Punkten die VINUM verteilt, trotzdem noch Menschen gibt die vielleicht doch sehr gute Weine im Keller haben könnten.

In dieser Ausgabe wird Stefan Gysel Saxer als Winzer des Jahres gekürt. Ein sympathischer Kerl. Letztes Jahr war er zufällig im gleichen Skikurs mit mir an den Carving-Wochen in St. Moritz. Seinen Wein habe ich noch nie getrunken. Irgendwie habe ich auch keine Lust dazu, denn der VINUM-Beschrieb des Siegerweines mit «ungemein appetitlich» animiert mich nicht gerade zu heftigem Suchen nach ein paar Flaschen dieses Pinot Blanc-Chardonnay-Blends. Es gibt sogar noch einen zweiten Wein der von ihm Kategorienerster wurde. Der Pinot Noir Spätlese. Dort ist das sinnige Prädikat für die VINUM-Auszeichnung: «Wein für alle Fälle». Hier beabsichtige ich eine Flasche aufzutreiben. Wenn ich das nächste Mal in Kanada bin, dann werde ich diesen Pinot bei einem Picknick an den Niagara-Falls trinken. Dann werde ich testen, ob er für alle Fälle geeeignet ist. 

Seit 20 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit den Tessiner Merlot. Jedes Jahr degustiere ich mehr als 100 Jungweine von mehr als 40 Produzenten jeweils im September. Auf Seite 12 berichtet VINUM knappe 35 Zeilen über den Jahrgang 2007 mit dem Titel: «Merlot 2007 in Topform». Das war für mich der beste Tessinerjahrgang, seit dem ich Weine degustiere. Im WeinWisser publizierten wir alle Weine mit 17 Punkten und mehr auf mehr als 10 Seiten. Als Weinheft mit doch stark geprägtem nationalem Interesse hätte ich von VINUM hier etwas mehr als die paar belanglosen Sätze erwartet. Und sicherlich auch die Leser dieser Zeitschrift, die aufgrund einer journalistischen Fleissarbeit und Jahrgangsanalyse dann gerne den einen oder anderen Wein eingekauft hätten.

Doch auf Seite 31 bietet die Redaktion reichlich Trost für den faulen Faux-Pas, denn hier wird der Sieger in der Kategorie Merlot erkoren! Töröö: Der glückliche Winzer heisst Cesare Zamberlani aus Piotta. Ein echter Geheimtipp, denn in den 20 Jahren, in denen ich Tessiner Merlot degustiere, bin ich diesem Siegerwinzer noch nie begegnet. Doch VINUM hat gleich zwei seiner Weine auf den ersten und zweiten Platz gehievt: Der Sieger ist ein «Merlot mit Format» und der Zweite macht «zum Essen Spass und hält noch einige Jahre». Wer also Spass am Essen hat und noch einige Jahre lang leben will - der kaufe sich diesen Merlot.  

Im Gegensatz zu allen anderen Weinbeschrieben im VINUM die traditionsgemäss extrem tief gepunktet sind (2007 Riesling Spätlese Schloss Saarstein: VINUM 16/20, Gabriel 18/20), sind die «Siegerweine» zwar beschrieben, aber nicht bewertet. Warum wohl? Vielleicht deshalb, weil es sich bei den Siegerweinen eher um bescheidene Weine handelt die noch bescheidenere Noten verdient hätten. Und - damit die Leser nicht merken, dass die ganze, durch die Siegerwinzer eigens bezahlte Übung eine reine Farce ist und es im richtigen Leben viel bessere Schweizer Weine und Winzer gibt, als bei der sehr fragwürdigen und nicht nachvollziehbaren VINUM-Theatervorstellung.  

Liebes VINUM-Team: Ich würde meinen Hut ziehen – wenn Ihr Leine ziehen würdet!    


WOLLEN SIE EINE BARRIQUE KAUFEN?

Das Prunkstück für jeden Weinkeller: Eine echte Bordelaiser Barrique! Solche kann man kaufen bei Gabriel's Frau Karin. Die arbeitet nämlich im Mövenpick Weinkeller Zürich. Die 225-Liter-Original-Holzfässer sind gebraucht und vom Tonnelier wieder hübsch zurecht gemacht. Kosten? CHF 215.-. Bestellen kann man dieses voluminöse Keller-Accessoire unter +41 (0)44 201 12 77  weinkeller.zuerich@moevenpick.com


CHÂTEAU FIGEAC: VON POLARISIEREND BIS APHRODISIEREND

Die Meinungen könnten geteilter nicht sein. Mit dem Cheval-Blanc ist dies der einzige Premier-Grand-Cru der auf der «anderen Seite» des Städtchen St. Emilions liegt. Sämtliche anderen Saint-Emilion-Premiers liegen nämlich östlich, südlich und westlich rund ums Dorfplâteau. 

Und wenn wir schon Cheval-Blanc erwähnen, dann soll auch geschrieben werden, dass dieser nobelste Cabernet-Franc-Träger früher zu Figeac gehörte. Figeac ist und bleibt irgendwie speziell. Kein anderer Cru aus dem Libournais weist einen fast gleichwertig verteilten Blend aus Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon auf. Letztere beiden Rebsorten verschlanken den Körper, machen die Aromatik in der Jugend zuweilen etwas grün, was sich – in reifen Jahren – in eine unverkennbare Würze umschlägt. Wie bei anderen Châteaux gab es auch hier schwierige Zeiten und auch ein paar unsaubere Jahrgänge. Gemessen an der Klasse und der generellen Qualität der letzten Jahre, sind die Flaschen oder gar Kisten von Figeac ein sehr guter Kauf. Vorausgesetzt man ist ein Kenner und schätzt das nicht Vergleichbare.    

Im Hotel Waldheim in Risch entkorkte René Gabriel 28 Jahrgänge, die Patrick Bopp anschliessend fein säuberlich dekantierte. Hier ein erster Überblick dieser eindrücklichen Weinprobe. Die exakten Weinbeschriebe erscheinen nächstes Jahr in einer WeinWisser-Story bei der sich Figeac gegen Cheval Blanc misst. Also sind aus einem ehemaligen Gesamtbesitz heute zwei Rivalen geworden. Dabei ist die Preisdifferenz klar grösser als die Qualitätsdifferenz.

Hier die Degustationsanmerkungen und Stichworte: Recht schön, intakt und somit überraschend; 1924! Der 1945er war eine kriegsversehrte Händlerabfüllung. Leider etwas zapfige Flaschen beim 1947er und evtl. auch beim 1949er, bei dem evtl. auch altes Fass in Frage kam. Dann zwei tänzerische, fast schon nach Cheval-Blanc duftende, burgundische Jahrgänge 1953 und 1955. Eine kleine Sensation: 1958 Hier könnte es sich um den besten Wein des sonst eher bescheidenen Jahrganges handeln.

Wie ein dicker, übersüsser Port kam der 1959er daher. Ganz gross und sehr jung: 1961: 1962 zeigte sich als müde belanglose Flasche. Dafür dann wie erwartet gross das Duo 1964 und 1966. Saftig, süffig und bei schlankem Body mit einer tollen Aromatik; eine Magnumflasche vom Jahrgang 1967! Ebenfalls beim 1970er zeigte sich der Magnumbonus. Vom 1975er gibt es viele miese Flaschen, das war wiedermal eine solche. Grün und schon fast zu cool; 1978 Figeac. Da zeigte sich der Rhônehafte 1979er deutlich wärmer. Der Höhepunkt der Weinprobe? Eine sehr rare Jéroboam 1982. Jeder Schluck eine kleine Kräuter-Malz-Ricola-Orgie – schon fast aphrodisierend.

Es brauchte viel Luft bis der malzige 1983er die 18/20 erreichte. Dem 1985er nützte alle Luft nichts. Schlechte Flasche! Auch der Figeac 1986 roch mehr nach altem, feuchtem Keller als nach Grand Cru. Reserviert, mit einem Médoctouch: 1988.  Noch nie so gut erlebte ich den 1989. Weil es eine Magnum war, gännte ich mir einen zweiten Schluck. Zuerst etwas muffig, dann kräuterig und schliesslich immer süsser werdend; 1990. Unerwartet gross, der 1994er, klassisch und von der Aromatik her etwas für Cabernet-Fans. 1995 werde ich aufgrund dieses Eindrucks suchen und kaufen. Chambertin lässt grüssen! Beim Jahrgang 1996 hatte Thierry Mannoncourt wohl etwas zu viele, neue Barriquen gekauft. Dieses durchaus nicht unangenehme Verdikt zeigt sich mit einer delikaten Schoko-Malz-Vanillesüsse. Das Wort «Power» brauchte ich nur einmal, um einen Figeac-Jahrgang zu beschreiben, nämlich beim 1998. Einer der allerbesten Figeac’s der an der letzten Auktion der Weinbörse ziemlich gefragt war und jetzt kontinuierlich anziehen wird. Was aber nicht heisst, dass er beim aktuellen Handelspreis von 100 Euro/150 Franken nicht immer noch ein sehr guter Kauf ist. Ich würde ganz sicher kaufen – wenn ich nicht schon vor Jahren sehr viele Flaschen bunkerte. Und wenn er dann ganz reif ist, so in etwa 10 Jahren, dann werde ich ihn ziemlich sicher auf 20/20 aufwerten.      


1924 Château Figeac: 17/20 vorbei
1945 Château Figeac: 16/20 vorbei
1947 Château Figeac: Kork
1949 Château Figeac: 17/20 austrinken
1953 Château Figeac: 19/20 trinken
1955 Château Figeac: 18/20 trinken
1958 Château Figeac: 18/20 austrinken
1959 Château Figeac: 19/20 austrinken
1961 Château Figeac: 19/20 trinken
1962 Château Figeac: 16/20 vorbei
1964 Château Figeac: 18/20 trinken
1966 Château Figeac: 19/20 trinken
1967 Château Figeac: 18/20 trinken
1970 Château Figeac: 18/20 trinken
1975 Château Figeac: 14/20 vorbei
1978 Château Figeac: 16/20 trinken
1979 Château Figeac: 17/20 trinken
1982 Château Figeac: 19/20 trinken
1983 Château Figeac: 18/20 trinken
1985 Château Figeac: 15/20 trinken
1986 Château Figeac: 15/20 trinken
1988 Château Figeac: 17/20 trinken
1989 Château Figeac: 19/20 trinken
1990 Château Figeac: 19/20 trinken
1994 Château Figeac: 18/20 trinken
1995 Château Figeac: 19/20 trinken
1996 Château Figeac: 17/20 trinken
1998 Château Figeac: 19/20 trinken


Berühmt ist man, wenn mehr Leute vorgeben Dich zu kennen, als Du selber kennst...




TITANIC-WEIN


Als die Titanic am 12. April 1912 sank, dürften die Reben in Bordeaux damals gerade aus dem Winterschlaf erwacht sein.


Doch vom Bordeaux-Jahrgang 1912 hört man wenig und wenn man etwas davon hört, gewiss nichts Gutes. Also handelt es sich hier um nicht weiter zu verfolgende Kategorie: médiocre. 




Im Handel gibt es ganz wenige Bordeaux dieses Jahrganges und wer sich einen bekannten Namen erkaufen möchte, muss dafür echt Geld hinlegen. So kostet eine Flasche Lafite-Rothschild mehr als 2000 Franken.







Trotzdem erreichte der in eine Burgunderflasche abgefüllte 1912 Sables Saint Emilion (eine Appellation die es heute nicht mehr gibt), abgefüllt von Jacques Schellenberg (eine Weinhandlung die es heute nicht mehr gibt) einen gewissen Dreizehnpunkte-Achtungserfolg. Der deutlich rosa-bräunliche Wein duftete nach zuerst nach altem Gemüse, nach kompottiger Süsse und nassem Laub. Noch knapp trinkbar im Gaumen, weiche Säure, alter Erdbeersaft. Trotzdem aber für diesen extrem raren und als sehr schlecht gehandelten Wein noch passabel zu trinken. Vor allem für Titanic-Fans...


DO YOU SPEAK ENGLISCH?

Also dann, heute gibt’s nen Englischkurs für Anfänger,  Fortgeschrittene und Insider!!


Für Anfänger / for beginners:
Drei Hexen schauen sich drei Swatch Uhren an.
Welche Hexe schaut welche Uhr an?
Jetzt in Englisch!
Three witches watch three swatch watches.
Which whitch watch which swatch watch?

Für Fortgeschrittene / for runaways:

Drei geschlechtungewandelte Hexen schauen sich drei Swatch Uhrenknöpfe an.  
Welche geschlechtsumgewandelte Hexe schaut sich welchen Swatch Uhrenknopf an ?
Jetzt wieder in Englisch!
Three switched witches watch three Swatch watch switches. Which switched witch watch which Swatch watch switch ?

Englisch für Einseitige / english for insiders:
Drei Schweizer Hexen-Schlampen, die sich wünschen geschlechtsumgewandelt zu sein, wünschen sich Drei Schweizer Swatch Uhrenknöpfe anzuschauen. Welche Schweizer Hexen-Schlampe, die sich  wünscht geschlechtsumgewandelt zu sein, wünscht sich Drei Schweizer Swatch Uhrenknöpfe anzuschauen?
Und nun in Englisch!!
Three swiss witch-bitches, which wish to be switched swiss witch-bitches, wish to watch tree swiss Swatch watch switches. Which swiss  witch-bitch,which whiches to be a switched swiss which-bitch, whiches to whatch swiss Swatch watch switches?


DUCRU-BEAUCAILLOU: SCHÖNE STEINE = SCHÖNE WEINE

Der erste Teil des Châteaunamens stammt von einem ehemaligen Besitzer; Monsieur Ducru. Und Besitzer gab es nicht wenige in der bewegten Geschichte dieses Weingutes aus der noblen Appellation Saint Julien in Médoc. Den zweiten Teil seines Namens verdankt er den «schönen Steinen», die sich auf dem Terroir befinden. Und auf französisch heissen schöne Steine; «beaux cailloux». Et voilà – schon ist der Name Château Ducru-Beaucaillou vollständig erklärt.

Die kleinen Steinchen im Boden sind sehr wichtig für die Qualität. Diese erwärmen sich nämlich während den Sonnentagen und geben diese Wärme in der Nacht an die Trauben weiter. Nur so ist es möglich, die wichtigen Cabernet Sauvignontrauben ausreifen zu lassen.

Wie bei jedem berühmten Bordeaux Grand Cru gab es auch auf Ducru gute und schlechte Zeiten. Für ein paar schwarze Jahre ganz und gar miese Zeiten. Dann nämlich, als der Kellerteufel zuschlug und über Jahre grosse Teile der Ernte kontaminierte. Wir reden von den Jahrgängen 1983 bis 1990. Mit etwas viel Glück findet man aus diesen schwierigen Zeiten aber trotzdem ein paar gute Flaschen. Wer seine Chancen für einen möglichen Genuss erhöhen will, der dekantiert diese Flaschen einen Tag zuvor und lässt die Karaffe im kühlen Keller. Luft – als möglicher Mief-Retter!

Doch heute hat das Weingut mit den matt-goldgelben Etiketten wieder einen glänzenden Namen in der Weinszene und seitdem Bruno Eugène Borie im Jahr 2003 das Zepter als Direktor und Mitbesitzer in die Hand nahm, sind Höhenflüge und massgeschneiderte Top-Qualität garantiert.

Eine Vertikalverkostung von mehr als 50 Jahrgängen von 1921 bis 2007 organisierte der Linzer Weinfreund Georg Wolff für gut 20 Weinfreunde aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Und fasst hätte es auch noch ein Fassmuster vom Jahrgang 2008 zum Verkosten gegeben, wäre nicht der Koffer des extra für diese honorige Weinprobe angereisten Patrons Bruno Borie zwischen Paris und Wien liegengeblieben. Das Kloster Und in Krems als perfekter Austragungsort mit begleitenden Gerichten mit der Unterschrift vom bekanten Austria-Gastronomen Toni Mörwald. Als eifriger Dekantierer – extra eingeflogen – Patrick Bopp, der für klare Weine zu richtigen Temperaturen sorgte.   

Der Wein von Ducru wird als elegant, harmonisch und fein balanciert charakterisiert. Wenn er seine perfekte Reife erreicht, duftet er nach reifen Pflaumen und Zedernholz. Beweise für diese Behauptung liefern die Jahrgänge 1995, 1970, 1962, 1959, 1955, 1953 und die noch wunderbar erhaltene Magnumflasche von 1921 an dieser Probe.

Wird ein Jahrgang etwas fetter als sonst, so kann der Ducru auch zu einem Wein mutieren, der nicht wenig blaubeerige Pauillac-Affinität in sich trägt. Beispiele dafür: 2006, 2005, 2000 und ganz deutlich – der 1998er!
Doch dann gibt es in den sogenannt ganz grossen Jahren auch Weine, bei der das Fleisch und die Kraft über die Finessen siegt und die schönen Steine des Terroirs dem Weingut einen charaktervollen, extrem lagerfähigen Wein bescheren. Der 1982er ist schon fast das Gegenteil, was man von vergleichbaren Konkurrenten im diesem Jahrgang erwarten darf. Mächtig auch der 1961er, 1945er und der 1928er. Sofern man hier auf eine optimale Flasche trifft.

In kleineren Jahren, kann man sich ebenfalls auf den Durcu verlassen. Es gibt heute wohl kaum noch einen anderen 1977er im ganzen Bordelais der jemals und auch heute noch so viel Trinkspass bietet. Und auch der 1997er und 2002er sind eine genussvolle Affäre für einen Business-Lunch, einen gemütlichen Weinabend oder für ungeduldige Bordeaux-Finessenfans. Beim 2002er ist man nicht ganz sicher, ob es sich nur gerade jetzt um eine Genuss-Zwischenphase handelt. Doch wer diesen Wein jetzt auf einer Weinkarte in einem Restaurant findet, hat ein paar garantiert schöne Stunden vor sich. Nicht zuletzt deshalb, weil die neuesten Jahrgänge von diesem Super-Second-Grand-Cru-Classé nicht nur von der Qualität, sondern auch vom Preis her, direkt hinter den überteuerten Premiers leider sehr gut mithalten kann. Auf welche reifen Jahrgänge sollte man bei Auktionen achten? 1985, 1978, 1971, 1967. Und wer einen richtig grossen, eigenständig-klassischen Spitzen-Ducru einmal im Leben trinken will, der hebt beim 1955er die Hand so lange hoch, bis die Mitbieter endlich erschlaffen. 

Hier die Beschriebe der jüngsten Jahrgänge, die man sicherlich noch im Markt findet und die absoluten Höhepunkte reiferer «Millésimes». Keine Notizen finden Sie von den nachfolgenden Jahrgängen. Dies deshalb, weil zu bescheiden, unsauber, korkig, Flaschenpech oder kaputt: 1993 (Kork), 1991 (16/20), 1989 (16/20), 1988 (16/20), 1987 (15/20), 1986 (16/20), 1984 (13/20), 1983 (15/20), 1980 (14/20), 1979 (13/20), 1976 (16/20), 1975 (Kork), 1974 (14/20), 1969 (13/20), 1966 (schlechte Flasche), 1958 (15/20), 1951 (14/20), 1942 (15/20), 1937 (15/20), 1929 (Kork).      

2007 Ducru-Beaucaillou: 18/20 2013 – 2025
2006 Ducru-Beaucaillou: 18/20 2016 – 2040
2005 Ducru-Beaucaillou: 19/20 2014 – 2040
2004 Ducru-Beaucaillou: 19/20 2013 – 2035
2003 Ducru-Beaucaillou: 19/20 trinken – 2025
2002 Ducru-Beaucaillou: 18/20 trinken – 2023
2001 Ducru-Beaucaillou: 17/20 2018 – 2035
2000 Ducru-Beaucaillou: 19/20 2017 – 2040
1999 Ducru-Beaucaillou: 18/20 trinken – 2027
1998 Ducru-Beaucaillou: 19/20 2016 – 2030
1997 Ducru-Beaucaillou: 17/20 trinken – 2015
1996 Ducru-Beaucaillou: 18/20 2015 – 2035
1995 Ducru-Beaucaillou: 19/20 trinken – 2040
1994 Ducru-Beaucaillou: 17/20 trinken – 2030
1990 Ducru-Beaucaillou: 17/20 trinken – 2030
1985 Ducru-Beaucaillou: 18/20 trinken – 2030
1982 Ducru-Beaucaillou: 19/20 2015 – 2040
1981 Ducru-Beaucaillou: 17/20 trinken - 2020
1978 Ducru-Beaucaillou: 19/20 trinken – 2020
1977 Ducru-Beaucaillou: 17/20 vorbei
1973 Ducru-Beaucaillou: 17/20 austrinken
1970 Ducru-Beaucaillou: 19/20 trinken
1964 Ducru-Beaucaillou: 18/20 austrinken
1962 Ducru-Beaucaillou: 19/20 trinken
1961 Ducru-Beaucaillou: 20/20 trinken – 2040
1959 Ducru-Beaucaillou: 18/20 trinken
1955 Ducru-Beaucaillou: 20/20 trinken
1953 Ducru-Beaucaillou: 18/20 vorbei        
1947 Ducru-Beaucaillou: 18/20 austrinken
1945 Ducru-Beaucaillou: 18/20 vorbei
1934 Ducru-Beaucaillou: 18/20 austrinken
1928 Ducru-Beaucaillou: 17/20 austrinken
1924 Ducru-Beaucaillou: 18/20  vorbei
1921 Ducru-Beaucaillou: 19/20 austrinken




Stimmungsbilder einer finessenreichen Vertikal-Verkostung
von

53 Jahr-
Gängen Château
Ducru-Beaucaillou.







Rechts oben: Bruno-Eugène Borie
In der Mitte: Georg Wolff
Rechts unten: Weinpfarrer Hans Denk
Unten links: Toni Mörwald und Karin Gabriel


ES MUSS LIEBE SEIN

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind frei erfunden…

Er: Was machst Du morgen?

Sie: Am morgen habe ich noch eine Sitzung in Zug, dann gehe ich ins Geschäft nach Zürich.

Er: Dann ist das für mich zu umständlich, irgendwie komme ich dann schon zum Flughafen.

Sie, am anderen Tag per Telefon: Wo bist Du, ich warte auf Dich!!!

Er schaut verwundert auf das Display seines Handys im Zug und sieht ihre Business-Festnetznummer: Was, Du bist immer noch im Geschäft? Du solltest schon lange unterwegs sein, ich bin jetzt schon am Flughafen.

Sie: Ich habe auf Dich hier im Geschäft gewartet. Sch……!

Er denkt: Gestern sagte ich ihr doch, dass ich dann schon irgendwie auf den Flughafen komme. Warum sollte ich um Gottes Willen von Gunzwil (Autostopp) nach Sempach, dann nach Luzern (Bummelzug), dann nach Zürich (Schnellzug), dann nach Zürich-Wollishofen (Tram), um dann mit dem Auto mit meiner Frau umständlich zum Flughafen zu gelangen. Würde für mich fast eine Stunde länger dauern als mit dem Schnellzug direkt von Luzern zum Flughafen.

Sie eine halbe Stunde später (Natel): Sch….., ich sitze fest am Nordring!

Er: Der Check-In ist noch gut 25 Minuten offen.

Sie, 20 Minuten später: Es sind nur noch 5 Kilometer zum Flughafen, aber er geht zügig vorwärts.

Er: Komm mit dem Auto direkt zum Check-In 2 oben.

Er, drei Minuten später: Wo bist Du?

Sie: Sch....., ich habe mich verfahren, die falsche Spur genommen am Flughafen! 

Er läuft hin und her zwischen dem Fräulein vom Check-In und der Vorfahrt.

Fräulein vom Check-In: Ich kann Sie jetzt noch alleine einchecken, aber ohne Gepäck und Frau.

Er geht zum x-ten Mal suchend nach draussen, das Telefon klingelt.

Sie: Wo bist Du?

Er: Draussen! Ich warte auf Dich hier.

Sie: Ich bin drinnen vor dem Schalter, aber die lässt mich nicht mehr einchecken!

Er geht nach drinnen ohne seine Frau gross anzuschauen (???) und sagt ganz bestimmt zum Check-In-Fräulein: Checken Sie meine Frau ein – ohne Koffer!

Zur seiner Frau: Ich nehme den späteren Flieger und bringe dann halt die Koffer mit. Tschüss!

Was nachher folgt…

1.    Er kauft sich ein neues Ticket Zürich – Wien für 600 Franken.

2.    Dann trinkt ein Bier (Schneider Weisse) an Bye Bye Bar. Wirkt dezent beruhigend.

3.    Es gibt eine Lösung um sich noch etwas mehr zu beruhigen: Ein zweites Bier!

4.    Dann geht er im Restaurant Asia ein chinesisches Chickensüppli im Terminal 1 essen.

5.    Dazu trinkt er drei Deziliter vom 2005 Cabernet Sauvignon Geyser Peak Alexander Valley, Kalifornien.     Wirkt ziemlich beruhigend.

6.    Zum roten Curry bestellt er extra Koriander und frisch geschnittenen, roten Chili. Und zwei weitere Deziliter vom obigen Wein – wirkt noch mehr beruhigend.

7.    Nach dem Curry erbittet er sich einen weiteren Dezi von besagtem, deutlich beruhigendem  Wein und dabei denkt er sich; komisch – je weniger ich davon trinke, desto mehr werde ich voll!

8.    Er lässt sich den Secutriy-Check schon fast genüsslich über sich ergehen. Zieht routiniert den Appenzeller-Metallic-Tierchengürtel aus dem Hosenbund und entfernt untertänigst den Labtop aus seiner Umhängetasche.

9.    Er erreicht das auf dem Boarding-Pass angezeigte Gate A 75. Dort wird ihm mittels Anzeigetafel mitgeteilt dass:

10.   A: das Gate gewechselt hat und

11.   B: der Flieger, rund eine Stunde später als erwartet, abfliegen wird. 

12.   C: Er – wegen Gatewechsels – nochmals einen Securitycheck über sich ergehen lassen muss.

13:  Es entsteht keinerlei Hektik denn; Zeit ist genügend vorhanden.  

14.  Nach mittlerweile sechs Stunden Wartens auf dem Flughafen, fliegt auch er nach Wien.

Am Flughafen Wien nimmt er ein 150-Eurotaxi zum Hotel nach Krems. Dies deshalb, weil er seiner Frau noch beim Abschied grosszügig nachrief: Nimm Du den gebuchten (und bereits bezahlten…) Mietwagen – ich nehm mir dann ein Taxi.

Unterdessen geniesst die Frau mit seinen Freunden einen wunderschönen Abend bei Lisl Wagner-Bacher in Mautern mit den heiss geliebten, kalten Gänselebervariationen, mit zarten Rehnüsschen und feinen Wachauer Weinen von Knoll, Pichler und Hitzberger.

Der Trip von Zuhause in die Wachau dauerte total 12 Stunden. Das sind etwa vier Stunden mehr als man mit dem Auto rechnen muss. Und rund acht Stunden mehr als üblicherweise.

Wie Mann eine solch nervige Situation übersteht?
Ganz einfach: Es muss Liebe sein!


YAD VASHEM / MESSA / URI BURI / YA’AR YATIR

Wir waren für ein paar Tage in Israel. Zuerst im Yad Vashem. Denk- und Mahnmal rund um den Holocaust. Unsere charmante Guide: Michal Hess, sichtlich selber berührt, wenn sie über ihre Vorfahren berichtet. Nach ein paar Minuten im Children Memorial hielt ich es fast nicht mehr aus und ich schämte mich meiner Tränen nicht, als ich das Gebäude verliess.

Unbegreiflich, das so etwas nur vor mehr als etwas 60 Jahren in Europa passieren konnte. Und so viele Menschen unbedacht dem grossen, offensichtlich wahnsinnigen Führer in seiner Besessenheit brav folgten. Anders sein als Strafe? Dabei zeigt doch gerade die Stadt Jerusalem heute deutlich auf, dass es möglich ist, dass mehrere Glaubensgemeinschaften auf engstem Raum friedlich zusammen leben können.

Ein paar weitere Ausflüge zeigten ein helles, fröhliches Land. Freundliche Menschen und jede Menge Kultur. Und feines Essen. Ein Paradies für Freunde von Fischen und Meeresgetieren; das Restaurant Uri Buri in Acco. Für Entdecker der jüdischen-koscheren Küche; das Restaurant Hess in Jerusalem. Hier traf ich einen alten Bekannten wieder. Vor mehr als 14 Jahren lud ich den damals noch in Basel lebenden Metzger Marcel Hess zu einer Welt-Cabernet-Probe der Académie du Vin nach Zürich ein. Dort zeigte er vor mehr als 300 Teilnehmern erstmals im grossen Stil einen Israelischen Cabernet Sauvignon und schnitt gar nicht mal schlecht ab. Das beste französische Restaurant im ganzen Land könnte wohl das Messa in Tel Aviv sein. Allein von der Einrichtung her ein MUST.
Sea Food Gourmet steht auf der Visitenkarte vom Mul-Yam Restaurant das sich im alten Hafen von Tel Aviv befindet. Das stimmt auch so. Ich ass dort einen gewaltigen Hummer-Trümmer und auch die Teilnehmer am Tisch waren von der Kreativität der Gerichte begeistert. Vor allem der Gastgeber; Severino von der Bottega dei Vini aus Verona. Er flog eigens ein, um uns seine Winery Tzora zu zeigen. 

Und tolle Rotweine tranken wir. Nicht ganz grosse, aber irgendwie scheint das noch zu kommen in den nächsten Jahren. Bestellempfehlungen sind: The Cave, Château Golan, Ya’ar Yatir, Margalit, Yarden, Jonathan Tishbi, Tzora. Und im bereits erwähnten Messa bestellten wir den ältesten Wein unseres eindrücklichen Trips: 1997 Castel Grand Vin. Er duftete wie ein reifer Montrose. Also gibt es auch Terroir in Israel. Die Nase lag bei 19/20. Im Gaumen zeigte sich der Wein etwas spröde, was ich aber mit der leicht süsslichen Kalbsmilke ausbalancieren konnte. Shalom!  


Schöne Tage in Jerusalem und Tel Aviv mit  restlichen Flugmeilen 

Aus Respekt vor der jüdischen Glaubensgemeinschaft an der Klagemauer haben Lucien und ich die die bereitgestellten Käppi  angezogen.


MALAGA DULCE NEGRO 1807

Die Geschichte ist lustig – der Wein einzigartig. Zuerst die Homestory. Ein Freund von mir hatte die Gelegenheit einen Keller mit alten Weinen aufzukaufen. Was offensichtlich gut war, verklickte er und die Restposten schenkte er seinem Schwiegersohn...


Dieser öffnete die nachfolgend beschriebene Flasche und war so verblüfft über den sagenhaften Wein, dass er ein Glas seinem Schwiegervater brachte. Und da ich zur selben Zeit rein zufällig auch in der Nähe war, schob er das Glas zu mir rüber.

Ohne zu wissen was es war, roch ich daran: Zuerst stolperte ich natürlich über dessen Farbe. Schwarz-Braun mit Bernsteinfarbenen Reflexen am Rand. Dann Birnel, Kaffee, Dörrfeigen und ganz klar Malaga. Malaga? Einen so dicken, melasseartigen Malaga trank ich noch nie. Ein überdicker Nektar der zähflüssig über der Zunge klebte und fast nur mit etwas Speichel in den Rachenraum zu bewegen war. Eine ausserirdische Süsse begleitete diesen 20/20-Punkte-Wein.





Gegründet 1807, so stand es unten auf der Flasche und in der Mitte; der Produzent Hermano Scholz.









Diesen gibt es schon lange nicht mehr. Nur noch ein paar sehr alte Flaschen tauchen dann und wann für mehrere hundert Euro auf dem Markt auf.
Der Malaga Dulce Negro entsteht, indem man Traubenmost sehr lange einreduziert und ihm dann mit mindestens 15 % Anteil dem ursprünglichen Malaga beimischt.   


WELCHER KÄSE PASST ZUM GRANGE?

Beim Yquem wäre es klar – hier kommt in erster Linie ein Roquefort in Frage. Zum reifen Sbrinz passt ein Moscato d’Asti. Es ist auch absolut ausserirdisch auf ein Basler-Läckerli etwas Stilton oder Gorgonzola zu streichen und dies dann zusammen mit einem ganz jungen Port zu geniessen. Aber welcher Käse passt zum Grange?


Zugegeben, ich wusste es schon lange. Als wir vor etwa 10 Jahren im Caveau an der Nüschelerstrasse in Zürich einen Grange zu einer Käseselektion genossen, hielt ich plötzlich bei einem Käse inne. Unglaublich was da im Mund passierte. Der Grange bekam eine neue Dimension und ich hatte bisher, ausser den obigen Beispielen noch nie ein derartig geniales Käse-Weinerlebnis auf der Zunge. Es sei hier verraten: Es ist der Fleur du Maquis.

Wir genossen ihn im Vierzähni in Goldau zu gleich vier verschiedenen Jahrgängen Penfolds Grange. Der 1997er war noch sehr jung, aber von den Gerbstoffen her so elegant etabliert, dass er sich trotzdem nicht ganz so als Jugendsünde verstand: (20/20). Etwas reservierter dann der 1991er; ziemlich viel Holz in Form von buttrigem Caramel in der Nase zeigend: (19/20). Schliesslich ein leicht gerbiger Klassiker, mit einer schon fast dramatischen Frucht- und mittlerweile auch Kräuterkonzentration. 19/20 für den 1983er. Und dann der absolute Star des Abends: 1974 Penfolds Grange Hermitage. Leder, Tabak, Kräuter und Eucalyptus wie beim 74er Martha’s von Heitz zeigend, aber auch etwas «lafittig» oder gar «latourlich» oder deutlich an einen alten La Mouline erinnernd. Von allen grössten Weinen der Welt so ein Bisschen sehr viel Etwas und doch durch und durch ein legendärer Grange. 20/20! 

Ausser dem leider korkigen The Armagh 1990 von Jim Barry waren die 13 weiteren Weine alle schwer in Ordnung und selbst damals günstige, heute eigentlich zu alte Australier boten unglaublich viel Vergnügen. Und die Stimmung war fröhlich und nicht wenige der Teilnehmer hatten da wohl etwas Koordinationsschwierigkeiten beim nach Hause gehen.  

Da ich noch ein paar alte Australier und nicht wenige Granges im Keller habe, gibt es nächstes Jahr eine Zweitaufführung (siehe Events 2010). Und dann koche ich wieder das Lammnavarin nach, das ich schon ein paar Mal auf Mouton-Rothschild essen durfte…



Der Fleur du Maquis ist ein korsischer Schafkäse.


Es handelt sich um einen sogenannten Artisanal-Käse, bei dem der Hersteller neben der Milch der eigenen Tiere auch zugekaufte Milch verwenden darf. Der Name des Käse leitet sich von der französischen Bezeichnung Maquis für den korsischen Buschwald ab. Meist wird der Käse an seiner Oberfläche mit entsprechenden Gewürzen der Maquis wie Bohnenkraut, Rosmarin und Wacholder dekoriert.

Der Käse strömt einen intensiven Geruch nach diesen getrockneten Kräutern aus. Der Teig ist ebenso wie beim Brin d'Amour elfenbeinfarben und leicht säuerlich. Die Reifezeit des Käses beträgt einen Monat.


WELCHER WIRD TAGESSSIEGER?

Nehmen wir mal an, Sie hätten die Chance an einem langen Nachmittag mit Freunden folgende Weine zu trinken und müssten sich dann entscheiden, welcher der allerbeste war!


1994 Cheval Blanc, 1995 Château Mouton-Rothschild, 1983 Château Latour, 1992 Penfolds Grange, 1999 Château Pape-Clément und 1996 Château Montrose. Jetzt kommt es nicht nur auf die Punkte an sondern auf die Vorlieben. Fruchtig oder würzig? Weich oder noch fordernd? Prestigebehaftet oder normal? Ich habe mir lange überlegt welcher Wein der beste hätte sein können. Dann entschied ich mich nicht für einen Rotwein, sondern für einen Weisswein. Marcel Merz (www.webnwine.com) hatte nämlich den genialen 1997 Grüner Veltliner Kellerberg Smaragd von F.X. Pichler im Gepäck. Und je mehr Rotweine wir genossen, desto mehr blieb mir dieser legendäre GV im Gedächtnis.


CARMES MIT CHARME

Um als Weingut gesucht, rar und teuer zu sein braucht es Historie, hohe Punktezahlen und kleine Mengen. Eigentlich würde bei diesem nur 4,7 Hektaren kleinen Weingut aus Pessac alles stimmen.
Doch auch heute noch findet man den Château Les Carmes Haut-Brion in der Regel unter 100 Franken. Durch seine Präsenz des Cabernet Franc (40%) könnte man ihn eigentlich fast als Cheval Blanc aus Pessac handeln. Der Merlot ist mit 50 % vorhanden. Nur gerade 10 % entfallen auf Cabernet Sauvignon. Die Produktion liegt bei nur 25'000 Flaschen. Der Zweitwein heisst Les Clos de Carmes. Wie Haut-Bailly macht dieses Weingut als eines der ganz wenigen Châteaux keinen Weisswein. Charme ist die Grundbezeichnung für diesen Wein, der eine gewisse Erotik ausstrahlt. Die neuesten Jahrgänge sind auf jeden Fall eine Affäre wert!

Ich dekantierte beide Weine mehr als 4 Stunden und liess diese im kühlen Keller. Der 1975 Les Carmes Haut-Brion zeigte sich schlank mit viel Kräuternoten und mit präsenten Gerbstoffen die sich mit der typischen, aber in diesem Falle reifen 75er Tanninen verbanden. Er erinnerte an eine leicht abgeschwächte Version des Mission gleichen Jahrganges (18/20). Eine Sensation dann der fast schwarze 1961 Les Carmes Haut-Brion. Viel Pflaumen, Mocca und kalter Rauch. Im Gaumen fleischig, warm mit einer ungeheuren Konzentration. Die Nase lag fast bei 20/20. Im Finale zeigte sich feines Liebstöckelkraut, nicht störend, aber doch die fast 50 Jahre Flaschenreife anzeigend. Ein sehr selten anzutreffender Wein, den ich in den letzten 20 Jahren nur ganz ganz selten in Auktionskatalogen fand. Ein paar Freunde, die an der der Weinprobe 61 x 1961 einen Platz buchen konnten, werden diesen Wein in zwei Jahren miterleben dürfen.


VOM STIER ZUM LÖWEN

An Astrologie glaube ich nicht so richtig. Vielleicht deshalb, weil das Wort «Horoskop» dem Begriff «Hokuspokus» zu sehr ähnelt.


Trotzdem habe ich kürzlich nach meinem in die Wiege gelegten Charaktereigenschaften gesucht und Folgendes gefunden: «Das Element vom Sternzeichen Stier ist die Erde. Der Stier-Typ ist ein sinnlicher Mensch und somit allen schönen Dingen des Lebens zugetan. Er ist ein Genießer und hat Geschmack. Der im Sternzeichen Stier geborene arbeitet hart an seinen Zielen, bis er sie erreicht hat. Mit seiner berühmten goldenen Nase riecht er das Geld und macht es sich zu eigen. Die Geduld ist seine Stärke, doch manchmal kann sie auch in Sturheit ausarten. Er lässt sich halt gerne Zeit und möchte seinen eigenen, natürlichen Rhythmus finden. Nervöse und ungeduldige Menschen ergreifen beim Stier lieber gleich die Flucht, sobald sie es mit ihm zu tun bekommen. Wenn der Stier kreativen Beschäftigungen nachgeht – was seine Stärke ist – hält er sich am liebsten an das was er anfassen kann. Denn schließlich sind Träume nur Schäume. Der Stier kann sehr realistisch sein, deshalb ist er auch für viele der Fels in der Brandung, an dem man sich orientieren kann. Er strebt nach Besitz und Sicherheit. Was er einmal sein Eigen nennt, behält er auch und gibt es nicht mehr her. Viele im Sternzeichen Stier geborene Menschen sind naturverbunden und brauchen deshalb auch regelmäßige Abstecher in ländliche Gefilde, um sich zu entspannen.»

Passt gar nicht mal so schlecht, dachte ich mir und so war die Welt für mich in Ordnung. Bis vor Kurzem…

Wieder einmal waren Horoskope und Astrologie das Thema einer Tischrunde und aus heiterem Himmel behauptete eine Dame plötzlich, dass man in der zweiten Lebenshälfte seinen Aszendent leben würde. Schnell machte ich mich schlau was eigentlich hier gemeint ist: Der Aszendent ist der Schnittpunkt des Osthorizonts mit der Ekliptik und bezeichnet den zum gegebenen Zeitpunkt und geografischen Ort am östlichen Horizont aufgehenden Grad des Tierkreises. Neugierig geworden liess ich meinen Aszendenten fachmännisch berechnen und dabei kam heraus: Ich kein Stier mehr – sondern jetzt ein Löwe!

Da wurde mir Einiges klar! Schon seit längerer Zeit stelle ich an mir kleine, bisher kaum beachtete Veränderungen fest…

Früher zog es mich an einem heimischen Viehmarkt immer zu den Stieren, heute stehe ich bei einem Zoobesuch hauptsächlich vor dem Gehege der Löwen.

Sass ich früher oft beim Mittagessen mit Bratwurst Rösti im Ochsen (ein Ochse ist ein kastrierter Stier!) in Beromünster, so sitze ich heute meist im Restaurant Löwen in Rickenbach. Ist das jetzt wegen der besonders feinen Salatsauce oder wegen meinem Aszendent?

Am Anfang meiner Weinkarriere trank ich ab und zu einen Erlauer Stierblut, später mochte ich besonders den Grand Sangre de Toro (Toro = span. Stier) von Torres.

Heute geniesse ich gerne den Léoville Las Cases oder den Château Latour. Warum wurde mir erst jetzt beim Blick auf deren Etiketten klar; auf beiden ist ein Löwe drauf!

Sitze ich in Zürich im Tram und höre die Durchsage: «Löwenplatz», muss ich mich zurückhalten um nicht reflexartig auszusteigen. Im Sommer bestelle ich mir manchmal automatisch einen Löwenzahnsalat, obwohl ich seine Bitterkeit eigentlich gar nicht mag.

Manchmal stibitze ich beim Teller meiner Gattin etwas Löwensenf, trotzdem ich eigentlich den scharfen Djon-Senf viel lieber mag.

Vor ein paar Wochen schenkte mir die hübsche Servierdame ein Löwenbräu ein. Als ich reklamierte ich hätte eigentlich ein Erdinger bestellt, fiel mir mein Tischnachbar ins Wort: «Du hast laut und deutlich ein Löwenbräu bestellt». Alzheimer oder Aszendent?

Obwohl ich Trickfilme nicht ausstehen kann, ertappte ich mich kürzlich beim Zappen am Fernseher, dass ich mir einen Comic bis zum Schluss ansah. Beim Abspann merkte ich dann warum; es war der König der Löwen!

Und trotz all dieser vielen Symptomen glaube ich doch nicht so recht an die so genannte Aszendenttheorie. Finanziell ist es mir bis heute nicht gelungen, mir den Anteil der Löwen zu sichern. Schaue ich nämlich jeweils Ende des Monats auf den Auszug meines Bankkontos, so bin ich immer noch Stier!     


EINE LEGALE DROGE: BORDEAUX 2009 

Ein paar Winzer ernteten noch, als ich in der Woche 48 ein paar Bordelaiser Winzer besuchte. Die allerletzten Cabernets auf Belgrave waren absolut perfekt und an den Sortiertischen gähnten die Helfer links und rechts, weil es ganz einfach nichts auszusortieren gab. Die herrlichen Beeren rollten wie dicker, grosser schwarzer Kavier über das Laufband!

Die Ernte sei normal minus 10 bis 15 % - je nach Hagelschäden (St. Emilion) und Trockenstress (allgemein), sowie Deklassement. Doch hier erwarte ich eigentlich tendenziell eher wenig Zweitweinmengen, weil gegenüber einem schwierigen Jahr auch viel weniger zu deklassieren ist.

Auf folgenden Châteaux sah ich glückliche Direktoren und Besitzer: Domaine de Chevalier, Smith Haut-Lafitte, Château Margaux, Ducru-Beaucaillou, Mouton-Rotschild, Palmer, Belair-Monange, Canon La Gaffelière, Pontet-Canet, Cheval-Blanc, Cos d’Estournel, Grandes Murailles, Côte de Baleau, Coutet und Nairac.

Und als ich mit Christian Moueix über die Ernte 2009 sprach, erlebte ich ihn erstmals seit dem ich ihn kenne (und das ist immerhin schon 20 Jahre her…) völlig euphorisch. Denn auch bei sonst grossen Jahrgängen gab er sich bisher stets nobel-zurückhaltend:

«Der Sommer glich meteorologisch dem Juli und August 1989, der Herbst erinnerte mich an den September und Oktober 1990. Die jungen, stürmischen Weine an den Jahrgang 1982 und deren Konzentration und den Jahrgang 1947!». Noch nie in seinem Leben hätte er ein Jungweinmuster zum Mittagessen nach Hause genommen und dann genüsslich ausgetrunken. Nur der Alkoholgehalt sei vielleicht etwas zu hoch ausgefallen. Es wäre nicht üblich, dass im Hause Moueix Weine mit 14 und sogar 15 Volumenprozent im Keller liegen würden.

Anmerkung Gabriel: So werden wohl die Weinhändler für einmal zu Drogenhändler! Und Drogen kosten leider immer recht viel und sind schwer zu kriegen !   

Doch jetzt schon über Preise zu sprechen, wäre wohl noch müssig. Vielleicht hilft die aktuell schwächelnde Konjungktur zu einigermassen verträglichen Preisen. Obwohl die Hoffnung dafür klein ist. Besonders was die Premium-Parkerweine betrifft. Aber freuen kann man sich trotzdem, denn es wird wohl weit mehr als 200 sensationelle Bordeaux 2009 geben, die es sich zu studieren lohne, wenn die Angebote ins Haus flattern! Die gesuchtesten Weine, respektive deren Besitzer werden aber ganz sicher bis zum Gehtnichtmehr pokern und dann mehrere Tranchen lancieren, um ganz sicher zu sein, dass die Schmerzgrenze richtig ausgelotet wurde.

Also gilt die Kauf-Faustregel ganz sicher: Kleines Jahr – grosse Weine / grosses Jahr – kleine Weine.

Ich bin im März mehr als zwei Wochen in Bordeaux um alle wichtigsten Weine zu verkosten und werde dann an dieser Stelle und natürlich ausführlich im WeinWisser über den Bordeaux-Drogen-Jahrgang 2009 zu berichten…


WER NICHT GENIESSEN KANN - IST UNGENIESSBAR!   (von Chrüter Oski)


WEINGESCHICHTEN ALS HÖRBUCH-CD

Dank Grosserfolg wurden die Gabriel-Weingeschichten neu als Hör-CD aufgenommen und jetzt auf dem Markt lanciert. Sprecher: Gero Wachholz, RADIOROPA Hörbuch, Vertrieb: Orell-Füssli


Wie wird der
Bordeaux 2009?
Nächste Woche werde ich es wissen, denn ich bin für ein paar Tage mit zwei Gruppen im Bordelais.
Wenn der
Jahrgang so gut wird wie die heurige Apfelernte in Russland, dann können wir uns jetzt schon freuen...


WELCHEN WEIN WÜRDEN SIE AUF EINE EINSAME INSEL MITNEHMEN?

Diese Frage stellte ein Journalist vor mehr als 20 Jahren dem Mövenpick-Gründer Ueli Prager. Kurz entschlossen antwortete dieser: «Den Château La Fleur-Pétrus!».

Doch was trinkt man wirklich, wenn beispielsweise man auf einer einsamen Insel im Indischen Ozean gestrandet ist?

Tagsüber weinlos tauchen und abends, nebst einem gewaltigen Hungerast, auch noch Lust auf weissgott was für welche Weine habend. In der Not frisst der Teufel ja bekanntlich Fliegen. Also bestellten wir oft als Apero oder Dinner-Beginner einen Chardonnay Bin 65 von Lindeman’s.

Irgendwo las ich einmal, dass dies der meistverkaufte Weisswein der Welt sein soll und davon zig Millionen Flaschen produziert würden. Der Sieger der Produktionsweltmeisterschaft in Sachen Wein soll übrigens der Matteus Rosé aus Portugal sein. Doch zurück zu diesem ebenfalls rekordverdächtigen, weissen Australier: Qualität lässt sich in gewissen Fällen multiplizieren. Dies hat schon Robert Mondavi als Pionier bewiesen. Und der Chardonnay Bin 65 von Lindeman’s schmeckt gar nicht so schlecht, wie es sein Preis vermuten lassen würde. Nussig mit herrlich passenden Röstnoten, ziemlich üppig aber doch nicht überladen und mit einem sehr deutlich geprägten Chardonnayaroma.

Wer nach dem ABC-Motto lebt - (ABC = ANYTHING BUT CHARDONNAY) – verpasst hier echt einen sehr guten Schluck Weisswein. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser preiswerte Australier in einer teuren Burgunder-Weissweinprobe gar nicht mal so schlecht abschneiden würde. Und wer weiss, wie oft man von sehr teuren, weissen Burgundern enttäuscht werden kann, der angelt sich hier einen unglaublich attraktiven Chardonnay-Plausch-Value. 

Glücklicherweise wurde der Chef Lorenz Mäder vom Wakatobi-Dive-Resort vorgewarnt und schmuggelte auch noch ein paar edle Rotweinflaschen wie Don Melchor, Dead Arms, Phalmeyer, Vasse Felix, Orizzonte, La Landonne etc. auf die kleine, verträumte Sulawesi-Insel. 

Welchen Wein würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Ich denke da an einen Riesling Steinertal Smaragd von F.X. Pichler – am besten eine Impérialflasche!





MMM
Moderner
Mini-Meursault

Der Bin 65 von Lindeman's gehört zu den besten Chardonnay-Values...


REKORDPREIS FÜR EINE IMPERIAL 1982 CHÂTEAU PÉTRUS

Bei einer zweitägigen Auktion
in Hong Kong erzielte das britische Auktionshaus Sotheby´s einen Umsatz von 7,9 Millionen Dollar. Der Erlös lag damit um 28 Prozent über den Schätzpreisen.

Den höchsten Preis erzielte eine 6-Liter-Imperiale des Jahrgang 1982 von Chateau Petrus. Mit 93,000 Dollar wurde ein neuer Weltrekord für eine derartige Grossflasche von Pétrus aufgestellt. Die Raritäten stammten aus den Kellern von zwei unbekannten amerikanischen Sammlern. 99 Prozent der Käufer kamen nach Angaben des Auktionshauses aus dem asiatischen Raum. Serena Sutcliffe, Chefin des International Wine Departments von Sotheby's, wird von der britischen Nachrichtenagentur Reuters mit dem Satz zitiert: "Hong Kong ist damit für Sotheby´s der wichtigste „fine wine“-Handelsplatz für noch vor New York und London." Quelle


DON'T MISS IN NUSA DUA: BUMBU BALI RESTAURANT

Das ist das absolute Must, wenn man in Bali einheimische Küche geniessen will. Völlig authentisch, von einem in Indonesien mittlerweile sehr bekannten Kochbuchautor zubereitet
.

Bei Chef Heinz von Holzen (links im unteren Bild) kann man sogar in seinen Cooking-Classes die balinesische Küche erlernen. Und wer es schafft, mit ihm ganz früh am Morgen auf den Markt zu gehen, der lernt sogar, wie man ein Huhn hypnotisiert. Wir kennen uns schon ziemlich lange. Er ist fast gleich alt wie ich. Er ist auch in Ennetbürgen (NW/Schweiz) aufgewachsen. Heinz an der Friedenstrasse 10. Ich an der Friedenstrasse 11. Wer also im Restaurant Bumbu Bali einen Tisch bucht, kann ruhigen Gewissens einen Gruss von mir bestellen...   



Happyness garantiert!







Im Bumbi-Bali-Restaurant in Nusa Dua bestellt man am besten die grosse balinesische Reistafel und lässt sich dann von der stets freundlich lächenden Crew so richtig verwöhnen


REIFWEINWUNDER SCHWEIZ

Reife Weine aus der Schweiz? Eigentlich kein Thema, weil niemand darüber Bescheid weiss. Nicht mal ich selbst so richtig.

Dabei erinnere ich mich schon an ein paar legendäre Dezaley’s die mir Louis Bovard in Cully manchmal an Schluss unserer Jungweinverkostung noch kredenzte. Oder an den legendären 1990er Strohwein Gantenbein. Immer noch eine Käserorgiebegleitung wert. Oder auch wie gut und wie lange sich der Merlot-Blind-Degustations-Siegerwein (mit Pétrus), der 1988er Merlot Reserva von Daniel Huber hielt, oder ein paar Weine die damals Cesare Valsangiacomo aus seinem tiefen Keller holte, als er uns zeigen wollte, dass Tessiner Merlot ganz gut reifen kann.

Letzte Woche trank ich den noch fast sperrigen 1997 Gran Riserva von Eric Klausener und ich fragte mich bei fast jedem Schluck, wie lange ich diesen Wein hätte dekantieren sollen. Gestern waren wir ganz erstaunt, dass im Restaurant Pony in Sigigen viele alte Jahrgänge von Vinattieri zu sehr, sehr fairen Preisen auf der Karte stehen. «Alte Schweizer Weine sind praktisch unverkäuflich – alle schiessen auf die jüngsten Jahrgänge», meinte darauf die Wirtin Trudy Felder. Keine Regel ohne Ausnahme! Ohne gross zu Diskutieren bestellten Peter Krummenacher und ich den 1998er und waren absolut begeistert: Würze, Terroir und rauchig-plaumig-süsser Merlot in absoluter Topform. Beflügelt von diesem Erlebnis holte ich mir heute zum Mittagessen eine halbe Flasche 1998 Pinot Noir von Gantenbein auf den sonnigen Balkontisch. Wieder eine sanfte, weiche und wunderschön gereifte Variante eines ganz grossen Schweizerweines.

Grosse Weine aus Helvetien können also gut reifen und machen viel Spass nach 10 Jahren. Nur wer alle Flaschen vorher schon trinkt – wird es leider nie wissen…


DER ERSTE REHPFEFFER

Wenn es Hebst wird, dann hört man es Knallen im Wald draussen. Jäger-Schüsse hörte ich schon in Golling in Österreich am frühen Morgen, dann wieder in Flims am letzten Wochenende und jetzt wieder bei uns auf dem Land im Bäch gestern.

Und wenn es knallt, dann weckt sich in mir, verbunden mit den ersten Herbstnebeln, urplötzlich die Lust auf Rehpfeffer. Es ist wie eine Art Jagd ein Restaurant zu finden dass

a.) schon Wildpfeffer anbietet und
b.) einen sehr guten Solchen auf den Teller bringt.

Ich war mit dem sehr gut befreundeten Arzt P.K. aus B. unterwegs. Ich esse und trinke nämlich gerne unter ärztlicher Aufsicht. Nicht dass ich dabei an Gewicht verliere, aber ich denke mir immer; «Wenn er da auch mitmacht, dann muss es gesund sein!»

Und wir hatten beide eine unbändige Lust auf einen Wildpfeffer und begaben uns auf die Restaurant-Jagd im Luzernischen. Wir fuhren durch viele kleine Dörfer mit Start in St. Urban. Bei fast jedem Wirtshaus wollten wir einen solchen Wildpfeffer essen. Aber entweder war die Beiz geschlossen oder es gab (noch) keinen Pfeffer. Irgendwann wurden wir doch fündig. Der erste Rehpfeffer der Saison, dass muss gefeiert werden!

Doch was dazu trinken? 1200 Franken für einen La Tâche de la Romanée-Conti 1993. Nein, so teuer darf ein Rehpfeffer nicht sein! Wir fragten fröhlich und unverschämt das uns bekannte Wirtepaar was denn der Tagespreis sein würde, wenn jeder von ihnen ein schönes Glas davon mittrinken dürfte. Kurze Diskussion, schöner Deal. Letztendlich hat jeder von uns für den Rehpfeffer weniger als 400 Franken bezahlt. Inklusive Mineralwasser. Gewiss kein Schnäppchen aber was unvergesslich ist – kostet halt manchmal auch Etwas.





1993 La Tâche de la Romanée-Conti


   

Gewiss wird es in der Weinwelt irgendwo da draussen noch ein paar Flaschen La Tache 1993 geben. Immerhin wurden damals 17'974 Flaschen erzeugt.


Doch die Nummer 2'325 ist weg. Entsorgt! Definitiv! Und – es war die allerletzte Flasche in diesem Wirtshaus. Genossen zu einem Wildpfeffer.


Der Wein selbst; jung, langsam öffnend, viel reife Kirschen, Kardamom, Kreuzkümmel, Rauch, sogar geröstete Anisnoten. Im Gaumen so fleischig wie ein St. Estèphe aus der Côte de Nuits und doch mit einer versöhnlichen, halbrahmigen Süsse im Tahiti-Vanille-Stengelfinale ausgestattet. 19/20.


Und wenn Sie irgendwo bei einem Wildpfeffer vom Sommelier die Empfehlung erhalten, dass dazu irgend ein junger Pinot Noir passen würde, so sagen Sie dem einfach dass er überhaupt keine Ahnung hat. Der einzig richtig passende Wein wäre der La Tâche 1993!

    


GRANGE-BALARI

Der Mövenpickgründer Ueli Prager hat immer von mir behauptet, dass ich Wortverbindungen kreiere. Und das stimmt auch. Wenn man zwei völlig verschiedene Wörter zusammenfügt ergibt sich daraus, wenn gut gewählt, eine Erklärung. So ist das auch in der folgenden Geschichte.

International trinkende Weinfreaks zucken gleich auf beim Wort «Grange». Denn viele wissen, dass sich dahinter Penfold’s Meisterstück verbirgt. Ich stand schon drei Mal vor den Grange-Fässern in der Winery in Tanunda. Die sind dort irgendwo in dem riesengrossen Barriquekeller ohne wirkliches Home. Denn ein wirkliches Home hat der Grange auch im Rebberg nicht. So ist beispielsweise der neueste Jahrgang nicht nur ein Blend von den Rebsorten her (96 % Shiraz und 4 % Cabernet Sauvignon), sondern auch ein Blend mehrerer Rebberge, respektive Appellationen. In diesem Falle: Barossa Valley, Mc Laren Vale und Magill. 

Beim Wort «Balari» wurde ich auch beim googeln nicht fündig. Zwar schon, aber nicht was ich sagen, respektive schreiben wollte. Wenn in Nidwalden ein Mann von einer partiellen Trunkenheit befallen war, sagten wir jeweils: Der hat einen «Balari». Also muss es sich bei der Wortverbindung «Grange-Balari» um einen Mann handeln der von einem Grange einen leichten Schwips hatte. Trinkt man gleich mehrere Grange, so erklärt sich dieser Begriff von selbst. Und dieser Mann war ich…

Doch, mitgegangen – mit gehangen! Am Tisch sassen auch noch der «Lynch-Baschi» und der «Pétrus-Dinu». Jeder hatte eine Flasche Grange im Gepäck und wir begannen mit dem jüngsten:

2004 Grange, Penfolds: Edelholz, dunkles Caramel, Brombeerengelée, dann Darjéeelingtee und Thuja. Aber so richtig bomben wollte die Nase dann doch (noch) nicht. Im Gaumen ein erschlagendes Katapult, obwohl die Gerbstoffe seidig fein waren, rotes Bounty und Tahitivanillemark. Eine Shiraz-Essenz die noch viel zu jung ist um die ganze Kiste jetzt schon zu trinken. Eine Flasche aber schon. 20/20 trinken – 2040

1998 Grange Penfolds: Backpflaumen, dunkle Edelhölzer, getrocknete Heidelbeeren, Vanille-Bourbonmark, halbsüss und sehr tief. Im Gaumen mit runden, fetten Tanninen, komplex, bullig und mit Lakritze und viel Cassis endend. Ganz grosser Grange mit erster Reife und mit langer Genussgarantie. 20/20 trinken – 2030

1981 Grange Penfolds: Der hiess damals noch Grange Hermitage, aber das Hermitage haben die Franzosen den Australiern gerichtlich vermiest. Würziges Bouquet, mit würzig-frischem Eucalyptus und wildem Rosmarin, welche man bei den beiden jüngeren noch vermisste, ist – nebst vielen schwarzen Beeren – voll da. Auch schwang im Bouquet zuerst ein leichter Kellerton mit, der dann alsbald verschwand. Im Gaumen zwar deutlich Shiraz-Aromenlastig und doch könnte man vermuten, jemand hätte da noch etwas 59er Latour dazu geschüttet. Also eine gewisse Bordeaux-Altweinaffinität zeigend. 19/20 trinken – 2020

Und noch was: Grange ist so mörderisch unfiltriert und die Teilchen schweben so sanft-flockig, dass es oft schwer ist diesen säuberlich zu dekantieren. Deshalb verzichteten wir ganz darauf. Geil ist es dann, wenn man das sandige Depot mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser auswäscht und diesen erstaunlich  aromatischen Mix trinkt. So gutes Mineralwasser gibt es sonst gar nicht. Und schon haben wir wieder einen neuen Wortbegriff im Anmarsch: «Penfolds-Schorle»!


89 MAL 1989

Drei Tage, hundert Weine, zwölf rote Rosen, dreissig  Weinfreunde, leuchtende Alpen, strahlendes Superwetter, viele Grossflaschen. Alles hat gepasst. Auch wenn es herrlich schön anstrengend ist, so viele Weine zu degustieren.


Und noch anstregender ist es, diese Bouteillen zu öffnen, zu dekantieren, die Flaschen auszuwaschen, diese wieder zurück zu dekantieren und dann massgenau auf die Teilnehmer zu verteilen. Das schafft nur einer – mein Weinfreund Patrick Bopp. Zuverlässig, ruhig und immer mit einem süffisanten, glücklichen Lächeln auf dem Gesicht. Dekantieren als Glückstherapie? Bei ihm scheint dies ganz sicher der Fall zu sein. Dank Patrick können meine Frau und ich solche Wochenenden wie jenes das grad im Flims rund ums Ressort und Spa Waldhaus stattfand, selber in vollen Zügen geniessen. 

Einer der vielen Höhepunkte, während dem Gala-Abend. Für die Ohren die sensationelle Gesangsgruppe ACAVOCE, auf dem Teller ein Bisonfilet und in den drei Gläsern vor mir:

Links:       1989 Ch. Mouton-Rothschild, Jéroboam 19/20
Mitte:       1989 Ch. Latour, Jéroboam 19/20
Rechts:    1989 Ch. Lafite-Rothschild 20/20

Hier wirkte der Grossflaschenbonus eindeutig.

Weitere 1989er-Höhepunkte:

20/20: Montrose aus der Doppelmagnum, Pétrus, Haut-Brion, La Mission Haut-Brion,

19/20: Trotanoy aus der Magnum, Haut-Bailly aus der Impériale, Léoville-Poyferré aus der Impériale, Laville Haut-Brion, Lynch-Bages aus der Magnum, Pichon-Longueville-Baron, Gazin, Raymond-Lafon aus der Magnum, Pape-Clément, Martha's Vineyard, Ch. Rayas, Hermitage, La Chapelle, Châteauneuf la Bernardine aus der Magnum, Palmer, Lascombes (!), Le Gay,

Alle Weine zu beschreiben würde den Rahmen dieser Webseite sprengen. Aber vielleicht wird man fündig bei den launig-süffigen Kommentaren beim Weinterminator

89 Mal 1989
Ohren, Augen, Nase und Gaumen einschalten -
dann abschalten.
ein Bisschen Acavoce,
ein Bisschen Bison,
ein Bisschen Lafite


Tradition besteht nicht darin die Asche aufzubewahren, sondern das Feuer weiter zu geben!


WENN ES NICHT MEHR AUFHÖRT SCHÖN ZU SEIN

Wer wie der Wiener Weinfreund Walter Platzer am 19.09.1949 geboren ist, dem sei es erlaubt bei seiner Geburtstagseinladung bei den dargebotenen Weinen mit der Endziffer «9» etwas herum zuspielen. 

Die unvergessliche Einladung in Event-Saal der WeinArt in Steinbach am Attersee (A) begann um halb fünf Uhr und endete irgendwann nach zwei Uhr morgens. Ein nicht endenwollendes Spektakel-Wechselbad von genialer Küche (11 Gänge!) und unglaublich vielen ganz, ganz grossen, legendären Weinen.

1989 Ch. Laville Haut-Brion: Stroh, Sultaninen, Wiesenblumen, cremig (zu) fett. 17/20
1999 Ch. Laville Haut-Brion: vegetal, schweflig, reduktiv, braucht Luft. 17/20
1989 Ch. Haut-Brion blanc: viel Stroh, Manzanilla, salzig, eleganter als Laville. 18/20
1999 Ch. Haut-Brion blanc: delikat, minzig, weisser Pfirsich, wahrlich ein weisser Premier! 20/20

1999 Puligny-Montrachet Les Pucelles, Domaine Leflaive: milchig, mineralisch, helle Röstnoten, saftig und konzentriert, ganz grosser Burgunder! 19/20
1999 Montrâchet, Domaine Etienne Sauzet: Diskret, leicht seifig, samtiger Gaumen schöne Harmonie aber etwas zu leise. 18/20
1989 Montrâchet, Domaine Ramonet: Sehr goldgelb, getr. Kamille, Sherry, Gluccose, Luftton und überreif. Keine optimale Flasche? 15/20
1989 Montrâchet, Domaine de la Romanée-Conti: Wuchtig, zu Kopf steigend, Rosinen, Kokos, reicher Gaumen, viel Wärme. Ein Montrâchet-Bulldozer. 19/20

1999 Ch. Latour: Edelholz, Trüffel, Pumpernickel, erstaunlich tief für 99. Grosser Bordeaux! 19/20
1999 Ch. Margaux (M): offen, rote Pflaumen, dominikanischer Tabak, Wachs, leichter Säureüberhang. 18/20
1999 Ch. Haut-Brion (M): Tabak, Backplaumen, ledrige Gerbstoffe. Jetzt zum Essen, sonst warten. 18/20
1999 Ch. Ausone (M): Lebkuchen, Kakao, fermentierter Tee, samtig weich, viel Rückaroma. 18/20

1989 Ch. Lafite-Rothschuild (M): süss, Zedern, Caramel, Cabernet Sauvignon. Würze. Füllig mit Rioja-Süsse, Kokos, sehr elegant, 53er Nachfolger. 20/20
1989 Ch. La Mission Haut-Brion: Lakritze, dezent Jod, viel Dörrpflaumen, Cohiba, rahmig im Gaumen, selten so schmeichelnd erlebt, opulentes Finale. 20/20
1989 Ch. Haut-Brion (M): Teer, Rauch, schwarze Edelhölzer, barocke Tiefe. Erhaben im Gaumen. Perfekt – alles ist da – Noblesse pur. 20/20
1989 Ch. Lafleur (M): Heu, Rosinen, Dörrbirnen. Leder, braucht Luft. Im Gaumen trocken, viel Gerbstoffe mit kantigen Ecken, gerbig und kernig, entwickelt sich nur langsam. 19/20

1999 Ch. Pétrus: frisch gepflückte Beeren, rote Sauerkirschen, Milchkaffeenoten, burgundischer Gaumen, noch nicht reif, die Säure noch vordergründig. 17/20
1989 Ch. Pétrus (M): Reifes Bouquet, Schokolade, Frühstückspflaumen, ausladend und zulegend. Viel Fülle und dann gewaltige Reserven zeigend. Nase erste Reife. Gaumen, noch weit im Rückstand. 20/20
1959 Ch. Pétrus: Göttliches, parfümiertes Bouquet, Cakesfrüchte, Speculatiusgebäck, getrocknete Kräuter, Heitz-Rosmarinnote, wahnsinniges Säure-Süssespiel, Erdbeerresten. Ein unvergesslicher Schluck. 20/20
1949 Ch. Pétrus: Schokodrinknase, Mocca (laktisch), saftig, delikat mit weichen Tannine, noch sehr gut zu trinken und wieder pralinenartige Aromen im Finish. 19/20

1959 Ch. Mouton-Rothschild: Wahnsinn, parfümiert süss, Financiercake, Napolitaines-Biscuits, Rosmarin und Eucalyptus, im Gaumen eine Dörrfrüchteorgie und fast noch vanillig süss im Finale. 20/20.
1959 Ch. Lafite-Rothschild (M): Schwarz. Die Nase extrem konzentriert, dunkles Brot, Sommertrüffel, Korinthen, Rauch und getr. Alpenheidelbeeren, Mintöne. Im Gaumen massiv und doch elegant, auch hier ein sanftes Monster, unendliches Finale. Mit seinem eigenen 1878er die Lafite-Legende schlechthin. 20/20
1959 Ch. Latour: Tiefgründig, barock mit einer verdeckten Süsse, viel schwarze Beeren und Trüffel, dunkle Edelhölzer und nobelste Havannacigarren, alles spielt sich im Unterbereich ab und man muss dem Wein richtig entgegen gehen. Ein stiller, ganz grosser Weinmoment in einer lärmigen Weinwelt. 20/20
1959 Ch. Lafleur: Heisses Bouquet, viel Rosinen, getrocknete Kamille und Cigarrenkiste. Im Gaumen durch die 59er Opulenz mehr Fülle als sonst bei alten Lafleurs, die Tannine sind ummandelt und strahlen viel Süsse aus, katapultartiges Finale. 20/20

1949 Ch. Cheval Blanc: Nussnoten, Weihnachtsgebäck, Kardamom, Ricola. Im Gaumen malzig, weich und mit süsser Würze im Finale. 18/20
1949 Ch. Cos d’Estournel (M). Hell, Rostnoten. Offenes Bouquet, Hagebutten, dominikanischer Tabak, Origano, schlanker, fragiler Gaumen. 19/20
1949 Ch. Mouton-Rothschild: Wunderschön malzige Kräutertöne und zerlassene Schokolade. Weicher Gaumen, noch stützende, rundliche Gerbstoffe, gebündeltes Finale mit Schoko-Minztönen. 19/20
1949 Ch. Lafleur: Offenes Bouquet, schöne Terroir-Erdnoten, laktisch, noch Brombeerresten, unlogisch jung mit schöner Harmonie. 18/20

1999 La Romanée, Domaine Bouchard: Verhaltenes Bouquet, krautige Töne, im Gaumen unfertig mit wenig Harmonie – trotz Potential. Enttäuschend vinifiziert. 17/20
1999 Clos de Tart (M): Wow, frisch gepflückte Kirschen und heller Kaffee, sehr vielschichtig, noch gute Muskeln und Reserven, grosser Côte de Nuits. 19/20
1999 Chambolle-Musigny 1er Cru, Domaine Comte de Vogue: Delikat, frisch gepflückte Himbeeren und Kirschen, saftiger Gaumen. Leichtgewicht mit Finessen. 19/20
1999 Clos de la Roche Vieilles Vignes, Domaine Ponsot: Würzig mit Zederntouch und frisch gepflückten Damassinepflaumen, feine Reserven und Charakter aufweisend. 18/20 

1959 La Tâche Domaine de la Romanée-Conti: Sehr hell. Nussig mit Hagebuttentouch und Néscafe, seidiger Gaumen, unglaublich feine Süsse, gebündeltes Finish. 19/20
1989 La Tâche Domaine de la Romanée-Conti: Bakelit, sperrig und Luft brauchend, Katzenkiste. Im Gaumen Korinthen und ungeschliffene Tannine zeigend, kommt er noch? 17/20
1999 La Tâche Domaine de la Romanée-Conti: Reife, rote Früchte, ein Korb volle Beeren, dunkle Würznoten, Brotkruste, Caramel und aussen viel Opulenz mit der typischen La Tâche-Würze innen. Wird zum Nachfolger vom legendären 90er! 20/20

1989 Musigny Vieille Vignes, Domaine Comte de Vogue: Rosenpfeffer, Himbeerstauden. Feine Säure im Gaumen und delikate Resttanine, wirkt recht jung. 18/20
1989 Chambertin, Domaine Armand Rousseau (M): Beginnt mit fuchsig-fleischigen Noten, Feuerstein, ätherisch, noch Kohlensäure, dann zulegend und zu einem grossartigen Klassiker mutierend. 19/20
1989 Romanée-Conti, Domaine de la Romanée-Conti. Eigenwilliges Bouquet, blockiert, dann Zedern, Pilztöne, Botrytis, viel unfertige Säure, die Grösse kann er (noch?) nicht zeigen und liegt hier – besonders unter Berücksichtigung seines Preises – hinter den Erwartungen. 17/20
1949 Musigny Vieilles Vignes, Domaine Comte de Vogue: Nussig, Milchkaffee, cremige Fruchtnoten und helle Edelhölzer, eine Burgunderorige in der Nase. Im Gaumen nur noch Finessen, Finessen und nochmals Finessen und all die wunderschönen Nasenaromen die sich im Gaumen fast überschlagen. Gehört zu den grössten, je getrunkenen Burgundern meines Lebens. 20/20

1999 Ch. dYquem: Barsac-Affinität zeigend, schöne Frische, viel Nektarinen und sogar Zitronenduft. Saftiger, langer Finish. 19/20
1989 Ch. d’Yquem: Heiss, rosinierend, tokajhaft, vollsüss. Im Gaumen schwer und reich, Aromen von frisch geschleudertem Honig. 19/20
1959 Ch. d’Yquem: Superbotrytis, Kumquats und Bitterorange, Cointreau, abgeklärte, delikate Süsse, endloses Finale. 20/20
1949 Ch. d’Yquem: Pertinaxnase, getrocknete Orangen, Dörraprikosen, eine trockene Süsse zeigend mit ledrigen Noten, endet lange aber auch hier leicht süsstrocken. 19/20

P.S. (M) steht für Magnumflaschen. Wobei alleine schon die Magnum 1959 Lafite-Rothschild ausgereicht hätte, um mich als «Wine-Speaker» anzulocken...  




Alle Weine mit Endziffer 9

Walter Platzer feiert mit einer unvergesslichen Weinprobe seinen runden Geburtstag bei WeinArt in Steinbach am Attersee.



DÖLLERERERERERS: WE ARE FAMILY

Zugegeben, ein bisschen zu viele «er’s» im Namen. Doch damit will ich darauf hinweisen, dass im Hause Döllerer in Golling (A) sehr viele Familienmitglieder mitarbeiten. Und das funktioniert absolut reibungslos. Mit Harmonie und Charme. Jeder weiss was er zu tun hat und jeder ist in seinem Fachgebiet ein Hirsch.

Hirsch gab es zwar keinen an unserem Wine&Dine zum 100jährigen Döllererjubiläum aber Tauern-Gamsrücken, Mieraltaube, Lammsattel und Lammwangerln. Letzere von einem unglaublich aromatischen Steinpilzkartoffelstock begleitet. Den versuche ich gleich bei einer nächsten Einladung bei uns nachzueifern. Soll ganz einfach sein: Den Kartoffelstock einfach mit Pilzmehl würzen. Die Küche von Andreas Döllerer ist schnörkellos, effizient, schmackhaft und die hervorragend selektionierten Produkte stehen absolut im Vordergrund jeder Kreation.

Und dazu dekantierte die Crew natürlich auch tolle Weine aus dem Fundus von Raymund Döllerer. Der Beginn war von mir ausgewählt. Crus Bourgeois aus dem Jahrgang 2000. Ausser dem Maucaillou aus der Impériale waren die beiden anderen noch eher reserviert. 

2000 Ch. Fonbadet, Pauillac 15/20
2000 Ch. Maucaillou, Moulis, 17/20
2000 Ch. Potensac, Médoc 16/20
1962 Ch. Gruaud-Larose, St. Julien 19/20
1986 Ch. Cos d’Estournel, St. Estèphe, 17/20
1999 Ch. Pichon-Comtesse-de-Lalande, Pauillac 16/20
1994 Ch. Léoville Las-Cases, St. Julien 17/20
1994 Ch. La Mission Haut-Brion, Pessac-Léognan 18/20
1994 Ch. Mouton-Rothschild, Pauillac 19/20
1995 Ch. La Conseillante, Pomerol 18/20
1996 Ch. Monbousuqet, St. Emilion 16/20
2000 Ch. Figeac, St. Emilion 19/20
2005 Ch. Nairac, Barsac 20/20

Der Gruaud-Larose 1962 stammte aus einer Doppelmagnum. Erschreckend helle, ziegelrotbraune Farbe. Die Nase zuerst nach Bratensauce duftend, dann in hellem Tabak wechselnd und immer mehr Süsse durch helle Rosinen zeigend. Fragil im Gaumen und doch mit einer tänzerischen Finesse. Nach einer halben Stunde am Schönsten. Und einen kleinen Schluck nahm ich nach Mitternacht und das war diese «Médoc-Twiggy» (das ehemals berühmte, beinmagere Modell ist übrigens diese Woche 60 geworden) immer noch ganz delikat und noch schwer intakt. 

Und noch was für die lesenden Männer: Auf dem Frühstücksbuffet ist alles da – ausser Fleisch. Warum dem so ist? Man nimmt einfach einen leeren Teller und geht damit in die Metzgerei Döllerer (im gleichen Hause) und lässt sich nach Herzenslust fetten Speck, gesalzenen Schinken, geräucherte Fleischstücke oder x-beliebig viele hausgemachte Würste drauf packen.
Mist! Jetzt weiss ich gar nicht wie die hausgemachten Marmeladen von Andreas geschmeckt hätten…   

Handgefertigte Art-Gitarren aus Weinkisten

Das gibt es nur bei Louis Christ!

Besuchen Sie seine Webseite oder gar sein Atelier.
Leroy, Vega-Sicilia, Mouton, Shafer...






Sie können sogar in einem 14tägigen Ferien-Work-Shop Ihre eigene Gitarre unter Anleitung des grossen Meisters bauen. 
Die links im Bild ist nicht mehr käuflich. Darauf spiele ich jetzt nämlich...

 


FIDEIKOMISSE MIT FLUSSKREBSEN

Trösten Sie sich! Bis vor wenigen Tagen wusste ich zwar schon lange was Flusskrebse sind, aber von Fideikomisse hatte ich keinen blassen Schimmer.


Yahoo clever wusste es und beschreibt Fideikomisse mit folgendem Wortlaut: Ein durch Stiftungsakt geschaffenes unveräußerliches und unteilbares, einer bestimmten Erbfolge unterliegendes Vermögen, das üblicherweise auch nicht belastet werden durfte. [...] Die Erbfolge in den üblicherweise adeligen Familienfideikommissen erfolgte meist nach den Regeln der Primogenitur (=Erstgeburt), wobei häufig daran noch als zusätzliche Bedingung eine Ebenbürtigkeitsklausel für den Begünstigten geknüpft war. Der Übergang von Erstgeburtstiteln war vor allem in Preußen häufig an die Innehabung des Fideikomisses gebunden

In meinem Fall ging es um die Fiedeikomissennutzung des kleinen Fischerhauses der Fischereigemeinschaft Soppensee durch Türöffnung eines der 40 Mitglieder. In diesem Falle Urs Fischer aus Sursee.

Sinn und Zweck des Events. So viele, frisch gekochte Flusskrebse essen wie noch nie. Und dazu etwas vom Mitgebrachten zu trinken. In unserem Falle:

2001 Grüner Veltliner Loibenberg Smaragd, Emmerich Knoll (19/20)
1999 Meursault Les Caillerets, Coche-Dury (19/20)
1959 Château Batailley, Pauillac (16/20)
2000 Château Berliquet, Saint Emilion (19/20)
1990 Château Cos d’Estournel, Saint Estèphe (19/20)
1998 Château Valandraud, Saint Emilion (19/20)
1989 Château Gazin, Pomerol (19/20)
1986 Château Pape Clément, Pessac-Léognan (19/20)
1998 Château Rieussec, Sauternes (19/20)

- Flusskrebse
- Baguette
- Wein.
So einfach kann eine Genussformel sein. 

FRÜHSTÜCK IM CASTILLO GRANADELLA

Vielleicht ist es so, weil Castillo auf spanisch Château heisst. Sonst liesse sich fast nicht erklären, weshalb ein paar gute Freunde so viele schöne Bordeaux in Spanien trinken durften…

Warum ich als Titel das Frühstück wählte? Auf dem Tisch standen herrliche, hausgemachte Richi-Konfitüren noch und noch. Auf meinem Teller; ein kleines Stück Baguette, in der linken Hand meine persönliche Wahl, die Kumquatsmarmelade. Die rechte Hand schon erwartungsvoll am Glas. Darin extrem dunkel mit orange und Bernsteinreflexen der legendäre 1937 Château d’Yquem. Am Morgen sind alle Sinne noch beisammen und so genossen wir den Jahrhundert-Nektar als Abschluss einer grossartigen Verkostung die am vorherigen Abend über die Bühne ging. Ort: Javea, Gastgeber: René Schmidlin, Grund: Revanche, Stimmung: grossartig

1975 Mission; viel Malz, Schuhcreme, Torf und Moschus, zeigt immer noch Krallen und unentwickelte Tannine und war wohl wegen des Nichtdekantierens etwas gehandicapt. Oder aber; er entwickelt sich einfach nicht mehr und bleibt stehen? (18/20). 1953 Mission: Man hält die Nase rein und ist im siebten Himmel! Das ist grosser, süsser, voller, würziger Bordeaux (20/20). 1964 Latour: Die feine, delikate Variante mit weniger Tiefe als die «anderen grossen Latours» dafür ist oben im Bouquet mehr drin als sonst. (19/20). 1959 Ausone: Wer hat’s erfunden? Eine Ricola-Bombe mit einer fast marmeladigen Opulenz in der Nase, ist von einem grossen, alten Cheval praktisch nicht zu unterscheiden. (19/20). 1959 Haut-Brion: Schwarz. Birnel, Guiness-Malz, Hustenbonbons und viel trockene Kräuter. Absolut perfekt und etwas femininer zwar, aber sonst eine Kopie vom 61er (20/20). 1961 Ausone: Gewürznelkenköpfe, Schwarzwälder-Schokospäne. Im Gaumen leicht spröde Tannine, sonst gross aber halt doch nicht ganz mit der vergleichbaren Elite mithaltend (18/20). 1961 Cheval-Blanc: Die Flasche zeigte nicht so viel Druck und Tiefe wie sonst. Normalerweise ist das ein 20-Punktewein der nach Heitz-Martha’s duftet, dieser war zwar auch würzig aber nicht so konzentriert wie erwartet (18/20). 1961 Haut-Brion: Schwarz: Trocken, rauchig, mit viel Trüffel und Korinthen. Im Gaumen das erwartete Monument. Zeitlos und legendär. (20/20). 

Am nächsten Abend wollte ich nach dem Besuch im Restaurant Riu Rau noch ein Mitternachtsbier auf der Terrasse trinken. Aber zwei gut gefüllte Karraffen hielten mich von diesem Vorhaben ab. So schnell habe ich noch nie zwei Weine blind heraus gefunden: Links Palmer 2005, rechts Mouton 2002 – beide 20/20. Beide viel zu jung – beide (noch) nicht wahnsinnig rar – beide aber noch gar nicht so unerhört teuer – beide eine Jugendsünde wert.

Castillo Granadella:
Javea, Spanien
René Schmidlin:
Basel, Schweiz
Flaschen:
Bordeaux, Frankreich 


SASSICAIA 2006

Rund um das Weingut von Marchese Incisa della Rocchetta sind in den letzten 20 Jahren immer mehr grosse Toskaner entstanden. Und irgendwie kamen die Sassicaias nicht mehr vom Fleck. Als einziger, überragender Stern wie eine Ikone; der 1985er. Der Star jeder Auktion und einer der allergrössten Weine der je rund um Bolgheri produziert wurde.


Aber irgendwie schaffte es das Sassicaia-Team nie mehr einen richtig grossen Jahrgang in die Flasche zu füllen. Aussen fix - innen nix. Das war das Motto der immer kleiner werdenden Anhängerschaft. Und die bescheidenen Marktpreise (in dieser Liga...) repräsentieren das Ansehen des schon bald verblassenden Sterns. 

Doch jetzt ist der 2006er auf dem Markt. Und ich habe ihn in meinem Toskanabericht mit keinem Wort erwähnt. Dies obwohl ihn wir zwei Mal tranken. Warum? Weil ich zuerst nach Hause gehen musste um genügend davon zu kaufen. Seit dem Jahrgang 1985 ist das der beste, tiefgründigste Sassicaia. Ein richtiger Charakter-Terroirwein. Also nichts für Kirschen-, Cassis, und Eichenpflücker. Wer ihn in 10 Jahren im Glas hat, wird vielleicht eine Legende trinken dürfen. 20/20 = Kaufen!  


TICINO 2007: EINE SENSATION

Mehr als 150 Weine habe ich in drei Tagen rund in und um Lugano verkostet. An der offiziellen Degustation im Palazzo di Congressi und die zwei Tage danach bei Winzerbesuchen. Der Ticinesi-Jahrgang 2007 ist der beste den ich je verkosten durfte. Er ist so gut wie 1990, 1997, 2000, 2005 und weil es soooooo viele tolle Weine gibt, halt eben noch etwas besser. Und es gibt eine Sensation. Ich habe hier die allerbesten Weine aufgelistet. Einer davon hat 20/20-Punkte. Welcher? Im Oktober werden es die WeinWisser-Leser als erstes wissen. Manchmal gibt es auch Vorteile wenn man ein «treuer Abonnent» ist...

2007 Carato Riserva Angelo Delea, Losone
2007 Sassi Grossi Gialdi, Mendrisio
2007 Vinattieri Vinattieri Ticinesi, Ligornetto
2007 Castello Luigi, Besazio
2007 Vindala Settemaggio Nicola e Raffaele Marcionetti, Monte Carasso
2007 Al Bosco Merlot di Cadennazzo Barrique, Sulzberg, Pfäffikon
2007 Balin Cantina Kopp von der Crone Visini, Barbengo
2007 Il Canto della Terra Monti Cantina Monti, Cademario
2007 Gran Risavier Famiglia Klausener, Purasca


TOSKANA: EIN STREIFZUG DURCH CHIANTI, MONTALCINO & BOLGHERI

Während 4 Tagen pilgerten wir durch bekannte und weniger bekannte Fattoria’s durch die Toskana. Hier ein kleiner Reisebericht und die Verkostungsnotizen von den Winzerbesuchen einer sehr gut organisierten Reise vom Obwaldner Toskanafreak Kurt von Rotz. 

Wer demnächst auch mal in dieser Region ist, sollte unbedingt einen Besuch bei Henri in Viareggio abstatten und dort etwas Zeit und Geld in leibliche Genüsse investieren. Der Göttibub (Patensohn) Henri Prosperi von Angélo Gaja sorgt mit seinem engagierten, erst 22jährigen Jungkoch für hoch stehende Überraschungen. 
Etwas günstiger aber mit einer unglaublichen Marktfrische, sensationell zubereitetem Fleisch und nicht zu vergessen mit dem in lange Juliennes geschnittenen und frittierten Lauch: Osteria Magona im historischen Städtchen Bolgheri. 

ANGELO GAJA

100 Hektaren im Piemont mit 350'000 Flaschen in Barbaresco ohne Möglichkeit die Produktion in qualitativer Form zu vergrössern. Deshalb hat er nach Möglichkeiten in der Toskana gesucht… und gefunden. 1994 in Montalcino (Pieve Santa Restituta) und dann in der Maremma 1996 Camarcanda gegründet. 120 Hektaren als totales Ziel, momentan fehlen noch 10 Hektaren. Durchs Weingut Camarcanda führt und die zierliche Tochter von Angelo Gaja Rossana. Und plötzlich erscheint der grosse Meister himself. Angelo Gaja ist extra für unsere Visite vom Piemont für ein paar Stunden angereist.

Der 69 Jahre junge, übervitale Angelo lässt bei unserem Besuch los mit einer Ode über den kürzlich verstorbenen Robert Mondavi und erklärt warum er das geplante Joint-Venture mit ihm fallen liess. Ein Joint-Venture sei wie eine Hochzeit. Aber wie kann ein Elephant (Mondavi) einen kleinen Mücken-Produzent wie Gaja heiraten? Und wie sollen dann die Kinder aussehen?

Seine unermüdliche Philosophie: «Ich will spannende Weine in die Flaschen füllen. Es ist die Kunst zu merken, wo die Konzentration aufhört und die «Marmelade» beginnt. Grosse Weine sind ruhig im Glas, wecken die Kuriosität, wachsen an Aromen und legen dann zu um erst nach ein paar Minuten oder noch später «Alles» zu zeigen. Ein wirklich grosser Wein kann nicht Alles gleich beim Einschenken zeigen.»

2006 Ca’ Marcanda, Camarcanda Bolgheri: Sattes, dichtes Purpur, satt in der Mitte. Wuchtiges, ausladendes Bouquet, viel Brombeeren, schwarze Schokolade. Fester Gaumen, noch verschlossen, aber mit einer wunderschönen Paket an reifen Cabernet’s die von füllig-pflaumigem Merlot umhüllt sind, im Extrakt Lakritze, lange Nachklang. Moderner, mondäner Wein der an der Luft nach und nach zulegt, genau wie die Philosophie von Angelo Gaja es will. 18/20 2012 – 2022

2006 Barbaresco, Barbaresco: Aufhellendes Weinrot mit grossem, transparentem Rand. Klassisches, feines Nebbiolobouquet, parfümiert, dicht mit einem feinen Eichenhauch, darin eine verspielte Note von Zitronenöl und Thymian. Im Gaumen von roten Beeren geprägt, gut stützende Säure im muskulösen Extrakt, starke, verlangende Adstringenz mit markanten Muskeln, zeigt ein stark gerbiges Finale und verlangt nach mindestens 5 Jahre Flaschenreife. 18/20 2012 – 2020

2004 Sugarille, Brunello di Montalcino: 2002 und 2003 wurde die ganze Ernte deklassiert. Mittleres Granat, rubiner Rand. Erdig-phenoliges Bouquet, reife Olivennoten, wilder Rosmarin, Minze, rauchig-tiefe Sangiovesetiefe. Satter Gaumen, angerundete Tannine, eine tolle Konzentration aufweisend, fein sandiger Fluss, Charakter und Kraft in einem. Schon fast ein Monument. 19/20 trinken – 2020

LE MACCHIOLE

1975 von Eugenio Campolmi gegründet. Zuerst als Schankwein für sein Restaurant das sich an der Via Aurelia zwischen San Vincenzo und Bolgheri befand. Dann wurden 1983 die ersten Reben für die eigentlich heutige Fattoria gepflanzt die sich etwas weiter oben auf den Hügeln von Bolgheri, etwa 2 Kilometer Luftlinie von Ornellaia befindet. Die gesamte Proktion beträgt ca. 140'000 Flaschen. 84'000 Flaschen vom Bolgheri Rosso, 6000 Flaschen vom Syrah Scio, 8'000 Flaschen vom hundertprozentigen Merlot Messorio und der Rest Paleo und Weisswein. 

2007 Bolgheri Rosso Le Macchiole: Erster Jahrgang 2004. Sattes Purpur, rubiner Rand. Merlot, Cabernet Franc, Syrah, Sangiovese. Trockenes Bouquet, Moccanoten, dunkle Hölzer, Zederntouch und getrocknete, schwarze Pflaumenhaut, zeigt sehr viel Toastingnoten. Im Gaumen mehlige Textur, zeigt ein feines Korn und ist kein Wein, den man sofort trinken sollte, denn er braucht noch gut zwei Jahre um ersten Genuss zu bieten, erstaunlich anspruchsvoll. 17/20 2011 – 2017

2005 Scrio Le Macchiole: Syrah. Sattes, dichtes Purpur, feiner Rand. Intensives Bouquet, viel Brombeeren, Arabica-Röstnoten, herrliche Würznoten, schwarzer Pfeffer, Zimt, Kardamom, Lakritze, eine feine Sandelholzssüsse von den wenigen amerikanischen Barriquen, ein Bisschen «crazy» im Ansatz. Im Gaumen malzig, viel Schokonoten, reife Tannine und trotz grosszügigem Barriqueeinsatz gut angepasste Holznoten, durch den Einsatz von Eiche aus Frankreich und Amerika, bekommt die Aromatik einen Brückenschlag zwischen Frankreich und Australien. 18/20 2011 – 2020

2005 Messorio Le Macchiole: Merlot.  Dunkles, tiefes Granat mit schwarzen Reflexen. Intensives Holunder und Cassisbouquet, feine Vanille-Bourbonsüsse dahinter, fast rahmiger Deckel über dem eleganten Nasenbild in dem sich eine verspielte Frische zeigt. Im Gaumen sehr lang, fein und tänzerisch, sehr gute Balance, wirkt leichter als der hoch gejubelte 2004er, überzeugt aber durch Finessen und Eleganz. Erst im Finale kommen die Reserven zum Vorschein. Vom Geschmack her weist dieser Messorio eine Verwandtschaft im Pomerol auf in Form von Château Clinet. 18/20 trinken – 2017

TENUTA DELL'ORNELLAIA

Für den Le Volte werden Sangiovesetrauben dazu gekauft. Denn verwendet man für alle Weine von Ornellaia «nur» Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot. Also alles Bordeaux-Rebsorten. Auf 100 Hektaren entstehen so vie verschiedene Weine, Le Volte , Le Serre Nuove dell’Ornellaia, Ornellaia und der gesuchte Masseto. Letzterer stammt aus einer separaten 7 Hektarparzelle und die ergeben maximal 33'000 Flaschen reinrassigen Merlot. Der Le Volte 2007 ist ein korrekter, gut gemachter Markenwein der jetzt schon gefällt (16/20). 

2006 Le Serre Nuove dell’Ornellaia: Sattes, dunkles Weinrot. Intensives Bouquet, viel Kaffeeröstnoten, schwarze Oliven und Pumpernickelbrot, zeigt eine schöne Würze. Im Gaumen erscheint der Wein um Nuancen leicht als von der Nase her vermutet, samtig, guter Aromenrückhalt, beeindruckend. Ein schneller Reflex von Ornellaia der aufzeigt, wohin der Grosse einst gehen wird. 17/20 trinken – 2017

2006 Ornellaia Tenuta Ornellaia: 56 % Cabernet Sauvignon, 27 % Merlot, 13 % Cabernet Franc, 4 % Petit Verdot. Sehr dunkles Purpur mit fast schwarzen Reflexen. Intensives Bouquet , viel dunkle Röstnoten die Edelholztöne in sich tragen, Arabicakaffee, darin pfeffrige, rotbeerige Fruchtnoten und Tabak, ein faszinierendes Nasenbild mit einem unglaublichen Aromendruck.  Imposanter Gaumen, reife Tannine, zeigt eine königliche Erhabenheit und ist unter den grössten Ornellaia’s einer der allerfeinsten den es je gab. 19/20 2011 – 2025

2005 Masseto Tenuta Ornellaia: Sattes, dichtes Purpur. Verrücktes, parfümiertes Bouquet, getrocknete rote Johannisbeere, Preiselbeeren, reife Erdbeeren, viel Kokos und helle Röstnoten mit einem berauschenden Vanille drin. Im Gaumen satt, dicht, fleischig mit angerundeten, vollsüssen Tanninen, nimmt gegen das Finale burgundische Charakterzüge an und hinterlässt einen berauschenden Aromeneindruck. Merlot-Orgie pur! 19/20 trinken – 2017

TUA RITA

50 Hektar, 30 bepflanzt. 1984 gegründet und 1992 erstmals mit eigenem Etikett vermarktet. Tua Rita bietet jedem Weinfreund etwas, als Nobeldomaine mit extrem hohen Ratings kann man von diesem kleinen Weingut auch einen Tua Rita für alle Tage erwerben und bereits dieser ist sensationell. Für Stefano Frascolla ist es vor allem wichtig, dass seine Weine von Beginn weg «Eleganz und Trinkgenuss» bieten. Das ist eigentlich bei allen der Fall ausser beim gehätschelten Syrah. Diesen legt er nach 12monatigem Fassausbau in neuem Eichenfass gönnt er diesem Wein nochmals ein neues Barrique und so ist dieser mit 200 Prozent Neuholz ausgebaut. Eine Tortur die man dem Jungwein deutlich anmerkt, denn die Holzmuskeln dominierend die Struktur und auch in der Nase ist Eiche ein deutlicher Faktor wenn es darum geht die Aromen bei der Degustation zu ergründen. Hier fragt man sich ob weniger nicht mehr wäre. Der Redigaffi gehört schon bald in die Liga der Phantomweine: jeder spricht davon und wenige haben ihn. Tua-Rita-Liebhaber müssen sich zwangsweise die Frage stellen, ob man eine Flasche Redigaffi kaufen soll oder mehrere Flaschen vom Giusto di Notri. Beim ersten Schluck vom 2007er «Giusto» ist diese Frage eigentlich schnell beantwortet.  

2008 Rosso dei Notri Tua Rita: Mittleres Purpur. Herrlich florales Bouquet, frisch gekochte, schwarze Kirschen, trotz der üppigen Frucht nicht marmeladig. Saftig, samtiger Gaumen, auch hier ein Maximum an Frucht bietend und mit einer gastronomischen Souplesse ausgestattet.  Vielleicht nicht besonders toskanisch, schon eher italienisch mit eine mondialen Geschmacksintenstität – aber einfach sensationell vinifiziert und mit einem enormen Spasspotential. 17/20 trinken – 2013

2007 Perlato del Bosco Rosso Toscana Tua Rita: Mittleres Granat-Purpur, unten süss mit roten Beeren, Wildkirschen oben ein feiner Hauch Minze und Zitronenmelisse. Saftiger Gaumen mit gut stützender Säure, viel Primäraromatik, heller Milchkaffe im Finale. 17/20 trinken – 2013

2007 Giusto di Notri Tua Rita: Satt und dicht mit lila Reflexen im Rubin. Pfeffriges Bouquet, viel Wildkirschen, Kokosnoten, dezent laktisch, noch verschlossen aber doch schon viel zeigend. Saftiger Gaumen, zeigt von beginn weg eine extreme Länge, Harmonie und Ausgeglichenheit, perfekt vinifiziert und schlichtweg eine traumhafte Jugendsünde, obwohl dann im Nachklang doch noch bemerkenswerte Reserven zum Vorschein kommen. 19/20 trinken – 2018

2007 Syrah Rosso Toscana Tua Rita: Sattes Purpur-Rubin. Sehr würziges Bouquet, viel parfümierte Kirschen, Gewürznelken und Kaffee-Arabicabohnen, zeigt sich mit einer beeindruckenden Tiefe. Stoffiger Gaumen, noch prägnantes Extrakt, eine kühle Würze (bei diesem heissen Terroir!), viel Adstingenz, die Extraktion muss er noch etwas verdauen, weil sonnst der Wein etwas zu muskulös bleiben wird. Wenn er seine Tannine und die Holzkonturen verdaut, dann kann er noch zulegen. 18/20 2012 – 2020

2007 Redigaffi Tua Rita: Dichtes Purpur mit rubinem Schimmer, fein aufhellend am Rand. Sehr intensives Krischenbouquet, unterlegt mit Himbeeren, frisch und direkt, Kokosnoten, helle Pralinen, parfümiert und dicht mit einer feinen, druckvollen Süsse. Im Gaumen eine recht elegante Merlot-Granate, saftig, viel rote Beeren, leicht säuerliche Adstringenz durch die roten Johannisbeeren in der Primärfrucht, gut stützende Tannine, noch enorm jung. Erinnert an einen Colghin Lambs Herb, an einen Über-La-Conseillante an den Merlot von Yarra Yerring und zeigt dabei doch Eigenständigkeit der vielleicht regelmässig allerbesten Italo-Merlots. 19/20 2012 – 2025






Ein Garant für
spektakuläre Weine
und eben so
spektakuläre Parkernoten
Stefano Frascolla
von Tua Rita


CASE BASSE DI SOLDERA

8 Hektaren in Produktion, 10 Hektaren wären möglich. Nur gerade 15'000 Flaschen Produktion und auch das nur in grossen Jahren. Der neue Keller täuscht. Es gibt keine Gärtemperaturkontrolle. Alles ist willkürlich und wer die Chance hat, dieses Weingut zu besuchen bekommt zwar etwas zum degustieren, aber nichts was schon in Flaschen gefüllt ist. Und diese Fassproben werden auch ganz bewusst in Burgundergläsern zum Verkosten gegeben. Viele Brunellowinzer stöhnen ob der Gesetzgebung die verlangt, dass der Wein erst nach vier Jahren auf den Markt gebracht werden darf. Bei unserem Besuch lagen 2008, 2007, 2006, 2005 und 2004 noch im grossen Fass. Und der 2004er wird nach seiner Füllung noch eine geraume Zeit in der Flasche lagern, bevor er das Recht hat mit dem Etikett Case Basse di Soldera den Markt zu erobern. Und es hätte auf der Seite des Keller noch den 2003er von dem noch keine einzige Flasche die sehr traditionelle Cantina verlassen hat. Und ich versuche den kurligen Franco Soldera davon zu überzeugen, dass wir gerne einen fertigen Wein noch verkosten würden. Doch es gibt ein grosses Nein. Noch nie hätte man eine Flasche im Keller verkostet. Das wird nur in Restaurants gemacht oder zu Hause. Auch eine Formel! So hat man – zumindest bei unserem Besuch – eine Flasche mehr zum Verkaufen! Jeder Jahrgang auf Soldera ist anders, sich selbst überlassen bei der Gärung und bei dem Ausbau. Somit bieten diese Weine ein Maximum an Abwechslung und Überraschungen Jahr für Jahr. Ausser beim Preis; dieser ist konstant (sehr, sehr) hoch. 

2008 Brunello di Montalcino (Fassprobe): Wild Moschus, Ledernoten, brachiale Gewalt mit Brombeerentouch. Im Gaumen noch ungestüm, eine schöne Süsse aber auch noch viel Gärgase, wie ein kräftiger Burgunder, ein tiefgründiger Hermitage und dann doch wie ein Brunello einer speziellen Generation. Potentialwertung: 18/20 2015 – 2030

2004 Brunello di Montalcino Riserva Case Basse di Soldera: Aufhellendes Granat, wenig Tiefe. Reifes Bouquet, viel feine, getrocknete Kräuternoten, Rosinentöne, dominikanischer Tabak, ein Hauch flüchtiger Säure und weisses Pfeffermehl. Im Gaumen von artisanalem Terroirton, keine Primärfrucht mehr, dann wieder feines Terroir mit den schon in der Nase festgestellten Kräuternoten, Eleganz und Kraft, kein Bulldozer, sondern ein beruhigender Klassiker, der eine gehörige Affinität mit Château Rayas aufweist. 18/20 2012 – 2026

CIACCI PICCOLOMINI D’ARAGNONA

250 Hektaren, davon 40 Hektaren Reben mit 200'000 Flaschen Jahresproduktion. Neue Kellergebäude seit 2004. Der Jahrgang mit den präsentierten Weinen Montecucco und Ateo enttäuschte etwas. Der Brunello 2004 zeigte sich leicht und liess den Jahrgangsdruck etwas missen, konnte aber dieses Manko mit etwas Finessen wettmachen. Vom 2003er verkosteten wir zwei Flaschen, beide zeigten sich mit dumpfem Schimmer und extrem tiefer Säure. Etwas besser, aber doch weit hinter den Erwartungen der 2003er Pianrosso mit Fleischnoten in der Nase und ausgemergelten Tanninen im Gaumen sowie einem unsauberen Schleier darüber. 

2006 Montecucco Ciacci Piccolomini d’Aragona: Mittleres Rubin. Eingelegte Steinobstschalen, Toastnoten, zeigt sich reduktiv. Im Gaumen ebenfalls Schalenton, korrekter Rotwein mit etwas zu säuerlichen Weichselkomponenten im Extrakt und Nachklang. 16/20 trinken – 2012

2006 Ateo Ciacci Piccolomini d’Aragona: Cabernet Sauvignon, Merlot, Sangiovese. Recht dunkles Granat. Reduktive Nase, Gummitöne, verbrannter Kakao. Im Gaumen angenehmer, eine pfeffrige Säure zeigend, im Finale wiederum Kakao und Couverture-Schokolade. Kann vielleicht noch zulegen, wenn er sich harmonisiert. 16/20 trinken – 2014

2004 Brunello di Montalcino Ciacci Piccolomini d’Aragona: Mittleres Granat, deutlich aufhellend. Elegantes, recht schlankes Bouquet mit einer tollen Sangiovesewürze, helles Leder und Rehfleischnoten, dezent pflaumige Süsse. Im Gaumen wieder elegant, zeigt Finessen, malziges Extrakt, angenehmes Finale. Ein femininer Brunello der jetzt schon vollen Genuss bietet. 17/20 trinken – 2019

2004 Pianrosso Brunello di Montalcino Ciacci Piccolomini d’Aragona: Dunkles Granat, satt in der Mitte. Herrliches Schokobouquet, dahinter rote Kirschen, Zedernholz und helles Malz, delikat mit mittlerem Druck. Im Gaumen fein, saftig, gut balanciert, die Säure noch nicht ganz eingebunden, schlank mit Kraft und guter Länge, feinster Brunello mit Ducru-Affinität. 18/20 trinken – 2021

CASANOVA DI NERI

1971 von Giovanni Neri gegründet. Heute 55 Hektaren mit verschiedenen Weinen die zwischen Tradition (Brunello) und Innovation (PietradOnice) schwanken. Der Ausbau erfolgt in einer kürzlich neu erbauten Winery. Bei den grossen Crus stellt man – just nach dem einschenken – oft eine gewisse, pfeffrige Bitterkeit fest. Diese bildet den eigentlichen Nerc der Weine und gibt eine Lebensgarantieversicherung. Nach zwei, drei Stunden Dekantierens legen die Casanova di Neri’s erst richtig los. Den Cerretalto gibt es nur in grossen Brunello-Jahren. 

2007 Rosso di Montalcino Casanova di Neri: Deutlich aufhellendes Rubin. Das Bouquet zeigt halb fruchtige, halb erdige Noten, rote Pflaumenhaut, ziemlich füllig. Saftig, eher leicht im Körper, angenehmer Nachgeschmack, man spürt das grosse Jahr in diesem einfachen, aber doch bekömmlichen Wein. 16/20 trinken – 2015

2004 Brunello di Montalcino Casanova di Neri: Reifendes Granat, aufhellender Rand. Warmes Bouquet, viel schwarze Pflaumen, Korinthen und Brazil-Tabak, zeigt eine schöne Tiefe. Nobler, eleganter Gaumen, schön ausgewogen, noch leicht adstringierend mit einer noblen, an Nussschalen erinnernde Bitterkeit, klingt lange nach. Ein Klassiker, der zu gefallen weiss. 18/20 trinken – 2016

2004 Brunello di Montalcino Tenuta Nuova Casanova di Neri: Mitteldunkles Granat, recht satt in der Mitte. Schwarze, getrocknete Beeren, Dörrpflaumen, schwarze Oliven, Szechuanpfeffer. Fleischiger Gaumen, viel Lakritze, wirkt noch etwas körnig mit bitter-pikantem Extrakt, viel Potential, aber noch nicht ganz seine Harmonie erreicht. Lange dekantieren. 17/20 2011 – 2018

2004 Brunello di Montalcino Cerretalto Casanova di Neri: Tiefes Purpur, dunkle Reflexe. Gewaltig konzentriertes Bouquet, Himbeerstauden, schwarze Hölzer, dunkles Malz, eine schöne trockene Sangiovese-Süsse die sich mit tiefgründigem Terroirparfüm vermischt. Kompakter Gaumen, reife Tannine, königliche Ausstrahlung, viel warme Fruchtaromatik mit Dörrfrüchteanklängen, innen noch kräftig, das grossartige Potential unterstützend. 19/20 2012 – 2023

1999 Brunello di Montalcino Cerretalto Casanova di Neri: Noch sehr dunkle Farbe, wenig Reifeschimmer. Rauchiges Bouquet, Tabak, schwarze Hölzer, Korinthen, offen und tiefgründig. Fester Gaumen, pfeffrige Extraktnote, zeigt noch viel Kraft und wirkt etwas sehnig, durch die gut stützende Säure auch eine bemerkenswerte Länge. Legte zu an der Luft und kann nach zwei, drei Stunden dekantierens evtl. auch 19/20 erreichen. 18/20 trinken – 2017

2003 PietraDonice Casanova di Neri: 90 % Cabernet Sauvignon, 10 % Sangiovese. Erster Jahrgang 2000. Die neuesten Jahrgänge ab 2005 sind alle reinrassige Cabernet Sauvignon’s. Sehr dunkles Granat mit schwarzen Reflexen. Geballtes Bouquet mit viel Dörrpflaumen aber auch minzigen Schokotönen, wirkt so trotz der hohen Reife frisch. Fülliger Gaumen, aussen Schmelz, innen eine sehr pfeffrige Note von frisch gemahlenen Körnern geprägt, zeigt so Kraft und auch eine gewisse Arroganz, fein sandiges Finale mit Rauch und schwarzen, getrockneten Beeren. Ein massives Monument für «fleischige Essmomente». 18/20 2012 – 2024

CASTELLO DI FONTERUTOLI

700'000 Flaschen Jahresproduktion, 120 Hektaren Rebberge, 53 Stiegentritte vom Barriquenkeller bis zur Empfangshalle und 16 verschiedene Sangioveseklone; das sind die markanten Zahlen von diesem ultramodernen Weingut, das im Jahr 2007 fertig gestellt wurde.  Alle Weine sind Blends, wobei bei jedem Wein die Variationen sich immer leicht verändern. Der Sangiovese übernimmt aber in fast jedem Fall den dominierenden Part. Im gleichen Besitz der Familie Mazzei: Belguardo in der Maremma und Zisola in Sizilien. Die Weine sind perfekt vinifiziert – für Jungweintrinker dominieren aber bei den neuesten Jahrgängen die Röstnoten der Barriques.  

2007 Chianti Classico Fonterutoli: 90 % Sangiovese, Rest Merlot, Colorino und Malvasia Nera. Sattes Purpur. Rauchiges Bouquet, tief sehr würzig mit Pflaumenschalen und Gewürznelkenton. Warmer, wohl geformter Gaumen, bleibt im schwarzbeerigen Bereich, zeigt noble Hölzer und ist von Beginn weg harmonisch, zeigt ersten Genuss und endet sehr aromatisch. 18/20 trinken – 2016

2006 Castello di Fonterutoli, Fonterutoli: 90 % Sangiovese mit 10 % Cabernet Sauvignon. Sattes, dunkles Weinrot mit lila-schwarzen Reflexen. Königliches Bouquet, zurückhaltend aber eine beeindruckende Tiefe anzeigend, viel dunkle Röstnoten, schwarze Oliven und Pumpernickelbrot. Im Gaumen rund, harmonisch und wiederum von dunklen, momentan noch etwas dominierenden Röstnoten begleitet, Schokobitterkeit im Finale, zeigt sich sehr modern vinifiziert, aber in ein paar Jahren wird der an sich grosse Wein seine Eigenständigkeit zurück erhalten. Warten lohnt sich auf jeden Fall. 18/20 2013 – 2022

2006 Siepi, Castello di Fonterutoli: 50 % Sangiovese und 50 % Merlot. Sattes, dunkles Purpur. Faszinierendes Bouquet mit viel schwarzer Schokolade, Lakritze, wildem Rosmarin, Eucalyptus und Katzenminze, schwer und verspielt gleichzeitig. Im Gaumen reich, üppig mit überbordendem Charme, trotz der angestammten Jahrgangshärte überwiegen die molligen Konturen, im Finale verlangend mit dunklem Malz in Form von Guinesstouch. Hier liegt in seiner besten Zeit – um 2015 – ein weiterer Punkt drin. 18/20 2011 – 2020

2006 Tenuta Belguardo, Belguardo: 90 % Cabernet Sauvignon, 10 % Cabernet Franc: Mittleres Purpur, aufhellender Rand. Heisses Bouquet mit intensiven Röstnoten, wirkt etwas hölzern in der Nase, frischer Arabicakaffee. Samtener Gaumen, angerundete Gerbstoffe, fleischig mit mittlerem Rückhalt. Gastronomiewein – easy drinking. 16/20 trinken – 2014

CASTELLO DI AMA

90 Hektaren und mittlerweile 350'000 Flaschen. Aber immer noch mit restriktivem Cru-Denken. Ich degustierte den Jahrgang 2006. Ein beruhigender Jahrgang der mehr in Richtung Terroir denn Frucht geht und somit neigen alle Crus mehr zum Esswein. Die Differenz zwischen dem Classico und den Crus Bellavista und dem La Cassuccia ist momentan noch gering. Vielleicht wird die Grösse der Weine momentan etwas unterschätzt. Das Potential wird in 5 bis 10 Jahren zeigen, ob hier noch eine Zulage möglich ist.

2006 Chianti Classico Castello di Ama: Aufhellendes Rot. Feine Nuss und Röstnoten, zeigt sich leicht hölzern im Ansatz. Saftig und fein mit viel Eleganz, eine tänzerische Variante zum relativ frühen Genuss. 17/20 trinken – 2014

2006 Vigneto Bellavista Castello di Ama: Mittleres Granat. Feines, delikates Bouquet, rotbeeriger Schimmer, helle Schokolade und dominikanischer Tabak. Saftiger, schön balancierter Gaumen, feine Tannine im Innern durch gewisse Reserven dann doch etwas körnig, fehlt etwas an Druck und wird durch seine Säure immer eher verlangend bleiben. 17/20 2010 – 2018

2006 Vigneto la Cassuccia Castello di Ama: Granat-Rubin feiner Rand aussen. Offenes, recht fülliges Bouquet, floraler Schimmer, im Extrakt eine feine Süsse zeigend, noch passende Adstringenz aufweisend, gute Reserven, beruhigend, aber auch nicht jene Ausstrahlung zeigend, die man sonst von diesem Cru gewohnt ist, kann noch zulegen. 18/20 2012 – 2022

2006 L’Apparita Castello di Ama: Dunkles Purpur-Rubin. Trockenes, noch verhaltenes Bouquet, wenig Kommunikation. Im Gaumen für einen Merlot erstaunlich fest, zeigt viel Fleisch, Nerv und einen momentan noch dominierende, nicht ganz eingebundene Säure, wirkt hart und ist eigentlich das Gegenteil von dem, was man von ihm sonst erwartet. Statt füllig weich und süss momentan erstaunlich hart und knochig! Wird hoffentlich noch zulegen können in der Flaschenreife. 17/20 2011 – 2018


50 EURO FÜR ZWEI STUNDEN ORNELLAIA

Besuche auf dem Weingut sei das beste Marketing, das behaupten weltweit fast alle Winzer. Da nimmt sich jemand die Mühe und fährt zuweilen einen sehr weiten Weg um jenes Weingut zu besuchen von dem man unter Umständen mehrere Flaschen oder gar Kisten in seinem Keller hat und diesen auch regelmässig im Restaurant ordert. 

Wir waren als Gruppe angemeldet. Gabriel anonym dabei. Ist auch einmal interessant, so ein Weingut in cognito zu besuchen. Ein nettes Fräulein mühte sich auf Deutsch und zeigte uns das 100 Hektaren grosse Weingut Tenuta dell'Ornellaia in drei Etappen. Zuerst die Weinberge. Dann neue Kunst im alten Keller; die Barriquen hinter einem panzersicheren Glas abgeschottet und endlich gings zur längst erwarteten Weinprobe mit Le Volte, Le Serre Nuove und Ornellaia. Für 20 Personen wurden Weine von einem Verkaufswert von 300 Franken geöffnet. Nein – den berühmten Masseto gäbe es nie bei einer solchen Weinprobe, der sei viel zu rar und zu teuer. Auf dem Parkplatz machte die Summe von 1000 Euro für diesen Besuch die Runde. Rechnen wir jetzt noch das nette Fräulein mit grosszügigen 100 Franken für die zwei Stunden, so haben wir an diesem Nachmittag mehr als 1000 Franken in die Kasse von der Tenuta dell'Ornellaia gespült. So macht Marketing Spass!   





Zahlen bitte!

Wer diese Türe von innen sehen und den neuen Jahrgang verkosten will, muss 50 Euro hinblättern. 


BRUNELLO ODER CREMESCHNITTE?

Die Brunellis gehören in jene Kategorie Weine die ich zuweilen recht hoch bewerte, aber heilfroh bin, wenn ich diese nicht einen ganzen Abend lang trinken muss. Es ist für mich unverständlich, dass man tendenziell knapp reife Trauben vergärt und dann in meist zu warmen Kellern aus gesetzlichen Grünen oxidieren lassen muss, bis man diese als immer noch zu harte Toskaner nach fünf Jahren auf den Markt bringt.

Und da sassen wir bei Gianfranco Fiore Sant’Angelo in Colle und kämpften uns durch mehr als ein Dutzend Brunello di Montalcino durch. Mag sein, dass der Brunello (ich sage immer er heisse so, weil das «brune» vom italienischen Braun stammt und die meisten davon von Beginn weg eine solche Farbe aufweisen) eigentlich eher ein Winterwein ist. Wir sassen da aber an einem heissen Sommerabend und hatten grosse Mühe die Trinktemperaturen einigermassen im Griff zu halten. Doch ich war eigentlich recht erstaunt über die «neuen Brunellis» anlässlich der Visiten von Case Basse, Ciacci Piccolomini und Casanova di Neri. Es gibt eine neue Generation die zwar immer noch mehr Terroir wie Frucht und mehr Knochen wie Fleisch aufweisen – aber immerhin; zu einem kräftigen Essen gibt ein solcher Brunello die Montalcino doch Einiges her. Aber so richtig warm darob werde ich dann dabei irgendwie doch nicht. Egal wie heiss es ist.

Ein bekannter Arzt neben mir schilderte seine Begeisterung in etwa so, dass er nach einer Brunello-Orgie freiwillig auf Sex verzichten würde. Und so oder so lieber mehrere Cremeschnitten hintereinander essen würde als mehrere Brunellis trinken zu müssen.
Aber so weit ist es dann bei mir doch noch nicht. Ich würde einen grossartigen Brunello di Montalcino jederzeit vorziehen – ausser die Cremeschnitte wäre von der Bäckerei Künzli in Nottwil.





Motto dieser Woche:

Lieber Redigaffi
als Gaddafi!


CHÂTEAU HÖRNLI

In Bordeaux heissen die Crus «Château». Den kleinen geschwungenen Teigwaren sagt man in der Schweiz «Hörnli». Es gibt aber privilegierte Freunde welche diesen Namensbegriff für ihr besonders schmuckes Heim im Kanton Zürich verwenden.

Die Gartenanlage von Enzo Enea (adabei) und das Haus in schlicht-noblem neuenglischen Stil. Alles mit sehr viel Geschmack, zwar sicher luxuriös aber niemals pompös - mit viel Liebe ausgesucht. Und darin wohnen Petra und Christoph die zum 10jährigen Jubiläum vom Château Hörnli ein paar Freunde einluden.

Ein Blumenarrangement wie ich es noch nie sah; gewagte Farben und doch harmonisch. Acht Mini-Töpfe auf dem Tisch und weitere auf den Kommoden rund um den Speisesaal. Das Essen kam von Horst Petermann. Der beste Gang; Ochsenschwanzravioli mit Sommertrüffeln.

Zum Genusstrinken: 1989 Palmer (20/20) und eine zu Recht lang dekantierte, gewaltige, tiefschürfende und kräuterige Doppelmagnum 1983 Château Margaux (20/20). Im grossen Glas einen verschwenderisch grossen Schluck. Und dann den weichen, rosinig-süssen 1982 Château d’Yquem (19/20). Und am Gästetisch jede Menge Prominenz. Zu Beginn gab sich die Gesellschaft noch etwas reserviert und um Mitternacht dann ziemlich offen – genau so wie der 83er Margaux!


SMS: SASSICAIA 1985 = ZAPFEN

Was SMS ist wissen viele, was es wirklich heisst schon etwas weniger Menschen, Ein grosszügiger Gastgeber öffnete tatsächlich als Schlummertunk einen Sassicaia 1985! Resultat: Zapfen. Und er entschuldigte sich höflich mit einen Cheval Blanc 1985. Dabei erinnerte ich mich an die letzte Begegnung mit einem Sassicaia 1985. Damals öffnete ich 85 verschiedene 1985er im Stubaital im Tirol.
Resultat: 1985 Sassicaia = Zapfen. SMS = shit - multipliziert- sich...


ALLE JAHRGÄNGE UND ALLES MAGNUM:
VINOTHEKENFÜLLUNG VON KNOLL

Drehen wir das Rad um 20 Jahre zurück. In der Wachau wird der Begriff «Smaragd» geschaffen. Es ist die beste Qualitätskategorie, die vom Ansehen her noch gewinnt, wenn eine bekannte Prestigelage als Zusatz auf dem Etikett prangert. Es sind vor allem Weine, die die Sortentypizität unterstreichen sollen.

Doch was macht dann ein Winzer mit jenen Trauben, die überreif werden und doch nicht so richtig für einen Süsswein taugen? Einfach dazu mischen, oder separieren? Vor diesem schon fast angenehmen Dilemma stand Winzer Emmerich Knoll beim Jahrgang 1988 erstmals und entschloss sich aus den Lagen Loibenberg, Schütt und Kreutles einen «Überdrüber-Grünen-Veltliner» zu assemblieren. Zufrieden mit dem Resultat, fehlte dann der passende Namen. «Zu diesem Zeitpunkt kamen immer mehr Blends auf den österreichischen Markt. Aber ich hatte keine Lust mit der genau gleichen Bezeichnung das x-te Cuvée zu lancieren. Ich war mir ganz sicher, dass dies ein recht langlebiger Wein war und dass die Käufer diesen etwas jugend-schweren Smaragd idealerweise erst mal für ein paar Jahre auf die Seiten legen sollten. Mit der Bezeichnung Vinothekenfüllung erklärte sich denn auch gleich dieser Wein auf einfache Weise».

Mittlerweile sind in gewissen Jahren bisher 14 solcher Vinothekenfüllungen entstanden. Alle zusammen, und alle aus Magnumflaschen, wurden im Restaurant die blaue Donau in München zu einem passenden Menu geöffnet. Und Emmerich Senior und Emmerich Junior genossen sichtlich diese einmalige Vertikale. 

Es ist zwar keine Sünde diese Weine (die letzteren Jahrgänge scheinen mir fruchtiger als bei früheren Jungweinproben) jung zu trinken, doch die wirkliche Grösse, kommt bei einer gelungenen Vinothekenfüllung erst so nach 10 Jahren erstmals zum Ausdruck. Dabei scheint sich der anfänglich oft dicklich scheinende Wein, zugunsten von Aromengewinn und Eleganz zu verschlanken. Ein Beweis, der auch längeres Dekantieren liefert.

Nicht immer gibt es eine Vinothekenfüllung, aber man ist im Hause Knoll bestrebt, dies jährlich zu wiederholen. In schlechten Jahren verzichtet man darauf freiwillig. Dann wenn der Wein nicht ganz durchgärt und mit Restzucker sich im Auslesebereich befindet, ebenfalls. So ist es durchaus verständlich, dass die Produktionsmenge schwankt. So zwischen 3000 bis 7500 Flaschen. Glück dem, wer eine oder gar mehrere Flaschen davon besitzt und im richtigen Moment im empfehlenswert etwas grösseren Glas vor sich hat…

1988 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Nussige Noten, dahinter Fenchel und getrocknete Kamille, feine Mineralik. Im Gaumen Chablis-Affinität. Weisser Pfeffer, also rassig, fein grasigwürziges (grüne Pfefferschoten) und noch sehr frisches Finale. Wird sich noch erstaunlich halte auf diesem tollen Niveau halten können. 19/20 trinken

1990 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Delikates Bouquet, Eisenkraut, Minze und gelbe Früchte, ein Hauch Quitten dahinter, absolut reintönig. Fast tänzelnd im Gaumen, noch erstaunliche Primärnuancen, gebündelt, balanciert und sehr lang. Eine Offenbahrung die aufzeigt, wie gross alte Grüne Veltliner werden können. Hält noch mindestens 10 Jahre auf diesem ex-orbitanten Niveau durch. 20/20 trinken 

1992 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Hefenoten und Milchsäure, Manzanilla-Sherrynoten, fein salzig. Im Gaumen etwas eigenwillig und Komponente zeigend, die an ein nicht ganz zusammenpassendes Puzzle erinnern. Fehlt etwas an Harmonie. Zumindest bei dieser Magnum 16/20 austrinken


1998 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Süsses Bouquet, helle Rosinen, feine Honigspuren und deutliche, viel Duft versprühende Botrytis. Im Gaumen innen eine noch fein pfeffrige, sicherlich erhaltende Säure, so zeigt sich der Wein etwas bourgeois, bei einer beeindruckenden Kraft für viele, weitere Jahre. 19/20 trinken

1999 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Fülliges Bouquet, Hefenoten, gekochte Aprikosen und Pfirsichsirup (del Monte), komplex fast buttrig im Ansatz. Fülliger, reicher Gaumen, mundfüllend, perfekt balanciert und mit einer umwerfenden Nonchalence, Harmonie pur. Ein Meisterstück Burgund aus Loiben! 20/20 trinken

2000 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Sehr duftiges Bouquet, vielschichtig, kalter Lindenblütentee und getrocknete Kamille, zeigt sich völlig offen und legt trotzdem noch zu. Zeigt sich im Gaumen mittelgewichtig und erstaunt durch seine Frische, saftig, aber für einen Vinothekenfüllung eher als leicht empfunden, ohne dass man diesem delikaten Wein dabei etwas abschminken muss, wirkt reifer als ältere Vinothekenfüllungen. 18/20 trinken  

2001 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Tolle, klassische und auch intensive Grüne-Veltliner-Würze, Fenchel, Anis, zeigt einer erstaunliche Tiefe die mit Terroirnoten durchsetzt ist. Im Gaumen rund, weich mit anmutiger, eingebundener Säure, viel gelbe, reife Frucht, samtenes Finale. Jetzt auf dem ersten Höhepunkt. 19/20 trinken

2002 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Feuersteinnoten, ein Hauch Schwefel, getrocknete Orangenhaut, mineralisch und an der Luft nur langsam zulegend (dekantieren!). Dichter Gaumen, zeigt sich muskulös, fein pfeffrig im Extrakt, noch komprimiert, noch weit weg von seiner wirklichen Genussreife. Kann noch einen Punkt zulegen und wird dabei immer ein Frischwein bleiben. 18/20 2012 – 2025

2003 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Süssliches, duftiges Bouquet, ausladend und weich, im Innern Agrumen (weisse Grapefruit) und aussen Marillen. Pfeffriger Gaumenbeginn, zeigt Fülle und jetzt weissen Weinbergpfirsich, dickes Finale, langes katapultartiges Finale. Ein vollbusiger Sexywein mit 20 Jahren Potential. 19/20 trinken – 2028

2004 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Burgundisches Bouquet, Pfirsichnoten, recht offen, füllt schön auf von unten. Frischer Gaumen, mineralisch, feine Rasse mit dezent körniger Säure, zeigt noch Reserven und endet sehr, sehr lange. 19/20 trinken – 2030

2005 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Reife Fruchtnoten, feine Sultaninentöne, Akazienhonig, zeigt fast Röstnoten, obwohl der Wein logischerweise nie im Barrique ausgebaut wurde, ein Hauch Pektin und Golden Delicious. Feinrassiger Gaumen, fast schon quirlig von seiner impulsive Lebendigkeit auf der tanzenden Zunge, wird im Finale mild und saftig und hat eine gewisse Montrâchet-Affinität. Eine Finessenvinothekenfüllung, kann noch zulegen. 18/20 trinken – 2030

2006 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Duftig-würziges Bouquet, mineralisch mit viel Terroirnoten, zarte Rauchnuancen, Eisenkraut, ein Hauch Agrumen in Form von gehackten Limetten. Auch im Gaumen eine feine Rasse, jetzt schon eingebundene Säure und somit in einer herrlichen Genusszwischenphase, saftig mit einem schon fast verdächtigen Trinkfluss ausgestattet, viel Pfirsich im Finale. 19/20 trinken – 2030

2007 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Loibner Ananas in der Nase, also in der Fruchtpräsentation mit einem leicht exotischen Touch drin der sich mit duftigen Arachidnoten vermischt. Feinster Gaumen, traumhaftes, filigranes Säurespiel mit tausend Molekülen drin, harmonisch und mit viel delikater Fruchtfrische im Finale. 19/20 trinken – 2027

2008 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung, Emmerich Knoll, Unterloiben: Pfeffrig frisch, unglaublich viel Primärfrucht, Bergamotte, Agrumen und weisse Pfirsichblüten, absolut reintönig. Ein Nachfolger vom legendären 90er in ähnlicher Art. Quirliger Gaumen, noch ungestüm, fleischig, viel Kraft und Potential, auch hier wieder eine klare Ausrichtung, lange und momentan keine Jugendsünde. 19/20 trinken – 2026
    









Emmerich Knoll mit all seinen Vinothekenfüllungen von 1988 bis 2008



STARKES DUO! MÜLLER-SCHWEFE IM KELLER
UND STRAUBINGER IN DER KÜCHE

Wenn Gerhard Müller-Schwefe zu einer Weinprobe einlädt und Rolf Straubinger in der Küche steht, so ergibt sich daraus eine mehrstündige, wenn auch eine tendenziell strapaziöse Genussgarantie, die man so schnell nicht mehr vergisst.

Fangen wir mal mit dem Spitzenkoch Straubinger von der Burg Staufeneck in Salach an. Für mich handelt es sich hier um den besten Fischkreationszauberer den ich je erleben durfte. Meist verpackt er gleich zwei oder gar drei Gerichte in eine beeindruckende Komposition. Er weiss die Dinge so zu koordinieren, dass man gar nicht merkt, dass man zu einer kräftigen Rotweinserie schon zum vierten Mal einen Fisch auf dem Teller hat.
Ein paar Beispiele des Menus? Tagliatelle vom rohen Thunfisch Diamondcut mit Salzkristallen und Agranöl auf Thunfischtartar mit Avocadocreme umgeben von geeister Limonen-Sojasuppe. Dann Salat vom Taschenkrebs mit knusprigem Schweinsfuss, konfierten Tomaten und Passionsfruchtvinaigrette. Oder Wolfsbarsch auf Sepia und Pulpo in Liebstöckelmarinade und kleinen Bratkartoffeln und gebackenen Calamarettis. Und überleitend von Fisch auf Fleisch noch; Steinbutt unter der Kalbskopfhaube auf leicht geräucherten Gemüsegraupen und einem sagenhaft frisch-aromatischen Petersilienpürée. 

Und jetzt zum Gastgeber: Beruflich lindert er die Schmerzen von Patienten die aus der ganzen Welt anreisen um diesen gemütlichen Semi-Koloss um Hilfe zu bitten. Privat lindert der die möglicherweise – bei Genussverzicht – aufkommenden önologischen Schmerzen von guten Freunden zu denen ich mich seit vielen Jahren auch dazu zählen darf. 

Bevor zum önologischen Wine & Dine übergeleitet wurde, servierte die Crew drei Blindprobendurchgänge. Der erste mit Pinots, die zwei weiteren mit Bordeaux vom nach wie vor preislich und qualitativ unterschätzten Jahrgang 2001.

Das Pinot-Trio: Brav, korrekt aber doch insgesamt sehr gut; 2006 Blauburgunder Reserva von Peter Wegelin (adabei), 16/20. Eine Brücke zwischen dem Bündnerland und Burgunderklasse schlagend, wenn auch noch mit recht viel Röstnoten; 2006 Pinot Noir Gantenbein aus Fläsch, 18/20. Und verlangend, klar mit Côte-de-Nuits-Affinität und noch weit von der Genussreife entfernt; 2006 Echezéaux Domaine de la Romanée-Conti, 18/20.

Hier die Bewertungen der 2001er Bordeaux, ausser dem enttäuschenden Charmail, alle vom rechten Ufer. Die genauen Beschreibungen folgen demnächst in einem umfassenden Jahrgangsartikel.

2001 Canon-La-Gaffelière, St. Emilion 18/20
2001 Charmail, Haut-Médoc 16/20
2001 Clos St. Martin, St. Emilion 18/20
2001 L’Hermitage, St. Emilion 19/20
2001 Le Plus de Fleur de Bouard 19/20
2001 Les Angelots de Gracia, St. Emilion 19/20
2001 Clinet, Pomerol 18/20
2001 Girolate AOC, Bordeaux rouge 19/20

Bei Letzterem schaute ich verblüfft auf das Etikette des mir (noch) unbekannten Weines und der Nachbar freute sich tierisch über meine Wertung, denn der Winzer Despagne war auch an diesem Event. Es soll sich den ersten Jahrgang eines 100%igen Merlot handeln der in neuen Barriques direkt vergoren wurde. Das werde ich mir während der nächsten Primeurprobe in Bordeaux noch genauer ansehen und ich habe bereits einen Lokaltermin mit einer Vertikalenversprechung im Sack für den März 2010.

Die Weine zum Diner: 

2005 Y d’Yquem: Leuchtendes Gelb. Sehr aromatisches Bouquet, viel frisch gekochte Weisspfirsich, duftig mit einer trockenen Süsse. Im Gaumen reich mit einer üppigen Cremigkeit, gebündeltes Finale. Der bisher perfekteste und somit auch beste Ygrec den es je gab. Sehr teuer – aber einmal im Leben muss man ihn erlebt haben. 19/20 trinken – 2030

1984 d’Yquem: Mittleres Gold mit senfgelben Reflexen. Pertinaxnoten, Safran und getrocknete Kamille, praktisch keine Botrytis. Im Gaumen gekochte Mirabellen, weiche Säure, fein spürbare Bitternoten. Eher ein Käsewein als ein Dessertwein. Für den schwierigen Jahrgang aber sehr gut gelungen. 18/20 trinken – 2025

2005 L’Extravagant de Doisy-Daene: Noch recht hell. Verschwenderisches Aprikosen- und Pfirsichbouquet, exotische Maracuja, parfümierte Botrytis, cremige Fülle, erstaunlich zugänglich. Im Gaumen sehr cremig, weich mit einer burgundischen Souplesse, dickes, gebündeltes Finale, man merkt den Sauvignon-Blanctouch was ja bei einem ganz grossen Sauternes – pardon Barsac – eigentlich nie der Fall ist. 20/20 trinken – 2040

2004 Laville Haut-Brion, Pessac-Léognan blanc: Frische Kamille, Lindenblüten, offen mit zarten Strohnoten. Reicher Gaumen, zeigt sich so richtig fleischig. Eleganter Gaumen mit stützender Säure und Reserven, offensichtlich ist der Wein erst in den Startlöchern, weil er permanent zulegt. 19/20 2012 – 2030

2004 Haut-Brion blanc, Pessac-Léognanc blanc: Schwieriges Bouquet, Schwefelnoten, reduktiv, Himbeerrispe, gelbe Fruchtnoten, Im Gaumen kompakt, sperrig, extrem viel Potential, aber momentan überhaupt nicht zugänglich. Potentialwertung wäre sehr gross, der Spass eher schwierig. Schlechte Flasche? Keine Bewertung.

2007 Tour de Mirambeau, Passion, Bordeaux blanc: Explosives Pfirsichbouquet, Zitronenöl, ein Hauch Minze, peppig mit einer unglaublichen Aromenfülle in der Nase. Im Gaumen perfekt, enorm viel Frische, feine Adstringenz, extrem lang, traubiges Finale. 17/20 trinken – 2015

1979 Latour à Pomerol, Magnum. Klassisches, artisanales Bouquet, nasse Waldpilze (Herbsttrompeten), Dattelnoten, Schuhcreme. Schlank, lang und elegant, leicht über dem Zenit aber immer noch ein grosses Vergnügen. 17/20 austrinken

1979 Margaux, Magnum: Leicht pilziges Bouquet, viel Rosinen, erstaunlich tiefe Würze mit getrockneten Kräutern, kaltes Kamin, unterlegt mit dunkler Schokonote. Grosser Bordeaux im Gaumen, dezent angetrocknete, aber dafür fleischige Tannine, körnige Textur. Ein Margaux der immer noch viel Charakter zeigt und eine dezent maskuline Variante darstellt. 19/20 trinken – 2018

1979 Cheval Blanc: Aufhellendes Weinrot. Offenes Bouquet, rote Pflaumen, Kardamom und arabischer Kümmel, erinnert schon in der Nase eher an einen leichteren Süd-Rhônewein. Saftiger Gaumen, tänzelnd, eher leicht aber noch völlig intakt, schon lange hatte ich hier nicht mehr eine so schöne Flasche von diesem sonst überreifen Wein. 18/20 austrinken

1964 Gruaud-Larose: Blechige Nase, Geraniolnoten, Brackwasser, keine Frucht und dafür leider etwas Humus. Schlanker Gaumen mit scharfer Säure, endet wie ein Schluck Wasser in einer drei Tage liegen gelassenen Weissblechbüchse. 14/20 vorbei

1967 Haut-Brion, Magnum: Offenes Bouquet, Biermalznote – also Guinesstouch. Angenehmer Gaumen, weich, dezent kapselig und samtig, in dieser Magnum eindeutig besser als in den Normalflaschen! 17/20 austrinken

1966 Latour: Leider eine korkige Flasche. Und noch eine zweite die auch korkig war. 

1949 Pétrus Vandermeulen: Offenes Bouquet, viel Schokonoten, zerlassene Milchschokolade, ausladend, Chambertin-like. Voller, weicher aber auch anmutiger Gaumen, eine morbide, aber doch sehr gefallende Süsse aufweisend, gebündeltes, erstaunlich fettes Finale. Top erhalten und ein Erlebnis das eventuell gar besser ist als die Châteaufüllungen. 18/20 austrinken

1949 La Tour-Haut-Brion: Artisanales Graves-Bouquet, Trüffel, getrocknete Steinpilze, Pferdestallnoten. Leicht im Gaumen aber völlig homogen, gewisse Fassnoten, aber sonst ist der Wein beeindruckend. Eigentlich schade, dass es diesen Cru heute nicht mehr gibt und er in Mission & Co. Integriert wurde. 18/20 austrinken

1949 Haut-Bages-Libéral: Nasse Wolldecke im Campingwagen im Frühling, Dörrtomaten. Im Gaumen vordergründig mit erhaltend-dominierender Säure, kapseliges Finale, ausgezehrt und spröde. 15/20 vorbei

1955 Palmer Mähler-Besse: Nussig, Kochschokolade, erdige Süsse, morbid aber noch gut angehend. Reifer Gaumen, burgundisch und weich, samtiges Finale, macht noch recht viel Freude, trotz «gout de capsule» im Finish. 17/20 vorbei

1983 Palmer Magnum: Heisses, rosiniges Bouquet, ein Hauch Feigen und auch sonst viel Dörrfrüchte, berauschend wie Hasch-Hisch. Im Gaumen ein grosser Schluck von einem ganz grossen, klassischen Palmer und das ist immer so, wenn er sich wie ein ganz grosser Burgunder trinkt. 19/20 trinken – 2018

1966 La Mission Haut-Brion, Magnum: Perubalsam, Pferdesattel, Wildleder und frisch geschnitten Eierschwammerl, wie in alter grosser Lynch Bages und darunter noch rotbeerige Fruchtresten. Schlank, fein, tänzerisch viele Kräuter (Ricola) und ein besonders saftiges Finale. Eine grossartige Magnum – perfekt erhalten. 19/20 trinken

1966 Haut-Brion: Laktisch, Moccajogurth, fragil und mit zerlassenen Butternoten, übereiche dunkle Pflaumen. Wirkt erstaunlich leicht im Gaumen, bleibt dabei saftig, weniger Druck als andere Flaschen in der Erinnerung zeigen, elegantes Finale. 18/20 austrinken

1966 Cheval Blanc: eine Nase wie ein Saunaaufguss, Eucalyptus, nasses Zedernholz, Lebkuchen, Kardamom, Speculatiusgebäck, gemahlener Ginger. Im Gaumen Chevalk-Klassisch, eher leicht aber gut balanciert und mit einer feinen frisch gemahlenen Weisspfeffernote, im Finale wiederum Gebäcknoten, diesmal Butterfly. 19/20 austrinken  

1970 Latour, Magnum: Trüffel, Terroir, Korinthen und Rauch, dahinter eine stützende Süsse mit pflaumigen Noten und Kräutern. Im Gaumen fest, komplex, dicht, fleischig, extreme katapultariges Finale. Ein Wein für weiter 30 Jahre. 20/20 trinken

1970 Montrose, Magnum. Lande dekantiert und somit recht offen, zuerst kellerige Altfassnoten, Humus und eine eben so erdige Süsse. Im Gaumen bleibt der Wein sehr artisanal und hat moosige Noten und morschen Balken, sandiges Finale. An sich ein grosser Wein aber schwer verständlich. 17/20 trinken

1970 Giscours. Grünes Madras Curry, Malmsey-Madeira, Feigensirup, vollsüss, extrem dicht und extrem würzig, wie noch nie dagewesen. Harmonisch, cremig, weich und mit einer Non-Chalence. Es ist leider anzunehmen, dass heute viele wissen, wie genial dieser Wein ist und neu im Handel erscheinende Flaschen nicht immer perfekt sind. Aber diese hier war einfach genial. 19/20 trinken – 2020

1985 Lafleur: Offenes, weiches Bouquet, helles Malz, rotes Pflaumenmus und dominikanischer Tabak. Im Gaumen saftig, lang und endet mit Nuancen von  Erdbeermarmelade mit Thymian und Rosmarin versetzt wurde. 19/20 trinken – 2025

1989 Haut-Brion: Volles, rundes Bouquet mit malzig-schokoladigem Untergrund, Kandissüsse, feine Kräuternuancen, zweigt sich warm mit viel Dörrfrüchten. Cremiger Gaumen, saftig mit einer wunderschönen, eleganten Fülle, ein Aromenreigen der Sonderklasse im nachhaltigen Finale. Jetzt auf einem fraglosen Genusshöhepunkt! 20/20 

1995 Lafleur: Grenadine und rote, aber sehr süsse Kirschen in der Nase, zeigt sich noch enorm frisch in der Fruchtpräsentation. Im Gaumen fein und elegant mit gewissen Reserven für nächsten 20 Jahre. Chambertin-like also nicht überkonzentriert. 19/20 trinken – 2028

Gerhard Müller-Schwefe umgeben von ein paar sehr noblen Flaschen, die er an diesem unvergesslichen Wine&Dine in der Burg Staufeneck in Salach (D) dekantieren liess...



TANTI AUGURI LUIGI

Können Sie sich vorstellen, dass es bei einer Einladung so viel Château d’Yquem gibt, dass man irgendwann abwinkt, wenn der Sommelier (schon) wieder vorbei kommt?

Doch schliesslich wird man nicht alle Tage 70 Jahre alt. Luigi Zanini, Spitzenwinzer und schon seit mehr als 20 Jahren persönlicher Freund von mir, feierte, weil 1939 geboren mit genau 39 Eingeladenen seinen runden Geburtstag. Und zwar in seinem Château, nämlich dem Castello Luigi in Besazio im sonnigen (32 Grad heissen) Ticino. 

Zuerst ploppte es beim Öffnen der Magnum Roederer Cristal vom Jahrgang 2002. Für einmal nicht ein so säurebetonter Champagner, sonder unlike Roederer burgundisch, delikat und elegant. Da es heiss war, ploppte bald nochmals, dann wieder und immer wieder. Magnum für Magnum. Damit der Champagner im Glas nicht zu warm wurde, liess ich mir immer wieder etwas kühlen Perlensaft von der Service-Crew nachschenken.

Luigi ist nämlich selber ein grosser Champagnerliebhaber. Er trinkt Champagner meistens, wenn er (in seltenen Fällen) etwas traurig ist. Oder wenn er völlig happy ist. Manchmal wenn er besonders gut drauf ist, oder aber auch wenn sich eine gewisse Müdigkeit ankündigt. Bei Feierlichkeiten, Familientreffen oder vor Weinproben, oder auch noch kurz nach Mitternacht. Sonst trinkt er nie Champagner – ausser wenn er Durst hat! 

Zum ersten Gang, gekocht von Nobelkoch Martin Dalsass; Bretonischen Hummer und südafrikanische Scampi schwimmend in einem würzig-pikanten, tomatierten Krustentierfond mit Zucchinignocchhetti aufgemuntert. Und dazu Doppelmagnums vom weissen Castello Luigi 2004. So mag ich ihn, dann nämlich wenn ich nicht das Gefühl habe eine x-te Chardonnaykopie zu trinken, sondern einen echt mineralisch-frischen, noch mit feiner Hefe durchsetzten, grossen Weisswein. Es war ein Teufelskreis. Damit der Wein nicht zu warm wurde (auch drinnen war es mittlerweile tropisch warm), musste ich ihn immer relativ schnell, nach dem Einschenken trinken. Doch dann sah der Kellner natürlich sofort, dass mein Glas leer war und schenkte emsig wieder nach. Damit das zweite Glas nicht zu schnell warm wurde, trank ich diesen noch im kühlen Zustand, was der Kellner natürlich aufmerksam bemerkte. Und dann…

39 Personen und eine Melchiorflasche (Achtzehn Liter!) vom 2000 Castello Luigi rosso. Ob das gut geht? Und wenn ja – wie lange? Es ging gut. Ich war hin und weg. Süss, Zitrohnentyhmian, Minze, Rauch, Korinthen, sehr vielschichtig und im Gaumen so was von reif-elegant. Die Einschenktemperatur war perfekt. Doch weil es im Raum heiss war, nahm ich einen grossen Schluck. Dies wurde wiederum vom Kellner sofort bemerkt. Zum Essen trinke ich immer die grössten Portionen. Ich mag Wein zum Essen, aber auch zum Trinken. Und damit der Wein nicht zu warm wurde nach dem Einschenken, nahm ich immer eher einen grossen Schluck, was der Kellner schnell heraus fand und praktisch hinter mir Standby stand. Somit war ich einer der grössten Dividendentrinker dieser 19-Punkte-Melchiorflaschenaktie. 

Ja und dann kam plötzlich der Chef-Sommelier mit einer Impériale 1989 Château d’Yquem angerauscht. Als Startkapital zur Pfirsichtrilogie bekam jeder schon mal einen guten Dezi eingeschenkt. Ich notierte mir eine Tokajhafte Süsse die mit Rosinen, überreifen Aprikosen und frisch geschleudertem Herbsthonig bespickt war. Und dann nahm ich einen grossen Schluck, was dem Kellner nicht verborgen blieb. Obwohl ich Sauternes nicht ungern bei Kellertemperatur trinke, wurde dieser nach dem Einschenken sehr schnell wärmer als dieses Limit und so trank ich jeweils immer bei etwa 15 Grad den Rest des Glases. Dies bemerkte der Kellner jeweils aber sofort. Und so genoss ich diesen Rubenshaften, sicherlich eher wintertauglichen, schon fast dicken 19von20-Nektar im Hochsommer à discretion in einer noch nie erlebten Kadenz. Ich kann ja nichts dafür, dass Luigi Zanini vor 70 Jahren im Sommer, bei Kriegsbeginn geboren wurde. Tanti auguri Luigi!

P.S. Luigi Zanini’s Castello Luigi ist für private Besucher an sich geschlossen. Aber wenn ein guter Freund wie René Gabriel ein paar Freunde und Tessiner-Weinliebhaber mitnimmt, macht er schon mal eine Ausnahme. So am 7. Mai im Jahr 2010 (siehe Events). Es haben sich bereits über 40 Personen angemeldet. Wer also mal seine besten Tessiner-Weine, ein paar Fassproben und die typische Ticinesi-Gerichte erleben will, sollte sich jetzt langsam aber sicher anmelden. Und wer weiss, vielleicht ist es ja an diesem Freitag besonders heiss. Und dann müsste man den Wein jeweils nach dem Einschenken eher rasch trinken, damit er nicht zu warm wird. Und es könnte sein, dass der Kellner dies bemerkt und…        

Geboren 1939 und
mit 39 Gästen den
70igsten Geburtstag
auf seinem Castello
im Tessin gefeiert.

Tanti auguri
Luigi Zanini


POMEROL 1989 - DREI MAL 19/20

Worauf bekommt man Lust, wenn Mann mehr als 100 tolle Flaschen vom Jahrgang 1989 für eine grosse, dreitägige Raritätenprobe bereit stellt, kontrolliert und anschliessend in Kartons verpackt? Richtig - auf Weine vom Jahrgang 1989!


Patrick Bopp war mit mir im Keller, André Kunz an meiner defekten Computerkiste und meine Frau Karin in der Küche. Beim Nachtessen gab es dann etwas Pomerol 1989: Verblüffend jung (wohl wegen seinem kleinen Cabernet Sauvignonanteil) der Gazin. Fast 20/20 erreichte der vollbepackte, massive Le Gay nach vier Stunden Dekantierzeit. Und noch viel zu jung und diskret schien der überraschend feine Lafleur. 
Da ich im Herbst noch viel 89er Kontakte in meiner Agenda eingetragen habe, kann ich hier melden: Fortsetzung folgt.. 


2396 KILOMETER – 5 MOTORRADFAHRER – 100 WEINE – 15 DONAUGRAD

Bis 17.00 Uhr Motorrad, dann ein kühles Bier und abends etwas Wein – so die Formel für eine abwechslungsreiche Motorradtour durch die Schweiz, Deutschland und Österreich.

Sonntag, 9. August: Wir treffen uns im Ferienhaus am Murtensee. Jeder eine Flasche Wein im Gepäck. Auf dem Grill, ein saftiges Lammgigot. Vorweg ein Taccino Tonnato und hinten ein Vulykuchen.

Fahrt nach Malterdingen am Montag zum Weingut Bernhard Huber. Dort haben wir Bauklötze gestaunt über die spannenden, feinen Rotweine. Bernhard schreibt zwar Spätburgunder in seine Preisliste aber Pinot Noir würde von der internationalen Klasse her besser passen. Die 2001 Reserve erhält 19/20 und auch andere sind mit sehr hohen Punkten belegt. Pinot Fans müssten dort unbedingt einmal hin. Gruss von Gabriel mitbringen.

Am Dienstagabend klopfen wir bei Edith und Georg Weiss an die Türe in Friedrichsdorf. Zuerst gibt es zweierlei Lachs und dann dürfen wir den Keller besichtigen. Ein Raumwunder! Noch nie habe ich Keller gesehen in dem sich mehr Flaschen befanden als Platz vorhanden war. Glücklicherweise hat uns Georg diesen noch vor den Spaghetti Bolognaise gezeigt, sonst würde ich heute noch im hintersten Gestell mit meinem Bauch fest stecken. Die Serata stand auch sonst unter Italienischen Flagge mit Friaul und Maremma.  

Eine recht lange Tour am Mittwoch quer durch Deutschland bis wir das Hotel Liebl in Plattling erreichen. Dort gibt es keine grosse Weinkarte – aber der Besitzer wurde vorgewarnt und wir dürfen ein paar Reserven aus dem Keller zupfen. Glücklicherweise hat/hatte Peter noch einen Grange 2000 in seiner schwarzen Harleytasche. Am Morgen kommt noch eine Journalistin vorbei und die önologische Töfftruppe macht in der Folge Schlagzeilen im Plattlinger Anzeiger. 

Am Donnerstag schifft (deutsch: regnet) es bis kurz vor Linz. Sehr anstrengend über die kurvenreiche Strecke zu manövrieren. Kurz vor der Wachau wechselt das Wetter und als wir die Motorräder vor dem Stockingerhof abstellen schwitzen wir ziemlich. Der Abend beginnt mit einem traumhaften Menu im Landhaus Bacher mit 1999 Grüner Veltliner Honivogl und 2000 Arachon. Sicherheitshalber beide aus Magnums.

Freitagmittag besuchen wir den Jungwinzer Franz Pichler in Wösendorf. Er ist auf gutem Weg und macht Weine die man im Auge behalten sollte. Abends überblicken wir die Donau von Dürnstein bis Weissenkirchen, weil uns Heidi und Roman Jäger (gehört heute zu den noch erschwinglichen Spitzenwinzern!) auf traumhafter Aussichtsterrasse in der Lage Heutür ein herzhaftes Pick Nique bereiten. Natürlich mit Jägerweinen in ausreichender Menge.     

10.10 Uhr. Drei, zwei, eins – Sprung in die sehr kühle Donau in Spitz bei knapp 16 Grad und 100 Minuten Schwimmen bis Dürnstein. Dann greifen wir mit kalten Krauen in die heissen Backhendel bei Rudolphine und Franz Xaver Pichler und trinken die wohl besten Federspiele der Wachau, gefolgt von reifen Traumsmaragden. Am Abend schneiden wir in die würzigen Rippchen vom Stockingerhof. Für einmal mit Bierbegleitung. 

Rieslingfest iam Sonntag in Weissenkirchen mit der recht feminin bestückten Trachtenkapelle. Als Apero eine Rieslingprobe mit gut 50 verschiedenen Weinmöglichkeiten. Dann Siesta und wieder eine weitere Rieslingprobe. Diesmal bei Lucas Pichler mit allen 2008er vom Terrassen bis Unendlich. Am Abend das volle Programm im Restaurant Loibnerhof: Kalbsfuss mit Kutteln und das gekochte Waldviertler Rindfleisch. Und Knoll. Toll!

Eine 600 Kilometerfahrt ins Kleinvalsertal ins Kleine Berghotel in Riezlern zu Frank Simon. Tolle Weinkarte – faire Preise. 2000 Riesling Schütt von Knoll, dann 2001 Admiral, 2002 In Signa Leonis und 2002 Cos. Ich war so müde, dass ich bei der Blindprobe nicht mal den Bordeaux heraus fand.     

Endlich wieder Sonne!

Nach einer langen Regenfahrt sind wir in der Wachau im Seiberer oberhalb Weissenkirchen angelangt...

V.l.n.r.: Peter Haas, Markus Müller, René Gabriel, Peter Eltschinger, Marcel Merz


DER BESTE BORDEAUX VOM JAHRGANG 1985

Spieglein, Spieglein an der Wand, welches ist wohl der beste Jahrgangswein im ganzen Bordeauxland?


Ein trockener Weisser sicherlich nicht. Obwohl der Y von Château d'Yquem auch heute noch ein Duft berauschendes Erlebnis bietet. Ein süsser Sauternes oder Barsac ist es auch nicht. Bei Weitem nicht - denn der Jahrgang 1985 ging im Süssweinland am Flüsschen Ciron ganz gewaltig in die Hosen. 

Dann halt ein Premier? Auch nicht - auch wenn diese Handelspreise meinen schon lange gepriesenen Star bei Weitem übertreffen. Vor mehr als 20 Jahren organisierte ich (damals noch als Gastronom) im Restaurant Kreuz in Sempach eine Verkostung mit mehr als 100 Bordeaux des Jahrganges 1985. Wir glaubten unseren eigenen Gaumen fast nicht, dass der beste Wein nicht ein Premier, sondern «nur» ein Deuxième sein sollte.

Und seit zwei Dekaden verfolge ich nun diesen Winner und er ist es heute noch! Der 1985er Léoville- Las-Cases ist immer noch sehr dunkel. Genial gereift, bietet er eine Balance zwischen restfruchtigem Bouquet und terroirhaftem Kräuter-Trüffelschimmer. Im Gaumen so wie ich die ganz grossen Saint Juliens mag: Lang, nicht überladen und von einer erhabenen Eleganz. 19/20 trinken - 2020  


MARILLENDIÄT FÜR HGB

Unter «HGB» kann man drei Dinge verstehen. Am bekanntesten ist dieses Kürzel für das Handels-Gesetz-Buch. Dann die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Schliesslich gibt es auch ein Präzisions-Blutdruckmessgerät der Firma Medisana mit der Bezeichnung HGB. Im vierten – und hier zutreffenden Fall – handelt es sich um einen langjährigen Freund und früheren Arbeitskollegen: Hans Georg Babits!

Warum ich für ihn mit einem Kürzel beginne? Er hat einmal selbst einen Begriff kreiert: «MOF». Den wende ich manchmal an, wenn ich einen Mensch beschreiben muss, der mir ganz gewaltig auf den Keks geht und der sich so verhält, dass ich wohl nicht der einzige bin, der diesen nervigen Typ nicht so gerne mag. Also gilt es solche Individuen zu kategorisieren und da bleibt halt nur noch die Gruppe der MOF. Dabei handelt es sich um «Menschen ohne Freunde». 

Und da gehört der Hans Georg Babits ganz sicher nicht dazu. Denn an seinem Geburtstag trafen sich viele Freunde, Verwandte und auch nicht wenige Starwinzer im Restaurant Gegorits in Klingenbach im Burgenland nahe der ungarischen Grenze. Und Hans zelebrierte auch an diesem Abend, wie schon seit vielen Jahren erfolgreich seine Marillendiät. 

Eine Marille ist die Bezeichnung einer Aprikose in Österreich. Auch wenn meine Frau Karin behauptet, dass dies zwei komplett verschiedene Früchte sind, so schmecken für mich die Marillen irgendwie genau gleich wie Aprikosen. Und auch Wikipedia ist eigentlich meiner Meinung. Aber zu Hause habe ich den Disput über die Möglichkeiten der differenzierten Ansichten zu diesem Thema schon längst aufgegeben. Und Für Hans spielt dieser Disput ja eh keine Rolle, denn unter Marillendiät versteht er ganz einfach, dass er alles isst ausser Marillen. 

Nun ist dieser schon lange in der Schweiz lebende und mehrheitlich für die Academie du Vin tätige Magnumverkoster 50 Jahre alt geworden und wir waren adabei. Adabei beim ausufernden, deftigen Buffet und bei den vielen tollen Weinen (alle aus Grossflaschen) von Tinhof, Angerer, Adriano Kaufmann (Pio della Rocca Special 2000 bis 2007 aus Impérialeflaschen), Clinet, Pape-Clément, Rauzan-Séglà, Mondavi Reserve und mein persönlicher Höhepunkt; 1996 Clerc-Milon aus der Doppelmagnum (19/20).





Alles ausser Marillen, isst der fünzigjährige Jubilar Hans Georg Babits.

Hier im Bild mit einem
nicht ganz kalorienarmen Beuschel.


ZWISCHENBILANZ FÜR TICINO 2003

Was hat wohl das Wort Zwischenbilanz im Titel verloren, wenn man mehr als ein Dutzend Tessinerweine beschreibt, die schon mehr als fünf Jahre alt sind? Viele Leser werden nur noch wenige von diesen Flaschen im Keller lagern, weil; entweder verpasst oder schon genüsslich ausgetrunken. Der «heisse Jahrgang» wurde nämlich heiss geliebt und praktisch alle Weine legten von Beginn weg los und boten praktisch Jahr für Jahr, ohne viele Stimmungsturbulenzen unvermindertes Trinkvergnügen. 

Die Weinprobe im Hotel L’Ours in Sugiez (FR) zeigte aber, dass kein einziger Wein seinen Genusszenit überschritten hat, viele sind erst am Anfang der Genussreife und nicht wenige geben eine weitere Piacere-Garantie für mindestens fünf weitere Jahre, oder mehr…

Der absolut beste Wein der gemütlichen Degustation: Conte di Luna von Werner Stucky! Hier zeigt sich, dass ein Quäntchen Cabernet gut fürs Altern ist. Fast auf gleich hohem Niveau: Sassi Grossi von Feliciano Gialdi. Diesen Wein habe ich schon bei der ersten Präsentation im Castelgrande in Bellinzona mit 19/20 bewertet. Nicht an dieser Weinprobe war der weitere mögliche Aspirant für einen Spitzenplatz: Pio della Rocca von Adriano Kaufmann aus Beride.

Dafür haben wir einen Wein gegenüber des ersten WeinWisserberichtes aufgestuft: Merlot Riserva Lucchini Moncucchetto aus Lugano. Und erstmals verkosteten wir den genial gelungenen Blend von Sergio Monti, den Rosso dei Ronchi aus Caddemario - beide mit 19/20! 

Gute Laune bei sehr
guten Weinen.

Fröhliche Degustationsrunde im
Hotel L'Ours in Sugiez.


Nicht auf dem Bild: Mein Lieblingsgericht dort, Kalbskopf Vinaigrette und die ausufernde Weinkarte. 


2003 Merlot Barrique Frosio, Vercio: Offenes Bouquet, reife Zwetschgen, vegetale Noten dahinter. Eher schlank, gewisse Bittertöne, mittlerer Spass. 16/20 trinken – 2010

2003 Il Gianfranco Chiesa, Rovio: Tiefes Bouquet, Terroir- und Rauchnoten. Fester Körper, fleischig, guter Rückhalt, erste Reife und recht langes Leben. 18/20 trinken – 2015

2003 Sinfonia Barrique Chiericati, Bellinzona: Delikate Himbeerenspuren, Rosenpfeffer. Burgundischer Genuss, dominierende Röstnoten, aromatisch. 17/20 trinken – 2013

2003 Ronco di Persico Daniel, Monteggio: Joschtabeerenstauden, grünes Tabakblatt. Fester, kerniger Gaumen schwarze Pfefferkörner, fleischiger Wein, bourgeois. 17/20 trinken – 2015
 
2003 Vinattieri Zanini, Ligornetto: Pflaumiges Bouquet, Dörrfrüchte, Ledernoten. Voluminöser Gaumen, Fülle und Fleisch, Cassis im Innern, Reserven. 18/20 trinken – 2020

2003 Rovere Monti, Caddemario: Süss, sexy, Red-Currantnoten. Im Gaumen frisch, rote Früchte, tänzerisch, macht Spass, weniger heiss als andere 2003er. 18/20 trinken – 2015

2003 Riserva Lucchini Moncucchetto, Lugano: Würziges Cassisbouquet. Dichter Gaumen, runde Tannine, viel Schmelz, Black Currant. Die Überraschung! 19/20 trinken – 2018

2003 Platinum Guido Brivio, Mendrisio: Kaltes, grünliches Bouquet, Rauch. Sperriger Gaumen, harte Tannine. Schwer zu bewerten, wo ist die Harmonie? 16/20 2010 – 2018

2003 Montagna Magica Huber, Monteggio: Ausladendes Bouquet, angenehm süss. Kerniger Beginn und deshalb sperrig auf der Zunge, wirkt irgendwie blockiert. 17/20 trinken – 2016

2003 Quattromani, Brivio, Delea, Gialdi, Tamborini: Schokonoten, rote Pflaumen. Samtener Gaumen, gut balanciert, stützende Gerbstoffe, reif und harmonisch. 18/20 trinken – 2017

2003 Sassigrossi Gialdi Mendrisio: Deutliche aber perfekt stützende Röstnoten, rote Beeren, getrocknete Preiselbeeren. Saftiger Gaumen, würzige Tiefe, lang. 19/20 trinken – 2018

2003 Conte di Luna, Stucky, Rivera: Tolles Fruchtbouquet, reife Kirschen, gerösteter Kaffee, rahmig im Ansatz. Souplesse und Eleganz. Der Sieger der Degustation. 19/20 trinken – 2016

2003 Rosso dei Ronchi, Monti Caddemario: Rotes Pflaumenbouquet, marmeladige Süsse. Burgundischer Gaumen, Pralinenton, harmonisches Finale. 19/20 trinken – 2014

2003 Orrizonte Zündel, Beride: Offenes Bouquet, welke Blattnoten, recht jung im Fruchtansatz. Gaumen mit kernigem Tannin, weist noch Reserven auf. 17/20 trinken – 2018

Die vollständigen Verkostungsnotizen kommen im Herbst im WeinWisser.



Den Burgunderjahrgang 2000 liebe ich von ganzem Herzen.

Er gehört nicht zu den ganz grossen aber zu den wunderschönen und jetzt toll gereiften.






Und irgendwie ist alles gut, sowohl in der Côte de Beaune wie auch in der Côte de Nuits.
Ein Prachtsexemplar für diese Behauptung holte Urs Ratschiller aus seinem Keller. Ein etwas teurer Beweis für diese Theorie. Das ist ganz grosser, moderner Burgunder nach altem Schrot und Korn. 19/20 Punkte für den Stoff aus dem die Pinot-Weinträume sind...


PUNKTEWIRRWARR! WAS IST RICHTIG?

Da ähnliche Fragen ab und zu bei mir eintreffen, hier ein klärendes Statement. Aber zunächst mal die Frage und unten die Antwort…

Mail-Anfrage von J. M. aus dem Saarland: 

Hallo Herr Gabriel,
auf einer momentan laufenden Online-Weinauktion (www.munichwinecompany.com)
wird folgendes Lot angeboten:

535: Ch. Sociando Mallet 1997 0,75l
Haut Medoc Cru Bourgeois, (Bordeaux, Frankreich)
3 Flaschen
EUR 90 - 140

GABRIEL: 17/20: Gehört für mich momentan zu den beeindruckendsten 97ern. Er ist A
gross und B einer der günstigsten der Allerbesten! Eine ausserordentliche Sonderleistung.

Auf Ihrem weininfo.mobil-Service findet sich jedoch folgende Bewertung für
den 97er Sociando Mallet:

Haut-Médoc, Sociando-Mallet

2008: 17/20 warten
2007: 16/20 warten
2006: 18/20 warten
2005: 19/20 warten
2004: 17/20 warten
2003: 18/20 trinken
2002: 17/20 trinken
2001: 17/20 trinken
2000: 17/20 warten
1999: 17/20 trinken
1998: 18/20 trinken
1997: 16/20 trinken

Wurde dieser Wein von Ihnen abgestuft? Könnten Sie mir freundlicherweise das Bewertungsdatum des weininfo.mobil-Service mitteilen, da dies nicht unerheblich für meine Kaufentscheidung ist.

Danke im Voraus. Grüße aus dem Saarland


Antwort von René Gabriel:

Wein ist eine lebendige Sache und in seinem Leben von der Geburt weg Schwankungen unterworfen. Diese Schwankungen sind Evolutionen und unterliegen den Gesetzen der Natur. Manchmal ist es sogar die Tagesform die durch die Wetterlage bestimmt sein kann. Kündigt sich ein Tief an, so komprimiert sich die Textur und ein Wein wird sperrig und verschliesst sich. Ist die Wetterlage gut oder geht in Richtung Hoch, so befindet sich auch der Wein in einem Hoch und präsentiert sich besonders schön.

Das ist eine Theorie die ich unterstütze – aber nicht von mir stammt, sondern von Christian Moueix (Hosanna, Magdeleine, Trotanoy, Pétrus…)

Bei meinen Punkteschwankungen geht es aber nicht um Tagesformen, sondern um die Hochs und Tiefs die ein Wein zwischen Geburt und Genusstod durchläuft.

Erste Stufe: Bei der Fassprobe, versuche ich möglichst genau jene Stufe zu deklarieren, die ein Wein in seiner besten Genussphase erreichen wird. Um sicher zu gehen, dass ich keinen Wein später abwerten muss, lege ich die Messlatte im kleinsten Zweifelsfall einen Punkt tiefer an, um mir nicht später Vorwürfe von Käufern machen zu müssen.

Zweite Stufe: Wird ein Wein dann ausgeliefert, respektive ist er als fertiges Produkt in die Flasche gefüllt, so gibt es meistens Präsentationen von den Produzenten (z.B. Union des Grands Crus) oder Händler bieten Arrivage-Verkostungen an. Dort wird das Potential neu, respektive wieder justiert. Meist mit der gleichen Punktezahl wie bei der Fassprobe. In etwa 20 % der Fälle einen Punkt höher. Extrem selten tiefer.

Dritte Stufe: An Weinproben von Privatpersonen werden (zu) oft Weine geöffnet die eigentlich noch zu jung sind. Meist präsentiert der Gastgeber die Weine blind. Da kann es schon mal sein, dass der in sich verschlossene Wein nicht ganz das zeigt (zeigen kann!), was in ihm steckt. Und so passiert es, dass der vielversprechende Wein in dieser Zwischenphase um einen Punkt unter seinen Erwartungen liegt.

Vierte Stufe: Der Wein ist reif und macht genau so viel Freude, wie man es in den langen Jahren der Wartens erhoffte. Die effektive Genussreife ist da! Der Wein verdient jetzt seine Punkte und diese Wertung ist in der Regel für fast alle Weinkenner nachvollziehbar.

Fünfte Stufe: Langsam aber sicher gerät der Wein in seine letzte Lebensphase. Die Nase gibt mehr her als der Gaumen verspricht. Bei kleinerer Jahrgängen werden nach dem Nachlassen der Frucht und dem Verschwinden der verführerischen Barriquensüsse kleinere oder gar grössere Mängel sichtbar. Der Spass und die Punkte sinken linear.

Was heisst das Alles jetzt im Falle des angefragten Sociando-Mallets 1997? Ich habe ihn in mehreren Büchern immer wieder beschrieben! Und auch zwei Mal im WeinWisser. Immer habe ich ihn in meiner Access-Datei akribisch nachgeführt. Es liegt völlig an der Natur der Sache, dass ein 97er Bordeaux (schwieriger, eher leichter Jahrgang), heute schon mehr oder weniger leicht auf dem absteigenden Ast ist. Wenn ich die Datei auf weininfo.mobi auffrische, erscheinen dort sofort die allerneuesten Wertungen. Also ist das immer die aktuellste Variante.

1997 Sociando-Mallet: 98: Fassprobe (17/20): Intensives Brombeeren- und Redwoodbouquet, Lakritze und Cassisstaudenwürzton. Saftiger, geradliniger Gaumen, mittelgewichtig vom Fleisch her, jedoch sehr intensiv in der Adstringenz, feinkörniger Fluss, noch etwas aufrauhend. 03: Jean Gautreau hatte mir eine Flasche geschenkt, als er mich im Restaurant Lion d'Or in Arcins entdeckte. Mit Signatur versehen, nahm ich diese Flasche mit nach Hause und trank diese zu einer sommerlichen Grillade: Müsste ich den Spass und die Freude bewerten, so wäre das einer der besten Weine seit langer Zeit gewesen. Vor allem dieses Cassisparfüm, welches ausserdem eine feine Zitronenthymianaromatik aufwies, hatte mich fast umgehauen. Vielleicht ist das auch nur seine momentane Top-Phase gewesen. Gehört für mich momentan zu den beeindruckendsten 97ern. Er ist A gross und B einer der Günstigsten von den Allerbesten! Eine ausserordentliche Sonderleistung. 05: Mittleres Granat mit Purpur-Schimmer, feiner Rand aussen. Süsses, sanft trockenes Bouquet, Kirschentouch, Rosenpfefferkörner, gegerbtes Leder, mittlere tiefe anzeigend. Im Gaumen stoffig, leicht körniger Fluss, Weichselschalen, zeigt erstaunlich viel Extrakt, bourgeoise Konturen aber dafür ziemlich charaktervoll, etwas arrogant dabei, weiteres Potential anzeigend. (17/20). 08: Aufhellendes Purpur, leicht matt, feine Reifetöne aber nicht so, dass man hier von einem 10jährigen Wein ausgehen könnte. Reifes, duftiges Bouquet, dezent grüne, aber nicht störende Noten, Pflaumen, so richtig, reifen Bordeaux zeigend. Im Gaumen weich, angenehm mit wenig Frucht aber immer noch viel Aroma. War zweifellos früher noch etwas besser, ist aber immer noch wunderschön zu trinken. 16/20 trinken - 2010


EINE MEDAILLE FÜR CHARLY

Die dänische Sängerin Wenke Myhre hat für ihren Charly um eine Mark gebettelt. Ich hätte gerne für meinen Charly eine Medaille. Mehr als dreissig Jahre arbeitet er erfolgreich im eigenen Betrieb, visionär was neue Rebsorten betrifft und immer mit beiden Beinen fest auf den önologischen Bielerseeweinboden bleibend.

Doch was haben die erwähnten Charlys sonst noch gemeinsam? Als Wenke Myhre auf den Brettern die die Welt bedeuteten stand und ihren Hit lancierte, begann der andere Charly mit seinem heute sehr erfolgreichen Winzerbetrieb. Man schrieb das Jahr 1977. 

Und jetzt soll das Geheimnis gelüftet werden. Es geht um den mit 60 Lenzen jung anmutenden Charly Steiner aus Schernelz. Ein paar Kurven hoch, durch Rebberge und schon ist man hinter dem Haus und gelangt über eine eher schmale Stiege nach unten in den Weingutsbetrieb. Steht man dann auf der Terrasse vor dem Haus, offenbart sich einem ein berauschender Blick zur Aaremündung und über den ganzen Bielersee mit der harmonisch eingefügten St. Petersinsel. 

Doch wir sind ja wegen dem Wein gekommen! Bei unserem Besuch verkosteten wir den neuesten Jahrgang und Charly griff auch in seine Keller-Reserven und überraschte uns mit ein paar antiken Flaschen aus seinem langjährigen Schaffen.  

Keiner wie Steiner!

Charly sitzt auf seiner Terrasse und schenkt sich den phänomenalen, eigenen 1999er Pinot ein...  

Degustation vom Jahrgang 2008: Der normale Chasselas ist nervig und zeigt deutlich seinen Ausbau im Stahltank (16/20). Terroir und Tradition finden sich im fein nervigen Chasselas Clos l’Abbé (17/20). Sehr gut und Dank Verzicht auf biologischen Säureabbau ist der rassige Müller-Thurgau. Die stützende Säure balanciert herrlich die 7 Gramm Restzucker (17/20). Mit viel gelber Frucht und einem Hauch Ananas zeigt sich der Pinot Gris (17/20. Der Chardonnay ist wohl noch etwas zu jung und muss seine Bitternoten noch etwas verdauen (16/20). Eher fad zeigt sich der Sauvignon Blanc und wirkt so wie ein nettes Weinchen (15/20). Die beiden Pinots sind geradlinig, ehrlich schlank, geradlinig und mit noch vordergründigen Tanninen.
«Leider müssen wir die Pinot Noirs immer schnell lancieren, aufgrund der Nachfrage. Wer bereit ist, ihn etwas zu lagern, erlebt viel mehr, als wenn man ihn zu jung trinkt», meint Charly. Recht hat er, wie der unglaublich jung wirkende 1999er (18/20!), später seine Theorie beweisen wird. 

Beim Cuvée Steiner vom Jahrgang 2007 scheint der Malbec der etwas bessere Teil als der Syrah zu sein. Von mir aus hätte er auch etwas mehr Fassreife vertragen, denn das Potential ist vielleicht gar grösser als man ausrechnen kann.   

Zum Käse überrascht der 1995 Chasselas: Gelb-grün-leuchtend mit unerwartet viel Mineralität. Glatte 18-Punkte für diesen unerwartet grossartigen Wein der damals schon mit einem Drehverschluss ausgestattet war. Ein weiterer Beweis für Charlys visionären Mut und ein historischer Tritt ans Schienbein der ewigen Drehverschlussnörgeler die sich dann umso mehr empören wenn ein mit Korken versehener Wein zapft.
Und als zweiten Abschluss gab es dann auch noch den Jahrgang seiner Tochter Sabine, die ich noch vor ein paar Wochen beim Emmerich Knoll in der Wachau antraf. Der 1978 Chasselas war zuerst etwas stickig. Das hatte aber mit der Luft zwischen dem Wein und dem Korken zu tun. Dann öffnete er sich und bot ein derartig grosses Chasselas-Altweinerlebnis, wie ich es sonst nur von alten, grossen Dezaleys gewohnt war.   

Charly Steiner weiss, wo die fairen Grenzen der Bielerseeweine liegen – bei der Vinifikation und beim Festlegen der Preise für seine begehrten Flaschen. Er strapaziert das Lesegut nicht, sondern begleitet es, je nach Potential. Und doch geht er dann manchmal an die Grenzen um auszuloten, was in Spitzenjahrgängen möglich ist.

So geschehen beim just lancierten 2007 Chardonnay Reserve den er für 120 Franken, die Dreierholzkiste ab Hof verkauft. Klare Chardonnaynase, frisch gemahlene Mandeln, helle Röst- und feine Hefenoten mit einer gewissen Chablis-Affinität in der delikat parfümierten Nase in der auch noch verführerische Allier-Kokosnoten vom perfekt eingesetzten Holz mitschwingen. Im Gaumen trotz Reichtum nicht überladen mit Komplexität und Reineclauden und Karambolle im langen Finale. Gehört zu den allerbesten Chardonnays die je in der Schweiz produziert worden sind. 18/20 trinken – 2018

Wissen Sie noch, welches Lied Wenke auf der Rückseite von «Eine Mark für Charly» besang? «Jedes Lied hat mal ein Ende» – das geht auch mit Charly Steiner’s Flaschen so…


KLEINER GABRIEL – GROSSE SWISSCOM

Unter «aktuell» beschrieb ich vor ein paar Wochen höchst amüsant und journalistisch absolut einwandfrei wie sich für mich persönlich das Roll-Out mit dem neuen Labtop anfühlte. Während sich im Fernsehen die Zuschauer von der «Sendung Pleiten-Pech und Pannen» jeweils köstlich amüsieren, war die Swisscom-Chefetage über meine tatsächlich erlebten Erfahrungen «not amused».

Nach mehrmaligem Schriftwechsel bat man mich höflich aber doch bestimmt, diesen Artikel wieder aus meiner Webseite zu entfernen. Für Mövenpick mache ich das gerne. Dieser Firma, bei der ich auch heute noch gerne arbeite, habe ich sehr viel zu verdanken. 

Für Swisscom mache ich das etwas weniger gerne. Dort bin ich nämlich seit mehr als 30 Jahren pünktlich zahlender Kunde. Das Natel, die Festanschlüsse, die Securitas-Standleitung und auch diese Webseite laufen über ein Swisscom-Abonnement. Wer zahlt, der darf auch mal konstruktiv kritisieren wenn etwas nicht ganz so richtig läuft. Das war bis anhin meine Ansicht…

Dem Frieden zuliebe steht jetzt nichts mehr über die erwähnte Sache auf meiner Webseite und ich werde versuchen das Ganze zu vergessen. Das fällt mir allerdings reichlich schwer, weil ich ja praktisch täglich meinem neuen, wesentlich schwereren Labtop arbeiten muss. Die für mich wichtigen Favoriten auf der Webseite die ich früher noch hatte, sind ersatzlos verschwunden. Viele über Jahre händisch angebrachte Auto-Korrekturen sind einfach nicht mehr da und hunderte, richtig geschriebene Château- und Domainennamen fehlen mir im neuen Wörterbuch. Aber das nimmt man je gerne in Kauf, wenn man einer so gewichtigen Firma einen ganz persönlichen Gefallen tun kann.

Vielleicht macht ja die grosse SWISSCOM auch mal dem kleinen GABRIEL einen winzigen Gefallen? Wenn bei mir zu Hause nämlich das Natel läutet, muss ich immer das Haus verlassen und kann erst etwa 5 Meter neben der Garage auf der Quartierstrasse den Anruf entgegen nehmen ohne zu riskieren, dass das Gespräch unterbrochen wird. Dies deshalb, weil es offensichtlich heute irgendwie noch nicht möglich ist, in einer der grössten, städtisch-nahen Luzerner Gemeinden ein flächendeckendes Netz anzubieten…    


BARTON: GREAT VALUE – FÜR INTELLIGENTE GENIESSER

Irgendwann gehörten die drei Léoville-Weingüter zusammen. Heute ist jeder für sich eine Offenbahrung. Da ist zum einen der Léoville Las-Cases; teuer, sexy mit einer berauschenden Süsse. Dann der kräftige, meist körnige mit maskulinem Akzent; der Léoville Poyferré. Und dann last – aber bei Weitem nicht but least; der noble, feine Léoville-Barton. 

Der Besitzer Anthonny Barton hat zwar in den letzten Jahren das Zepter an seine Tochter Lilian abgegeben. Eigentlich wäre das Weingut wohl von der Leitung an den Sohn Thomas über gegangen, aber leider kam dieser im Jahr 1990 bei einem Autounfall auf der Strasse zwischen Pauillac und Bordeaux ums Leben.

Als ich bei meinen Primeurproben eine immer besser werdende Qualität beim Barton – und mit ein paar Jahren Verzögerung auch beim hauseigenen Langoa – feststellte, fragte ich Anthonny warum seine Weine immer besser würden. Da bemerkte er sarkastisch: «Wir haben nichts verändert, aber viele Dinge verbessert». 

Der mittlerweile 80jährige Patron ist immer für einen Spruch gut und ist sich nicht zu schade, noch immer bei Präsentationen der Union des Grands Crus selber hinter dem Tresen zu stehen und seinen Wein auszuschenken. 

Seit Jahren bewerte ich den Barton sehr, sehr hoch. Wenn ich all meine Noten der besten Bordeaux der letzten 20 Jahre nehme, so steht Léoville-Barton an 7. Stelle. Von der Hierarchie her fraglos ein möglicher Premier-Grand-Cru. Und alle Châteaux die vor ihm oder nach ihm stehen sind viel, viel teurer. Und wenn man die Degustationseindrücke und die Punktezahl des genial gelungenen Jahrganges 2004 in Relationen seiner Konkurrenz stellt, so könne es sich hier um den aktuell besten Bordeaux-Grand-Cru-Value handeln. Und der absolut geniale 2006er ist ein möglicher Kandidat für 20-Punkte in seiner vollen Genussreife!  

Eine beeindruckende Vertikale, kühl serviert, an einem heissen Sommertag, umgarnt mit Eglifilet, Rindshohrücken und ein paar herzhaften Käsetücken. 

Oft gibt es nach den Primeurproben und den Erstpräsentationen wenig Möglichkeiten die Qualität weiter zu verfolgen.
Da kam mir die Idee von Weinfreund Urs Ratschiller 15 Jahrgänge aus seinem Keller zu verkosten gerade recht...

1966 Léoville-Barton: Malagabouquet, Oxydationsnoten, gewisse Süsse, viel Malz. Im Gaumen waldig, blecherne Noten, inkonsistent, noch knapp trinkbar. 14/20 vorbei

1985 Léoville-Barton: Noch recht intakt. Trockenes Bouquet, sehr würzig mit schönem Cabernetschimmer. Schlanker Gaumen, feine Zedernoten, sehr elegant und wunderschön gereift. 18/20 trinken – 2015

1993 Léoville-Barton: Kühles Bouquet, welkes Blatt, schlank, getrocknete Totentrompeten. Nervig-mehliges Extrakt, kapselig. Die Tannine werden sich nicht mehr entwickeln und sperrig bleiben. 17/20 trinken – 2014

1994 Léoville-Barton: Schöne Cabernet-Pflaumennote, gewisse Napa-Affinität mit mineralischem Ton. Samtener Gaumen, verfeinerte Gerbstoffe, spannende Reserven. Cool – und gross! 18/20 trinken – 2024

1995 Léoville-Barton: Süsses Bouquet, rote Pflaumen, Kokos, fast rahmig. Samtener Fluss, viel Eleganz in den Tanninen, zeigt Klasse und macht jetzt viel Spass. Femininer St. Julien! 19/20 trinken – 2025

1996 Léoville-Barton: Röstiges Bouquet, Pumpernickel, zerlassene Schokosauce, Dörrpflaumen. Dicht, fleischig und cremig, komplexer Barton mit erster Reife. Grossartig – ein Winnerwein! 19/20 trinken – 2030

1998 Léoville-Barton: Morsches Bouquet. Warmes Cabernetaroma, aber unsaubere Noten. Wird er in seiner Reife wieder Sauberkeit zurück erlangen? Das Potential liegt viel höher als der Spass! 17/20 warten

1999 Léoville-Barton: Reifes und doch noch recht fruchtiges Bouquet, viel blaubeerige Noten. Im Gaumen schön fleischig, guter Rückhalt, gelungener 99er mit schöner Reife und noch Rückhalt. 18/20 trinken – 2016

2000 Léoville-Barton: Trüffel, dunkle Holznoten, Würze. Markanter Gaumen, unglaubliche Reserven, Schoko, Pfefferkörner. Nicht die grosse Finesse, aber Potential. Braucht noch viel Zeit. 19/20 2015 – 2030

2001 Léoville-Barton: Dunkelröstig, Schwarzbrotkruste, Tiefe und Wärme zeigend. Malziger Gaumen, weiche Tannine, traumhaft balanciert, viel Rückhalt. Steht dem 2000er in keiner Weise nach! 19/20 trinken – 2030

2002 Léoville-Barton: Viel rote Johannisbeeren, leicht laktisch, Kochschokolade. Saftiger Gaumen der aber auch hier rotbeerig bleibt, wirkt frisch, jung und doch mit viel Trinkgenuss. 18/20 trinken – 2018

2003 Léoville-Barton: Rauch, Korinthen, Minze, schwarze Schokolade, ein heisser Terroircocktail. Erotischer Gaumenbeginn, dick, üppig, Kalifornisch und im Finale wie eine Amarone-St-Julien. 19/20 trinken – 2028

2004 Léoville-Barton: Forale Noten, Cassis, schwarze Holunder. Samtig, weich, unglaubliche Eleganz. Feiner Barton und vielleicht momentan einer der allerbesten Käufe unter den Grands Crus!!! 19/20 2011 – 2025

2005 Léoville-Barton: Rahmiges Bouquet, süsses Edelholz, Caramel Tempranillo-Affinität (Ribera del Duero). Cremiger Gaumen mit viel fülliger Souplesse. Stil: 82 & 90. 19/20 2013 – 2030

2006 Léoville-Barton: Schwarze Edelhölzer, Oliven, Valrhona-Schokolade, dichte Nase, Harlan-Napa-Töne. Extrem dicht, viel Stoff. Vielleicht der momentan grösste Barton der neuen Geschichte. 19/20 2015 – 2035

Die kompletten Verkostungsnotizen demnächst in einem WeinWisser...
   


BEST-BOTTLE BEI MARINO

Wie beschreibt man den gewichtigen Marino Aliprandi? Also wenn man sich vorstellen müsste, dass jetzt neben dem symphatischen Basler ein Bresshuhn sitzen würde, so würde das Bresse-Huhn optisch-proportionell sofort zu einer Wachtel mutieren. 

Ein paar Freunde zogen in die Bresse zu Marino und logierten bei ihm im Sapin Bleu. Dort kann man herrlich in der Nähe des Burgunds schlafen und begegnet auf dem Weg vielleicht auch einem veritablen Bresse-Huhn, entweder auf dem Feld oder in der Pfanne, respektive auf dem Teller. Und es gab verführerische Werner-Tobler-Küche (adabei!) und viele, geniale Weine. so zum Beispiel eine traumhafte Doppelmagnum 1999 Hosanna, des neuen Kultpomerols erster Jahrgang 19/20, sowie:

1979 La Mission Haut-Brion 19/20
1986 Gruaud-Larose 19/20
1992 Ridge Monte-Bello 19/20
1990 Domaine de Trevallon 19/20
2000 Vinattieri 19/20
1990 Clos du Clocher, Pomerol 19/20
2004 Gevrey Chambertin Denis Mortet 19/20
1999 Papé-Clément, 19/20
2004 Aurajo Eisele Vineyard 20/20

Den 1989 Château Montrose genossen wir in zwei Varianten. Einmal direkt aus der Flasche (mächtig, mit viel burschikosen Kanten und noch roher Kraft (19/20) und einmal fast 10 Stunden dekantiert; nicht viel feiner, aber in der Nase viel duftiger mit gleich viel Druck aber viel mehr Facetten, irgendwie vollkommener.
Sollen doch die Nichtkenner weiterhin den 90er überzahlen. Mir reicht ein lange karaffierter 1989 Montrose vollkommen: 20/20!

Und dann trank ich noch einen 2005 Corton-Charlemagne von einem mir bisher völlig unbekannten Produzenten. Ich war hin und weg. Erstmals bin ich einem möglichen Blend zwischen Coche-Dury und Domaine Leflaive begegnet. Also abolute Weltklasse: 20/20!
Äh - wie hiess jetzt dieser Winzer schon wieder? Blöd - jetzt will mir der doch partout nicht mehr einfallen. Aber vielleicht berichte ich darüber ein anderes Mal, wenn ich mit Baschi (habe ich versprochen!) im Burgund war und auf dieser noch unbekannten Domaine auf die Türklingel drücken konnte und vielleicht (hoffentlich!) mit völlig überladenem Auto wieder in Richtung Schweiz fahre...

 


MATROSEN AUF DEM VIERWALDSTÄTTERSEE

Es gilt schon als Tradition. Ein Kollege lädt auf sein Jéroboam-Boot auf dem Vierwaldstättersee und ein paar Freunde bekommen eine zweitägige Audienz. Motto: Wenig fahren, weil der Sprit heute so teuer ist und viel trinken, weil die Bordeaux einfach nicht so richtig billiger werden wollen.


So geschehen als Sommerstart mit 1998 Sassicaia; hat mich so beeindruckt wie schon lange nicht mehr. Kräftig, tief, mit Charakter und noch viel rauchiger Frucht 19/20. 1999 Dominus: Sommerkork! Was das ist? Das ist, wenn man im Sommer eine Flasche öffnet die korkt. 1982 Grange Penfolds (auch nicht gerade ein Sommerwein, aber wenn man diese Granate im Sommer öffnet, riskiert man keinen Winterkork, 19/20. Passend für die Sonne; Vega Sicilia Unico Riserva Especial (aus einem Blend von den Jahrgängen 1990, 1991 und 1994), herrlich warm und weich mit einer leicht pilzigen Sandelholzssüsse 19/20. Dann, zwei Cos d'Estournel: Einmal 1982; gefährlich reif, aber grossartig, 19/20 für die Nase, 18/20 für den Gaumen und der 1996, erstmals reif mit viel Finessen und Saft in der Balance, 19/20. Umwerfend der 1989 Palmer. Die 20/20 sind nur verständlich wenn man 49% Bordeaux- und 51 % Burgundliebhaber ist.

Am Abend dinierten wir im Park Hotel Weggis. Nach dem wuchtigen 2004 Riesling Grossen Gewächs Kirchenstück von Bassermann-Jordan (18/20), stand eine 1998-Bordeaux-Trilogie auf dem Tisch: Poujeaux; genial für den Preis von 65 Franken auf der Weinkarte, 18/20. 1998 Pichon-Baron; erst verschlossen, dann mit buttrigem Druck und Cassis-Minze (19/20), dann der rauchige, Nelken- und Tabakwürzige Papé-Clément, duftete so wie die reifen Mission's früher, 19/20 - und sofort auf die Einkaufsliste. Weil noch etwas Abend sowie Durst übrigblieb, bestellten wir noch einen Léoville-Barton 1998. Leider Pech, nicht Korken, aber sonst mit einem Muffton, der mit schon früher aufgefallen, aber angesichts der vorherigen Genussmenge nicht mehr eingefallen war. Ahoi! 


SIZILIANISCHE STERNSTUNDEN

Sizilien gilt als Wiege des Europäischen Weins. Die Reben sollen via Kaukasus auf die südlichste Italieninsel vor 3000 Jahren gelangt sein. Doch diesen zeitlichen Heimvorteil scheinen die Winzer zu lange nicht ausgenützt zu haben. Obwohl vor etwa 25 Jahren eine qualitative Renaissance eintrat, sind wirkliche Spitzenweine heute noch rar. Die grosse Produktionsmasse ist langweilig, säuerlich-dünn oder süsslich-plump und tümmelt sich im Bereich von 14 bis 16 Punkten. Nur gerade die Hälfte wird ins Ausland exportiert. 50 % trinken die Italiener selber. Davon finden ein Viertel aller Flaschen in ebenso mittelmässigen Restaurants einen anonymen, emotionslosen Halbgenusstod. In meiner wöchigen Reise quer durch Sizilien habe ich mehr wie 100 verschiedene Weine verkostet. Und wer viel degustiert, findet dann glücklicherweise auch ein paar Weine die – so wie der Vulkan Ätna – aus der lethargischen Szene herausragen.     


1999 Dederico II Rex Sicilie. Dass es im heissen Sizilien sogar Schaumwein gibt, wusste ich bisher nicht. Dass ich sogar einem 10jährigen Nobelspumante begegnen würde, grenzt schon fast an ein kleines Weinperlwunder. Wir tranken diesen tollen Apero im Hotel Trincanera in S. Vito lo Capo. Dort treibt ein offensichtlich bekannter Fernsehkoch namens Giovanni Torrente sein Unwesen. An seiner mit leuchtenden Goldknöpfen ausgestatteten Kochbluse hängen dokumentarische Speiseresten seines Abendeinsatzes. Der ausgetrocknete, verschwenderisch lang gegrillte, furztrockenne Schwertfisch (Spada) war mit frigorkalten, simpel gekochten Kartoffelscheiben mit Schale (!) garniert. Seine Erscheinung durch die Auftritte zwischen den Gängen am Tisch erinnerten an eine Assemblage zwischen Vico Torriani (Silberfäden) und den Komiker Alfredo (Granada). Als ich ihn dann nach dem Service mit lindengrüner, kurzer Hose und orangem T-Shirt auf dem Mini-Velo davon fahren sah - war mir Einiges klar. Wie sagte doch Franz Xaver Pichler? Nichts Genaues weiss man nicht! 18/20 für den Schaumwein - nicht für den Koch. 

2008 Leone d’Almerita, Tasca d’Almerita: Nach so vielen, sehr mittelmässigen, mit wenig Aromen bestückten Weissweinen kam endlich ein grosser Wein ins Glas. Rund 30 Weissweine standen an der Morgendegustation im New Palace Hotel von Marsala auf dem Tisch. Der mit viel Catarratto und wenig Chardonnay bestückte weisse Leone, ist hell und brillante in der Farbe. Feines, zartpfeffrig-fruchtiges Bouquet, Karambollenoten, Kalk und somit eine gewisse Mineralität zeigend. Saftiger, sehr eleganter Gaumen mit feiner Rasse, verspielt und tänzerisch, sehr lang. Keine Bombe, sondern filigran, kann sicherlich sehr altern und gehört zur wenig dränglerischen Weissweinszene Siziliens. 18/20 trinken -  2018

2000 Chiarandà Donnafugatta: Zum typisch lokalen Buffet auf Donnafugatta zum Fisch-Couscous getrunken. Ein unglaublich frischer Weisswein mit feinen gelben Früchten und hellen Kalknoten. Zeigt auf, dass in der wenig bekannten Traubensorte Asonica ein Potential steckt, das Weine sehr gut altern lassen kann. 18/20 trinken – 2012

2001 Nerobaroni Nero d’Avola Gulfi: Getrunken im gleichnamigen, pompösen und einrichtungsmässig eher schwierigen Restaurant auf dem Weingut. Im grossen Gastrosaal ist stuhlmässig zwar alles in Ordnung aber die Lampen erinnern mit ihrem grellen Licht an eine emsiga Fabrikhalle. Dunkel mit gewissen Reifetönen. Warmes, ausladendes Bouquet, feine Ledernoten, viel Korinthen, Lakritze, noch sehr präsent, trockene Süsse zeigend, beeindruckendes mit Himbeerrispen Finale. Zeigt auf, dass ein grosser Nero d’Avola auch ein gewisses Alter erreichen kann. 18/20 trinken - 2012

2000 Cerasuolo di Vittoria Azienda Agricola Cos: 60 % Nero d’Avola, 40 % Frappato. Nach dem ältlichen, aber noch trinkbaren 1995er getrunken. Getrocknete Erdbeeren, helle Terroirnoten, Rosenpfeffer, sehr duftig und vielschichtig. Im Gaumen, süss, weich, schlank und elegant endend. Die Nase gefiel etwas besser als der Gaumen. Das lag aber vielleicht dran, dass wir den Wein nur tranken und nichts dazu assen. Denn hier handelt es sich definitiv um einen artisanalen Food-Wine! 18/20 austrinken       

2006 Ribeca Firriato: Nero d’Avola – Perricone. Dunkles Granat mit lila Schimmer. Dunkle Kirschen, Black Currantnoten, zeigt Tiefe und Wärme, schwarze Schokonoten im Untergrund. Reicher Gaumen mit feinen, aber fett-fleischigen Tanninen, viel Lakritze im langen, nachhaltigen Finale. Ein grosser Wein der zeigt, dass die autochtonen Sorten Nero d’Avola und Perricone ausreichen um in Sizilien einen beeindruckenden Klasserotwein herzustellen. Wobei der nachfolgende Camelot aus gleichem Hause grad wieder das Gegenteil dieser Behauptung darstellt. 18/20 trinken – 2014

2006 Camelot Firriato: Tiefes, sehr dunkles Granat mit schwarzen Reflexen. Konzentriertes, kompaktes Bouquet mit Rauch, Kakao und Black Currant, dunkle Röstnoten zeigend und somit auch eine schön mitschwingende Süsse die an schwarzes Vanillemark erinnert. Im Gaumen fest, fleischig mit angerundeten Tanninen, ausgeglichene Adstringenz mit Reserven. Gehört zu den modernen Rotweinen Siziliens, schon fast mit mondialem Geschmack und auch einer der wenigen, der mit nicht autochtonen Rebsorten (Cabernet – Merlot) Furore macht. 18/20 trinken – 2015

2004 Duca Enrico Duca di Salaparuta: Diesen garstigen ultramaskulinen 100%igen Nero d’Avola kenne ich schon lange. Irgendwie scheint es in jeder Gegend auf der Welt eine Château-Montrose-Kopie zu geben. Kurioserweise fing dieser tiefschwarze Wein oxydativ an und zeigte dunkles Pilzmehl und trockene Trüffel, dann Rauch, später Korinthen und dann auch schwarze Beeren. Im Gaumen knochig, massive Muskeln und zähes Fleisch und fast zu verschwenderische Gerbstoffe. Und doch ist dieser Wein wie ein Monument, das sich an der Luft erholt und dann – sobald eine etwas verlangende, passende Speise auf den Tisch kommt – zu den grossen, besonders lagerfähigen Sicila Rosso gehört. Apropos passende Speise, das immense Steak das uns Nino in seiner rustikalen Metzgerbeiz in Marsala auf den Grill haute, wies dieselbe Konsistenz wie der Duca Enrico auf. Für Gebissträger eine nicht empfehlenswerte Speise-Weinkombination. 18/20

2006 Mille e una Notte Donnafugatta: Etwa 90 % Nero d’Avola und der Rest ist Betriebsgeheimnis. Sattes, dunkles Weinrot. Zeigt sich floral und frisch mit feinen Fliedernoten, dahinter Cassis und Pflaumen. Fester Gaumen, ausgeglichene Adstingenz die viel Potential zeigt, sandig-konzentrierte Zunge, leicht tintig mit Lakritze im langen Finale.  Viel Reserven und erste Genussreife erst in etwa 5 Jahren zeigend. Sobald ein Nero’Davola anspruchsvoll sein soll, bekommt er halt auch verlangenden Charakter. 18/20 2011 - 2018

2005 Rosso delle Rose Masseria del Feudo: Nero d’Avola, Syrah. Brauchte Luft und zeigte zuerst einen Hühnerbouillonton. Da nahm ich das Glas und schüttete es ein paar Mal ziemlich heftig um. Warmes, reifes Pflaumen- bis Dörrpflaumenbouquet, etwas Cassis, schön ausladend. Im Gaumen rund, weich mit einem fruchtig-floralen Eichenton, zuerst spassig, dann grossartig, viel Rückaroma. Wenig Barrique (nur ein Drittel gebrauchtes Holz) – viel Barrique. 18/20 trinken – 2013. Und dann holte Francesco noch den 2003er Rosso delle Rose aus dem Keller. Der war dann wie ein ganz  grosser, rauchiger, tiefgründiger Hermitage und bot ein schon fast legendäres Sizilien-Rotweinerlebnis. 19/20 trinken – 2015

2004 Costedimueggen Passito di Fanatelleria Benati: Degustiert als Finale auf dem Weingut. Nur 2000 kleine Flaschen als Jahresproduktion. Aus der einzigartigen Traubensorte Zibibbo hergestellt. Der schwersüsse Wein kommt sehr aromatisch daher und zeigt alten weissen Wermuth, Rosinen, helles Malz und in der Schwere drin auch eine verspielte minzige Note die auch etwas Eucalyptus in sich trägt. Im Gaumen reich und dick und mit einem nektarhaftem, gebündelten Finale. 18/20 trinken – 2025

2002 Ben Ryé Passito di Pantelleria Donnafugatta: Leuchtendes Goldgelb. Verrücktes Bouquet, helles Curry, getrocknete Lorbeerblätter, frische Feigen, alter, weisser Wermuth, getrocknete Aprikosen und verschwenderisch viel helle Rosinen. Im Gaumen, dank einer gut stützender Säure mit einem herrlich balancierten Spiel ausgestattet, endet mit einer Nuance von Cantuccibisquits. Geografisch liegt das Weingut eigentlich in Afrika, politisch aber noch zu Italien. Die geernteten Trauben gelangen mit dem Schiff aufs Festland, was ja dann eigentlich auch wieder eine Insel ist. Ein grosser Süsswein der in einer unglaublich grosser Menge hergestellt wird – je nach Jahrgang 60‘000 bis 80‘000 Flaschen. Das ist auf diesem genialen Qualitätsniveau schon fast Weltrekord.  19/20 trinken – 2050

1989 Aegusa Florio Marsala Superiore Riserva: Golden bis Bernstein. Offenes, powervolles Bouquet, würzige und passende Oxidation, Rosinen, Brandy und feine  Pilznoten. Im Gaumen elegant, etwas süss aber mit viel Pfeffernoten im charmanten Körper, unglaublich viel Aromen freisetzend und im Finale an einen grossen Sherry erinnernd, nur mit viel mehr Aromendruck. Wir verkosteten diesen Wein an einem heiss-schwülen Nachmittag im zeitlosen Weingut und nach dem zweiten Schluck war die sich immer stärkere ankündigende Mittagsmüdigkeit praktisch vorbei. Also ein richtiger, wenn auch ungewöhnlicher Aufsteller. Wann haben Sie zum letzten Mal einen Marsala pur getrunken? 19/20 trinken - 2030

 


B.O.B. – BRING YOUR OWN BOTTLE

Die Formel ist einfach: Man definiert ein Datum, einen Ort und vier Teilnehmer. Jeder bringt etwas aus seinem Keller mit und schon ist ein ganz normaler Dienstag ein kleiner Feiertag…

So tiefgründig hatte ich den 1998er Palmer noch nie erlebt, würzig tief, mit Trüffel und getrockneter Pflaumenhaut. Am Gaumen noch eine gewisse Bitterkeit zeigend, die aber mit der noch ausbauenden Adstringenz einherging (18/20). Gemessen an den neuen Palmerpreisen und seinem fantastischen Potential müsste man diesen 10jährigen Wein eigentlich auf die Einkaufsliste bei Auktionen setzen.
Das pure Gegenteil und schon fast kalifornisch kam der 1998er Léoville Las Cases daher: Etwas Bakelit zu Beginn, dann aber mit süssem Sandelholz und dem üppigem Körper schon ziemlich sexy mit Drogen-Affinität (19/20).
Noch moderner und schon zur Ekstase neigend, der 1997er La Mondotte der reif war, aber immer noch mit grosszügigen Holzproportionen und einem Röstton der an Kastanien auf dem herbstlichen Feuer erinnerte. (19/20).
Grosszügig, fein mit Kaschmirtextur der sublime 2001 Hosanna. Ein Pomerol der wirklich das Zeug für einen klassischen Kult-Pomerol entwickelt (19/20). Weder spektakulär noch spekulativ. Einfach beruhigend schlicht und ganz gross! 
Fein, süss mit Rioja-Affinität der 1989 Lafite-Rothschild, so delikat wie es der 53er aus gleichem Hause ist. Wer ihn schlürft erlebt ein Parfüm der Sonderklasse (20/20).
Dann der kräutrige Margaux 1983, der vom Grundgeschmack schon an die legendären Jahrgänge 1945 und 1961 der ganz grossen, trockenen Médoc’s erinnert. Scheint reifer als erwartet und hat doch noch grosse Reserven (20/20).
Noch sehr jung dagegen der 1999 Ausone der noch viel gute Zeiten vor sich hat und – entgegen fast allen anderen heute reifen 99er – zum geduldigen Warten tendiert.
Und dann – wie bei einem richtigen Feuerwerk zum Schluss die Bombe schlechthin; 1990 Le Pin, noch viel Frucht, im laktischen Nasenbild Himbeeren, Holunder und Heidelbeeren zeigend.


MINI COS – MIDI COS – MAXI COS

Auf Cos d’Estournel werden vier verschiedene Weine produziert. Von einem hört man momentan wenig. Es handelt sich dabei um den Château de Marbuzet. Früher war dies der Zweitwein von Cos. Heute liegen von den nur 7 Hektar zwei brach. Und so versteckt der Generaldirektor Jean-Guillaume Prâts in letzter Zeit aus Mengengründen diesen Wein und zeigt ihn nicht mal bei dem Primeurverkostungen.

Umso mehr fördert er das Trio Goulée, Pagodes und den Grand Vin – Château Cos d’Estournel – himself. Der Goulée stammt aus einem sehr nördlichen Bereich des Médocs wo nur noch vereinzelt Reben stehen und der Cabernet meist knapp ausreift und mit einem ziemlich dunklen Röstton überdeckt werden muss. Das ist auch beim Goulée der Fall, aber da die Cabernetstöcke sehr alt sind, gelingt die Übung (meistens). Der Pagodes de Cos ist heute der offizielle Zweitwein und wird teurer verkauft als eben so gute und lagerfähigere Crus Bourgeois aus der gleichen Appellation St. Estèphe. Motto: Nomen est omen! Und viele Weindumme auf dieser Welt trinken offensichtlich lieber die Spurenelemente und Reflektionen von Cos als sich die Namen Tour-de-Pez, Phélan-Ségur, de Pez, Lafon-Rochet oder Ormes-de-Pez merken zu müssen. Gut für uns!

Und auch der Cos bleibt heute mit den neuen Jahrgängen auf einem recht hohen Preisniveau. Weil er praktisch auf Premier-Grand-Cru-Niveau liegt, sei ihm dieses Verdikt gewährt.

Als Première vom Welt-Wein-Festival in Bad Ragaz durfte ich mit ihm ein Wine&Dine im Hotel Quellenhof durchführen. Als Überraschung entkorkten die Sommeliers auch noch ein paar Flaschen 1947 und 1953 Cos. Die hatte ein anwesender Gast mitgebracht – einfach so.

2004 Goulée                           16/20 trinken
2005 Goulée                           17/20 warten
2006 Goulée                           17/20 warten

2001 Les Pagodes de Cos       16/20 trinken
2003 Les Pagodes de Cos       17/20 trinken
2004 Les Pagodes de Cos       17/20 warten

1947 Cos d’Estournel              17/20 vorbei
1953 Cos d’Estournel              19/20 austrinken
1988 Cos d’Estournel              18/20 austrinken
1989 Cos d’Estournel              19/20 trinken
1990 Cos d’Estournel              18/20 austrinken
2001 Cos d’Estournel              17/20 trinken
2002 Cos d’Estournel              18/20 warten
2003 Cos d’Estournel              19/20 warten
2005 Cos d’Estournel              19/20 warten

P.S. Es gäbe neu auch einen weissen Cos d'Estournel. Der wird im Norden bei Goulée produziert. Und den schenkte er uns bei unserer Primeurverkostung zum Mittagessen ein. Und der neue, weisse Cos wäre auch recht gut und ich wollte schon ein paar Flaschen für Mövenpick und die Cos-Fangemeinde bestellen.
Aber als er mir den Preis sagte, erwähnte ich mein Vorhaben mit keinem Wort mehr. Dann doch lieber den roten zum gleichen Preis... 


JOHANN REINISCH †

Nirgendwo ist man den Spitzenwinzer so nah wie in Österreich. In meinem Handy habe ich nur wenige Telefonnummern von Winzern gespeichert. Man kann diese an einer Hand abzählen. Die von Johannes Reinisch war auch dabei. Mindestens alle zwei Monate rief er mich an, fragte wie es mir ging und erzählte vom neuen Jahrgang, von neuen Lagen die gepachtet wurden von Weinen die just gefüllt worden waren und immer lautete am Schluss die Frage: «Wann kommt Ihr wieder Mal zu uns?».


Ich war immer beeindruckt von diesem Patron. Es gelang ihm, seine Kinder harmonisch in den Familienbetrieb zu integrieren. Jeder erhielt einen gebührlichen Posten, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten am besten entsprechend. Er hat seine Jungmannschaft gefordert und gefördert. Der Betrieb strahlte förmlich Lebensfreude aus und seine Weine waren schlichtweg genial. Er hat dem Rotgipfler zu einer möglichen Renaissance verholfen, dem Chardonnay den Reichtum geschenkt, den Pinot Jahr für Jahr schmackhaft und fein mit verschwenderisch viel Frucht in die Flasche gebracht und den Sankt Laurent zur Weltklasse geführt.  

Nun ist Hans verunglückt. Mit dem Traktor im Rebberg. Weil er alles schon zu Lebzeiten geregelt hat, wird sein Erbe - da bin ich mir ganz sicher - mit Akribie fortgesetzt. Auch wenn Wein einen grossen Anteil in unserem Leben einnimmt, so spielen wir an sich eigentlich eine kleine Rolle. Johannes Reinisch hat aber rund um den österreichischen Weinbau eine grosse und wichtige Rolle gespielt. Und er hat mir in den vielen Stunden die wir zusammen sassen, fachsimpelten, Surschnitzel assen und seine wunderschönen Weine dabei tranken gezeigt, dass Freundschaft wichtiger ist, als Punkte und Bestellungen.       


VIER MAL 1971

Als ich den 1971er Petit Village im Hotel Montana als ersten Pomerol vorstellte erwähnte Rudolphine Pichler so beiläufig, dass das ihr Hochzeitsjahrgang wäre und sie überrascht sei, wie gut dieser noch schmecken würde. Sie hätten beide schon jahrelang keinen Wein aus diesem Jahrgang mehr getrunken.

Gut so – dachte ich, denn ich hatte noch keine Idee, was wir am Wochenende mit den beiden entkorken sollten. So holte ich ein paar Flaschen aus dem Keller für das Nachtessen am Pfingsten. Alle blind verkostet – jedes Paar hatte vier Gläser vor sich.

Im ersten Glas wieder der 1971 Petit-Village. Reif, offen, viel Schokonoten und eine recht schöne Fülle, genau so wie ein reifer, ziemlich grosser Pomerol schmecken sollte. (18/20). Dann der Léoville Las-Cases 1971; trocken in der Nase, die Médoc-Herkunft recht deutlich verratend. Im Gaumen dann aber süss, mit Caramelnoten und einem gebündelten Finale. (17/20). Sehr duftig und mit viel Dattelnoten und Erdbeerresten der 1971er Palmer. Dieser legte permanent zu und gefiel eigentlich in der ersten Viertelstunde am besten. (18/20). Wenn da nicht im Glas 4 noch der 1971 Cheval Blanc gewesen wäre. Bräunlichrot in der Farbe. Fett im Bouquet mit viel getrockneten Kräutern, hellem Malz und orientalischen Gewürzen. Im Gaumen ziemlich fett, wiederum kräutig im Extrakt und mit einem exorbitanten Nachgeschmack. (19/20).
Im Jahr 2011 habe ich mir vorgenommen eine recht grosse 1971er-Probe auszuschreiben. Und ich bin mir sicher, dass das eine ganz tolle Sache wird. Besonders wenn dann auch noch ein paar Burgunder dabei sind. Der 1971 Climens und auch der Jahrhundertwein Grange Penfolds…      


POMEROL UND PICHLER 

Der Schweizer Ausdruck dass es an «Pfingsten am Ringsten» geht, passte für den Event. Tolles aber nicht zu warmes Wetter, ein Ohrenschmaus für Musikfreunde mit «Filet of Soul», ein weisser Auftakt mit den genialen Weinen von F.X. Pichler aus der Wachau und jede Menge Pomerol in allen Charakter- und Jahrgangsfacetten. Und einen reifen Sauternes (Sigalas-Rabaud – 17/20) zum Abschluss.


2008 Grüner Veltliner Frauenweingärten F.X. Pichler        17/20
2008 Urgestein Terrassen F.X. Pichler                            16/20   
2006 Riesling Loibner Berg F.X. Pichler                          19/20
2000 Grüner Veltliner Kellerberg F.X. Pichler                   20/20

1971 Petit-Village, Pomerol                                           18/20
1975 Clinet, Pomerol                                                    16/20
1979 Latour à Pomerol, Pomerol                                    17/20
1988 Gazin, Pomerol                                                    18/20
1989 Mazeyres, Pomerol                                              16/20
1992 Lafleur, Pomerol                                                   18/20
1998 La Grave Trigant de Boisset, Pomerol                    18/20
2000 Le Plus de Fleur de Boüard, Lal. Pomerol               20/20
2001 Hosanna, Pomerol                                                19/20 


KORKENGELD IM RESTAURANT

Wir nahmen wie immer ein paar Flaschen Wein zum Lunch mit. Das Lokal ist bei mir in der Nähe und ich kehre dort oft und auch gerne ein. Nicht dass die Weinkarte schlecht wäre – im Gegenteil. Aber wenn man halt unter Freunden zu einem Kartenspiel plant, dann soll auch gleich jeder eine Flasche Wein aus dem Keller mitnehmen. Auf einem Zettel auf dem Buffet entdeckte ich den Tarif vom Korkengeld der an uns zu verrechnen war. Für die erste Flasche 25 Franken, für die zweite noch 20, für die dritte 15 und für die letzte noch gerade 10 Franken. Das ist wirklich ein Freundschaftspreis und eine Formel, wie ich sie selbst noch nicht kannte.

Wenn man schon Wein mitnehmen darf, dann fragt man auch nicht lange, was dann das Korkengeld kostet. Doch was ist angebracht, respektive fair?

Der Rekord hält bis jetzt ein Nobelhotel in Interlaken inne. Dort war ich einmal als Entertainer beauftragt und die Gesellschaft wollte Schweizer Weine zum Diner. Ich besorgte diese Flaschen, passend zum mir kommunizierten Menu. Also verrechnete ich Weine und meine Gage an den Veranstalter. Der Veranstalter wiederum zahlte Menu und Korkengeld ans viktorianische Hotel. Später erfuhr ich, dass pro Flasche 80 veritable Schweizer Franken Korkengeld in Rechnung gestellt wurden. Also kostete eine einfache Flasche Zürcher RieslingxSylvaner den Veranstalter über 100 Franken im grossen Saal! Das wäre an sich schon einen Eintrag ins helvetische Guiness-Buch wert gewesen.

Nicht viel günstiger geht es, so weit ich mich erinnern kann, auf dem sonnigen Berg in Zürich zu und her. Hier hörte ich einmal den inoffiziellen Tarif von 70 Franken pro önologisches Mitbringsel. Auch unverschämt – finde ich.

Natürlich hat das Ganze gegen unten eine Grenze. Es soll nicht ankommen, dass eine Gesellschaft billigen Wein mit nimmt, um beim geplanten Bankett sparen zu können. Ich finde ein Korkengeld soll mindestens so viel kosten, wie die günstigste 75cl.-Flasche Wein, die sich auf der Weinkarte des betreffenden Betriebes befindet. Warum? Wenn ich anstatt die mitgebrachte Flasche die preiswerteste im Restaurant trinke, so hat der Wirt - respektive sein Team - genau die gleiche Arbeit. Er verdient so sogar noch etwas mehr, weil er keinen Warenaufwand hat. Je nobler das Restaurant ist, so teurer wird die günstigste Flasche Wein sein, also gleicht sich hier auch der Standard aus.      

Meist ist ja die Chefin oder der Chef vom Haus selbst ein Weinliebhaber. So kann man ihm auch anstatt das Korkengeld zu entrichten auch einen angemessenen Schluck von der mitgebrachten Flasche offerieren. Das kommt dann aber eventuell teurer als das Korkengeld…


MADAME & MONSIEUR

Es gibt halt doch immer wieder Situationen bei denen man für Weinbeschreibungen das Wort feminin oder maskulin herbei zieht...

Gegensätzlicher hätten die beiden Weine nicht sein können. Da war zum Einen der feine, würzige Château Canon-La-Gaffelière mit seiner schon fast cremig zarten Textur und einer süffigen Nonchalence in vollendeter Reife. Und als Kontrahend der Château Béau Séjour-Bécot. Dieser kam brachial daher mit Ecken und Muskeln fast schon wie ein rustikaler Médoc. Doch irgendwie erinnerte mich die Konzentration dieses Trojanischen Pferdes an Jahrgänge wie 1945 und 1961. Hier braucht es noch viele Jahre Geduld.
Letztendlich hatten die beiden Weine doch noch drei Dinge gemeinsam: Die Herkunft aus St. Emilion, den Jahrgang 1998 und die gleich hohen Bewertungen: 19/20!  


OPTIMALER FINANZKREISLAUF

Es ist August, eine kleine Stadt an der Riviera, Hauptsaison, aber es
regnet, die Stadt ist leer. Alle haben Schulden und leben auf Kredit.
Zum Glück betritt ein reicher Russe eines der Hotels:

Der Russe will ein Zimmer, legt 500 Euro auf den Tisch und geht, um
sich das Zimmer ansehen.

Der Hotelchef nimmt das Geld und rennt zum Metzger, um seine Schulden
zu begleichen.

Dieser nimmt die Banknote und rennt zum Schweinezüchter, um seine
Schulden zu regulieren.

Dieser nimmt die 500 Euro und rennt zum Futterlieferanten, um seine
Schulden zu reduzieren.

Dieser nimmt das Geld und gibt es der Nutte, bei der er laufend auf
Kredit war (Krise).

Die Nutte nimmt das Geld und rennt zum Hotelchef, um ihre Schulden
für das Stundenzimmer zu regulieren.

Genau in diesem Moment kommt der Russe zurück, sagt, das Zimmer gefalle
ihm nicht, nimmt seine 500 Euro zurück und verlässt die Stadt.

Niemand hat etwas verdient, aber die ganze Stadt hat keine Schulden mehr
und schaut plötzlich wieder völlig optimistisch in die Zukunft!


DUFT- UND GAUMENORGIE NACH 50 JAHREN: 1959 SAUTERNES

Wer auf einer öffentlichen Auktion einen grossen, reifen Sauternes ersteigern will, muss in der Regel gegen den angefressenen Süssweinfreak Jürg Richter antreten. Denn dieser bekannte «Sauternes-Hunter» kauft alles, was gross und reif ist. Und wenn er wieder ein grosses Thema an Lager hat, dann informiert er seine Freunde und schreibt Tastings der besonderen Art aus. Meist auf seiner eigenen Webseite die sinnigerweise: www.sauternes.ch heisst!


Jürg Richter:

Der Märchenkönig im Sauternesland...  

Mehr als 1001 Flaschen schlummern in seinem Süssweinkeller!

Hier mit 1959 Y de Yquem und Château d'Yquem auf dem Bild.

So geschehen im Mai im Restaurant Lindenhofkeller. Mehr als zwei Dutzend Sauternes 1959 standen zur Blindprobe an. Von einfachen Händlerfüllungen, zu unbekannten, heute nicht mehr existierenden Weingütern, bis hin zur Elite der namhaften Barsac- und Sauternes-Crus. Und um die Gäste in der Blindprobe zu testen, war der honorige und entsprechend teure  Château Yquem 1959 gleich zwei Mal auf dem Trapez. 

Im Jahr als der ellenlange Film Ben Hur im Kino für Furore sorgte und für die Daheimgebliebenen erstmals die Serie Bonanza in den Röhrenkästen flimmerte und Fidel Castro in Kuba ans Ruder gelangte, wuchs im «süssen Süden» des Bordelais ein ganz besonderer Jahrgang heran. Eine frühe, volle Traubenreife in Kombination mit dem berühmten Ciron-Nebel begünstigte die Edelfäulnis in einem sehr seltenen Ausmass. Anstatt mühsam einzelne, vom Botrytis befallene Trauben in vielen Erntedurchgängen raus zu picken, konnten die Weinbauern in drei Durchgängen ganze Trauben picken. Und schon bald schlummerten viele grosse Sauternesweine nach der Gärung weiter in den Betontanks. Barriquen für den Reifeprozess im Keller waren eher selten und jenen Gütern vorbehalten, die die höheren Preise erzielten. Doch auch hier waren Bestellungen für viele, neue Fässer bei den Küfern eher eine Seltenheit. Nach 50 Jahren Reife scheint dieses «Manko» (im Vergleich zu heutigem Ausbauprozedere) überhaupt kein Handicap zu sein. Die Probe zeigte, dass die Qualitätsmöglichkeiten eindeutig bei den bekannteren Châteaus lag und die einfacheren Süssweine längst hätten ausgetrunken werden sollen. Erstaunlicherweise konnten ein paar Weingüter mit einer gleich hohen Bewertung von 19/20 mit dem teuersten Château d'Yquem mithalten. So Doisy-Védrines, Rieussec, de Rayne-Vigneau, La Tour Blanche, Gilette Crème de Tête und der sonst permanent enttäuschende Filhot. Und als Zugabe servierte der Organisator Jürg Richter eine weitere Rarität als honorigen Apéro; den trockenen «Y» von Château d'Yquem. Hier Benotungen in der Reihenfolge wie wir die Weine degustierten. Die ausführlichen Beschreibungen folgen im WeinWisser…

1959 Y de Yquem:                     17/20 vorbei
1959 Doisy-Védrines:                 19/20 trinken 
1959 d'Arche:                            18/20 trinken  
1959 La Tour-Blanche:               19/20 trinken 
1959 Coutet:                             16/20 austrinken 
1959 Rieussec:                         19/20 trinken 
1959 Grillon:                             16/20 austrinken
1959 Gilette Crême de Tête:       19/20 trinken 
1959 de Rayne Vigneau:            19/20 trinken 
1959 Guiraud:                           16/20 vorbei
1959 Sigalas-Rabaud:                17/20 austrinken 
1959 Bastor-Lamontagne:           15/20 vorbei 
1959 Doisy-Daene:                     17/20 trinken 
1959 Climens:                           17/20 trinken
1959 Piada:                               18/20 trinken  
1959 Lafaurie-Peyraguey:           16/20 trinken 
1959 Suduiraut:                         18/20 trinken   
1959 Filhot:                               19/20 trinken  
1995 Caillou Crème de Tête:       16/20 austrinken
1959 d'Yquem:                           19/20 trinken

Kleines P.S. am Rande. Auch wenn es sich manchmal so liest, dass ich die schönsten Weine der Welt gleich literweise hemmungslos trinken darf, so gibt es doch für mich grundsätzlich frappante Unterschiede zwischen Plausch und Arbeit.
Da ich mit dem Auto in Zürich geschäftlich unterwegs war, spuckte ich brav an dieser einmaligen Verkostung. Man muss nämlich nicht den Magen liquid füllen um tolle Weine richtig zu erleben.
Auge, Nase und Gaumen (ob spucken oder schlucken) genügen vollends um die Grösse eines Weines zu erkennen und auch zu erleben. Als ich zu Hause angelagt war, prüfte ich meinen Promillegehalt mittels professionellem Lion-Alcotester. Resultat: 0.0 Promille! 


Der Fine-Wine-Index zeigt bereits wieder etwas nach oben.
Das wäre zwar an sich eine gute Nachricht - aber nur für Investoren.
Für echte Weingeniesser ist vielleicht jetzt der letzte Moment um so günstig an seit Jahren unerschwingliche Weine heran zu kommen.

Motto:
- Reagieren
- Realisieren
- Regalisieren
- Dekantieren
- Inhalieren


LATOUR-SCHWIPS

Als Schwips bezeichnet man auch einen Damenrausch unter Herren. Aber wie kann man von dem teuren Château Latour so viel trinken, dass ein solcher Zustand überhaupt möglich ist?

Wenn ich Motorrad fahre, dann trinke ich nichts. Rein gar nichts! Erst wenn dieser Koloss auf dem dem Ständer steht, kommt ein kühles Bier in Frage. Und dann zum Essen auch ein Glas Wein. In besagtem Falle war es ein grosses Glas, das oft mit wechselnden Jahrgängen nachgeschenkt wurde. Wir sitzen auf der Terasse. Links viele Pinien, unten das Dorf Ste Maxime, weiter hinten die Bucht von Saint Tropez und viel beruhigendes Meer. Der Gastgeber hat sein Inventar ausgedruckt und wir können auswählen. Tolle Liste mit vielen Möglichkeiten. Doch die Idee kommt von Lucien selbst: «Warum trinken wir nicht den ganzen Abend Château Latour». Passt zwar nicht unbedingt zum Kalbsbraten der im Ofen schmort, denke ich mir, aber wer würde einem solchen Vorschlag widersprechen. Eifrig wird dekantiert und den Auftakt bildet der 1955er. Etwas morbid von der Süsse und vor Jahren etwas dichter erlebt aber immer noch ein rühriges Altweinerlebnis. (18/20). Dann der fette, dicke 1964er, der viel Luft brauchte (19/20). Und schon kommt der Paukenschlag, 6 Stunden dekantiert: Latour 1970. Eine glatte 20/20! Barock, gross, so wie ein Latour schmecken muss, tiefgründig mit viel Trüffel und schwarzbeerigen Fruchtresten. Da wirkte danach der feine, eher leichte 1985er Latour wie ein Lafitchen. (18/20). Noch viel zu jung der 1995er mit Power, Fleisch und einem Potential für mindestens 30 Jahren. (19/20). Und als ich mir überlegte, ob ich ein Schlummerbierchen aus dem Kühlschrank holen sollte, stand wieder eine Karaffe mit einem weiteren 1970er auf dem Tisch. So macht Motorradfahren Spass... 


PROBLEM: BRÖSELKORKEN 
LÖSUNG: LAMELLENKORKENZIEHER

Was macht man, wenn der Korken bröselt?
Die Flasche steht auf dem Tisch, der Korkenzieher frisst seine Spirale in den Korken, doch anstatt dem erwarteten «Plopp» erscheinen nur Sägemehlspäne und in der Mitte des Korkens sieht man ein Loch. Je mehr Versuche man unternimmt, desto mehr Brösel kommen raus und das Loch wird etwas grösser. Doch der Korken klebt. Jetzt ist guter Rat gefragt. Es gibt mehrere Varianten

Variante A: Lamellenkorkenzieher (siehe Bild unten)
Variante B: Zwei Korkenzieher verwenden und beide gleichzeitig raus ziehen. 
Variante C: Mit einem grossen Schraubenzeiher ins Loch und versuchen den Korken rauszudrehen.
Variante D: Die Brösel mit dem Staubsauger entfernen und den Korken ganz rein drücken.
Variante E: Mit einem Schraubenzieher von oben kleine Stücke ausbrechen, die restlichen Korkenstücke reindrücken und dann den Wein sieben. Am besten ein Plastiksieb (kein Metall) verwenden.














Lamellenkorkenzieher:

Ein wichtiges Utensil für Altweinfreunde...

JASSEN UND BORDEAUX 

Das Klische will eigentlich, dass man(n) einen rauchigen Stumpen im Mundwickel hat und ein Bier auf dem Deckel. Aber es geht auch anders, wie zwei Wochentage mit Freunden beweisen.


Am Montag mit Freunden bei uns zu Hause...
1988 Lynch-Bages: Korken raus gezogen, eher kühl serviert, alle waren restlos begeistert. Es gibt wenige, grosse 88er die auch nur Spurelelemente von «etwas sexy» aufweisen. Dieser hier ganz sicher. 19/20
1970 Lynch-Bages: 8 Stunden dekantiert. Würzig, erdig, Torf aber auch mit einer trockenen Süsse, ziemlich grosser Klassiker. Wer ihn nicht so lange dekantiert, weiss nicht wovon ich schreibe. 19/20
2000 Lynch-Bages: Geöffnet und sofort ins Glas und es geht los wie ein önologisches Rodeo; süss, Pflaumen, Caramel, Black Currant, Butter. Ein fast verbotener Wein zum literweise saufen. 19/20

Am Dienstag im Sempacherhof mit dem Gastgeber Martin Merz...
1995 Cheval-Blanc: Die reife, bräunliche Farbe erstaunt. Das Bouquet malzig, trocken-süss. Zuerst hielt ich ihn für einen grossen Tessiner-Merlot, dann mittelüppig. Schwer verständlich. 18/20
2001 Lafleur: Junge Farbe. Trockenes Bouquet, ich suchte im Médoc, was ja bei einem Lafleur schon fast logisch ist, viel Würze, getrocknete Beeren, unglaublich viel Potential und so viel zu jung. 19/20
1995 Montrose: Vulgärer Beginn, Fleischabschnitte und Hühnerbouilllon. Im Gaumen sehnige Tannine, massiv, wahrlich kein Jasswein. In 10 Jahren zum Esssen trinken. 19/20
1995 Cos d'Estournel: Nach dem barocken Montrose schon fast ein hemmungsloser Genuss. Viel Zedern, Mokka und mit saftigem Body. Dieser Wein war nicht sehr lange im Glas... 18/20  


12 JAHGRÄNGE CHÂTEAU ANGÉLUS

Einen Abend lang nur Angélus trinken! Wer kann das schon? Ausser man war am Freitag, 8. Mai 2009 im Freudiger's Hardern Pintli bei Lyss. 

Ich war da. Und auch mein Freund Hubert de Bouard de Laforest (Besitzer von Angélus) war dabei. Und auch die Crew von Hotel Fletschhorn aus Saas Fee war da. So konnte der eifrige Angélus-Sammler und Wirt vom Pintli, André Freudiger den Abend mit seiner Gattin Judith Estermann auch an unserem Tisch geniessen.

Angélus ist heute einer der ganz grossen Top-St-Emilions! Das merkt man schon einmal grundsätzlich wenn man die Preislisten studiert. Aber man merkt es auch, wenn man diesen grossen Wein im Glas vor sich hat. Dunkel, trocken, tief, schwarzbeerig, trüffelig, kräftig mit Fleisch und Power. Aber – er braucht immer gut 10 Jahre bis ein Angélus auch wirklich Genussfreude bereitet. Manchmal dauert es noch länger. Das liegt am sich langsam entwickelnden Cabernet-Franc. Und dieser ist im Angélus meist mit fast 50 % im Blend vorhanden. Am bourgeoisen 1994er habe ich mir früher fast die Zähne ausgebissen. Auch heute noch braucht er immer gut zwei Stunden Luft. Die zwei feinsten und erotischsten Jahrgänge sind 1990 und 1995. Zugelegt hat auch der 1989er. Die überraschenden aus den Off-Vintages; 1996 und 2004. Und welcher wird wohl der grösste Angélus aller Zeiten werden? 2000 oder 1998. Ich tendiere zu Letzterem…

1988 Château Angélus:   17/20 austrinken
1989 Château Angélus:   19/20 trinken - 2020
1990 Château Angélus:   19/20 trinken - 2018
1993 Château Angélus:   17/20 austrinken
1994 Château Angélus:   19/20 trinken - 2024
1995 Château Angélus:   19/20 trinken - 2025
1996 Château Angélus:   18/20 trinken - 2020
1998 Château Angélus:   19/20 trinken - 2028
2000 Château Angélus:   19/20 2012 - 2032
2001 Château Angélus:   18/20 trinken - 2020
2003 Château Angélus:   19/20 trinken - 2028
2004 Château Angélus:   19/20 trinken - 2025


RIECHEN SIE GUT?

Bevor ich es richtig begriff, machte ich mich noch lustig über mich selbst. Einmal mit dem Artikel «nasale Impotenz» und später mit der Story im Buch Weingeschichten «Aromenlose Weihnachten». Beide Male ging es darum, dass mein Geschmacksinn über Tage lang abstinent war. Wohl einer länger andauernden Erkältung wegen, dachte ich…

«Du pfeifst», meinte meine Gattin Karin am Morgen. «Das Schnarchen bin ich ja längst gewohnt, aber dieses Pfeifen auf Deiner Lunge!»  Mir fiel dies schon früher auf und ich hatte jeden Morgen einen schleimigen Aufwurf und hustete immer stark nach dem Duschen. Nicht ganz so schlimm – aber doch lästig.
Mein Hausarzt stellte fest, dass etwas mit den Bronchien nicht in Ordnung war und verschrieb mir ein wirkendes Lungenspray das auch bei Asthmaproblemen eingesetzt wird. Vorsichtshalber schickte er mich noch zu einem Lungenspezialisten.

Dieser prüfte meine Lunge auf «Herz und Nieren» und untersuchte mich auch noch auf Schlafapnoe und meinte dann, dass die die Lunge zwar durch Schleim belastet würde, dieser aber von anderswo her stammen müsste. Und überhaupt sei die Lunge irgendwie mit der Nase verbunden – so eine Art «United Airways». 

Der erste Nasendoktor machte zugleich ein Röntgenbild und entdeckte dabei eine chronische Nasenschleimhautentzündung und einen Polypen der wohl den Weg zu meinen Riechzellen etwas verstopfe. Und empfahl mir die Einnahme von Kortison. 

Zurück beim Lungenarzt testeten wir noch Allergien aus mit zwölf kleinen Stichen und eben so vielen verschiedenen Möglichkeiten sich irgendwo in der Natur eine mögliche Schwellung der Nasenschleimhaut zu holen. Es zeigte nur eine Allergie auf Hundehaare an. Meine Schwiegermutter hat einen so niedlichen Golden Retriver…
Da er mich aber als «Bordeauxpapst» erkannte meinte er, wir müssten noch eine Stufe höher gehen und er würde mich noch gerne zur letzt möglichen helvetischen Instanz schicken: zum Nasenpapst!

«Wer ist denn dieser Nasenpapst?», fragte ich meinen  Lungenarzt. «Das ist der Professor Doktor Simmen in Zürich». «Das ist eine sehr gute Idee meinte ich – schicken Sie mich doch zu Daniel!», entgegnete ich dem verdutzten Mediziner.

Ich erinnerte mich da an ein Seminar bei Beat Caduff mit Daniel Simmen. Es ging darum einen medizinischen Kurs über Gesichtswiederherstellung in ein Wine&Dine zu verpacken. Beat und ich präsentierten frohlockend-geniesserisch die Weine und versuchten das Essen besonders schmackhaft zu machen.
Und dazwischen zeigte Professor Doktor Daniel Simmen ein paar einfühlsame, gestochen scharfe Bilder vom Innenleben der Gesichtshälften. Vor, besonders während und nach der Operation. Es gab zwar Kalbsfilet zur Hauptspeise aber Blutwürste hätten besser gepasst…
Aber an diesem Abend lernte ich Daniel kennen und war erstaunt über seine Vorliebe zur französischen Küche und seinen klaren Vorstellungen zum Wein; insbesondere Bordeaux und Rhône.

Nach meiner ersten Konsultation schickte er mich in die Computertomographie. Dort erkannte man wieder als erstes diesen grossen Polypen und weitere Geflechte im Nasengang. Auch er riet mir zu Kortisonspray und vor wichtigen Weinproben zu Kortisontabletten über mehrere Tage eingenommen. So rettete ich mich in letzter Zeit über die vielen Degustationen hinweg. Doch irgendwie schwand das Geschmacksempfinden nach und nach. Gleichzeitig geriet ich in eine gewisse Genussdepression. Und irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und stellte dem Daniel Simmen per Mail die alles entscheidende Frage ob eine Operation meinem nasalen Handicap ein Ende bereiten könnte?

Der Zeitpunkt gestaltete sich schwierig, denn bei mir reihten sich Termin an Termin. Frühjahr ist bei mir Hochsaison und der Höhepunkt stand ja noch aus: Der Bordeauxmarathon! Um sicher zu sein, dass ich ohne nasale Probleme zwischen Pauillac und Saint Emilion unterwegs war, spritzte mir der der Hausarzt gleich ein dreiwöchiges Kortisondepot. Das half mir über die Runden. 

Es war Mittwoch. Von der Rezeption der Hirslandenklinik in Zürich schickte man mich zu Patientenaufnahme. Von dort zur Tagesklinik. Ein paar Fragen, Formulare, Blut nehmen, Spitalhemd. Letzteres wurde von der Normalgrösse noch kurzfristig auf das Modell Jéroboam umgetauscht. Ein freundliches Gespräch mit der Anästhesistin, ein Stich in den linken Unterarm und schon war ich weg. Die Operation dauerte etwas mehr als zwei Stunden. Es wäre viel mehr zu tun gewesen als erwartet, erfahre ich in der Nachbesprechung. Sehr viele Polypen von Nasen- und deren Nebenhöhlen her, die Nasenwand gerichtet und das Schleimhautbeet verkleinert und was sonst grad noch so anfiel. Aufgrund des Ergebnisses vermutet man, dass meine generelle Geruchsempfindung noch so bei ungefähr 10 bis 20 % lag – ohne Medikamente.

Bereits am anderen Tag zog man mir die lästigen Plastikröhrli aus der Nase und die entsprechenden Halterungen. Es folgte Absaugen und Nasenreinigen. Und eine stattliche Anzahl von Medikamenten servierte man mir zu jeder Mahlzeit.
Die ersten Resultate sind bereits verblüffend. Die Nase ist offen, die Luft zirkuliert in «vollen Rohren». Ein herrliches Gefühl! Ich rieche bereits etwas. Das Duschmittel am Morgen, noch stärker das Deo, etwas weniger den faden Lindentee, dann wieder deutlich die gerösteten Zwiebeln auf Maccaroni. Ich rieche an allem sehnsüchtig was ich esse und trinke bedächtig und kaue sehr langsam und geniesse jede einzelne noch so feine Aromatik die sich mir offenbart.

Professor Doktor Daniel Simmen meint, der Geschmacksinn komme jetzt langsam aber dafür ganz sicher wieder voll zu mir zurück. Diese Geduld habe ich. Ich freue mich sogar darauf, dass das, was ich in der langen Zeit vor der Operation langsam verlor jetzt in kleinen Rationen wieder lernbar zu mir zurück kehren wird. Und bald werde ich wieder das alte «Nasentier» sein.

Das merke ich dann auch nach der Entlassung vom Spital. Im Bus vor mir sitzt eine Dame die offensichtlich gestern Knoblauch ass. In der Bahnhofstrasse duftet es nach Parfüm und Rasierwasser. Im Zug «müffelet» es. In Luzern holt mich meine Karin ab. Vorsichtshalber hatte ich in Zürich noch eine Packung «Fisherman's Friend» für den Begrüssungskuss gekauft. Als ich die weisse Tablette in dem Mund schiebe, hebt es mir fast den Gehirndeckel vor der minzigen Intensität. Beim Beeler-Käsestand gibt es Brie mit Bärlauch zum Probieren. Köstlich. Neben dran duftet es nach Rosen am Blumenstand. Frisch gebackenes, krustiges Brot ein paar Meter weiter. Zum Mittagessen bestelle ich ein Entrecôte Café de Paris mit den kleinen, schlanken Pommes-Fritli beim Bodu. Es funktioniert. Die Nase funktioniert. Ich flippe fast aus…

Gewiss – ich bin kein Einzelschicksal! Sehr viele Menschen leben mit einer Beeinträchtigung ihres Geschmacksinnes. Die einen merken es nicht, die anderen ignorieren es und wieder andere ertragen es wohl wissend, ohne etwas dagegen zu tun. Deshalb erlauben Sie mir nochmals, abschliessend meine Titelfrage – ganz persönlich an Sie gerichtet: «Riechen Sie gut?»


HIRSLANDEN

Ein kleines, önologisches P.S. zu der Klinik in der ich operiert wurde...

Diese gehört zur Hirslanden-Gruppe. Dort gibt es viele Informationsbroschüren im Nachttischli. Aber auch eine Weinkarte. Und dort steht im Vorwort, dass sich Wein und medizinische Behandlung nicht ausschliessen müssen. Wein sei ein Naturprodukt und man könne diesem durchaus gesundheitsfördernde Eigenschaften zubilligen. 
Und wer dann die interne Nummer 2525 wählt, könnte u.a. folgende Weine zu sich (vom Sommelier gebracht!) ans Bett bestellen:

2000 Château Citran, Haut-Médoc zu 63 Franken
2000 Château Tour de Pez, Saint Estèphe zu 84 Franken
1999 Château Poujeaux, Moulis zu 76 Franken
1999 Château Montrose, Saint Estèphe zu 112 Franken
1998 Château Lynch-Bages, Pauillac zu 111 Franken
1999 Château Pape Clément, Pessac-Léognan zu 118.50 Franken

Aber schauen Sie zu, dass Sie etwas am Fuss haben - nicht an der Nase... 


MAGNUM-FESTIVAL IN BREMEN

Beim Wort «Magnum» geraten Kinder und Schlecker ins Schwärmen. Denn dann denken Sie an einen besonders cremigen, grossen Glace-Stängel. Gewandte Krimifans wissen, dass sich hinter dem Namen «Magnum» der Schauspieler Tom Selleck versteckt. Sucht man nach dem Wort «Magnum» finden sich aber auch Kühlschränke, Fotostudios, ein Renault-Lastwagen und ein Case-Traktor. 

Aber nirgends Wird dieser (In-)Begriff wohl so heiss geliebt wie unter den Weinkennern. Da ist mehr drin und der Wein soll, nach ein paar Jahren oder gar Jahrzehnten in dieser Flaschengrösse besonders gut schmecken. Doch mit dem doppelten Inhalt einer Normalflasche, nämlich mit 1.5 Liter ist auch das Korkenrisiko doppelt so gross. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass eine gut gelagerte Normalflasche nicht viel weniger lang den gleichen Genuss bietet.   

Für die die Hälfte der 46 Teilnehmer Teilnehmer des Magnum-Festival lag der Vorteil klar auf der Hand. Denn wären nur normale Flaschen geöffnet worden, so wären nur halb so viele Stühle für diese einmalige Weinprobe zur Verfügung gestanden. An 53 Magnumflaschen, 4 Doppelmagnumflaschen (Valandraud 92, 94, 96, 98 und 00), einer Nebuchadnézar (15 Lt., Papé-Clément 1999) und einer Melchior (18 lt. 1995 Batailley) durften Weinfreunde aus Oesterreich, Deutschland und der Schweiz an einem einzigen Wochenende im Park Hotel Bremen schlürfen. Und gar noch im ehrwührigen Kaminzimmer im historischen Bremer Ratshaus mit dem Bremer Tafelsilber essen. Hier die Verkostungsnotizen von vielen tollen Erlebnissen und ein paar unerwarteten Enttäuschungen infolge «Flaschenpech». Wie bei 1959 Marquis de Terme, 1955 Lynch Bages, 1949 Cos d'Estournel, 1970 La Lagune und 1985 Hermitage la Chapelle. Auch solch negative Erfahrungen gibt es leider auch bei Magnumflaschen. Dann eben gleich doppelt so gross!


So viele Bordeaux-Magnums wie noch nie...

1934 Château Haut-Brion, Pessac-Léognan, Magnum: 20/20 trinken
1953 Château Haut-Bailly, Pessac-Léognan, Magnum: 15/20 vorbei. 
1961 Clos Saint Martin, St. Emilion, Magnum: 16/20 vorbei 
1961 Château Calon-Ségur, St. Estèphe, Magnum: 16/20 trinken
1961 Château Lafite-Rothschild, Pauillac, Magnum: 18/20 trinken  
1961 Château Haut-Brion, Pessac-Léognan, Magnum: 20/20 trinken 
1962 Château L'Evangile, Pomerol, Magnum: 17/20 vorbei
1962 Château Ducru-Beaucaillou, St. Julien, Magnum: 18/20 austrinken
1962 Château La Lagune, Haut-Médoc, Magnum: 19/20 trinken
1962 Château Calon-Ségur, St. Estèphe, Magnum: 18/20 trinken
1962 Château La Mission-Haut-Brion, Pessac-Léognan, Magnum: 19/20 trinken 
1964 Château Canon, St. Emilion, Magnum: 18/20 austrinken
1964 Château Ausone, St. Emilion, Magnum: 18/20 trinken
1964 Château Giscours, Margaux, Magnum: 15/20 austrinken
1964 Château Margaux, Margaux, Magnum: 18/20 austrinken
1964 Château Léoville Las Cases, St. Julien, Magnum: 19/20 trinken
1970 Château Léoville Las-Cases, St. Julien, Magnum: 16/20 austrinken
1970 Château Ducru-Beaucaillou, St. Julien, Magnum: 18/20 trinken
1970 Château Rausan-Ségla, Margaux, Magnum: 16/20 austrinken
1970 Château Haut-Brion, Pessac Léognan, Magnum: 18/20 austrinken
1982 Château Latour à Pomerol, Pomerol, Magnum: 18/20 austrinken
1982 Château Le Boscq, St. Estèphe, Magnum: 17/20 austrinken
1982 Château Pontet-Canet, Pauillac, Magnum: 18/20 trinken   
1982 Château Talbot, St. Julien, Magnum: 19/20 trinken
1982 Château Grand Puy Lacoste, Pauillac, Magnum: 19/20 trinken 
1983 Château Pétrus, Pomerol, Magnum: 17/20 austrinken
1983 Château Cheval Blanc, St. Emilion, Magnum: 20/20 trinken
1983 Château Latour, Pauillac, Magnum: 19/20 trinken
1983 Château Mouton-Rothschild, Pauillac, Magnum: 19/20 trinken
1983 Château La Mission Haut-Brion, Pessac-Léognan, Magnum: 20/20 trinken
1985 Château de Fieuzal rouge, Pessac-Léognan, Magnum: 16/20 austrinken
1985 Château Grand Puy-Lacoste, Pauillac, Magnum: 18/20 trinken 
1985 Château Figeac, St. Emilion, Magnum: 17/20 trinken  
1985 Château L'Eglise-Clinet, Pomerol, Magnum: 19/20 trinken 
1985 Château Lafleur, Pomerol, Magnum: 19/20 trinken

Eine Batterie Doppelmagnum von Valandraud zum Auflockern… 

1992 Château Valandraud, Doppelmagnum: 17/20 austrinken
1994 Château Valandraud, Doppelmagnum: 18/20 trinken
1996 Château Valandraud, Doppelmagnum: 17/20 trinken
1998 Château Valandraud, Doppelmagnum: 19/20 trinken
2000 Château Valandraud, Doppelmagnum: 18/20 trinken 

Eine grossartige Serie verschiedener Weissweine... 

1988 Bienvenue-Batard-Montrâchet, André Ramonet, Magnum: 19/20 trinken 
1991 Riesling Spätlese Wehlener Sonnernuhr J.J. Prüm, Wehlen, Magnum: 18/20 trinken  
1997 Riesling Hochrain Smaragd Franz Hirtzberger, Spitz, Magnum: 18/20 trinken    
1998 Grüner Veltliner Vinothekenfüllung Emmerich Knoll, Loiben, Magnum: 19/20 trinken 
1999 Château Smith Haut-Lafitte blanc, Pessac Léognan, Magnum: 18/20 trinken 

Eine wilde Serie mit völlig verschiedenen Rotweinen…

1978 Tignanello Antinori, Toskana, Magnum: 16/20 vorbei
1980 Echézeaux Henry Jayer, Burgund, Magnum: 19/20 trinken 
1988 Cabernet Sauvignon Martha's Vineyard Heitz, Napa Valley Magnum: 19/20 trinken  
1991 Merlot Montagna Magica Daniel Huber, Tessin, Magnum: 18/20 trinken 

Und zwei sehr rare Sauternes- besonders aus der Magnumflasche… 

1921 Château La Tour-Blanche, Sauternes, Magnum: 17/20 austrinken
1945 Château La Tour-Blanche, Sauternes, Magnum: 19/20 trinken

Die ausfürhlichen Notizen erscheinen dann im WeinWisser. Wer nicht darauf warten kann, der schnuppert schon mal beim Wineterminator!



HONIVOGL - EIN «WEISSER LATOUR» AUS DER WACHAU
 
Was kann ein roter Bordeaux Premier Grand Cru namens Château Latour mit einem Grüner Veltliner namens Honivogl aus der Wachau schon gemeinsam haben? Auf den ersten Blick vielleicht nichts. Geht man der Sache aber auf den Grund, dann kommen immer mehr Argumente zum Vorschein.

Was sicherlich kein Argument wäre, ist der Lesezeitpunktvergleich zwischen dem Latour und dem Honivogl. Latour gilt als eines der frühesten Terroirs des ganzen Bordelais. Dort werden die Trauben meist vor allen anderen Mitkonkurrenten gelesen. Beim Honivogl ist das grad umgekehrt. Nicht selten dauert die Ernte bis weit hin in den Dezember. Doch was spät am Rebberg reift, scheint auch in der Flasche viel langsamer zu reifen. Und da taucht schon die erste Gemeinsamkeit mit dem Latour auf. Und ein Honivogl braucht auch nach einer Flaschenreifezeit von zehn oder zwanzig Jahren viel Dekantierluft. Auch hier gibt es also Parallelen zu dem mehrmals erwähnten Premier Grand Cru aus Pauillac. Und – ist ein Honivogl endlich in seiner ersten Reife, dauert die Genussphase bei grossen Jahrgängen mehrere Jahrzehnte. Wie beim Latour! Und in dieser Phase entwickelt der «Wachauer-Premier-Grand-Cru» namens Honivogl aus Spitz ein Bouquet, das weit mehr Terroir versprüht als alle andere Rieden in der Wachau. Wieder eine Latour-Parallelet! Kontakte mit den Jahrgängen 1964 und 1971 – beide mit 20/20 WeinWisser-Punkten bewertet – liefern den historischen Beweis für diese zugegeben eingangs waghalsige aber jetzt doch bewiesene Theorie. Also gibt es letztendlich doch nur eine Konklusion: Honivogl ist der «weisse Latour» aus der Wachau!

Das dem so ist und bleibt, dafür sorgten die drei namensgleichen, in Generationen übertragenen Weinmacher Franz Hirtzberger. Heute ist der der junge Franz, während sein Vater seit 1973 für den Erfolg des traditionellen Weingut mehr als 30 Jahre sich Hauptverantwortlich zeigte. Die neuesten Honivogljahrgänge sind von WeinWisser mit verschwenderisch hohen Noten bedacht. 2008, 2006, 2005 mit 19 von 20 Punkten. 2007 ist einer der ganz grossen, legendären Jahrhundertjahrgängen und verdient die Maximalpunktezahl 20/20. Nur wer ihn zu früh trinkt, wird nicht seine wahre Grösse erleben. Das beweisen gereifte Honivogl's die Franz Hirtzberger an einem legendären Weinabend im Schloss Spitz für gut 80 Weinfreunde öffnen liess.

WeinWisser René Gabriel war dabei und hielt eine legendäre Serie der Jahre 1977, 1986, 1990 und 1995 in Worten und Wertungen fest. Die Wortspielereien zwischen Spätlese, Honifogl und Smaragd deuten auf eine wechselnde Prädikatsbezeichnung der letzten Jahrzehnte hin.

1977 Grüner Veltliner Honivogl Spätlese Franz Hirtzberger: Leuchtende Farbe, mehr grünlich wie gereiftes Gelb zeigend. Würzig, viel Minze in der Nase, Akazienhonig, Kieferharz, Kümmelsamen und weisses Pfeffermehl. Im Gaumen samtig, weich, unglaublich elegant und lang, endet mit feiner Kerbelnote, Netzmelonen und wiederum süsslichen, aber nicht süss wirkenden Honigtönen. 32 Jahre als soll dieser Wein sein? Immer noch ein unglaublicher Jungbrunnen! 20/20 trinken – 2025

1986 Grüner Veltliner Honivogl Honifogl Franz Hirtzberger: Intensives Gelb mit dezenten Senfnoten. Duftet wie einer reifer Rotwein, zuerst muss die Nase noch einen ganz feinen Schwefelstich verdauen, dann geht es gewaltig los mit kaltem Kamillentee, frischem Hirschleder, frisch geschnittenen weissen Champignons und getrockneten Pink-Grapefruitschalen, also immer noch eine gewisse Agrumenanzeige. Im Gaumen so richtig fleischig, immer noch Gerbstoffadstringenz zeigend, Zedernholz, schwarze Johannisbeeren und ein Hauch Rosmarin im Finale. Ein schier unschlagbarer, historischer Grüner Veltliner-Terroir-Klassiker. 20/20 trinken – 2030

1990 Grüner Veltliner Honivogl Smaragd Franz Hirtzberger: Immer noch sehr hell, frisches Gelb ohne jeglichen Reifeschimmer. Nur langsam öffnend in der Nase, würzige Fruchtschalennoten, Mirabellen, Quitten, Tannenlatwerge und frisch geschleuderter Honig. Um Gaumen mit einem Tanz von moussierender Säure und lebendigem Extrakt, endet ungestüm mit ersten Würzanzeigen aber noch unglaublich viel Frucht und einer gesunden Arroganz für einen beinahe 20jährigen Wein. Weist ein Potential von locker 30 weiteren Jahren auf. 20/20 trinken – 2040

1995 Grüner Veltliner Honivogl Smaragd Franz Hirtzberger: Aufhellendes Gelb, brillante Erscheinung. Füllig mit viel hellen Rosinen und einer parfümierten Botrytisanzeige, fein süss, eine wahre, ausladende, füllige Aromenorgie in der Nase zeigend, reife, gelbe Frucht mit einem Hauch Exotisch von grünen Mangos und Pfirsichgelée. Im Gaumen mit pfeffrig, fast schon pikanten Beginn, feines Korn auf der Zunge zeigende, heller Tabak, zeigt gewisse Gerbstoffreserven. Eine Art Bâtard-Montrâchet aus Spitz. 19/20 trinken – 2025 


WACHAU & BORDEAUX ODER HIRTZBERGER & GABRIEL

Was ist das Schöne wenn man Proben organisiert, bei dem grosse Wachauer Weissweine und grosse rote Bordeaux gleichzeitig präsentiert werden? Nur die Farben der Weine wechseln, die Punkte bleiben gleich!

Mehr als 80 Weinfreunde fanden sich im Schloss Spitz in der Wachau ein um einen Abend der besonders leckeren Sonderklasse zu erleben. Normalerweise nehme ich immer die Weine vorweg, doch hier sei für einmal das exklusive Catering vom Landhaus Bacher aus Mautern im Lead erwähnt. Noch nie habe ich eine derartig hohe Küchenqualität für so viele Weinfreunde erlebt. Lisl & Thomas in der Küche und das ganze, bewährte, unermüdliche Serviceteam unter der Ägide von Johanna und Andreas für den reibungslosen Essensservice. Für das perfekte Handling der Weine war ein anderes Team zuständig. Jenes von Maria und Hubert Fohringer. So und jetzt doch zu den Weinen, in der Reihenfolge wie diese am unvergesslichen Wine & Dine serviert wurden…

1973 Riesling Hochrain Spätlese, Weingut Hirtzberger 17/20
1986 Riesling Hochrain Honifogl, Weingut Hirtzberger 19/20
1997 Riesling Singerriedel Smaragd, Weingut Hirtzberger 20/20
1999 Riesling Singerriedel Smaragd, Weingut Hirtzberger 19/20

1998 Château La Grave Trigant de Boisset, Pomerol 18/20
1998 Château Petit-Village, Pomerol 19/20
1998 Château Figeac, St. Emilion 19/20
1998 Château de Valandraud, St. Emilion 19/20

1977 Grüner Veltliner Honivogl Spätlese, Weingut Hirtzberger 20/20
1986 Grüner Veltliner Honivogl Honifogl, Weingut Hirtzberger 20/20
1990 Grüner Veltliner Honivogl Smaragd, Weingut Hirtzberger 20/20
1995 Grüner Veltliner Honivogl Smaragd, Weingut Hirtzberger 19/20

1989 Château Cos d'Estournel, St. Estèphe 18/20
1989 Château Léoville-Barton, St. Julien 18/20
1989 Château Palmer, Margaux 20/20
1989 Château Lafite-Rothschild, Pauillac 20/20

1971 Château Coutet, Sauternes-Barsac 18/20
1994 Grüner Veltliner Eiswein, Weingut Franz Hirtzberger 18/20
 
Dazwischen und danach für den «Restdurst» standen folgende Weine zur Verfügung:
1998 Château Les Carmes Haut-Brion, Pessac-Léognan aus der 18 Liter-Melchiorflasche und
2002 Grüner Veltliner Honivogl, 2005 Grüner Veltliner Honivogl,
2003 Riesling Singerriedel und 2006 Riesling Singerriedel – alle aus Doppelmagnumflaschen.

Zwei Dutzend Weinfreunde werden im Juni während der Gabriel-Österreichreise ein Konzentrat von Landhaus Bacher und Weingut Hirtzberger erleben. Also vielleicht doch noch in meiner Webseite mal unter Reisen und dann im eigenen Kalender nachschauen…


TOLLE WOCHE

Diese Woche gab es so viele schöne Weine zu geniessen, sodass ich keine Zeit hatte über die aktuelle Wirtschaftlage nachzudenken. Immerhin war ich gleich vier mal hinter einander in einer Wirtschaft. Bitte nicht neidisch werden, nicht jede Woche spielt sich so ab.
 

Montag, 2001er Bordeaux-Degustation Taverna Romana, Twann
Danke Yves!  Die Verkostungsnotizen folgen im WeinWisser. Fast drei Dutzend Weine. Viele Kaufempfehlungen wie Clos de L'Oratoire, Montrose, Figeac, Léoville-Barton, Lynch-Bages, Léoville-Poyferré, L'Evangile, Pape-Clément und Mission. Besonders wenn man deren Punkte mit den Preisen der letzten 10 Jahrgängen vergleicht…

Dienstag, Jassen bei Guschti Brandenberg, Restaurant Brandenberg, Zug:
Danke Thomas, Elmar und Jürg! 1998 Sassicaia 18/20, 2001 Pape-Clément 19/20, 1996 Mouton-Rothschild 19/20, 1985 Léoville Las-Cases Kork, 1994 Haut-Brion 19/20, 1982 Cos d'Estournel 19/20, 1981 Palmer 18/20, 1995 Lafite-Rothschild 19/20, 1995 La Mission-Haut-Brion 18/20, 1982 Léoville Las Cases 20/20, 1990 Le Pin 18/20…

Mittwoch, GV-WeinCash, Hotel Inter-Conti, Düsseldorf:
Danke Achim! 1959 Riesling Niersteiner Oelberg feinste Auslese Weingut Gustav Essert 18/20, 1953 Lagrange (tot), 1947 La Gaffelièrer (Kork), irgend ein sehr alter Lafite (mausetot), 1947 corton (neutrales Händleretikett) 19/20, 2004 Ridge Monte Bello (in Memorian an meinen ehemaligen Freund Donn Reisen †) 19/20, 1971 Vieux Château Certan 19/20, 1971 Trotanoy 20/20, 1986 Grange 20/20 und als fast nach «Misson schmeckenden» 1998 Pape-Clément, 18/20, 2003 Gracher Himmelreich Auslese Joh. Jos. Prüm…

Donnerstag, Go-Live WebNwine.com, Vinothek 14 Goldau:
Danke Marcel! Die Rotweine - alle aus Magnumflaschen! 1999 Charmail 16/20, 1990 Clerc-Milon 19/20, 1986 Gruaud-Larose 19/20, 1990 Pichon-Baron 19/20, 1983 Mouton-Rothschild 19/20, 1982 Talbot 20/20, 1990 Climens 17/20


20 Jahrgänge von
Pinot Noir Gantenbein
mit Martha
und Daniel Gantenbein.

Organisiert von Weinfreund Benno Ottiger (Bildmitte). 

Erkenntnis: Es gibt auch grosse Burgunder aus Fläsch!


DOMAINE DE LA RENOMÉE-GANTI


Aus dem verwinkelten Fläscher-Weingut ist in den letzten Jahren eine richtige Domaine geworden. Eine beliebte Domaine mit entsprechendem Renomée. Und Schuld daran ist nicht nur der Ganti... 

Gantenbein ist männlich und wenn man sich fragt, wer der Gantenbein ist, so wissen viele dass sich dahinter der Namensgeber Daniel Gantenbein versteckt. Unter Insidern mit dem Spitznamen «Ganti» bedacht. Deshalb der leicht abgeänderte, obige Titel. Aber eigentlich müsste das Weingut in der Mehrzahl geschrieben werden: Gantenbeins! Denn hinter der mittlerweile 20jährigen Erfolgstory steht ein starkes Duo. Nebst Daniel ist hier seine Frau Martha mit im Boot. Vielleicht steht sie etwas im Schatten den Herrschaft-Pioniers der es als Erster zutraute dem heimischen Blauburgunder die damals schon fast provokative Bezeichnung «Pinot Noir» zu verleihen. Und so mit ersten, teilweise mässig geglückten Barrique- (pardon) Pièçeversuchen wagte einen möglichen Brückenschlag zum damals (noch) recht weit entfernten Burgund anzunähern. 

Alles begann 1982. Mit stinknormalen, traditionellen «Herrschäftlern». Zwar füllten Martha und Daniel Gantenbein ihre immer besseren, fülligeren und anspruchsvolleren Weine bis zum Jahrgang 1997 in die schlanke Rheingauerflasche. Aber mit dem Jahrgang 1998 kam die immer qualitativ grössere Vision zum optischen Lippenbekenntnis und eine fette, dicke Burgunderflasche musste her. Aussen ausgestattet mit der gewöhnungsbedürftigen, aber unikaten hellblauen Farbe und dem handgeschriebenen, von weit erkennbaren Schriftzug «Gantenbein». Ein Name der verpflichtet – aber auch hält, was er verspricht. Mit wenig Jahrgangsschwankungen. Und auch dann immer auf einem unglaublich zuverlässigen Niveau. 

Mittlerweile kostet ein Gantenbein so viel wie ein recht guter Burgunder. Mit dem Unterschied, dass die Weine Jahr für Jahr besser sind als ein «recht guter Burgunder». Meist ist Gantenbein der Leader der gesamten Bündner Region oder mischt garantiert immer bei den drei Besten mit. Also wäre für den engagierten Pinot Noir-Liebhaber beim Kauf eines Gantenbein's alles in Ordnung – vorausgesetzt er kriegt eine oder gar mehrere Flaschen.

Mitte März organisierte Gantenbeinliebhaber Benno Ottiger auf dem Weingut in Fläsch für zwei dutzend Weinfreunde eine komplette Vertikalprobe von 1988 bis hin zur Fassprobe 2008. Eine Parade von wenig Tiefen und viel Höhen einer freudigen Erfolgsgeschichte, von der nicht nur die Gantenbeins, sondern auch viele andere Bündner Topwinzer und letztendlich die ganze Weinregion profitierten…

Hier meine Eindrücke in wenigen Worten - auf den Punkt gebracht. 
Das ist ebenso schwer, wie ausufernde Verkostungsnotizen...

1988 Blauburgunder Gantenbein
Baumnuss, Kaffee, leicht fuchsig, Stielnoten, erhaltende Säure. 17/20 austrinken

1989  Blauburgunder Gantenbein

Nussig, süss, Erdbeermarmelade, erotisch, füllig mit pikanter Säure innen. 17/20 austrinken

1990 Blauburgunder Gantenbein

Warmes Pflaumenbouquet, dichter Gaumen, gute Balance, gewisse Härte. 17/20 trinken

1991 Blauburgunder Gantenbein (traditionell)

feinwürzig, geradlinig, völlig intakt, aromatisch, wunderschön. 17/20 trinken

1991 Blauburgunder Gantenbein (erster Barriqueversuch)

Schokoladige Süsse, Konfinuancen, man spürt (zu) eichiges Holz, feines Korn. 17/20 trinken

1992 Blauburgunder Gantenbein

Bräunlich, erdig, moosig, Demi-Glace, ausgelaugt – schwieriger Jahrgang. 15/20 vorbei

1993 Blauburgunder Gantenbein

Minze, Orangeat, kandierte Kirschen, vielschichtig, frisch, lang, gross. 18/20 trinken

1994 Blauburgunder Gantenbein 

Glutamatbeginn, Zwetschgennote, pfeffrig, recht jung, feine Kraft, erste Reife. 17/20 trinken 

1995 Blauburgunder Gantenbein

Dujac-Burgunderwürze, Pfefferkörner, Terroir, Rauch, Waldbeeren. Grand Cru! 19/20 trinken

1996 Blauburgunder Gantenbein
Schokosüsse, Pflaumen und Kokos, Dörrfrüchte, weich, samtig, Chambertin. 18/20 trinken

1997 Blauburgunder Gantenbein
Süss, feines Karamell, weich, Damassine, Balance, Harmonie – Pinot-Melodie! 18/20 trinken

1998 Pinot Noir Gantenbein
Fast amaronehafter Aromendruck, gewaltig, tiefe Würze, Kraft und Charakter. 19/20 trinken

1999 Pinot Noir Gantenbein
Frisch, zarter Kräuterhauch, verspielt, viel Kirsche, Milchkaffee, Finesse pur. 19/20 trinken

2000 Pinot Noir Gantenbein
Wildkirsche, leicht alkoholisch, bleibt rotbeerig, zeigt Säure, frisch und jung. 17/20 trinken

2001 Pinot Noir Gantenbein
Intensiv, ausladend, fein und delikat, konzentriertes Extrakt, Grands-Echezéaux. 19/20 trinken 

2002 Noir Gantenbein

Mild, Milchkaffee, Himbeeren, rote Kirsche, dropsig, parfümiert, Marzipan. 19/20 trinken

2003 Pinot Noir Gantenbein
Rosenpfeffer, süsse Kirsche, Grenadine, wenig Pinot - grosser Allerweltswein. 18/20 trinken

2004 Pinot Noir Gantenbein
Rotbeerig-fruchtig, schöner Pinotakzent, saftig und sehr Gantenbein-klassisch. 18/20 trinken

2005 Pinot Noir Gantenbein
Brotkruste, würziger Pinot, Lakritze, ausladend, samtig, Clos de Bèze-Stil. 19/20 trinken

2006 Pinot Noir Gantenbein
Rosenduft, Wildkirsche, eingegangene Pinotfrische, delikate Edelhölzer. 19/20 trinken

2007 Pinot Noir Gantenbein
Wildes Bouquet, noble Holznoten, kompakter Körper, Kraft und Muskeln. 18/20 warten

Die ganze Story über Gantenbein im nächsten WeinWisser, analysiert und degustiert von Stephan Reinhardt...
 


Etwas für Schnelldenker!!! 

Bei diesen Köpfen handelt es sich alles um Präsidenten von Amerika. Einer davon ist der aktuelle, nämlich Barack Obama.
Wer findet ihn innert 10 Sekunden?



MEURSAULT CHARMES COMTES LAFON 1990

Für diesen Wein laufe ich meilenweit. Er gehört zu meinen grössten Comtes-Lafon-Erlebnissen. Und Einer behauptete doch tatsächlich noch so eine Flasche zu haben und er könne auch jassen.


Und so legten wir einen Termin auf lange Sicht fest und jeder brachte noch ein Fläschli mit. So standen auf dem Mittags-Beizen-Tisch Opus 1987 (legte zu an der Luft, nachdem er metallisch begann 18/20), Valandraud 1998 (geil, gross und erstaunlich tief Dank gewissem Cabernetanteil) und Mouton 2002 (momentan in erotischer Zwischenform 20/20). Nicht schlecht für einen Business-Lunch. Und das bereits anwesende Trio wäre schon etwas durstig gewesen. Aber der Weisswein war ja der erste Part und so warteten wir noch ein wenig.

Und endlich kam der grosszügige Gönner mit der heiss erwarteten, kühlen Flasche. Ich sah den Produzenten-Schriftzug «Comtes-Lafon» deutlich durch den fast durchsichtigen Plastiksack. Er griff hinein und nuschelte etwas von Entschuldigung, weil er hätte das mit dem Jahrgang nicht mehr so richtig im Kopf gehabt - aber der 99er sei sicherlich auch sehr gut. War.er auch, aber bei Weitem nicht, was ich mundwässernd im Kopf hatte. Also wer einen 1990 Meursault Charmes von Comtes Lafon im Keller hat, melde sich bei mir. Auch wenn er nicht jassen kann...


GÜNTHER ROCHELT †

Seine Schnäpse waren mir zeitlebens zu stark. Doch wer will seine eigenen Vorlieben einer derartig erfolgreichen Philosophie gegenüberstellen?

Uns verband eh mehr die gleichzeitige Liebe zum Bordeauxwein. Dass dem so ist erfuhr ich einmal, als er mir eine Magnumflasche Château Troplong-Mondot 1990 in die Hand drückte - einfach so. Als ich fragte warum, meinte Günther einfach, dass ich ihm mit meinen Büchern zu so viel Genussstunden verholfen hätte und dass dies jetzt mein verdienter Lohn sei…

Seine berufliche Liebe zum Schnaps war beispielhaft. Einmal besuchte ich ihn mit einer Degustationstruppe, als wir im Stubaital viele verschiedene 1985er öffneten. Was sollen Weinfreaks bei einem «Edel-Schnapser» am morgen früh? Doch nach wenigen Sekunden der Begrüssung merkte man, dass dieser gute Mann aus Fritzens innert Sekunden seine Begeisterung zum Beruf übertragen kann. Er erzählte uns von alten Marillenbäumen in der Wachau, von speziellen Apfelsorten aus dem Tirol, vom Holler aus der Thermenregion und wilden Beerensträuchen an Waldrändern in der Steiermark.
Immer nach dem Motto: «Die Frucht ist das Wichtigste – der Rest ist Know How!»

Gestern haben wir zu seinem Andenken ein Glas Wachauer Marille getrunken. Ein starkes Stück! Grosszügig im Auftritt, fein - aber mit viel Persönlichkeit und mit langem Abgang. Genau so wie Günther Rochelt war…


WELCHER POMEROL IST RARER ALS CHÂTEAU PÉTRUS?

Eine Antwort auf diese Frage wissen praktisch nur die absoluten Freaks die sich auf das wesentlich weniger bekannte Château Lafleur eingeschworen haben. Es sind Weinkenner die mit der pompösen Süsse und dem üppigen Nasenspiel des die Region bestimmenden Merlots nicht besonders viel anfangen können, sondern nach tiefschürfendem Terroir suchen, von dem die Appellation Pomerol sonst wenig strotzt.

Eigentlich ist der Name des Weingutes grundsätzlich falsch. Den «Lafleur» kommt übersetzt von «Blume». Doch wer an einem grossen, reifen Bukett dieses Pomerol-Juwels riecht, schmeckt keine Blumen, sondern Kräuter. Aber nicht ein einzelnes Kraut, sondern einen ganzen Kräuterreigen «à la Ricola» von Eisenkraut, Thymian, Rosmarin, Thuja, Minze bis Eucalyptus liegt alles drin. Und noch viel mehr!
Aber an einem alten Lafleur zu riechen ist eine Rarität und ein Luxus, den sich wenige Weinfreunde leisten können. Ausser man gibt eine oder zwei seiner wohl behüteten Flaschen aus seinem eigenen Keller her und es gelingt völlig angefressene Lafleur-Freaks an einem Samstagmittag an einen Tisch zu bringen.

So kostet das Erlebte dann nur noch so viel, wie das Essen. In diesem Falle 110 Schweizer Franken. In der Regel ist das begleitende Menu – angesichts solcher Weine nebensächlich. Doch der Küchenchef Hanspeter Suter vom Hotel Kreuz Emmen (LU) schaffte das schier Unmögliche. Nämlich sich in seinen Speisen der Tiefe und Grösse von Lafleur anzunähern. Speziell erwähnt sei hier eine Kalbsmilke die Gabriel zu den besten 10 Gerichten seines Lebens einreiht…

Und wenn wir schon bei den Superlativen sind; die Serie Lafleur 1964, 1970, 1971, 1975, 1978 zählt für mich zu den verrücktesten Wine-Fligts ever. Aüsührliche Weinbeschreibungen folgen im WeinWisser.
Für Nichtabonnenten gibt es Trost bei meinem Weinfreund Achim Becker. Ein Kommentar von ihm schon mal vorweg, dies zum Jahrgang 2000: «Ein geiles Teil!».

Hier Benotungen einer «denkwürzigen», weltweit schier unmöglich zu kopierenden Weinprobe…

1943 Château Lafleur: 14/20, Gaumen: 16/20 vorbei
1947 Château Lafleur: 18/20 vorbei
1949 Château Lafleur: 19/20 trinken
1950 Château Lafleur: 19/20 vorbei
1953 Château Lafleur: 16/20 vorbei
1959 Château Lafleur: 20/20 trinken
1964 Château Lafleur: 20/20 austrinken
1970 Château Lafleur: 20/20 trinken – 2050
1971 Château Lafleur: 19/20 austrinken
1975 Château Lafleur: 20/20 trinken – 2050
1978 Château Lafleur: 19/20 trinken – 2030
1979 Château Lafleur: 20/20 trinken – 2030
1983 Château Lafleur: 19/20 trinken – 2030
1988 Château Lafleur: 18/20 trinken – 2030
1989 Château Lafleur: 19/20 trinken – 2040
1990 Château Lafleur: 19/20 2016 – 2040
1995 Château Lafleur: 18/20 trinken – 2025
1998 Château Lafleur: 19/20 trinken – 2030
1999 Château Lafleur: 18/20 trinken – 2025
2000 Château Lafleur: 20/20 trinken (?) – 2050

Und hier noch meine Noten zu den jungen Jahrgängen…
2001 Lafleur    19/20   2008 – 2030
2002 Lafleur    17/20   2009 – 2020
2003 Lafleur    19/20   2010 – 2030
2004 Lafleur    19/20   2015 – 2040
2005 Lafleur    19/20   2015 – 2040
2006 Lafleur    18/20   2017 – 2040
2007 Lafleur    17/20   2015 – 2035


CHÂTEAU PALMER  

Die Flasche ist auffällig. Leuchtend, rotes, recht freches Metallic als Kapselfarbe. Das Etikett tief blaudunkel, fast schwarz mit einem ziemlich üppigen, dicken fast schon pompösen Goldaufdruck. Wer sich mit feinem Bordeaux befasst weiss es auf grosse Distanz beim Anblick einer solchen Flasche in Sekundenschnelle: Es muss ein Château Palmer sein!

Im März öffnete und dekantierte Sommelier Patrick Bopp 24 Flaschen von diesem teuersten Troisième Cru des Bordelais im Hotel Waldheim in Risch. Nebst zwei kleinen Enttäuschungen eines recht oxydierten 1956er (Füllniveau tiefe Schulter) und eines korkigen 1967ers herrschte eitel Freude. In kühleren Jahren zeigt dieser noble, im alten Klassement von 1855 als drittes Gewächs eingestufte Grand Cru seine Herkunft zum Médoc. Dann bekommt nämlich der Cabernet eine leicht kühle Expression und zeigt dabei Nuancen von trüffelhafter Terroirwürze. So wie beispielsweise bei den «millésimes» 1978, 1981, 1985, 1986, 1988, 1994, 1996 und 1998. Doch für Palmer sind es die warmen und heissen Jahre die ihn so einzigartig erscheinen lassen. Dann, wenn der druckvolle Merlot durch seine Süsse und pflaumigen Noten das Nasenbild beherrscht und ihm burgundische Aromen verleiht die ihm eine Affinität zu ganz grossen Crus der burgundischen Côte-de-Nuits aufweisen. Und das sind dann die Jahrgänge 1961, 1966, 1983, 1989, 1990 und 1995. 

1921 Château Palmer: 18/20 vorbei
1955 Château Palmer: 16/20 vorbei
1956 Château Palmer: 14/20 vorbei
1961 Château Palmer: 20/20 trinken  
1966 Château Palmer: 18/20 austrinken
1971 Château Palmer: 18/20 trinken
1975 Château Palmer: 17/20 austrinken
1978 Château Palmer: 18/20 trinken
1979 Château Palmer: 17/20 trinken
1981 Château Palmer: 18/20 trinken
1982 Château Palmer: 19/20 trinken    
1983 Château Palmer: 19/20 trinken 
1984 Château Palmer: 16/20 trinken
1985 Château Palmer: 19/20 trinken
1986 Château Palmer: 18/20 trinken – 2030
1988 Château Palmer: 17/20 trinken – 2025
1989 Château Palmer: 20/20 trinken – 2030
1990 Château Palmer: 18/20 trinken – 2020
1991 Château Palmer: 17/20 trinken – 2016
1994 Château Palmer: 17/20 trinken – 2025
1995 Château Palmer: 18/20 2013 – 2035
1996 Château Palmer: 19/20 2018 – 2040
1998 Château Palmer: 18/20 2018 – 2040

Die ausführlichen Beschreibungen folgen im WeinWisser. Ein kleines «Zuckerl» vorweg – für  alle die wenigstens einen 1961er einmal lesen möchten…

1961 Château Palmer: Reifendes, aufhellendes leuchtendes Granat mit orangem Rand. Süsses, feines, umwerfendes Bouquet, nussige Noten, frisch gekochte Erdbeermarmelade, Datteln, fernöstliche Würznoten, Caramelnoten. Im Gaumen Harmonie, Eleganz und eine berauschende Süsse die zwischen grossem altem Guigal (Mouline 1971) genialem Châteauneuf (1990 Céléstine Henry Bonneau) und mehreren genialen Burgundern (1934 La Tâche und Romanée Conti) hin und her tanzt. Und letztendlich ist der Mix aus allen nur das, was ein Wein auf der Welt sein kann: Palmer 1961! Und seit mehr als einem Jahrzehnt ist dieser Wein immer genau gleich aus exorbitantem Weltklasseniveau! 20/20 trinken  


WUSSTEN SIE, DASS...

Nach einer Studie der Cmabridge Uinervtistät ist es ürgbines eagl, in wlehcer Riohenflege die Bcustbaen in eneim Wrot sethen, die Huatspchae der esrte und ltzete Bcuhstbae snid an der rhcitgien Setlle. Der Rset knan ein ttoales Drechnuiandr sein, und man knan es trezotdm onhe Perbolme lseen, wiel das mneschilhce Gherin nhcit jdee Bcuhstbaen enizlen leist, snodern das Wort als Gnazes.



HENRY BONNEAU

Der Winzer ist eine Legende. Er zählt für mich zu leider verstorben Grössen wie Henry Jayer und Jacques Perrin. Es sind solche Weinmacher denen Terroir immer wichtiger war und neues Holz ein Greuel. Und immer höre ich munkeln, dass der bereits zu Lebzeiten legendäre Henry Bonneau demnächst in die Pension gehen soll. Also wollte ich ihn endlich einmal kennen lernen…


Er soll ein Original sein. Ein komischer Kauz, Und irgendwie eine Art önologisches Phantom. Nur ganz wenige konnten ihn je besuchen. Und selbst in Châteauneuf-du-Pape wird er sehr, sehr selten in den kleinen Gässlein gesehen von der Dorfbevölkerung. Es soll entweder im Rebberg oder zu Hause sein. Und sein Zuhause ist gleichzeitig sein Keller. Denn die Trauben werden durch die Küchentür angeliefert und gelangen so in den Hof und die fertigen Flaschen sollen dann auf dem gleichen Weg wieder zurück auf den Place de L’Eglise finden um abtransportiert zu werden. Und Kunden gäbe es nur Zwei. Der amerikanische Importeur und der französische Abnehmer, der dann die wenigen Flaschen die es aus dem kleinen Besitz ergibt in die ganze Welt verteilen. Und die Nachfrage nach den Weinen von Henry Bonneau sind sehr gross, wie auch nicht wenige exorbitante Auktionsresultate beweisen.

Vor zwei Jahren hatten wir einmal auf Umwegen ein Rendez Vous und ich bin extra, trotz vollem Terminkalender ins Châteauneuf gefahren um endlich einmal diesen legendären Henry Bonneau kennen zu lernen und um die staubig, alten, verdreckten Kellerräume zu besichtigen und um die Luft dieses (aus Überlieferungen gehört und gelesen) muffigen Kellers mit den alten Fässern einzuatmen. Wir waren rechtzeitig dort und in der Küche brannte Licht und jemand sass am Küchentisch. Von der Silouette her war es ein Mann und das Profil des Schattens deutete auf jenen Mann den ich schon seit Jahren zu besuchen versuchte. Wir läuteten! Nichts tat sich. Dann nochmals. Die Folge: In der Küche würde das Licht gelöscht. Dann riefen wir mit dem Handy vor dem Haus an und wir hörten im Innern das Telefon läuten. Nichts. Deprimiert zogen wir von dannen. Aber irgendwie hatte ich im Hinterkopf schon damit gerechnet. Zu intensiv sind die Anekdoten um dieses Châteuneuf-Winzer-Phantom.

Die Geschichte kam mir wieder in den Sinn als der Luzerner Weinhändler Carl Studer einmal bei einer privaten Einladung eine Flasche Henry Bonneau öffnete und er meinte «Ich habe da so meine Verbindungen und ich kann problemlos einen Besuch dort organisieren».

Und so vereinbarten wir einen Termin (ein Jahr Voraus!) an dem wir in die Region fahren würden und dem Henry Bonneau einen Besuch abstatten würden. Zwei Wochen zuvor erhielt ich das Programm. Abfahrt um 4.00 Uhr in Luzern. Warum so früh - fragte ich? Wolfram Meister würde auch mitkommen und er hätte am Montagabend noch einen Termin in Zürich und er (Carl Studer) müsse am Mittwochabend wieder in Luzern sein. Und – Henry Bonneau könne nur am Dienstagmorgen um 10.30 Uhr. Das war dann das wichtigste Argument.

Also fuhren wir froh gelaunt in einem Zug von Luzern nach Châteuneuf-du-Pape und standen ein paar Minuten zu früh am Place de L’Eglise bei der Hausnummer 35 und guckten auf die matte, verblasste Messingplatte mit dem magischen Namen Henry Bonneau drauf am schäbigen, alten Haus. Und aus Anstand warteten wir genau so lange, bis die Kirchenglocke 10.30 Uhr schlug. Carl klingelte und mein Herz pochte vor erwartungsvolle Freude. Was würde er wohl für die Degustation öffnen? Wollte er mit uns auch noch in seine Rebberge gehen? Ist es im Keller wirklich so muffig? Und stimmt es, dass im ganzen Haus eine ziemliche Sauordnung herrschte? Ob ich wohl ein Foto von ihm machen darf? Bald würde ich es wissen. Sobald ich Schritte im Innern des Hauses hören würde und die Tür sich öffnen würde! Carl klingelte nochmals. Ohne Reaktion. Henry Bonneau behielt bei mir an diesem Tag den Nimbus eines Winzer-Phantoms. Und in spätestens einem Jahr fahre ich wieder zu ihm und dann immer wieder. Für solche Winzer ist mir kein Weg zu weit…


BÜNDNER GRINDEN

Da habe ich – bevor ich diesen Titel schrieb – einmal nach diesem Begriff gegoogelt. Ohne etwas zu erwarten! Und siehe da, nach weniger als 10 Sekunden erschienen etwa 1900 Hinweise auf dem Bildschirm…

Also muss es doch etwas in sich haben. Es sind wohl vererbte Gene und jene die es trifft können wirklich nichts dafür – es wurde ihnen quasi in die Wiege gelegt.

Aber was soll diese Einführung überhaupt? Ich suche nach einen gewissen Verständnis für eine Situation die ich selbst nicht begreifen kann. Seit fast 20 Jahren verkoste ich die Bündner Weine regelmässig und lobe meist viel mehr als ich tadle. 

Mindestens ein Mal in der Woche trinke ich den einen oder anderen Wein aus Bündnerland. Bei Freunden, in Restaurants oder bei uns zu Hause. Ich bin begeistert von diesen Pinots die von den Schattierungen bekömmlicher Blauburgunder bis hin zum Weltklasse Pinot – je nach gewünschter Situation – so viel Genuss bei immer noch recht fairen Preisen bieten.  

Als Journalist in Sachen Wein war ich schon überall auf der Welt. Ich schritt durch Kellertüren von denen andere nur zu träumen wagen. Ich durfte an honorigen Tischen mit Weingutsbesitzern sitzen und dinieren und was jeweils aus der Karaffe in mein Glas eingeschenkt wurde hätte so manchen Weinfreak zum Neid getrieben.

Wie heisst es doch so schön? Mitleid bekommt man umsonst – Neid muss man sich erarbeiten! Und der Neid scheint deutlich in den Weindörfern Malans, Maienfeld, Fläsch und Zizers zu hausen. Dort gibt es leider ein paar Winzer, die mir Vorschriften machen wollen wie ich ihren Wein zu degustieren hätte. Vor allem wollen diese, dass ich ihre Weine blind verkoste, weil nur das sei neutral.

Aber ich will nicht neutral sein! Ich will keine Durchschnittswertungen unterstützen. Ich habe eine eigene Meinung, habe Fleiss und glaube von mir selbst zu behaupten, dass ich in den letzten 30 Jahren zu einem recht guten Weinkenner heran gewachsen bin. Zu einem Degustator auf den man sich recht gut verlassen kann und der einen Geschmack hat, der auch bei feineren, subtileren Weinen nicht Halt macht.

Mein Weinfreund Thomas Mattmann (ehemaliger Schweizer Meister im Weindegustieren) versuchte in den letzten Jahren mit ziemlich grossem Aufwand eine Präsentation mit dem neuen Jahrgang von Bündner Weinen in Zizers zu organisieren. Etwa 90 % aller eingeladenen Winzer machten da mit und stellten Muster an und wir luden jeweils Gastronomen, Journalisten und ein paar Bündnerfreaks ein. Und nach der seriösen Degustation wurde gefachsimpelt, Erfahrungen ausgetauscht und miteinander gegessen und getrunken. Es entstanden nicht wenige Freundschaften dabei.

Die restlichen 10 % bleiben der Veranstaltung fern. Meist mit fadenscheinigen Begründungen. Besonders weil Gabriel nicht blind verkostet und weil deren Weine schon so berühmt sind, dass es keine Unterstützung mehr braucht. Und dass man sich wohl nicht mit «schlechtern Winzern» zusammen im selben Saal zeigen will. 

Aber ein Weinwisser-Artikel ohne die allerbesten Winzern (es gab auch einige die keine Muster brachten die bei Weitem nicht zu den besseren gehören…) machte für mich jeweils keinen Sinn. So kaufte ich deren Weine für mich separat, oder besuchte gewisse Winzer am Vormittag persönlich.  

Eigentlich kaum zu glauben. Während andere, wichtigere Weinregionen aus aller Welt Journalisten einladen, Flüge, Hotel und alles darum herum bezahlen, ignorieren ein paar önologische Bündner Grinden ein solches engagiertes Unterfangen das keinen müden Cent kostet. 

Am Dienstag, 28. April wäre es wieder so weit gewesen. Mittlerweile hatte ich mit den Vinotiv-Mitgliedern (da liegt ein grosser Teil des Hasen im Pfeffer…) eine morgige Blindverkostung mit Zähneknirschen abgesprochen. Gleichzeitig wollten wir am Nachmittag wie schon immer mit den «anderen Winzern» die restlichen Weine an der offiziellen Degustation verkosten. Dies bedeutete aber auch, dass meine Freunde, die ich seit Jahren dort hin mitnehme die Vinotiv Weine nicht verkosten hätten können. Und auch die am Nachmittag anreisenden Journalisten und Gastronomen nicht. Und gleichzeitig hatten, ein paar Winzer, die früher immer mit von der Partie waren «aus politischen Gründen» den Kopf eingezogen und die Teilnahme verweigert. 

Mein Lebensmotto ist immer «bien ou rien». Entweder mache ich etwas richtig oder nicht! Und in diesem Falle habe ich die Schnauze voll von dieser eklatanten Bündner-Grinden-Winzer-Minderheit die ein fantastisches Engagement seit Jahren kategorisch terrorisieren. Die strafbaren Winzer müssen sich nun gefallen lassen, dass der tolle Jahrgang 2007 sang und klanglos an der Presse vorbei geht. Dies deshalb weil René Gabriel dieses ungebührliche Affentheater nicht mehr mitmacht. Ich habe abgesagt! 

Um es zu präzisieren: Es geht in dieser Polemik weder um Thomas Mattmann noch um René Gabriel. Es geht um eine handvoll Boykottwinzer die es verhindern, dass es für interessierte Weinfreaks, Gastronomen und Journalisten möglich wäre die wichtigsten Weine in einer umfassenden Jahrgangspräsentation mit guten Rahmenbedingungen in einem Saal zu degustieren. Dass dies nicht (mehr) möglich ist dafür tragen ein paar Bündner Grinden jetzt die Veranwortung und schaden so einer aufstrebenden, interessanten, für die Schweiz sehr wichtigen Weinregion. Und gleichzeitig komprimitieren diese Ewignörgeler ihre eigenen Winzerkollegen. Mit ein paar Flaschen Wein aus dem aktuellen Verkaufssortiment wäre das die weltweit billigste Marketingmassnahme gewesen...

Aber vielleicht gehe ich an diesem April-Tag doch in die Herrschaft. Eventuell in den Adler in Fläsch, in den Torkel in Jenins oder in den Ochsen Malans. Und vielleicht begegne ich auf dem Weg dorthin auf der Strasse ein paar Bündner Winzern die sich ganz gewaltig schämen sollten...

P.S. Für ein ähnliches, langjähriges Engagement rund um die Weinregion Wachau verlieh mir die Vereinigung «VINEA WACHAU DISTRICTIS NOBILIS» den begehrten Steinfederpreis der jährlich weltweit nur einmal vergeben wird. Für das gleiche Engagement rund um die Bündner Herrschaft habe ich nun von ein paar wenigen Mitgliedern der Vereinigung «VINOPRIMITIV» die Arschkarte bekommen. Herzlichen Dank!


UNENDLICH  

Einfach war das nicht. Nach einem zu kühlen Sommer mussten die Wachauer-Winzer pokern gegen die Natur. Das Resultat sind viele tolle Federspiele. Grundsätzlich geglückte Qualitäten beim Grüner Veltliner wie auch beim Riesling. Hingegen gibt es von den Top Smaragden wesentlich kleinere Mengen wie in den Vorjahrgängen, ganz besonders beim Riesling.

Ich habe die Winzer Roman Jäger in Weissenkirchen, Franz Hirtzberger in Spitz, Emmerich Knoll in Unterloiben und Franz Xaver Pichler in Oberloiben besucht und mich  von den hervorragenden Qualitäten dieses sehr schwierigen Jahrganges überzeugt. Und dabei gab es einen ganz ganz grossen Wein zu bestaunen. Einer, der die ganze Wachauer Ernte überragt und zu einem Meilenstein der österreichischen Rieslinggeschichte mutieren wird. Doch es gibt – trotz der guten Nachricht auch zwei Schlechte: Der mögliche Kult-Wein wird nicht billig werden und die Mengen sind mit ungefähr 2000 Flaschen eher klein. Glück dem – dem es gelingen wird im Herbst, wenn der Wein auf den Markt kommt, eine Flasche zu ergattern. Mit diesem Wein hat sich Weinmacher Lucas Pichler einmal mehr etabliert und sorgt für eine erfolgreiche Fortsetzung des mehrfachen Seriensiegs dieses einmaligen Spitzenbetriebes. 
 
2008 Riesling Unendlich Franz Xaver Pichler: Klare, helle, transparente Farbe. Reines, traubiges mit frischen Kräutern durchsetztes Nasenspiel, weisses Pfeffermehl, helle Früchte, Agrumen und Bergamotte, zart duftig und doch explodierend direkt unter der Nase. Im Gaumen Perfektion, erschlagend, nicht verlangend, trotz der fein verteilten Adstringenz, im Extrakt ein Tanzreigen von purer Rieslingfrucht mit einem traumhaften Spiel von Millionen Micro-Säurebällchen. Die Fakten von recht hoher Säure und etwa 7.5 Gramm Restzucker lassen diesen Wein nicht als Monster erscheinen, trotz seiner erschlagenden Konzentration. Eine Rieslinglegende die fraglos einen mondialen Spitzenplatz einnimmt! 20/20 trinken – 2020









Single-Börse
in Afghanistan!

Dann doch lieber
eine Blindprobe
mit 8 verschiedenen
Weinen...


DIE A = C.P.R.-WIDMARK-FORMEL

Dass es mit einem halben Liter Wein und einem Fünfgang-Menu unmöglich ist 0.5 Promille zu erreichen, habe ich an einer grossen WeinWisser-Degustation mit weit mehr als 100 Probanden bewiesen. 

In meiner Ferienlektüre «Säufzer» vom Wolke Verlag bin ich auf eine sehr interessante Berechnung von Frank Wolf Matthies gestossen. Wie gesagt interesssant, aber sicherlich nicht repräsentativ.

Er schreibt, dass auch wer nicht überempfindlich auf den Alkohol reagiert, dennoch wissen sollte, wieviel Alkohol er seinem Körper zumuten darf. Natürlich lässt sich das berechnen; die Faustregel, die sogenannte Widmark-Formel lautet: A = c.p.r

Wobei «A» die Alkoholmenge in Litern entspricht, «c» der Alkoholkonzentration von 8 Promille, «p» dem Körpergewicht in Picogramm (10 hoch 12) und «r» einen angenommenen Alkohol = Reduktionsfaktor von x.  

Praktisch umgerechnet bedeutet die Widmarkformel, dass ein 70 Gramm schwerer Mann wahrscheinlich über einen Zeitraum von 3 Monaten normalerweise 1 Liter Tomatensaft, einen halben Liter Blasen- und Nierentee und zwei Liter ALMA HOPPE trinken kann, ohne dass sich die Portokosten für den Absender erhöhen!  


IN 80 FLASCHEN UM DIE WELT (TAGEBUCH)

Ein Around-the-world-ticket kann so eine einmalige Reise nicht billig, aber recht erschwinglich machen. Gewusst wie; heisst das Motto. Und weil ich nur der Bordeauxpapst bin, habe ich hierzu einen grossartigen Freund den man als Reisepapst bezeichnen könnte.


Und wer innerhalb der nächsten 12 Monate ganz viel fliegen will – egal in welcher Klasse, der kann sich bei ihm melden und viel Geld sparen und noch mehr erleben als geplant. Das teuerste in diesem Vorhaben ist die Zeit, die man in die neu gewonnene Freizeit investieren muss. me@lucienschmidlin.ch

In unserem Falle war das eine kleine Weltreise mit folgenden Stopps: Zürich – Frankfurt – San  Francisco – Las Vegas – Los Angeles – Auckland – Christchurch – Auckland – Hongkong – München – Zürich und im Herbst noch Zürich – Frankfurt – Tel Aviv – Zürich. Alles mit dem gleichen Arrangement.  Hier ein kleiner Reisebericht…

Gunzwil: Zu Spaghetti am Mittag ein Schöppli 2003 Pinot Noir Bovel von Daniel Marugg (17/20). Ein üppig Bündner als letzten Tropfen in der Schweiz zu nicht weniger üppigen Spaghetti-Wurstonara. Was Wurstonara ist? Man ersetzt ganz einfach den Schinken oder Speck durch fein geschnittene Chilli-Würstli.

Frankfurt:  Im fast leeren Restaurant vom Sheraton Hotel fiel der Servicetruppe alle paar Minuten irgend etwas herunter. Oft Besteck, ab und zu Gläser und einmal mehrere Teller. In der Showküche diskutierten 6 hoch behütete Köche über die Zukunft oder die neue à la carte Karte. Sie taten das so heftig und intensiv, dass wir sehr lange auf unser Essen warten mussten. So blieb dem ziemlich artisanalen, leicht kellerigen, aber unheimlich kräftigen 1996 Langoa-Barton (17/20) Zeit um sich etwas zu säubern oder Belüften. Wer nicht weiss, wie früher artifisionell vinifizierte und dennoch grosse Bordeaux schmecken, sucht sich diesen Wein. Wer meint Bordeaux‘ müssen absolut clean sein und nur so von Frucht und Eiche strahlen, lässt besser die Finger davon.

Frankfurt - San Francisco: Freude! Die haben doch da bei der Lufthansa tatsächlich den 2003 Zweigelt Frauenfeld von meinem Austria-Winzerfreund Johannes Rheinisch (18/20) auf dem Programm. Dick, pflaumig mit viel Fett. Der Wein ist viel zu gross für das kleine Flugzeugglas! Die nette Lufthansamatrone merkt bald, dass mir der Wein schmeckt und kommt öfters vorbei. Sehr öfters. Den Käse der dazu gepasst hätte verpasse ich, weil ich schon schnarche.

Rutherford: Abends in der Auberge du Soleil treffen wir auf Dr. Su Hua Newton – eine langjährige Bekanntschaft die auf der Zusammenarbeit mit der Newton Winery und Mövenpick entstanden ist. Sie bestellt zum Aperitif an der Bar den unter schwierigen Umständen entstandenen, aber doch gelungenen 2006 Chardonnay unfiltered (17/20). Am Abendtisch erscheinen dann fremde Rotweine wie 2001 Châteauneuf-du-Pape Les Cadettes von la Nerthe (17/20), 1982 Figeac (18/20) und 1986 Gruaud-Larose (19/20). Wer eingeladen ist, darf nicht mitbestimmen. War zwar sehr schön, aber ich hätte – aus geografischen Gründen – Weine nach folgendem Motto bestimmt: «kiss french – drink Napa!»

Yountville:
Am Morgen Besuch von Dominus mit Tastings von 2005 Napanook (17/20) und 2005 Dominus (19/20). Lunch mit Beatrice und Andres Putzi (Restaurant Farnsburg, Ormalingen) die zufällig auch im Napa Valley sind: 2007 Sauvignon Blanc, Groth (16/20), 2004 Cabernet Sauvignon Paradigm (17/20) und 2005 Cabernet Sauvignon Groth (17/20), beide aus Oakville. Auf der Weinkarte stand unten ganz diskret: Maximal zwei Flaschen für 4 Personen! God bless America! Glücklicherweise waren wir zu fünft. Am Nachmittag die nicht einfach zu findende Boutique-Winery Blankiet mit Tastings von 2004 (18/20), 2005  (17/20) und 2006 (17/20). 

St. Helena: Und am Abend erleben wir eine Mischung aus Disneyaland und American-Dream. Dario Sattui ist reich! Sehr reich. Und dieser hünenhafte Italo-Amerikaner hat einen Lebenstraum seitdem er vor 20 Jahren in der Toskana Schlösser und Burgen anschaute und davon fasziniert war. Und vor 17 Jahren fing er an, am Ende des Napa Valleys, in St. Helena eine trotzige Burg zu bauen. Und seit zwei knappen Jahren ist das Ding offen und zieht bereits 150‘000 Besucher an pro Jahr. Tendenz steigend. Und diese Besucher zahlen für die Besichtigung mit Tasting unter der Woche 10 und am Wochenende 15 Dollar. Und diese Visitors kaufen dabei – so ganz nebenbei – gleich noch die ganze Jahresproduktion von derzeit 180‘000 Flaschen. Tendenz steigend. So gibt es auch keine Exportliste für Interessenten. Und auch keine Gastroliste und Wiederverkaufsliste. Es gibt nur eine Kundengruppe: Private. Und die zahlen 20 Dollar und mehr für die einfacheren Weissen. Und 48, 65 und 75 für die etwas komplizierteren Roten. Plus amerikanische Mehrwertsteuer. Die Weine sind grundsolide, charaktervoll und was ich vom Jahrgang 2007 aus dem Fass verkostete, dürfte in die junge Geschichte dieses alt scheinenden, doch neuen Castellos eingehen. Erklären kann man das Ganze nicht, deshalb muss man es sehen: Castello di Amorosa

San Francisco: Abends bei einem Italiener. Der Name des Restaurants ist unwichtig, denn sonst könnte man noch fälschlicherweise annehmen, dass es sich um einer Restaurantempfehlung handeln könnte. Der erste Eindruck war zwar gut, aber das änderte sich mit jedem neuen Besuch unseres untertänigst-arroganten Kellners an unserem Tisch. Als wir den 2001 Merlot als Korkenwein reklamierten, empfahl er uns sofort einen anderen Merlot, weil dieser nicht korkig sein könne und so schmecken müsse. Pech für ihn; die Winzerin sass selbst am Tisch und René Gabriel. Die zweite Flasche war dann logischerweise viel besser (17/20); anspruchsvoll, fleischig und jung. Zum «Pastasaufen» hatten wir vorsichtshalber eine Magnum 2003 Cabernet Sauvignon Alexander Valley von Silver Oak (18/20) bestellt. Wer wissen will, die die amerikanische Edition eines Pichon-Lalande schmeckt, muss mal diesen hier mal versuchen. 

Kung hoi fat choi: Das sagen sich die Chinesen, wenn diese sich ein gutes Neues Jahr wünschen! Und – der dritte Tag sei der wichtigste vom Neujahresbeginn bei den Chinesen, meinte Dr. Su Hua Newton als wir sie auf das Chinesische neue Jahr ansprachen. Und weil das so ein wichtiger Tag sei, würde sie für uns einen ganz speziellen Wein öffnen. Das Ganze fand bei ihr privat statt, in einem Haus an der noblen, begehrenswerten Broadway in San Francisco.  Zuerst öffnete Sie den 2005 Chardonnay (18/20) der viel besser schmeckte als der vor ein paar Tagen getrunkene 2006er im Napa Valley und schon zu den ziemlich grossen weissen Burgundern in einer Blindprobe gehören könnte. Nach diesem Vorspiel durfte ich einen reifen Newton entkorken. 1994 Chardonnay: Die Nase mit weissen Trüffeln, Butter und gelben Früchten durchsetzt, mit einer Mineralität und Aromatik die stark an Coche-Dury erinnerte. Im Gaumen dann eine geniale Geschmacksmischung die an einen der allerbesten Meursault’s erinnerte den ich je in meinem Leben trank. 19/20! Thanks Su Hua and Kung hoi fat choi!

God bless America: Unglaublich – welche Sympathiewelle sich an diesem Tag durch ganz Amerika bewegte. Überall standen grosse Menschenmengen vor übergrossen Bildschirmen und feierten. Auch in den Hotelhallen bildeten sich Touristentrauben vor den Fernsehern. Eigentlich gab es nichts zu feiern – ausser Hoffnung. Und all diese Hoffnung strahlt von einem einzigen Mann aus, der es für Amerika richten soll. Er übernimmt ein schwieriges Amt. Noch nie sah ich so viele Bettler in den reichen Strassen von San Francisco. Nicht wenige davon sind noch jung. Mehrere trugen Perücken und Sonnenbrillen um nicht von ehemaligen Arbeitskollegen oder Verwandten erkannt zu werden. Sie schämen sich ihrer oft unverschuldeten Situation. Und der, der sich am meisten schämen sollte, stieg freundlich lächelnd mit seinem markenzeichenhaften Schimpansengrinsen in einen Helikopter um seinem Nachfolger Platz zu machen und dabei ein beispielloses Chaos zu überlassen. Ganz böse Zungen behaupten, dass nach der Rückkehr von George Bush ins Heimatland zwar der IQ in Texas leicht sinkt, dafür aber im Rest von Amerika stark steigt.
Der neue Mann, der sich unermüdlich, stets lächelnd an diesem Inauguration Day feiern liess hat mehr als nur Lächeln übrig. Er wird die Welt zum Staunen bringen mit seinem unglaublichen Charisma. Seine Stärke befindet sich in der Mitte. Er weiss zu begeistern und zu führen. Bush hatte für jede mögliche Lösung immer mehrere Probleme bereit. Beim neuen Präsidenten scheint es gottlob  umgekehrt zu sein. Beten wir für Barack Obama! 

San Francisco – Las Vegas: Wir fliegen dank Sammelmeilen erste Klasse in der Americain-Airways. Es lohnt sich aber jetzt nicht neidisch zu werden. Wir sitzen zwar vorne in etwas grösseren Sitzen aber das ist grad das einzige Privileg. Auf dem 90-Minutenflug bietet die Flugbegleiterin zuerst Nüssli, Salzbretzeli, Chips und weitere Snacks an. Aha Apero – denke ich. Nach einer halben Stunde kommt die nette Frau nochmal mit demselben, fix eingepackten Industrieprogramm. Also gibt es sonst nichts zum Beissen in der First Class. Der namenlose Chardonnay wird in einem Plastikbecher serviert…

Las Vegas: Die schnellstwachsende Stadt die niemals schläft erwartet uns. Das Hotel in dem wir wohnen heisst Bellagio. In solchen Dimensionen habe ich noch nie geschlafen. Im Hotelkomplex befinden sich mehr als 2000 Zimmer und zwei Dutzend Restaurants und Bars. Und natürlich ein Casino. Auch dieses ist in ausufernden Dimensionen. Sinn und Zweck ist es, dass die Hotelgäste gar nicht erst in Versuchung zu kommen, irgendwie nach draussen zu gehen während dem Aufenthalt. So bleiben die ausgegebenen Kohlen «in house». Am ersten Abend sind wir im Jasmin. Weil wir Chinesisch essen, bestelle ich einen Pinot. Und weil jene die ich kenne, viel zu teuer sind, bestelle ich einen den ich nicht kenne. 2004 Pearlessence Vineyard Sonoma. Die Winery heisst Mueller und so heisst auch ein Gast an meinem Tisch.  Also macht dieser Order doppelt Sinn. Doch ausgerechnet diesem Herr Müller gefällt der Mueller Pinot nicht besonders. Eigentlich hatte er recht – so gut war er nun auch wieder nicht. (16/20).

O ist nur ein Buchstabe im Alphabet. Für den Cirque du Soleil ist es eine Ode an das Wort Wasser vom Französischen her stammend. O = Eau. 100 Minuten Musical und Zirkus in einem mörderischen,  musikalischen, innert Sekunden wechselnden Mix. Im Center steht ein überdimensionales Bassin das auch gleichzeitig die Tribüne ist. Aber was versuche ich das alles mit ein paar Zeilen zu erklären? Es ist eine 20-Punkteaufführung die es nur einmal auf der Welt gibt – im Bellagio in Las Vegas. Nach der Aufführung sind wir im Restaurant Prime. An diesem Abend ist das bereits die dritte (!) Besetzung und auch um 23.00 Uhr abends ist das Restaurant immer noch fast voll. Das New York-Steak ist saftig und unglaublich biss-zart. Dies deshalb weil die tapferen Tiere mit Mais gefüttert werden. Ein Steak kostet so viel wie bei uns ein Châteaubriand. Im Unterschied, dass beim Châteaubriand jeweils zwei Personen essen und hier nur einer. Doch das Ding ist jeden Bissen wert. Dazu hat Lucien eine Magnum 1996 Pichon-Lalande (19/20!) bestellt. Von François Theil (Ch. Poujeaux) lernte ich vor vielen Jahren, dass man den Genusswert einer Flasche Wein auch mit der Geschwindigkeit des Trinkflusses bemessen kann. Wir haben am Schluss richtiggehend um die letzten Tropfen gekämpft. Und als der Pinot-Müller (siehe oberer Abschnitt) schon das Dessert bestellt hatte, obwohl der die Pouletbrust nicht aufgegessen hatte und draussen eine rauchen ging, teilten Lucien und ich fluggs sein Glas auf. Rache muss sein!

Warum soll man bei einer simplen Chicken-Noodle-Soup nicht einen gescheiten Wein bestellen? Der 2005 Cabernet Sauvignon Joseph Phelps passte bei weitem nicht zu diesem Gericht und trotzdem war es eine wunderschöne Napa-Erfahrung mit 18/20 bei gutem Potential.

Nach dem Phantom of the Opera (sehr gut inszeniert – gewaltige Stimmen, beeindruckende Kulisse) tafelten wir im Steak House Smith & Wollensky an vier der 687 (!) vorhandenen Sitzplätzen. Das T-Bone-Steak war leider etwas zäher als folgende Weine: 2004 Château Phélan-Ségur, 2005 Petite Syrah Stags Leap und 2005 Cabernet Sauvignon Flora Springs – alle mit 18/20.
Und morgen gehen wir auf den Flughafen und übermorgen sind wir dann in Auckland. Dachten wir! Doch wer hätte schon daran gedacht, dass es auf der unteren, uns wenig bekannten Zone der Weltkugel eine Datumsgrenze gibt. Somit müssen wir unseren Freunden, die uns in New Zealand erwarten sorryhaft mitteilen, dass wir nicht wie vorgesehen am Sonntag sondern erst am Montag landen. Pünktlich zwar – aber einen Tag zu spät.         

Los Angeles:
Schöne Weinauswahl in der Lounge. Aus Vorfreude auf ein mir noch unbekanntes Land schenke ich mir einen limettenfruchtigen 2007 Sauvignon Blanc Culley (16/20) ein. Das wäre so ein Musterbeispiel im die Rebsorte innert einer Sekunde blind zu erraten.  

Los Angeles – Auckland: Zwei sehr gute Selektionen während dem Flug genossen. Als Apero den pfeffrigen 2008 Sauvignon Blanc Saint Clair (16/20) und zum Chicken den 2006 Pinot Noir Home Creek Northfield (17/20) der erstaunlich dicht und fleischig schien. Vielleicht lag es aber auch an dem kleinen Airplaneglas…

Bottle-Shock: Gesehen zwei Mal im Flieger. Einmal auf Deutsch und nochmals auf Englisch. Ein amüsanter Film rund um das legendäre Blind Tasting (Kalifornien gegen Frankreich) das vor 30 Jahren die europäische Weinwelt schockierte. Inszeniert damals vom Gründer der Académie du Vin in Paris; Steven Spurrier. Als ich die Filiale der ADV in der Schweiz leitete, hatte ich ein paar Mal mit diesem vinösen, eigenartigen Engländer zu tun.  Bottle-Shock: a Film to be seen – its really for wine lovers!  

Waiheke: Auf diese Insel gelangt man mittels Fähre von Auckland innerhalb einer Stunde. Es ist eine sehr gute Rotweinregion wie es sich an zwei Beispielen heraus stellt. Da ist beispielsweise die Winery Kennedy Point wo wir auch gleichzeitig im Guesthouse von Susan und Neal wohnen. Der weissen Sauvignon Blanc stellen diese aber nicht auf der Insel Waiheke her, sondern im erfrischenden Marlborough. Die wirklich sehr gut gelungenen Roten (ausser dem Malbec der nicht so überzeugte) sind von dem kleinen Weingut, das lediglich etwa 12‘000 Flaschen Rotweine produziert. Mehrheitlich burgundischen Merlot, feinen Cabernet und Rhône-hafte Syrah‘s. Erstaunlich zeigt sich der – zu unseren Ehren – geöffnete 1999er Cabernet. Es war der Erstlingsjahrgang von 3jährigen Reben. Eine Art Martha’s Vineyard light mit sehr viel feinen Minze-, Rosmarin und Eukalyptusspuren…

Am Mittag sind wir auf dem Weingut und Restaurant Te WHAU. Der Winemaker ist der gleiche wie auf Kennedy Point. Er heisst Herbert und wäre eigentlich Schweizer, doch er will mit uns partout Englisch sprechen. Den ganzen Tag. Es ist nicht ein richtiges Englisch. Und auch kein Schönes. Denn man hört immer noch stark den Schweizer Dialekt hinter seinem Englisch, welches mit holprigem, konsonantenverschluckendem  Schottisch durchsetzt ist und mit breitem aber doch flachen New-Zealändisch-Slang unterlegt wird. Die Weine von The WHAU sind alle schwer o.k. vor allem der Rote «The Point» der schon deutlich in die Kategorie NZ-Premiumweine gehört. Die Küche im hauseigenen Restaurant ist sensationell, was ich aufgrund meines Crab-salade und einer knusprig gebratenen, mit tropischen Fruchtsäften marinierten Ente mit Fug und Recht behaupten darf.

Die weit sensationellere Entdeckung auf Te WHAU war die Weinkarte, die nebst den hauseigenen Tropfen sehr viele Seiten französische Weine anbot. Alle zwischen 1985 und 1995. Fokussiert auf etwa ein Drittel 1990er. So die Crus von Guigal, Château Rayas, Vogue, Armand Rousseau, Bordeaux – alle Premiers und die besten Deuxièmes – und unglaublich viele Romanée-Contis in allen Facetten, so auch der 1990 La Tâche!!!

Grill-Abend bei Susan und Neal: «Wir trinken zu Hause nie unsere eigenen Weine», erklärt Neal als ich auf die Etikette der Magnumflasche 1997 Chassagne-Montrâchet von André Ramonet (18/20) starre. 45 Minuten später kommt er wieder mit einer Magnum aus dem Keller und hat den 1997 Batard-Montrâchet vom selben Produzent in der Hand. Und wieder ist er dem verdutzen Gabriel die Erklärung nicht lange schuldig: «Ramonet ist so zu sagen unser weisse Hauswein». Und – diese Aussage ist kein Bluff, denn ich sehe, dass er für das Risotto eine vortägig nicht ausgetrunkene Flasche Puligny-Montrachet – ebenfalls von Ramonet – in die Küche stellt. Der Chassagne war weit zugänglicher als der zögernde, luftbrauchende Batard (18/20). Meine Frau Karin darf anschliessend in den sehr gut bestückten Keller und kommt mit einer Magnum 1991 Cabernet Sauvignon von Château Montelena, Napa Valley wieder zurück in die gute Stube. Es ist ein massiver Wein der sich nur langsam entwickelt. Nur in Verbindung mit Fleisch seine Grösse zeigend (18/20). Zu etwas Käse kommen dann – in Normalflaschen – 2000 Bonnes Mares Leroy (17/20) und der zähe, reduktive 1996 Richebourg von der Domaine de la Romanée-Conti auf den Tisch. Letzterer ist schwer zu bewerten, weil er nach mehr als 10 Jahren in der Flasche praktisch noch unentwickelt ist und von einem fordernden Säuregerüst umgarnt ist. Einem geschenkten Gaul schaut man zwar nicht ins Maul aber halt doch auf die Finger! Deshalb maximal 17/20. P.S. Zur Begrüssung und am Strand gab es Champagner Le Mesnil. Also insgesamt ein sehr «weinreicher Insel-Tag»…

Was mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird, ist der Geschmack, respektive der Duft der Insel Waiheke. Bereits als wir anlegten bemerkten wir die Mischung aus Honig, blühendem Mais, hellem Tabak und Moschusrosen die sich parfümiert, je nach Wind mehr oder weniger stark ständig über dem wunderschönen, ziemlich naturbelassenen Eiland hin und her bewegte. 

Auckland: Vor der grossen Entdeckungsreise quer durch New Zealand sind wir noch einen Tag in Auckland. Am Mittagstisch gibt es ganz frische Muscheln und ein ebenso frisches Fisch & Chips. Warum ich zweimal frisch erwähne? Das Restaurant Kermadec gehört einem gleichnamigen Frischfischverarbeiter im gleichen Hafen. Zum fischigen Lunch passt der 2007 Chardonnay von Palliser Etate (18/20) goldrichtig…
Am Abend erleben wir eine Formel nach dem Motto: «Es gibt Weinerfahrungen die man machen muss, damit man weiss, dass man diese nicht mehr machen muss!». So eine Erfahrung ist der 2006 Syrah Gunn Vineyard aus Hawkes Bay (15/20). Dieser ist sauer und streng und man schmeckt den Alkohol deutlicher als sämtliche, weitere Aromen. Feine Pastagerichte beim Italiener am Hafen trösten etwas über diesen Fehlgriff hinweg. 

Whitiango / Waihi Beach: Wir sind einfach aufs Gratwohl unterwegs. Weder lukullisch noch önologisch auf dem fordernden Suchtripp, was angesichts des generellen Angebotes auch nicht möglich gewesen wäre. Nach ein paar wenig ermunternden Rieslingversuchen (alle etwas bitter im Extrakt), bleiben wir mehrheitlich bei den Weissweinen auf dem sicheren Sauvignon-Blanc-Trip und nehmen bei den roten tendenziell eher Pinot (die Männer). Die Erlebnisse schwanken zwischen 15/20 und 16/20. Der beste Wein der letzten zwei Tage: 2008 Sauvignon Blanc Lake Charlice Marlborough.   Rotarua: Es gibt mitten in der leicht stinkigen Stadt (Schwefelquellen – geotermale Aktivitäten) die Eat-Street, also eine veritable Essstrasse. Und da wiederum befinden sich sehr viele Restaurants aller Angebotsfacetten. Wir entschliessen uns, weil es dort sehr viele Gäste drin hat, in den «Indian Star» zu gehen. Der Chardonnay von Montana ist süffig. Weil wir das grosse Menu bestellen, erscheinen jetzt mehrere Kellner mit noch mehreren kleinen Schüsseln mit Saucen, Würsten, Teigtaschen und Tandoori Chicken. Wir reklamieren, dass der Reis vergessen wurde. Der Kellern meint, der komme dann schon – aber erst mit dem Hauptspeise. Also fahren eine halbe Stunde später wieder kleine Schüsseln auf. Diesmal mit Gemüse und Lamm-, Poulet- und Beefcurry. Die Schärfe ist dezidiert und bei gewissen Gerichten an der Genussschmerzgrenze. Das Blut in den Adern kocht, die Hautdrüsen vibrieren, der Magen macht eine Art malolaktische Gärung durch und der Chardonnay verschwindet sang und klanglos unter der Fülle und Pikanz der Aromen. Wir sind zu viert und der Totalschaden (inkl. 2 Fl. Chardonnay, Mineral und das gesamte Essen) kostet umgerechnet weniger als 150 Schweizer Franken.
Beim Einschlafen kommt mir noch in den Sinn was Sex auf Indisch heissen könnte: «Inderinderinderindrin!» 

Taupo: Was für ein schöner Ort! Das Hotel Millenium liegt direkt am See Lake Taupo und das hauseigene à la Carte-Restaurant Edgewater entpuppt sich als wahre Gourmet-Goldgrube. Wir trinken zwei geniale Sauvignon Blancs. 2007 Nautilus (17/20) und 2007 Palliser Estate (18/20). Die Damen gönnen sich den 2006 Merlot-Cabernet Sauvignon Church Road Hawkes Bay (17/20) und die Herren den 2006 Pinot Mount Michael Bessies Block Central Otago (17/20).
Am zweiten Abend sind wir Wiederholungstäter und essen nochmals im Hotel. Eigentlich wollten wir ins Batch (ein Taupo-Geheimtipp) aber dieses Restaurant wird leider gerade renoviert.
Die Damen entscheiden sich für den 2006 Merlot-Cabernet Sauvignon Squakling Magpie The Chetterer und die Herren sind wieder auf dem unverbesserlichen Pinot-Trip. 2006 Jeunesse Lake Wanake Rippon. Zwei ganz tolle Weine mit je 18/20 Punkten.

Second Chance: «You never get a second chance to leave your first impression», sagt ein englisches Sprichwort. Du kriegst also nie eine zweite Chance um Deinen ersten Eindruck zu hinterlassen. Beim Wein ist das etwas anders. Oder sollte anders sein. Da warten gewisse Flaschen jahrelang auf den Moment um sich zu offenbaren und  ungeduldige und unverständliche Weinkenner meinen, dass der gute Tropfen in den ersten Sekunden des Luftkontaktes alles auf einmal in schönster Form zeigen soll. Unzählige Dekantiererlebnisse zeugen davon das dem nicht so ist – nicht so sein kann.
Der Kellner kommt. Er öffnet die Flasche 2001 Cabernet Sauvignon Reserve Matariki Hawkes Bay. Es ist der älteste und zugleich teuerste Rotwein auf der Karte und wird als Cellar-Selection angepriesen.  Der Wein ist zwar nasal recht in Ordnung, doch weist er eine sehr alkoholische Note auf und diese verbindet sich im Gaumen mit einer eher pikanten Säure die fast die Halsröhre ätzt. Kein Wein der in der nächsten halben Stunde Freude bereiten könnte. Und so bestelle ich einen anderen und bitte den Kellner den Wein für später zu dekantieren. Zwei Stunden später bekommt der Matariki seine zweite Chance. Und er hat diese vollumfänglich genutzt. Die Nase duftet nach Rosmarin, Minze und Eucalyptus, dahinter verbergen sich rote gekochte Krischen, Pflaumen und etwas Cassis. Der Gaumen fleischig, mit stützenden Tanninen aber doch in einer ersten Reife. Ein genialer, grosser New-Zealand Red mit Weltklasse-Allüren. 19/20. Gut, dass wir ihm eine zweite Chance gönnten…         

Scenic Cellars: Wenn aussen bei einem Weinladen «New Zeland’s Premium Wine Store» steht, da zieht es auch einen notorischen Nichtshopper wie den Gabriel in den Laden. Erwartungsgemäss ist die Selektion auf New Zealand beschränkt. Von beiden Inseln, praktisch alle Top-Produzenten in allen Facetten. Die grösstmögliche Auswahl. Als ich einen Glasboden überlaufe sehe ich unten goldenes Licht und ein paar Flaschen Château d‘Yquem. In einer fast verborgenen Ecke entdecke ich eine Stiege und unten ist der Laden gleich nochmal so gross wie oben. Diesmal aber gefüllt mit Klasseweinen aus dem Rest der Welt. Recht faire Preise insgesamt. Einer Magnum 2004 Monte Bello von Ridge kann ich nicht wiederstehen. Wer nicht gerade mal zufällig in Taupo ist kann hier surfen www.sceniccellars.co.nz

Hawkes Bay: Wir erreichen diese bekannte Weinregion über die «Alpen». 120 Kilometer, kein Dorf, teilweise 800 Meter hoch, oft an die Schweiz erinnernd. Als wir aussteigen kocht die Luft. Es ist mehr als 30 Grad heiss. Lunch gibt  es auf der Clairview Winery. Das Essen ist simpel, authentisch und sehr aromatisch. Die Weine dazu: 2008 Te Wanga Sauvignon Blanc (16/20), 2008 unwooded Chardonnay (16/20) und ein Glas 2007 Pinot Noir des trois (18/20). Leider ist der aber roomtemperature served. Sodass ich den viel zu warmen Wein mit Eiswürfeln runter kühlen muss.

Hastings: Gegen Abend finden wir ein romantisches Cottage und beschliessen einen Grillabend einzulegen und jene Flaschen zu «entsorgen» die wir in Tauro im Scenic Cellar kauften. 2008 Sauvignon Blanc Pioneer Block Saint Clair (18/20), 2007 Pinot Noir Ata Rangi Martinborough (17/20) und die Magnum 2004 Monte Bello von Ridge. Ein legendärer Kalifornier! Hier hat sich der Winemaker Paul Draper ein weiteres Vermächtnis erschaffen. 19/20. Am Mittag gabs Lamm und am Abend wieder. Von 50 Millionen Schafen  (bei 4,5 Mio. Einwohner) eines weniger. Anstatt zu schnarchen blöke ich nachts…  

Schrauben was das Zeug hält: Was ist die wichtigste Waffe bei einem Sommelier? Richtig – es ist der Korkenzieher. Auf dieses, den Weinservice prägende Instrument können die Serviceangestellten in New Zealand getrost verzichten. Alle Weine aus dem Kiwiland sind fast ausschliesslich mit Schraubverschluss ausgestattet. Die Weissen wie die Roten. Der Winemaker Herbert liefert uns auch gleich die Erklärung dafür. Die Korken kämen aus Europa. Das sei weit weg und bevor irgendein New Zealand-Winzer einen einigermassen guten Korken geliefert bekäme, würden die weit mächtigeren und grösseren Produzenten aus Australien zuvorkommend ausgestattet. So hätten sie halt schon früh aus der Not eine Tugend gemacht und die Weine mit Schraubverschluss versehen. Am Anfang sei das mit dem Export eher schwierig gewesen – aber heute sei das schon lange kein Handicap mehr.

Wellington: Nach einem Abstecher über Martinborough gelangen wir in die Hauptstadt New Zealands. Im Restaurant Shed 5 am Hafen dinieren wir vorzüglich, nachdem wir zuvor an einer Bar ein Glas 2008 Sauvignon Blanc Dog Point Martinborough (17/20) getrunken haben. Zu den Green-Clipp-Mussels geniessen wir den 2008 Unwooded Chardonnay Black Barn Martinborough. Es ist der beste, holzlose Chardonnay meines bisherigen Lebens. 19/20!!! Dann folgt der 2004 Cabernet Merlot Schubert Martinborough. Ein heller, duftiger Wein mit vielen Facetten. Am wenigsten das zeigend, was man unter einem Cabernet verstehen würde, dafür mit Allüren von Musar, Rayas und würzigem Burgunder. 18/20. Das tagsüber sehr lebhafte Stadtzentrum ist bereits vor uns schlafen gegangen und der Schlummerbecher fällt aus, weil schon um 23 Uhr haben nur noch ein lichterlöschendes Motto zählt. Tote Hose!   

Marlborough: 70 % der gesamten neuseeländischen Weinprodktion stammen aus diesem Gebiet. Bekannt durch seine herrlich knackigen, manchmal auch etwas grünen Sauvignon Blancs. Von Rhabarberaromen, über Pink Grapefruit bis tropischen Früchten sind hier alle Aromenfacetten möglich. Doch die extreme Sauvignon-Blanc-Bekanntheit ist Segen und Fluch zugleich. Denn – im Schatten der SaB’s entstehen grossartige Weine anderer Rebsorten (weiss wie rot) die nicht selten Weltklassequalitäten erreichen.

Tasting und Diner bei Therese und Hans Herzog die 1994 als helvetische Auswanderer den Grundstein in dieser Region legten: Der Vineyard besteht aus einem grossen Block und die Rebsorten wechseln alle paar Meter, was dank stets wechselndem Schwemmlandterroir möglich ist. Hans Herzog steht auf Diversifizierung. Das gibt dem Weingut eine breite Farbpallette und es ist auch einem geübten Weinverkoster wie Gabriel nicht ganz klar, wo die klug gewählten Testphasen beginnen und wo das beeindruckende Know-How aufhört. Doch das Niveau liegt sehr hoch – bei allem was ins Glas kommt. Kompromisslos mit Visionen bei denen es egal ist ob das letztendlich nach New Zealand schmeckt oder nach Europa. Sein Pinot gehört zu der Elite. 2006 = 16/20, 2007 = 18/20 und der noch im Fass liegende 2008er ebenfalls 18/20. Mal schmecken diese Pinot`s nach Volnay (`06), mal nach Richebourg (`07) und mal nach Griottes-Chambertin (`08). Doch immer nach Burgund. Ausgeflippt bin ich eigentlich wegen dem 2007 Viognier. Der beste Viognier den ich je im Leben trank, da können sämtliche Condireu’s einpacken. 19/20. Erhältlich sind diese Weine im deutschsprachigen Europa nur bei Barossa in Scherzingen (Schweiz). Und wenn wir schon am loben sind, dann sprechen wir doch auch gleich noch über das Restaurant Herzog. Hier zu tafeln gehört zum Besten was man in ganz New Zealand erleben kann. Also ein must für Gourmet-Traveller. www.herzog.co.nz

Vorne imposant – hinten funktionell so kann man architektonisch die Winery Wither Hills beschreiben. Hier entsteht ein genialer und recht preiswerter Sauvignon Blanc. Das Geheimnis? Die Lagen stammen aus verschiedenen Ecken des Wairau Valleys und so vereint dieser knackige Weisswein von grün bis tropisch alle  Fruchtfacetten. Der Chardonnay ist etwas kokoseichig. Dafür haben uns die beiden Jahrgänge 2006 und 2007 vom Pinot sehr gut gefallen die Chief Winemaker Ben Glover uns zum Mittagessen servierte.

Während die Wither Hills Produktion in den letzten Jahren explodierte, bleibt die Fromm Winery auf Boutiqueniveau. Bei der Winery haben kürzlich grössere Anteile des Besitztums gewechselt. Beim Winemaking bleibt alles beim Alten. Dafür sorgt Hätsch Kalberer mit konstanter Tradition. Somit ist kein Stilwechsel zu erwarten. Was haben die Frommweine als Stil? Ganz sicher sind diese nicht Mainstrem, sondern eher beruhigende Klassiker, die nicht sofort anspringen sondern Zeit und Geduld brauchen. Erst in Verbindung mit Food und nach ein paar Jahren spürt man die feine Art dieser Weine die als Basis mehr Terroir aufweisen als spontane Frucht, wie man es sich praktisch bei allen Nachbarweingütern in Marlborough gewohnt ist. Wir verkosten die ganze Palette. Alles auf gutem, beruhigend hohem, aber nicht spektakulärem Niveau. Nur wer Geduld übt, wird in ein paar Flaschenreifejahren merken, dass es sich hier um grossartige Weine handelt. Bei den Pinots 2006 hat momentan der  Clayvin Vineyards mit 18/20 die Nase vorn. Wer kann, versucht sich ein paar Flaschen vom 2006 Malbec (ebenfalls 18/20) zu ergattern. 

Abends kochen zwei Schweizer für den Schweizerbesuch. Hätsch Kalberer himself und Roger Zysset, den ich noch vom Fidazerhof in Flims her kannte. Und die Hausherrin Lovi kümmerst sich liebevoll um uns und erzählt vom Land der Maori's – ihrer Stammesgenossen. Champagner fliesst. Zuerst eine Magnum Devaux, dann eine Flasche Philipponnat. Zu Crayfisch, Jakobsmuscheln und Paua geniessen wir eine Magnum 2002 Domaine Leflaive Clavaillon (18/20). Zum Hauptgang eine Magnum 1993 Domaine Tempier La Tourtine aus Bandol. Sehr traditoneller Wein mit etwas Altfassnoten. 17/20. Während die Frauen beim Käse auf weiterem Weisswein beharren, was in Form eines 2004 Chassagne-Montrâchet Les Morgeot von Ramonet (18/20) passiert, holt Hätsch eine unvergessliche Flasche Rotwein aus dem Keller. 1987 Pinot Noir Mathawero (18/20). Dieser neuseeländische Rotwein, den er damals selbst in Gisborne produzierte stellte er vor 20 Jahren in eine Welt-Pinot-Blindprobe der Académie du vin die ich als eine der ersten Gabriel-Aktivitäten bei Mövenpick organisierte. Als der erstaunlich gute Pinot weit ins Klassement vordrang und nicht wenige sehr grosse und bekannte Burgunder hinter sich liess, meinten viele Ketzer. Ja – so ein Wein kann schon mal jung beeindrucken, aber Potential ist da keines vorhanden. Wir trinken den Wein und ich fange erste Mal die Nase ein. Keine Spur von Oxidation, viel warme Frucht und feinste Kräuternoten. Im Gaumen saftig, weich, anmutig und wieder die gleichen, warmen Aromen wie in der Nase. Es war die erste Ernte - aus ganz jungen Reben und trotzdem hat er sich derartig gut gehalten. Danke Hätsch für diese eindrucksvolle Pinot-Lebenslehre!   

Waipara Valley:
Auf dem Weg nach Süden kann man hier vorbei fahren. Noch besser ist es anzuhalten. Und zwar bei der Winery Pegasus Bay. Einerseits wegen dem unglaublich schmackhaften Food der sich auf genialem Niveau bewegt. Und dann kommen die Weine. Die Weissen sind schon schwer o.k. Beispielsweise der 2008 Sauvignon Semillon (17/20). Bei den Roten geht es aber erst richtig los. Der 2006 Pinot Noir geht bei mir in das beste NZ-Pinot-Erlebnis der Reise in Erinnerung mit 19/20! Dann probierten wir auch noch ein Glas 2005 Maestro (18/20). Auf der Cellar-Reserve-Liste entdeckten wir auch noch den 1998 Maestro (Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot). Alter New Zealandwein? Aus einer noch unbekannten Region? Warum nicht? Schliesslich war das ja die  Henkersmahlzeit die wir mit unseren Freunden Claudia Cordero und Ralf Wider (Danke für die tolle Organisation!) einnahmen. Als Erinnerung an eine wunderschöne, unvergessliche Reise mit viel unglaublichen Eindrücken – jeglicher Art. Und dann kam das nette Wineryfräulein mit der Flasche und einer Karaffe. Und dann war dieser 1998 Maestro im Glas. Ich war hin und weg. Schwarzbeerig. Nur schwarzbeerig, nicht noch irgendwelche roten oder blauen Beeren. Einfach nur schwarzbeerig. Dann Rauch, brandschwarze Schokolade, Minze, Eucayltpus, Guiness Malz. Schmeckte insgesamt irgendwie wie ein grosser Napa-Cab. Aber wie ein ganz Grosser. Es lohnt sich nach diesem Weltklasse-19-Punkte-Wein zu suchen. Und ich werde ihn in zwei Jahren dort wieder trinken. Ich habe ein paar Flaschen reserviert. Und wer will, kann da mitkommen, denn es wird eine offizielle Gabriel-Weinreise nach New Zealand in der dritten Januarwoche 2011 angeboten. Demnächst unter Reisen auf dieser Website. Interessenten können sich bereits einen provisorischen Platz reservieren.

Hong Kong: Nach einem eindrucksvollen Sight-Seeing lädt uns der hier residentierende Freund Enzo in einen Club ein. Das will heissen, dass dies ein Restaurant ist, bei dem nur Clubmitglieder mit Gästen dinieren dürfen. Die separate Lounge erweist sich als eine Art Lehrerzimmer mit Flutlichtlampen und enorm effizienter Klimanalage. Ein anderer Freund, ein Namensvetter von mir, nimmt zwei verschiedene Bordeaux mit. Einen dezent agonierenden 1982 La Rivière und einen grünbleibend gereiften 1987 Carruades mit. Beide zusammen liegen, addiert bei etwa 30 Punkten. Was mich aber erstaunte war, dass mässiger Bordeaux zu sehr gutem Chinesisch Essen (und das war von der bestmöglichen Sorte) sehr gut passen kann. 

Der Running-Gag des Abends war aber der «Lai See». Das ist eine Tradition bei dem die Bediensteten den Gästen Gäste ein gutes neues Chinesisches Jahr wünschen und sich die Gäste umgekehrt für den freundlichen Service jahrüber bedanken. Dies geschieht in Form eines roten Couverts das mit Gold bedruckt ist und einen nicht genannten Betrag enthält. Alle paar Minuten klopfte es an die Türe unseres Separées und die Angestellten wünschten uns überschwänglich ein gutes neues Chinesisches Jahr und Denise hielt jeweils griffbereit ein rotes Couvert, das mit Gold bedruckt war und einen nicht genannten Barbetrag enthielt. Immer mehr Crewmitglieder erschienen in der Folge. Diese interessierten sich aber nicht, ob sich noch Wein in unseren Gläsern befand, ob sich noch Wasser auf unserem dem Tisch befand oder ob man die Teller hätte abräumen können. Nein - sie wünschten uns allen ein gutes neues Chinesisches Jahr und warteten geduldig bis Denise abermals ein rotes, mit Gold bedrucktes Couvert mit einem nicht genannten Geldbetrag überreichte…

Macau: Unglaublich wie sich diese Portugiesische Kronkolonie in den letzten 25 Jahren seit meinem letzten Besuch verändert hat. Die drei kleinen Inseln sind jetzt mit kilometerlangen Brücken verbunden und die Ausmasse der Hotels und Casinos ist schon dicht an Las Vegas. Und es sind auch momentan weitere, gigantische Bauten im entstehen. Nachdem wir noch durch die hektische Innenstadt mit den unzähligen Juwelierläden durchforsteten, flüchteten wir ins ruhige Restaurant Mistral in einem Gigahotel und genossen 2007 Sauvgignon Blanc und 2007 Pinot Noir von Kim Craford glasweise auf der sonnigen Terasse.  

Hong-Kong – München: Ich war todmüde und schlürfte nur an irgendeinem Süditaliener zu den schmackhaften Gnoccis. Und ich träumte von Wurst-Käsesalat zu Hause…

Schluss des Tagebuch's. Ich hoffe, es hat Spass gemacht, wenigstens beim Nachlesen ein Bisschen etwas an 80 Flaschen rund um die Welt zu schnuppern...


MOUTON & COMPANY IM OLD SWISS HOUSE

In diesem bekannten
Luzerner Restaurant gibt es die besten Wienerschnitzel der Zentralschweiz. Wer aber dort immer nur das berühmte Schnitzel ist, verpasst die einmalige Küche von Küchenchef Günther Renz. Die passt nämlich hervorragend zu Pauillac-Weinen wie d’Armailhacq, Clerc-Milion und Mouton-Rothschild…

Es gibt zwar in Bordeaux mehrere Barone die den Namen Rothschild tragen. Aber wenn man von dem Baron spricht, so ist wie selbstverständlich der im Jahr 1987 Baron Philippe de Rothschild gemeint. Der von Mouton-Rothschild! Und das heutige Imperium besitze viele Weingüter. In der Prestige-Appellation Pauillac sind es heute vier Châteaux. Was noch wenige wissen; vor zwei Jahren hat die heutige Besitzerin Baronesse Philippine de Rothschild den wenig bekannten Fleur-Milon gekauft. Doch die alten Bekannten bleiben noch die gleichen. Zum ersten der noble Premier-Cru Château Mouton-Rothschild. Dann der meist etwas maskuline Château Clerc-Milion; von der alten Klassifikation von 1855 her ein Cinquième Cru – also ein fünftes Gewächs. Damals genau gleich eingeteilt wie das Schwestergut das seinen Namen in der Folge oft wechselte. Von d'Armailhacq über Mouton-Baron, dann zu Mouton-Baronne und mit dem Jahrgang 1989 wieder zur alten Bezeichnung d'Armailhacq. Dieses Weingut erzeugt leichtere und feinere Weine als Clerc-Milon mit weniger Druck als Mouton – versteht sich von selbst.

Zu Ehren und Andenken des verstorbenen «Barons» findet jedes Jahr im Restaurant Old Swiss House im Schweizerischen Luzern eine Weinverkostung statt. Heuer mit Jahrgängen einer Bandbreite von 1924 bis 2000. 


Wunderschöne Atmosphäre -
wunderschöne Weine!

Glückliche Weingeniesser im Old Swiss House.

Hier die Wertungen der Weine, in Auflistung wie wir die Serien einteilten.
Details folgen im WeinWisser…

1924 d'Armailhacq: 16/20 vorbei
1937 d'Armailhacq: 17/20 austrinken
1959 Mouton Baron: 18/20 trinken
1964 Mouton Baron: 16/20 austrinken
1989 d'Armailhacq: 18/20 trinken – 2018

1986 Clerc-Milon: 18/20 trinken – 2025
1988 Clerc-Milon: 18/20 trinken – 2020
1989 Clerc-Milon: 18/20 trinken – 2020
1990 Clerc-Milon: 18/20 trinken – 2016
1995 Clerc-Milon: 18/20 trinken – 2025

1972 Mouton-Rothschild, Magnum: 15/20 vorbei
1988 Mouton-Rothschild, Magnum: 19/20 trinken – 2025
1990 Mouton-Rothschild, Magnum: 17/20 trinken – 2018
1992 Mouton-Rothschild, Magnum: 17/20 austrinken
1994 Mouton-Rothschild, Magnum: 19/20 2012 – 2040
 
1953 Mouton-Rothschild: 20/20 austrinken
1966 Mouton­-Rothschild: 16/20 austrinken
1976 Mouton-Rothschild: 16/20 vorbei
1983 Mouton-Rothschild: 19/20 trinken – 2030
2000 Mouton-Rothschild: 19/20 trinken – 2020

P.S. 1: Diese Veranstaltung kostete inkl. dem feinen Essen und allen Weinen 800 Franken und war schnell ausgebucht.
P.S. 2: Nächstes Jahr gibt es u.a. den Mouton 1878!  Das Rennen um wenigen Plätze ist bereits eröffnet unter Events 2010...


LASCOMBES – SEIT 2001 IN TOPFORM

Auch er selbst hat eine umfassende Verkostung in dieser Form noch nie erlebt. Direktor Dominique Befve (Ex-Lafite) der seit dem Jahr 2001 dem etwas vernachlässigtem Château Lascombes (Deuxième Cru) wieder zu einem Top-Margauxwert verhilft.

An zwei Abenden entkorkten wir im Sempacherhof rund 30 Jahrgänge von diesem Top-Margaux. Vom just gefüllten 2006 bis zum Methusalem vom letzten Jahrhundert vom Weinjahr 1881… 

1881 Lascombes: Neu verkorkt auf dem Weingut im Jahr 1990. Dunkles Weinrot mit bräunlichen Reflexen, aber noch erstaunlich intakt. Pilziges Bouquet mit einer morbiden Süsse die an einen sehr alten Rioja erinnert, morscher Balken, aber durchaus ansprechend. Fülliger Gaumen, erstaunlich süss mit Wald- und Holznoten, welke Pflaumenhaut, beeindruckend und ein noch recht grosses Altweinerlebnis. 17/20 vorbei

Weitere Jahrgänge und Bewertungen, Details folgen im WeinWisser:

1940 Lascombes: 13/20 vorbei
1959 Lascombes: Keine Bewertung. (Kork)
1961 Lascombes: Doppelmagnum. Abfüllung R. Barriere Frères. 19/20 trinken
1962 Lascombes: 16/20 austrinken
1966 Lascombes: 18/20 trinken
1968 Lascombes: 14/20 vorbei
1970 Lascombes: Magnum. 16/20 austrinken
1975 Lascombes: Magnum: 16/20 trinken
1978 Lascombes: Impériale:! 18/20 trinken
1979 Lascombes: Magnum: 16/20 austrinken
1981 Lascombes: 15/20 austrinken
1982 Lascombes: 17/20 trinken
1985 Lascombes: 17/20 trinken
1988 Lascombes: 16/20 trinken
1989 Lascombes: 17/20 trinken – 2016
1990 Lascombes: 17/20 austrinken
1994 Lascombes: 15/20 austrinken
1995 Lascombes: 17/20 trinken – 2016
1996 Lascombes: 17/20 trinken – 2020
1998 Lascombes: 16/20 trinken – 2018
1999 Lascombes: 16/20 trinken – 2017
2000 Lascombes: 15/20 trinken – 2018
2001 Lascombes: 18/20 trinken – 2020
2002 Lascombes: 17/20 trinken – 2016
2003 Lascombes: 19/20 trinken – 2018
2004 Lascombes: 18/20 2012 – 2025
2005 Lascombes: 19/20 trinken – 2025
2006 Lascombes: 18/20 2014 – 2028
2007 Lascombes: 18/20 2013 – 2026


Freude an der  ausgezeichneten, überraschenden Impérialeflasche Lascombes 1978!
Direktor Dominique Befve und René Gabriel

Dominique Befve: «Der 2008 Lascombes wird so gut werden wie eine Mischung aus dem 2004 und 2006! Wir konnten lange zuwarten was angesichts des Sonnenmankos und der sehr späten Vegetation auch dringend nötig war. Kleine reife Beeren ergaben einen kleinen Ertrag. Wir haben weniger als die Hälfte einer normalen Ernte im Keller. Aber lieber sehr gut und wenig – wie umgekehrt»!


FELIX DER FRÜHAUFSTEHER

«Nutze den Tag!», sagt Carpe Diem. Mein langjähriger Freund Felix nutzt nicht nur den Tag, sondern bereits auch die ersten Morgenstunden und nicht selten auch schon die letzten Stunden der Nacht. Heute ist er Chef einer mittelgrossen Bierbrauerei und schaut jeden Morgen um 6.30 Uhr zu, wie die Lastwagen mit dem Bier wegfahren…


Doch da ist er bereits etwas früher im Büro um schon erste, gewisse Dinge erledigen zu können. Ich weiss nicht, ob es sich in seinem Fall um ein Frühstadium von seniler Bettflucht handelt, oder ob seine Uhr ganz einfach anders tickt oder ob er in einem seiner früheren Leben einmal Bäcker war.
Wir arbeiteten mehr als 10 Jahre zusammen und waren bei Mövenpick Mitglieder der Geschäftsleitung. Er als Chef vom Verkauf – ich als Einkaufschef. Und aus dieser Schicksalsgemeinschaft entstand eine Freundschaft, die bis heute anhält.
In den Sinn gekommen ist mir die Geschichte dem «Frühaufsteher» kürzlich, als wir zusammen bei Freunden auf der Melchsee-Frutt weilten. Ich konnte am morgen nicht so richtig ausschlafen und war einer der ersten unten in der guten Stube. Irgendwie freute ich mich, endlich einmal vor Felix aufgestanden zu sein. Ich braute mir einen Kaffee und hockte mich gemütlich hin und genoss die ersten Momente des aufhellenden Tages. Da öffnete sich die Eingangstüre und Felix kam stampfend von einem ausgedehnten Morgenspaziergang zurück. Schon wieder! Er hatte es wieder einmal geschafft vor mir unterwegs zu sein. Wie schon immer, respektive fast immer…

Einmal waren wir zusammen in Australien; Perth, Melbourne, Adelaide und zum Abschluss Sidney standen auf dem Programm. Ich leide fürchterlich unter Jet-Lag. Das ist jene Situation bei der durch Zeitumstellung, respektive deren Verschiebung die Hälfte des Körpers müde ist und die andere etwas unternehmen will. Oder der Kopf etwas essen möchte und der Magen und der restliche Verdauungstrakt völlig inaktiv ist. So stand ich bereits um vier Uhr früh auf und spazierte am Meer entlang Richtung der berühmten Oper von Sidney. Als mich dort auf eine einsame Bank setzen wollte, sass bereits Einer da: Es war Felix!

Ein anderes Mal führte unser Trip ins Napa Valley. Auch hier plagte mich wieder der Jet-Lag und ich wanderte durch St. Helena und schlenderte durch die Rebberge der Dominus Winery. Etwa um 6.45 Uhr plagte mich der Morgenhunger. Weil ich wusste, dass unser Hotel erst ab acht Uhr Frühstück anbot, wählte ich den Weg in ein kleines Restaurant im Dorf. Es waren praktisch noch keine Gäste da, ausser einem Mann der gerade den letzten Bissen von einem ziemlich grossen Steak in den Mund schob: Es war Felix!

Als wir in Argentinien und Chile unterwegs waren, quartierte uns der Gastgeber im Nobelhotel Hilton in Santiago ein. Am Abend waren wir bis spät in der Nacht unterwegs. Der Winzer hatte zu einem Grillfest mit viel Rotwein eingeladen. Trotzdem konnte ich am frühen Morgen nicht schlafen. Das Hotel lag etwas ausserhalb der Stadt und das Frühstück wurde dort erst ab 7.00 Uhr serviert. So entschloss ich mich, die verbleibende Zeit bis dahin mit einem Bad zu vertreiben. Ich schlüpfte in die Badehose und in den frottig-weichen Hotelbademantel und ging zum Pool. Niemand war da. Ausser ein einziger Schwimmer der sich bereits wohlig im Pool räkelte: Es war Felix!

Eine der aufwändigsten Arbeiten für mich ist die Zusammenstellung von Texten und Angeboten für die Bordeaux-Primeurkampagne. Da konnte ich oft nachts nicht gut schlafen, weil mir immer wieder neue Ideen in den Sinn kamen. Ich entschloss früh ins Büro zu gehen um dort in aller Ruhe arbeiten zu können – bevor die anderen kamen. Als ich auf dem Parkplatz fuhr so um 5 Uhr, sah ich dass jemand am Vortrag wohl das Licht hatte brennen lassen. Ich wollte aufschliessen, aber die Eingangstür war bereits offen und ich hörte bereits Papierrascheln und dann wie jemand in die Tasten hämmerte: Es war Felix!

Nur einmal glaubte ich den jungen Tag vor Felix begrüssen zu dürfen. Wir waren zwei Wochen in Südafrika unterwegs. Einer der Höhepunkte war das Crayfischessen in Jacob's Bay das eine gemeinsame Bekannte von uns - Tempe Reichart - organisierte. Abends lagen diese hummerähnlichen Schwänze auf dem Grill und der Chardonnay floss in Strömen. Freudestrunken gingen wir um Mitternacht ins Bett. Obwohl zwischen Südafrika und Europa praktisch keine Zeitverschiebung besteht, war ich für war ich früh wach. Sehr früh. Extrem früh!

Der Ort an dem wir schliefen war sehr idyllisch. In der Bucht das kleine Restaurant in dem wir am Vorabend assen. Hinter mir die drei kleinen Gasthäuser in dem der Rest der Truppe noch schlief. Inklusive Felix! So spazierte ich in der noch sehr dunklen Dämmerung Richtung Halbinsel und genoss den Duft der Sträucher und Kräuter. Dann lief ich nach einer Stunde zurück und setzte mich auf der Meeresseite hin auf einen grossen Stein und genoss den aufhellenden Tag, die frische, feinsalzige Meeresbrise und das Rauschen der Wellen. Ich war ganz in Gedanken versunken und bemerkte auf der rechten Seite, gut zwei Kilometer entfernt einen kleinen dunklen Punkt. Ich vermutete, dass dies ein Hund sein könnte der sich am Strand tummelte. Dann wurde der Punkt etwas grösser und somit vermutete ich dass es sich um einen Mensch handeln musste. Gespannt schaute ich auf den Gang dieser Person und wollte anhand des Fortschreitens eruieren ob es ein Mann oder eine Frau sein könnte. Je näher die Person kam wurde mir klar, dass es ein Mann sein musste. Und als sich diese Person rund 100 Meter befand, war für mich der hoffnungsvoll begangene Tag bereits wieder zu Ende. Ich hatte einen langjährig andauernden, freundschaftlichen Kampf endgültig verloren: Es war Felix!


DER SANFTE RIESE

Eigentlich fing es damit an, dass ein Besitzer einer Flasche 1928 Haut-Brion mir die Frage stellte, was er mit dieser Flasche machen solle.
Denn der Wein wäre wohl irgendwann neu verkorkt worden und hätte keine Originalkapsel...


Da hatte ich die Idee, dass man diese Flasche ja eventuell - unter gewissen Umständen - öffnen könnte. Und zwar mit Freunden die ebenfalls bereit waren, aus deren Keller einen alten, reifen, grossen Haut-Brion mitzunehmen. Oder halt gleich zwei Flaschen wegen der finanziellen Balance. So schrieb ich denn diesen Event im Netz aus und man konnte sich mittels Haut-Brion-Angeboten immatrikulieren. Somit kostete der Event gerade mal 100 Franken pro Person fürs Essen und Korkengeld für den Wirt. Und - der sanfte Riese wie der Haut-Brion manchmal auch liebevoll genannt wird - präsentierte sich in Hochform. Bis auf den korkigen 79er und den dann doch nicht ganz optimalen 1928er. Hierzu ist folgendes zu bemerken: Wenn man eine Flasche bei einem Château zum neu verkorken deponiert, probiert der Kellermeister jeweils den Wein und wenn sich dieser nicht so präsentiert wie er sein sollte, wird die Flasche mit einem neutralen Korken und einer neutralen Kapsel versehen. Dies zum Schutz von ahnungslosen Käufern.

Zum Apero gab es einen 1955 Carbonnieux Blanc (strohig, Kamille mit blumigen Noten) 16/20 und den bereits recht legendären weissen 2004 Haut-Brion. Diesem Wein gab ich schon bei der Fassprobe 20/20 Punkte und dieses Versprechen hat er bis heute fraglos gehalten.

Wie präsentierten sich die Roten?

1928 Haut-Brion: 16/20 oxydativ, man spürt dahinter aber das grosse Jahr
1934 Haut-Brion: 20/20 leider kein Geheimtipp mehr, gross mit Power
1937 Haut-Brion: 18/20 überraschend dicht, würzig mit Tiefe
1961 Haut-Brion: 20/20 perfekt der Urmeter des Pessac's, legendär
1966 Haut-Brion: 19/20 laktisch, buttrig, Caramel, sehr weich
1979 Haut-Brion: Korken
1983 Haut-Brion: 17/20 hell, leicht viel rosiniertes Traubengut
1985 Haut-Brion: 19/20 filigran, alte Schule, tabakig. sehr duftig
1986 Haut-Brion: 18/20 braucht viel Luft, wilder Cabernet
1990 Haut-Brion: 18/20 eher leicht mit noch körnigen Tanninen



P.S. Man kann auch in kleinen Mengen geniessen. Da ich am gleichen Morgen Filmaufnahmen für eine neue Serie von Mövenpickweinen absolvieren durfte, war ich mit dem Auto unterwegs. Somit war ich gehalten, trotz all diesen tollen Weinen die Vernunft walten zu lassen. Ich nahm das Polizeimessgerät mit um sicher zu sein, dass ich noch fahren durfte. Als ich den Autoschlüssel in die Hand nahm, lag der Promillemeter um 0,3. Zwei Stunden später zu Hause lag der Alkoholtester bei 0,13. Wie sieht das aus wenn Gabriel bei Mövenpick auf der Webseite Wein empfiehlt? Klick!


BARSAC IST NICHT SAUTERNES

Und das ist gut so! Und das ich auch noch bei einem 60jährigen Wein so. Während die Weine von Sauternes als wirklich liquoreux gelten, attestiert man den zwar ebenfalls süssen Weinen aus Barsac Frische und Eleganz.


Und genau so haben wir es bei einem Business-Lunch im Hotel Montana in Luzern erlebt. Der 1949 Climens ist goldunkel mit bernsteingrünen Reflexen. Er duftet nach Kamille, frischen Kräutern, einem frisch geöffneten Rosinenpack und kandiertem Akazienhonig, dabei wirkt der pfeffrig und frisch. Der Gaumen tänzelt nur so dahin, die Textur ist fast schlank, aber cremig. Ein önologisches Violinenkonzert! Wem die Yquems zu schwer sind und wer trotzdem nicht auf ein 20-Punkte-Bordeaux-Süssweinerlebnis verzichten möchte, sucht am besten nach diesem Wein. Besonders freute sich am Tisch Wilhelm Wehrmann, der CEO vom Park Hotel Bremen. Warum? Weil er 1949 geboren ist und Barsac's besonders liebt...


REIFE AUSTRALIER

Weil ich im Sinn hatte, ein paar reife, rote Australier zu öffnen, wagte ich es einen weissen Restposten zu öffnen.


Die Farbe dunkelgelb, wie ein reifer Barsac. Der Duft mit fetter Butter- und Honignote, etwas Kamillle und nicht zu wenig Quitten. Dick und opulent im Gaumen. Da ich den Wein blind servierte, schwankten die Voten der anwesenden Gäste zwischen reifem Burgunder und Chardonnay aus Kalifornien. Eigentlich lagen aller richtig - vom Geschmack her. Der Wein war genial und niemals hätte ich dem 1981 Chardonnay Petaluma diese Hochform auf einem 18-Punkteniveau zugemutet. P.S. Der Flascheninhalt wurde mit 735 ml deklariert.

Dann wechselten wir zu Rotweinen und die Hochform dauerte an...

1977 Cabernet Sauvignon Château Clare Taylors: Viel Bordeauxähnlichkeit, trocken, artisanal mit mürben Tanninen, fleischig. 17/20

1971 Penfolds St. Henry Auldana: Dieser Wein vereint alle grossen Weine der Welt. Mal schmeckt er nach altem Ermitage La Chapelle mit seiner schwarzen Pfeffernote, dann nach tabakigem Pessac, grad wie ein konzentrierter Mission, dann minzig wie ein Mouton und dann wieder mit Schoko- und Eucalyptusnoten durchzogen wie ein Martha's Vineyard und was er noch gemeinsam mit diesen genannten Weinen gemeinsam hat ist die Punktezahl: 20/20

1983 Penfolds Grange Bin 95 (damals noch mit dem später verbotenen Zusatz «Hermitage» versehen). Ein enorm konzentrierter Wein mit viel Cassisresten, würzigem Peru-Balsam und wildem Rosmarin. Gehört zu den ganz grossen Grange-Jahrgängen. 20/20   

Irgendwie geraten reife Australier in Vergessenheit. Man trinkt diese halt jung, weil man ihnen ein derartiges Potential gar nicht zumutet. Ich habe noch ein paar recht alte Flaschen und werde diese am 29. Oktober in Goldau öffnen. Wer Lust hat, informiert sich bei Events 2009 unter dem genannten Datum und schreibt sich ein...


DAS FÄNGT JA GUT AN

Sylvester: Was trinkt und isst Gabriel an Sylvester mit Freunden? Relativ einfach - aber effizient - vom Food und vom Wein her. Zuerst gab es eine Leberterrine mit Portwein getränkt und mit Dörrfrüchteragout marmoriert. Homemade! Dann auf dem Grill ein ganzes Kalbscarre mit Knochen und eine ziemlich getrüffelte Sauce und anschliessend natürlich Beeler-Käse.
Zuerst ein paar Magnums Riesling Loibner Berg von F.X. Pichler (19/20), dann eine Jéroboam 1994 Montrose (noch sehr jung, barock und gross, 19/20) und dann Magnums 1998 La Grave Trigant de Boisset. Das ist ein Geheimtipp aus dem heroischen Pomeroljahrgang (18/20). Und zum Anstossen, fingen wir wieder von vorne an mit Riesling Loibner Berg. Die angegebenen Mengen sind für mehr als ein Dutzend Teilnehmer. Nota bene...

Alderbuebe: Henry Wenk lud uns ein zu einem ganz besonderen Leckerbissen nach Appenzell. Wer jetzt hinter dem Namen Kapelle Alderbuebe nur Dibi-Däbi-Musik vermutet ist musikalisch weit hinter dem Mond. Klar, dass da so manch hoch stehendes Zäuerli dabei war, aber das Repertoire dieser einmaligen Besetzung macht Streifzüge durch die ganze Welt. Und wer nicht nur mit dem Ohren zuhört, sondern auch mit dem Herz, kriegt bei nicht wenigen Passagen Gänsehaut.
Zum Beissen und Schlürfen gab es Waadtländer-Spezialitäten wie Saucissons, Lauch-Kartoffeln, Dezaley und Pinot vom Bovard. Und kurz vor Mitternacht durfte ich dann noch eine 12er Kiste Léoville Las Cases 1999 (enorm süffig, buttrig, Kandisnoten, 19/20) hoch schleppen. Da ich vorher bei den einheimischen Tropfen nur etwas nippte, blieb noch genügend Durst für diese zweite Phase übrig. Danke Henry!

Zum Gupf: Gibt es einer schöneren Platz in der Schweiz? Wohl kaum. Ein paar Stunden und die Nacht im Gupf in Rehetobel bei Manuela und Walter Klose zu verbringen gehört für mich schon bald als Tradition zum kulinarischsten Gesamterlebnis und Höhepunkt des Jahres. Die Summe der berührenden Dinge macht es aus: Natur, Haus, Service, Küche und die allergrösste Weinflasche der Welt mit 480 Liter Inhalt! Gefüllt damals noch von meinem leider verstorbenen Winzerfreund Alois Kracher. Nach deinem GV-Axpoint 2007 und einem Honivogl 2005 von Franz Hirtzberger entschied ich mich für einen 1996 Phélan Ségur. Auf der ausufernden Weinkarte für unter 100 Franken zu haben. Wunderschön (18/20)! Und weil ich mit dieser Bestellung das Gefühl hatte, so richtig Geld gespart zu haben, flüsterte ich dem Sommelier ins Ohr er solle einen Latour 1999 dekantieren und blind servieren. Die Gäste am Tisch rätselten und fanden bald heraus dass es ein Pauillac aus einem mittleren Jahr sein könnte. Aber auf Latour kam niemand.
In der Folge stellte es sich dann heraus, dass der Sommelier Lafite statt Latour verstanden hatte. So blieb mir denn auch nichts anderes übrig als den proklamierten Latour in der zweiten Folge nochmals zu ordern. Glück im Unglück trotzdem. Denn ich hätte nicht gewagt - aufgrund von früheren, eher negativen Erfahrungen mit so vielen zapfigen Lafite 1999 - einen solchen zu bestellen. Dieser war fein, delikat süss und gut 18/20 wert. Der Latour dann für den Jahrgang fest und kräftig mit einer Tiefe, die einen grösseren Jahrgang vermuten lassen würde. (19/20). 






Die grösste Weinflasche der Welt steht im Restaurant Gupf in Rehetobel im Appenzellerland.

Max und Ruth: Freundschaften pflegt man meistens durch gegenseitige Einladungen. Und eine Solche war angesagt bei den Gerstl's in Bad Ragaz. Nach ein paar weissen Umwegen mit 1997 Corton Charlemagne Bonneau du Martray (18/20), 1990 Beaune Clos des Mouches (17/20) und 1999 Grüner Veltliner Kreutles Knoll (17/20), gelangten wir zu einer eindrucksvollen, memorablen Rotweinparade: 1945 Branaire: Zum dritten Mal innerhalb eines Monats getrunken. Die Flasche mit mittlerer Schulter zeigte eine trockene Müdigkeit, trotz viel barockem Untergrund (17/20). 1945 Léoville Poyferre: Eher leicht von den Jahrgangserwartungen her, aber fein elegant und delikat süss. (18/20).
1959 Ausone: Riccola, süss, fermentierter Tee, fein wie ein Chambertin. (19/20). 1959 Haut-Brion aus dem Keller von Max: Mit viel Volumen, Dörrfrüchten Tabak und eine sublimen, cremigen Süsse. (20/20). Das rote Schlussbouquet geht schon ins Kapitel der Pauillac-Dramaturgie: 1970 Latour: Jung, saftig mit guten aber nicht aufgedrückten, sondern schon recht schön integrierten Reserven. Ganz sicher ein ganz grosser Latour. (20/20). 
Und jetzt müsste man alle vorherigen und bisher abgegebenen Weine mit 20-Punkten wieder auf 19 setzen, weil im linken Glas der 1961 Latour (Spender Sigi Hiss) eingeschenkt wurde. Es ist ein Überwein, der in die Kategorie 1947 Cheval, 1945 Mouton, 1959 Lafite gehört. Doch warum soll man andere grossen Weine plötzlich unbedingt schlechter machen wollen, wenn man die einzigartige, nicht oft wiederkehrende Chance erhält, ein solch legendären Pauillac trinken zu dürfen? Warum muss immer alles krampfhaft in Relationen sein? Kann man diese nicht einfach für einen kurzen Moment aussetzen? Sich zurücklehnen? Die Umgebung akkustisch ausschalten? Sich für möglichst lange auf das Bouquet konzentrieren? So lange daran riechen bis man es vor Ungeduld nicht mehr aushält? Die Erwartungen für den ersten Schluck sehr hoch zu schrauben mit der Gewissheit, dass das der absolut geniale Wein diese hohe Erwartung locker schafft und sogar übertrifft? 
Mit viel Geld kann man diesen Wein heute noch kaufen! Aber kein Geld der Welt garantiert dem Geniesser dieses Weines auch dieses tief im Körper zirkulierende Glücksgefühl. Und vielleicht empfinden auch die geübtesten Weingeniesser jeder für sich ein Bisschen anders. Ich glaube kaum, dass es im Jahr 2009 ein Rotweinerlebnis geben wird, dass diesen berührenden Moment rund um den Latour 1961 noch toppen kann.
Aber ich habe es ja selbst ein paar Zeilen vorher geschrieben. Man(n) soll seine Erwartungen immer möglichst so hoch schrauben, dass jeder andere, grosse Wein eine reele Chance hat, dies zu übertreffen...   

Wenn Jürg Richter am Tisch sitzt, ist es in keinem Fall so, dass am Schluss ein Sauternes serviert wird. Nein - es sind immer mindestens zwei! Beide Weine wiesen nicht mehr eine goldene Farbe auf, sondern zeigten sich Bernsteinschwarz. Links der 1922 Raymond-Lafon mit leicht grünlichen Noten, aber dann noch einer schlanken, mit Feigen und Kaffee durchsetzten Süsse. (19/20). Und im rechten Glas ein weiterer Jahrhundertwein: 1929 Château d'Yquem; Curry, Malmsey-Madeira, Mocca-Eclairgebäck viel Rosinen und mit einer schweren Süsse versehen, die an einen dicken Pèdro-Ximenez erinnerte. Im Gaumen in eine voluminöse Tokajschwere drehend mit viel Feigen im langen, powervollen nahezu übersüssen Finale. Ein klares 20-Punkte-Yquem-Erlebnis! Anders als 1921, 1937 oder 1945. Aber genau dies macht ein derartig legendäres Weingut noch legendärer. Dass seine allergrössten Jahrgänge nicht alle genau gleich schmecken. So viel zum Jahresbeginn. Das fängt ja gut an... 


MUSSE IST KOSTENLOSER LUXUS

Ein paar Gabriel-Gedanken zum Neuen Jahr... 

Glauben Sie mir – ich habe es echt versucht, aber es ging nicht! Es ist nicht einfach den Gürtel enger zu schnallen, wenn man übergewichtig ist. Zuerst war es unbequem und dann kriegte ich fast keine Luft mehr…

Also habe ich mir andere Dinge überlegt wie ich die fortwährend androhende Wirtschaftskrise überwinden kann. Als ich noch jung und unbeschwert war, ging ich einfach in die Wirtschaft, wenn ich eine Krise hatte! Ich habe, die in der Öffentlichkeit proklamierte Attraktivität der kommenden Rezession, genau unter die Lupe genommen. Aber nach reiflichem Überlegen habe ich beschlossen, da nicht mit zu machen, weil die Argumente «pro» und «kontra» zu Gunsten des letzteren ausfielen. Es ist nahezu unglaublich mit welcher Energie gewisse Ewignörgler ihre persönliche Unzufriedenheit laufend perfektionieren.
Beim Adler-Otti in Sempach las ich einmal auf einem Kalenderblatt: «Vielleicht gibt es eine bessere Zeit – aber diese ist die Unsere!»

Wer momentan nicht lernt mit dem, was er als Basis zur Verfügung hat, glücklich zu werden, der wird die aktuelle Lebensphase in den späteren Lebensjahren als «verlorene Zeit» abbuchen müssen.

Worin liegt denn das grundsätzliche Problem, das wir vor uns her schieben? Es geht ums Geld. Ums grosse Geld. Um dieses Geld das jene die zu viel hatten verloren haben. Nicht um das Geld das jene die zu wenig haben, nie haben werden. Geld wird meist mit dem Wort Glück in Verbindung gebracht. Analysiert man Glück, so findet man bald den Begriff «Glück haben» und diese beiden Wörter sind wiederum deklariert als «kurzfristiger Lustgewinn».

Wichtiger ist «glücklich sein». Dies ist kein Zustand, den man aus Zeitungen erlesen kann oder in den TV-Nachrichten aufnimmt. Es ist ein Zustand, den man selbst erarbeiten muss. Er besteht aus Verzicht, Demut und Kompromissen. Ein gutes Buch für diese These: Die Glücksformel von Stefan Klein!

Glücklich sein, besteht auch darin ganz bewusst zu leben:

- Während dem Essen ab und zu die Gabel und das Messer weglegen. In kleinen Bissen geduldig kauen, um die Aromen zu intensivieren und die Dauer des Genusses so zu verlängern. Das geht auch beim Wein! Schlürfen anstatt kauen…

- Ein Musikstück von Anfang bis zum Schluss konzentriert und geduldig, relaxed anhören, ohne dazu etwas zu lesen…

- Eine Zeitung oder ein Buch lesen, ohne dazu Musik zu hören…

- Ein schönes Bild, ein ansprechendes Foto etwas länger als üblich zu betrachten. Versuchen, dies zu memorisieren…

- Nach einem Film den Fernseher ausschalten und darüber nachdenken, was man soeben gesehen und erlebt hat. Das Ganze nochmals Revue passieren zu lassen… 

- Spaziergänge in der Natur zu unternehmen und sich dabei sinnierende Sitzpausen gönnen…

- Kontakte zu Freunden und der Verwandschaft systematisch pflegen. Das soziale Netz ist die Basis jeglichen aktiven Lebens…

- Auf einem Blatt Papier aufschreiben, was man schon lange tun wollte. Dann diese Dinge planen, in Angriff nehmen und ausführen. Den Wünschen ein klares Datum verleihen…

- Sich Zeit für Musse nehmen, denn das weiss hoffentlich nicht nur WIKIPEDIA: Mit Musse bezeichnet man die Zeit, welche einer Person zum Nutzen nach eigenem Wunsch zur Verfügung steht, worin sie sich «erquickt und aufbaut».

Nicht alles, was Freude macht, kostet gleich Geld! Glücklich sein, definiert sich nicht aus dem, was man nicht hat oder irgendwann mal hatte. Es ist eine tägliche Addition an kleinen Puzzleteilen, die man selbst zusammenfügt. Ueli Prager hat für Mövenpick vor vielen Jahren den Slogan: «Mövenpick – gut in kleinen Dingen!» kreiert. Ich habe einmal darüber sinniert, dass wer keinen Blick fürs Detail hat, das grosse Ganze nie begreifen wird.  

Die mondiale Globalität befindet sich in einem schreienden Ungleichgewicht. Die einen haben zu viel, die anderen zu wenig. Wer nicht daran arbeitet und mithilft diese Unbalance in den nächsten Generationen auszugleichen, trägt die moralische Mitschuld dieses Leides. Hier sind vor allem die Politiker gefragt. Doch es schaut düster aus. 

Der neu gewählte Bundesrat Ueli Maurer ist für alles offen, was raus geht! Er wird sich aber gedanklich gegen das eben, durch komplizierte Verträge, erreichte Schengen-Abkommen einsetzen. So, dass möglichst wenig «Ausserirdische» ins helvetische Reich eindringen. In Europa sind prozentual knapp dominierende, fragile Koalitionen am Werk, die kaum etwas erreichen. In Russland wird wohl Putin bald Präsident auf Lebenszeit. Ein von ihm klug eingefädeltes, die ganze Duma manipulierendes Verdikt, wird ihm dies ermöglichen. Gegen den Machthaberisch-brutalen Mugabe scheint der Rest der Welt weiterhin machtlos. Die Chinesen sind für alles offen, ausser für verschlossene Gefängniszellen in denen sich oppositionell denkende Menschen befinden. Und alle hoffen, dass Barack Obama der amerikanische Winkelried für die ganze Welt sein wird. 

«Yes we can!» Drei Wörter mit denen er die Welt verändern will? Er wird es alleine nicht schaffen, es braucht uns dazu. Jeden von uns. Wir können nur für andere stark werden, wenn es bei uns selber drinnen auch stimmt. 

Kleine Dinge, die man ausführt, sind wichtiger als grosse Taten, die man plant. Tut das, was Ihr am besten könnt, das braucht am wenigsten Energie. Frei nach dem Motto: Schuster bleib bei Deinen Leisten! Und wenn es irgendwann endlich wieder losgehen wird, nicht gleich grossmütig und überheblich werden. Mahnend was der heilige Bruder Klaus an einer Versammlung predigte: «Machet Eure Zäune nicht zu weit!»

Im Leben kann nicht immer die Sonne scheinen. Und was bleibt uns noch vom Leben bis zum Schluss? Die Rechnung ist ganz einfach: Der Zeitpunkt unseres Todes minus die guten und schlechten Zeiten, die wir noch erleben werden, ergeben genau jenen Zeitpunkt beim Lesen dieser Zeilen. 

Aber was schreibe ich hier an meine Weinfreunde solch tiefgründige Gedankenansätze? Der englische Weinjournalist Hugh Johnson hat mal bemerkt: «Weintrinker sind intelligent, sehen gut aus und sind sexy». Da würde ich noch ergänzen: «Weingeniesser sind positiv eingestellte Menschen, leben bewusst, finden Zeit zur Musse und sind Rezessionsresistent».


DIE WICHTIGSTEN MEINUNGSMACHER DER WEINWELT

Von
Mario Scheuermann:
Eigentlich lautete die Frage, die ich mir gestellt hatte: Wer sind die einflussreichsten Weinkritiker der Welt?


Doch so einfach liegen die Dinge heute nicht mehr angesichts völlig neuer Formen medialer Kommunikation, die vor allem das Internet eröffnet hat. Selbst die Antwort auf die Frage nach der absoluten Nummer eins in diesem Gewerbe, ist nur scheinbar einfach. Robert Parker nannte jeder, den ich in den vergangenen Wochen und Monaten danach gefragt habe, an erster Stelle. So weit so klar. Aber Parker schreibt seinen legendären Newsletter Wine Advocate längst nicht mehr allein, sondern hat ein ganzes Redaktionsteam um sich versammelt und viele Informationen verbreiten sich über seine Website erobertparker.com oder das dort angesiedelte Forum von Marc Squire schneller als durch den gedruckten Newsletter. Parker ist fraglos nach wie vor der einflussreichste Weinkritiker der Welt, aber er ist zugleich auch zu einer Marke geworden. Sicher ist aber auch, dass mit ihm alles angefangen hat. 

Wer sind heute und in Zukunft die einflussreichsten Meinungsmacher der Weinwelt? Diese Frage habe ich Dutzenden von Experten gestellt - Erzeugern Händlern, Werbern, Medienschaffenden vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in Frankreich, Grossbritannien aber auch in Übersee. Bei allen handelt es sich um aktive Markteilnehmer, von denen ich weiss, dass sie weltweit tätig sind. Sie haben mir mehr als drei Dutzend Namen genannt, davon die hier aufgelisteten 15 besonders häufig.

01 Robert Parker (USA)
Website: erobertparker.com
Robert Parker bei Wikipedia

02 Jancis Robinson (Grossbritannien)
Website: jancisrobinion.com
Jancis Robinson bei Wikipedia

03 Hugh Johnson (Grossbritanien)
Website: International Wine and Food Society
Hugh Johnson auf Wikipedia

04 James Suckling (USA)
Website: James Suckling´s Winespectator Weblog
James Suckling bei Wikipedia

05 Ch´ng Poh Tiong (Singapur)
Website: Sommelier of Asia
Ch´ng Poh Tiong im Planet Bordeaux

06 Gary Vaynerchuck (USA)
Website: garyvaynerchuk.com
Gary Vaynerchuk bei Wikipedia

07 James Halliday (Australien)
Website: Winecompanion
James Halliday bei Wikipedia

08 Oz Clarke (Grossbritannien)
Website: ozclarke.com
Oz Clarke auf Wikipedia

09 Steven Spurrier (Grossbritannien)
Steven Spurrier bei Wikipedia

10 Stephen Tanzer (USA)
Website:Stephen Tanzer´s international Winecellar
Stephen Tanzer bei Wikipedia

11 René Gabriel (Schweiz)
Website: weingabriel.ch
René Gabriel bei Wikipedia

12 Michel Betanne (Frankreich)
Website bettanedessauve.com
Michel Bettane bei Wikipedia

13 Michael Broadbent (Grossbritannien)
Website: Christie´s Wine Department
Michael Broadbent auf Wikipedia

14 Serena Suttcliffe (Grossbritannien)
Website: Sotheby´s Wine Department
Serena Suttcliffe auf Wikipedia

15 Hubrecht Duijker (Niederlande)
Website: hubrechtduijker.com
Hubrecht Duijker auf Wiklipedia Ein kleines Neujahrsgeschenk, das mir mit dieser Rangliste von so vielen prominenten Weinverkostern beschert wurde. Das ich hier ein paar meiner ganz grossen Lehrmeister und Vorbilder überholen durfte, ist mir eine besondere Ehre. Und unter 15 der weltbesten Degustatoren der einzige aus dem deutschsprachigen Raum zu sein ist Verpflichtung für die nächsten Jahre...


Hier werden laufend Geschichten aus dem Jahr 2009 dazu kommen.
Weitere, spannende Erlebnisse finden Sie im Archiv...