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VEGA SICILIA IN ALLEN FACETTEN


An meinen ersten Kontakt mit einem Vega Sicilia kann ich mich noch genau erinnern. Das war vor schier fünfzig Jahren beim Weinhändler Schubi in Luzern. Dort degustierte jeweils recht teure Flaschen, welche ich aber mit Freunden gleich dort trank und immer bezahlte. Joseph Schumacher machte dabei Empfehlungen was grad noch so in die Runde passen würde. Einmal fragte er mich, ob ich einen Vega Sicilia verkosten möchte? Ich winkte ab; «ich hab’s nicht so mit den Italienern. Und wenn, dann eher Rotwein aus der Toskana als aus Sizilien!». Er korrigierte mich, indem er darauf hinwies, dass dies a.) ein roter Spanier sei und b.) die Nummer Eins. Also willigte ich ein … 


Heute bin ich um ganz viele Vega-Sicilia-Erfahrungen reicher. Aufgrund des Schubi-Kontaktes bot ich in der Folge ein paar Jahrgänge auf meiner Weinkarte im Restaurant Kreuz in Sempach an. Später wanderten diese Restflaschen in meinen Privatkeller. Als Einkäufer von Mövenpick durften wir den Vega Sicilia exklusiv für die Schweiz einkaufen und so reiste ich ein paar Mal ins Ribera del Duero zur Bodega Vega Sicilia. Diese liegt auf der Nationalstrasse 122 zwischen den Dörfern Quintanilla de Onésimo und Quintanilla de Arriba. Natürlich begegnete ich diesem noblen Spanier auch sehr oft an Raritäten-Weinproben. Im Jahr 2017 besuchte ich den Weingutsbesitzer Pablo Alvarez während unserer Töfftour. In Teneriffa bestelle ich ihn mir manchmal im Restaurant Meson Castellano. Dort kosten alle Vega-Editionen gleich viel wie bei uns bei den Schweizer Weinhändlern. Manchmal entkorke ich einen Vega bei uns an einem Sonntagabend, wenn Karin und ich grad Lust auf einen «spanischen Abend» mit Jamón und Manchego haben. 

Und jetzt hatte ich wieder einen intensiven Vega-Kontakt im eigenen Weinkeller. Aber nicht ich war der Lieferant, sondern der Old-Swiss House Wirt Philipp Buholzer. Er konnte ein paar möglicherweise mit Risiko behaftete Flaschen relativ günstig kaufen und beschloss, diese mit unserer Weinwandergruppe zu entkorken. 


INDIAN STATT DUCATI


Der Bündner Koch Beat Caduff ist in seiner Freizeit auch Motorrad Fahrer. In seiner Freizeit ist er mit einer flitzigen Ducati unterwegs. Zum Foto-Spass setzte er sich im W1 auf eine der drei Indian von Bärti Stocker. Das ist/wäre auch ein 1200er, aber halt wesentlich gemächlicher unterwegs …


Danach kochte er für uns ein herrliches Bündner-Menue. 


VALBUENA: DA IST MERLOT DRIN


Der «Zweitwein» von Vega Sicilia, heisst Valbuena. Die Produktion beträgt, über den Daumen gerechnet, in der Regel genau doppelt so viel wie vom Vega. Und die bleibt beharrlich knapp unter 200'000 Flaschen. Ausgebaut wird er in 75% französischen Barriques und 25% amerikanischen Eichenfässern. Der Wein selbst ist in der Regel ein Blend von etwa 95% Tempranillo und 5% Merlot. Also unterscheidet sich die Zusammensetzung immer vom Vega-Sicilia. Dort ist nämlich immer ein Quäntchen Cabernet Sauvignon als «Beilage» drin. 


2004 Valbuena Bodegas y Vinos Vega-Sicilia: Unglaublich dunkel, fast Schwarz in der Mitte. Fettes, laktisches, schwersüsses, pflaumig-schokoladiges Bouquet, viele Dörrfrüchte, Aromen von Rumtopf, Grafit, Lakritze. Gaumenfüllender Körper. Der Wein fliesst wie eine Weincreme über die Zunge, Rosinen, Feigen, Malz und flüssige, dunkle Pralinen, gebündeltes, geballtes Finale. Jetzt in voller Reife. Man spürt in seinem Reichtum den riesengrossen Jahrgang. 18/20 austrinken


KÖNIGLICHER ROTWEIN


Der spanische König Juan Carlos hat eine Vorliebe für verschiedene Weine, insbesondere für spanische Weine. Ein Wein, der oft mit ihm in Verbindung gebracht wird, ist der Vega Sicilia. Er hat das Weingut bereits mehrere Male besucht.  


GETEILT DURCH ZWEI


Gemeinsam verkosten ist eine schöne Sache. Manchmal ist es fast noch schöner, wenn man eine gute Flasche Wein nur durch Zwei teilen muss. Und man davon allenfalls «etwas mehr als die Hälfte» bekommt. So geschehen zwei Tage nach unserem, Weinwander-Vega-Sicilia-Abend. So zusagen als Vorbereitung für die nahenden Teneriffa-Ferien ...


1998 Unico, Vega Sicilia: Sattes Weinrot mit gewissen Reifetönen. Berauschendes Bouquet. Erst viel Pflaumen, dann Sandelholz, dann dunkle Pralinen und darauf immer kräutriger werdend. Spuren von fernöstlichen Gewürzen und exotischen Hölzern, aber auch heimische Küchenkräuter schwingen da mit. Danach folgen Konturen von hellem Tabak. Das Nasenbild ist opulent und weit ausladend, ohne fett zu wirken. Im Gaumen zeigt er eine fantastische, facettenreiche Tempranillosüsse, Gianduja-Schokonoten, Caramel, Feigensirup und rote Beeren. Durch seine wunderbar verpackte und doch gut stützende Säure, wirkt der noble Körper unglaublich lang. Gehört sicherlich zu den grossen Jahrgängen. Wobei der Vega ja eigentlich immer gross ist, wenn «Unico» draufsteht. Denn sonst wird er gar nicht erst produziert. Im Inventar steht er mit 290 Franken. Das günstigste Helvetia-Angebot liegt über 600 Franken. Dazu assen wir Steaks vom Farnsburger-Bison-Rind. Was für ein genüsslicher Abend! 19/20 trinken     


RIOJA HINKT MITTLERWEILE SEIT GENERATIONEN HINTEN NACH


Die älteste und bekannteste Weinregion Spaniens schafft es einfach nicht superteure Rotweine im Markt zu etablieren. Durch die Präsenz vom Vega Sicilia gab es in der Rioja-Preis-Geschichte immer einen wesentlich teureren Rotwein ausserhalb der Region. 

 

Aber, auch die besten Weine aus Rioja sind in den letzten Jahren nicht günstiger geworden. Und es gibt ein Gerangel um die Hierarchie. Die teuersten werden nicht immer am besten bewertet. Was auch für den Geniesser wichtig ist; es gibt Klassiker im alten Stil und Modernisten mit viel Eicheneinsatz. 


Was schon lange nicht mehr wichtig ist; ob es sich um einen Reserva oder Gran Reserva handelt. Es gibt mittlerweile «ungünstige» Crianzas oder teure Botellas, welche ganz ohne Bezeichnung im Markt mit dem Preis glänzen. 


Die Weinzeitschrift Falstaff hat grad kürzlich eine Verkostung der allerbesten publiziert. Hier der Link zum Bericht. Sie werden beim Lesen staunen; der einzige 100-Punkte Star ist ein Weisswein. (Bild). Er hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, wird aber erst reif lanciert. Und – man kann/könnte ihn kaufen. Und – er hält mit den teuersten Rotweinen aus Spanien mit. Und – er ist sogar bei Weitem der teuerste Rioja. Der 1986 Castillo Ygay Blanco Gran Reserva Especial kostet bei Mövenpick 1080 Franken. 


KARINS WEISSER SPANIEN-FAVORIT


Karins meistgetrunkener Spanier ist ein Weisswein! Davon bestelle ich jeden Frühling eine ganze Palette. Natürlich nicht nur für Karin, sondern auch für mich und unsere Freunde. Die fahren mittlerweile auch auf diesen unglaublich fruchtig-frischen, knackigen Rueda-Sauvignon Blanc ab. Er heisst Finca la Collina. Damit meine ich nicht den Single Estate (CHF 24.70), sondern den normalen. Der ist um die 16 Franken zu haben. Im Ecxel-Weininventar wird er nicht mutiert. Er gilt bei uns als «Durchlauferhitzer» … 




POMEROL, JAHRHUNDERTJAHRGANG 1998


24 Crus vom legendenhaften Pomerol-Jahrgang 1998 wurden am Samstagabend, 8. März 2025 bei Werner Tobler im Bacchus Hildisrieden entkorkt. Es war fast schon ein Volksfest, denn kleine wie grosse Weingüter boten schier hemmungslosen Genuss.

1998 Château La Pointe, Pomerol

1998 Château Clinet, Pomerol

1998 Clos du Clocher, Pomerol

1998 Château Gazin, Pomerol

1998 Château La Fleur-Gazin, Pomerol

1998 Pensées de Lafleur, Pomerol

1998 Château Beauregard, Pomerol

1998 Château Grave Trigant Boisset, Pomerol

1998 Château Petit Village, Pomerol

1998 Château Lagrange, Pomerol

1998 Clos L'Eglise, Pomerol

1998 Château La Croix , Pomerol

1998 Château Latour a Pomerol, Pomerol

1998 Château L'Evangile, Pomerol 

1998 Château Le Moulin, Pomerol

1998 Château Mayne René, Pomerol

1998 Château Rouget, Pomerol

1998 Château La Fleur de Gay, Pomerol

1998 Château Le Gay, Pomerol

1998 Vieux Château Certan, Pomerol

1998 Château Lafleur, Pomerol

1998 Château L'Eglise Clinet, Pomerol

1998 Château Trotanoy, Pomerol

1998 Château La Fleur-Petrus, Pomerol (J)


Der grosse Gabriel PDF-Bericht


Nun war der grosse Tag für die Crus vom Jahrgang 1998 aus Pomerol gekommen. 


Am Samstag, 8. März 2025 betrat Hobby-Sommelier Robi Hocher (Bild, oben) den Gabriel-Weinkeller. Die Flaschen hatte ich schon mehrere Tage zuvor auf den Tisch gestellt, damit sich das Depot setzen konnte. Das geht dann leichter zum Dekantieren. 


Robi hantierte im Keller und ich degustierte die Weine nach und nach oben am Computer. So sammelte mir erste Eindrücke, welche ich am Abend nachjustierte. Daraus entstand ein Langzeiteindruck, was für die Bestimmung der Genussreife sehr wichtig ist. 



Ein paar Tage vor der grossen 1998er-Probe mailte ich noch mit Jean-Baptiste Bourotte Bild) für einen Besuch im Herbst mit einer kleinen Truppe. Ich teilte ihm mit, dass wir am Samstag einen Clos du Clocher entkorken würden. Als Insider informierte er mich, dass die weniger attraktive Parzelle Monregard La Croix bei diesem Jahrgang erstmals nicht mehr verwendet wurde. 

  

1998 Clos du Clocher, Pomerol: Mittleres Granat, immer noch sanft rubine Reflexe zeigend. Intensives, würziges, sanft pfeffriges Bouquet, Red-Currant-Pastillen, Damassine Pflaumen. Burgundischer Gaumenfluss, auch hier zeigt der Wein immer noch Frische und rote Fruchtaromen, sehr angenehmes Finale. Eine Art Pomerol-Chambertin. Immer noch sehr angenehm zu geniessen. 17/20 austrinken


SCHLAFEN AUF BEAUREGARD


Da habe ich auch schon mit einer kleinen Gruppe geschlummert. Es gibt auf Château Beauregard fünf schmucke Zimmer. Mehr Informationen: www.chateau-beauregard.com. 

Den Wein von Beauregard kenne ich auch bestens und ich liebe ihn. Kein grosser Pomerol, aber eine saftig, burgundische Variante mit leicht laktischem Walderdbeeren-Geschmack. Der macht nicht satt, sondern süchtig! Die 17.5 Hektaren sind mit 70% Merlot und 30% Cabernet Franc bepflanzt. 

Seit 2020 gehört auch das benachbarte Château Petit-Village zum gleichen Besitz der Investorengruppe Ginette Moulin, (auch Mehrheitsbesitzerin der Galeries Lafayette).  

  

1998 Château Beauregard, Pomerol: Mittleres Granat, feiner Rand aussen. Offenes, ausladend, parfümiertes Damassine-Pflaumenbouquet, wunderschöne Merlot-Würze im sehr ansprechenden Nasenbild zeigend. Eine minim laktische Nuance (Waldbeeren-Jogurt) rundet das Bouquet ab. Samtener Gaumen, charmantes Extrakt, traumhaft balanciert, ansprechendes wiederum waldbeeriges Finish. Da nimmt/nähme man gerne ein zweites Glas davon. Wer reifen, grossen, günstigen Pomerol geniessen will, sollte danach suchen. 18/20 trinken


DIE WEINE VOM LINKEN UFER? 


Die Weine vom rechten Ufer, insbesondere aus Pomerol und Saint-Emilion, lieferten die besten Weine vom Jahrgang 1998. Nur in diesen beiden Appellationen wurden diverse Crus von mir als Jahrhundertweine, mit 20/20 taxiert. 


Acht Weine vom linken Ufer (also Graves und Médoc) erreichen bei mir heute noch 19/20. 

So Mission, Haut-Brion, Margaux, Palmer, Lafite, Mouton, Léoville Las-Cases, Ducru-Beaucaillou. Mein bester Genuss-Value; 1998 Château Sociando-Mallet. Es lohnt sich nach diesem hervorragenden Haut-Médoc noch zu suchen. 

 

P.S. Auf meiner Weinsuchmaschine www.bxtotal.com kann man einfach nur den Jahrgang eingeben (siehe Bild). Dann erscheinen rund 500 bewertete Weine mit den Wertungen auf dem Suchbild. Mit einem Klick kommt man direkt zu den Degustationsnotizen!


WAS MEINT MAN MIT TRINKFLUSS?


Während dieser Begriff bei Schweizer Weinliebhabern wenig bekannt ist, gilt der Begriff «Trinkfluss» in Österreich fast als Standard, wenn es darum geht einen besonders süffigen Wein zu deklarieren. Was allenfalls partiell möglicherweise als dekadent anmuten kann. Dabei wurde praktisch derselbe Begriff von Christian Moueix oft zitiert. «Nous faisons des vins de soif». Will heissen, man bekommt fast Durst beim Genuss, weil der Wein einfach so herrlich zu trinken ist! Wir haben mit Gruppen während den Bordeaux-Reisen im Annexe de Pétrus sehr ab und zu einen Latour à Pomerol beim Lunch serviert bekommen. Und oft musste Nachschub entkorkt werden. Warum? Wegen dem Trinkfluss …  


1998 Château Latour 

à Pomerol, Pomerol: Mittleres Weinrot, relativ wenig Reifetöne anzeigend. Intensives, tiefgründiges Bouquet; süsse, reife Pflaumen, Brombeeren, Heidelbeeren, Lakritze und erste Trüffel-Terroir-Nuancen. Sehr ansprechend, ja fast süchtig machend im Ansatz. Im langen Gaumenfluss obersaftig, seidiges Extrakt und wieder hoch aromatisch von Beginn bis hin zum beeindruckenden Finish. Letzteres ist mit Cassis und Black Currant Noten ausgestattet. Hemmungsloser Bordeaux-Genuss auf höchstem Niveau. Wow! 19/20 trinken


KLEINES, UNBEKANNTES BIJOU


Das Weingut (Produktion ca. 10'000 Flaschen jährlich) ist mit nur zwei Hektar sehr klein. Die Bepflanzung; 80% Merlot, 20% Cabernet Franc.


Die Vinifikation ist sehr modern. Nach dem Vergären macht der Wein seine malolaktische Gärung in neuen Barriques. Dann wird er nochmals in neue Eichenfässer gelegt. Somit ist der Wein jung meistens üppig und röstig. Und auch in seinem Alter versprüht er eine eichige Vinifikations-Erotik. Durch seine leidlich beschränkte Verfügbarkeit gibt es nur wenig Angebote in der Schweiz.  


Webseite: Château Le Moulin à Pomerol


1998 Le Moulin, Pomerol: Dichtes Purpur, praktisch keine Reifetöne vermittelnd. Offenes, schokoladiges Bouquet, mit schönen Röstnoten unterlegt, Dörrfrüchte (eingedickte Birnen und getrocknete Feigen), homogen ausladend. Im Gaumen hoch aromatisch, schwarze Schokolade, Pumpernickel Brot, Mocca und wieder Dörrfrüchte. Fällt auf und weiss zu gefallen. Im Jahr 2018 habe ich für eine grosse Gesellschaft eine 18-Liter Melchiorfalsche 1998 geöffnet. War damals schon «geil». Ein Pomerol mit viel Erotik. 18/20 trinken  


OHNE CABERNET FRANC


Auf der offiziellen Weinguts-Webseite www.vieuxchateaucertan.com wird der aktuelle Rebsortenspiegel auf der 14 Hektar grossen Domaine mit 70% Merlot, 25% Cabernet Franc und 5% Cabernet Sauvignon angegeben. Beim Jahrgang 1998 wurden die Cabernet-Franc-Chargen gänzlich in den Zweitwein (La Gravette de Certan) deklassiert. Somit besteht der Grand Vin ausnahmsweise aus 90% Merlot und 10% Cabernet Sauvignon. 

 

1998 Vieux Château Certan, Pomerol: In der Mitte Sattes, noch jugendliches Purpur. Feinwürziges, extrem vielschichtiges Bouquet, geniale, defensiv süssmalzige Kräuternuancen (Ricola). Macht mehr auf Würze und Terroir wie auf Frucht. Im zweiten Ansatz; Lakritze, dunkles Malz und fermentierter, nobler Tee (erinnert mich an den Besuch einer Teefabrik auf Sri Lanka). Im Gaumen mittelgewichtig, noch jung, aber doch mit sehr feinen Tanninen aufwartend, langes, erhabenes Finale. Kein lauter Pomerol. Man muss ihm entgegengehen. Ein Erlebnis für Musse-Stunden. Er zeigt seine wirkliche Grösse am besten, wenn man ihn ohne Vergleich geniesst. 19/20 trinken   


1998 Château L'Eglise-Clinet, Pomerol: Immer noch sattes, dunkles Purpur mit violettem Schimmer. Obwohl er sich zu Beginn noch ziert, beginnt er doch gleich mit einem gigantischen Traumbouquet, Waldhimbeeren, frische Himbeeren, gefriergetrocknete Himbeeren, just geschnittene Himbeerstauten, frisch abgekochte, erkaltete Himbeeren-Konfitüre mit den Kernen, Edelhölzer, dominikanischer Tabak, geröstete Nüsse, Rooibos Tee, Edelpralinen. Nach ein paar Minuten; Kreuzkümmel und Muskatwürze. Bereits nasal ist dieser Eglise-Clinet eine Sensation! Im Gaumen dicht, feinfleischig, immer noch adstringierend, im Extrakt auch noch weitere Gerbstoffresten für morgen und übermorgen aufzeigend. Von der Fruchtpräsenz her gibt er sich auch hier vorwiegend im tendenziell rotbeerigen Bereich, weiss aber auch gegen das Finale mit etwas Cassis und schwarzen Kirschen zu begeistern. Er hat noch viel Kraft und deshalb scheint die effektive Genussreife noch nicht ganz erreicht. Ein Kraftakt, der an die alten legendären Jahrgänge von diesem Weingut erinnert. Die Weinhandlung Arvi bietet die Magnum von diesem Wein für unter 1000 Franken an. Das wäre eine gigantische 

Genuss-Investition, 20/20 trinken   


P.S. Für meine Karin war dies der Wein des Abends. Ich selbst konnte mich nicht zwischen meinen 20-Punkteweinen entscheiden. 


1998 Château La Fleur-Petrus, Pomerol: Jéroboam. Extrem dunkles, immer noch mit violettem Schimmer durchzogenes Purpur. Schon fast extrem konzentriertes Bouquet. Dieses zeigt sich jung und öffnet sich nur ganz langsam. Die Frucht wirkt wie ein Nektar und zeigt alle Farbfacetten von Beeren. Von Rot über Blau bis Schwarz. Also Waldhimbeeren, Kirschen, Maulbeeren, Brombeeren und Cassis. Und noch ein Dutzend weitere Früchte, wären da wohl auch noch zu finden. Dunkle Edelhölzer, schwarze Pralinen, Lakritze und ganz feine Terroir-Trüffelnoten. Im Gaumen füllig, fleischig, stoffig, dicht gewoben und immer noch eine gewisse Adstringenz mit noch verlangenden, minim kernigen Tanninen zeigend. Gut stützende Muskeln und Säure, gigantisches Finale. Hier könnten die normalen Flaschen allenfalls momentan präsenter sein als die Grossflasche. Wobei der Luftkontakt ein genussbringender Faktor war. Zeigt auf, dass die zweite Liga im Pomerol manchmal auch First Class sein kann. 20/20 trinken    


Auch der Trotanoy wurde mit 20-Gabriel-Punkten taxiert. Die ganze Story auf 13-PDF-Seiten: www.bxtotal.com




«ALL IN» FÜR MAGNUM-LEGENDEN 

Never before and never again! So sah das «Wein-Menu» der gigantischen Magnum-Probe vom Samstag, 1. März 2025 im Zunfthaus zur Waag in Zürich aus …

• 1929 Château Cheval-Blanc, Saint Emilion

• 1934 Château Haut-Brion, Graves

• 1945 Château Mouton-Rothschild, Pauillac 

• 1947 Château Mouton-Rothschild, Pauillac 

• 1948 Château Pétrus, Pomerol

• 1949 Château Haut-Brion, Graves

• 1953 Château Haut-Brion, Graves

• 1953 Château Pétrus, Pomerol

• 1953 Château Mouton-Rothschild, Pauillac 

• 1959 Château Haut-Brion, Graves

• 1961 Vieux Château Certan, Pomerol 

• 1961 Château Mouton-Rothschild, Pauillac

• 1961 Château Cheval Blanc, Saint-Emilion 

• 1961 Château Pétrus, Pomerol

• 1970 Château Pétrus, Pomerol

• 1974 Martha’s Vineyard Heitz, Napa 

• 1982 Château Pétrus, Pomerol

• 1982 Château Latour, Pauillac

Der Magnums nicht genug, entkorkte der Organisator Jürg Richter zum Finale eine rare Imperialflasche vom 1928 Château La Tour-Blanche! Aus Sauternes. Woher denn sonst?


Mit «All in» wird beim Gaming ausgedrückt, dass man ab jetzt alles gibt, um seinen Sieg zu sichern. Ähnlich wie beim Poker steht der Ausdruck für «Alles oder nichts» und bedeutet, dass man auf Risiko spielt. An der Magnum-Legenden-Verkostung entkorkte Weinfreund Jürg – zusammen mit Sommelier Robi – ab 10 Uhr morgens die allerbesten oder zumindest teuersten Magnumflaschen aus seinem gut bestückten Weinkeller. Und wie das beim bereits erwähnten Pokern der Fall ist, gehört das Risiko zu einem kalkulierbaren Anteil. 


Und dieses war, dank fürs Alter perfekten Füllniveau der Magnums in diesem Fall, sehr klein. Um es wieder in der Pokersprache auszudrücken, für eine mögliche Definition des Erlebten zu präzisieren: «Der Magnum Abend war ein veritabler Royal-Flash-Genuss!»


Oder noch anders. Der Superlativ und Mehrzahl (also Superlative) darf hier ohne Effekthascherei fraglos angewendet werden. Und zwar im bildungssprachlichen Sinne. Damit meint das Oxford-Wörterbuch übersetzt: «Etwas, was zum Besten gehört und nicht zu überbieten ist. Eine Veranstaltung der Superlative!» 


GARANTIE STATT NUR BONUS


Es gibt in der weinigen Umgangssprache den Begriff «Magnum-Bonus». Damit wird in erster Linie angedeutet, dass sich ältere bis sogar sehr alte Weine in den «etwas grösseren Formaten» besser halten, respektive im Vergleich mit gleichaltrigen Normalflaschen sich nach ein paar Lagerdekaden in der Regel jünger präsentieren. 


Dieser «Magnum-Bonus» war an diesem Abend fraglos vorhanden. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen. Aufgrund der angetroffenen Genuss-Qualitäten könnte man hier sogar eine recht zuverlässige «Magnum-Garantie» deklarieren. 


1934 Château Haut-Brion, Graves: Magnum. Braun-Schwarz in der Mitte, aussen zeigt er einen minimen, ziegelroten Rand. Er legt gleich los mit einem absolut grossartigen Bouquet. Dabei geht es um eine Bandbreite von Baumnussschalen, kaltem Rauch, Guinness-Bier, Kräuterlikör, Averna und dunklem Malz, sowie kaltem Mocca in einem verschwenderischen Umfang. Dann kommt die Süsse an die Oberfläche. Diese erinnert an einen legendären Port in Richtung Quinta do Noval Nacional. Im Gaumen fest, markant, konzentriert, fleischig, dunkel gedarrtes Gerstenmalz im satten Extrakt. Formiert sich zu einem gigantischen Finale, welches wieder Aromen von einem grossen Port appliziert, dann kommt hier noch kalter Rauch dazu und eine unterirdische Mischung aus Ratafia-Likör und Fernet-Branca. 20/20 austrinken


André Kunz (Bild) mit seinem Tagesfavorit, 1934 Magnum. Wer hätte da gedacht, dass die Wahl bei ihm auf einen Haut-Brion fällt. 😉 


1945 Château Mouton-Rothschild, Pauillac: Magnum. Eine auf dem Weingut vor vielen Jahren re-konditionierte Flasche. Die Farbe ist in der Mitte fast immer noch Schwarz und zeigt gegen aussen, nebst minimen Reifetönen,  auch noch gewisses Jugendreflexe mit Spurenelementen von einem Hauch Violett! Gigantisch süsses Bouquet. Im ersten Moment kommt einem von der nasalen Absorbierung da ein grosser Napa Wein in den Sinn. Was angesichts des gigantischen Aromen-Aufkommens absolut keine Beleidigung ist. Es geht so in Richtung Eucalyptus, wildem Rosmarin und Origano, Malz, Leder, Tabak und Dörrfrüchten aller Art (Pflaumen, Feigen, dunkle Rosinen). Es ist aber auch diese dramatisch reife Cabernet-Süsse, welche wie ein gigantischer «Pauillac-Urmeter» daherkommt. Im Gaumen komplex und komplett gleichzeitig, mundfüllender, «Rubens-Körperbau». Alles ist cremig und reif und so sind die immer noch präsenten Tannine mit einem Fettmantel umgeben, gigantisches Finale, bestückt mit; Schoko-Minze, Cassis, Cassis-Likör und dunklem Caramel. Ein absolut dramatischer Bordeaux, der die Sinne zu berauschen weiss und ein exorbitantes Glücksgefühl aufkommen lässt. Eine junge Magnum. Von einem 70jährigen Wein. So muss «Best-of-Bordeaux»!!! 20/20 trinken

SWEET AS BROADBENDT


Er war mein Vorbild! Als meine Weinliebe begann, gab es noch wenig zuverlässige Beschriebe von reifen Bordeaux Weinen. Ausser bei Michael Broadbendt. Sein Buch «Weinnotizen» verschlang ich richtiggehend und die Beschreibungen weckten in mir die Sehnsucht nach reifen Bordeaux Weinen. 


Diese hält bis heute an. Ich durfte den englischen, humorvollen Grandseigneur an Raritätenproben kennen lernen. Was mir bei seinen Notizen auffiel, war das nicht selten anzutreffende Wort «sweet». Besonders bei den heissen Jahrgängen. 


Eine solche, effektiv wahrgenommene Süsse wird es bei den neueren Jahrgängen nie mehr geben. Warum? Heutzutage werden überreife Traubenbeeren in einer optischen Triage ausgesondert. Damals kamen nicht wenige Rosinen in den Gärbottich. Diese wurden dann bei reifen Weinen fast logischerweise als «sweet» wahrgenommen.


LANGE VOR PETRUS


Bevor Château Pétrus zu seinem, nicht mehr einholenden, Höhenflug ansetzte, galt der Vieux Château Certan als bester Pomerol!


1961 Vieux Château Certan, Pomerol: Magnum. Die hellste Farbe in dieser Dreier-Serie, deutlich aufhellendes, etwas mattes Granat, wässriger Rand. Offenes Bouquet, Néscafe Gold, rote Sauerkirschen, heller Tabak, wirkt trotzdem frisch und zeigt viel getrocknete Bergkräuter. Im zweiten Ansatz Curcuma und Madras-Curry, vermischt mit einem leichten, bekömmlichen Duft von Verdelho Madeira. Burgundische Nuancen (Clos de la Roche, Dujac). Im zweiten Ansatz; Stielwürzaromen, kalter Rauch und Earl Grey Tee. Im Gaumen für einen 1961er eher schlank anmutend, gut stützende Säure, feiner Körper, lang und elegant. Etwas für Finessen-Geniesser. Kein lauter Wein der nicht zum sonst generell kräftig daherkommenden 1961er- Jahrgang passt. Eine Muse im Glas. Am besten ist er wohl, wenn man ihn mit nichts anderem vergleicht. Eine leise Magnum in einem lauten Saal! 20/20 trinken


ÜBER ALLEN ERWARTUNGEN


Im immer lauter werdenden Saalgemurmel stellte einer der Tischnachbarn am Schluss die Frage: «Und …. welcher Wein hat Euch jetzt am besten gefallen?». Für eine Raritätenprobe ist eine Rangliste ein schlechter Motivator. Damit werden automatisch Verlierer generiert. Ähnlich einem Pferderennen setze ich hier immer auf Platz und nicht auf Sieg. Es ist halt eine Liga, in welcher verdienterweise mehrere Weine gleichwertig honoriert oder taxiert werden. Müsste ich jetzt zwingend Podestplätze verteilen, diese unglaubliche Pétrus-Magnum wäre ganz sicher dabei …


1961 Château Pétrus, Pomerol: Magnum.   Zwar gegen aussen deutliche Brauntöne zeigend, in der Mitte immer noch sehr, sehr dunkel. Linzertorte, Himbeerenstauden und frische Himbeerenkonfitüre. Weiter; Caramel, kandierter Ingwer, Pralinen, Kokos Raspel, Spekulatius Gebäck, Sandelholz, gebündelt, dicht, konzentriert. Kurz zusammengefasst; ein Bouquet zum Ausflippen. Nach ein paar Sekunden folgen ein unglaublicher Kräuterreigen; blühender Kapernbusch, Minze, Eisenkraut und Eucalyptus. Dann übernimmt wieder die noch erstaunlich präsente Frucht; Cassis, Holunder, Joschta-Beeren mit einer Mischung von Black und Red-Currant-Pastillen. Der Gaumen überbordet mit einer gigantischen Fülle. Die Plenitude einer gigantischen Merlot-Kombination! Stoff, fleischig und eine dramatische Süsse vom Extrakt her ausstrahlend. Dies bei einer ebenso immer noch beeindruckenden Konzentration. Bei allen bisher verkosteten Pétrus-Jahrgängen habe ich noch nie eine derartig umwerfende Aromen-Explosion erlebt. Dabei überlegte ich mir, ob ich neu für die allerbesten Magnum meines Lebens nicht gar ab sofort eine Bewertung von 40/40 einführen sollte. Und als ich so sinnierte füllte sich mein Gaumen nochmals mit diesen unbeschreiblichen Aromen auf. Eine Stunde zuvor durften wir drei andere 1961er geniessen. Auch gigantisch. Bei diesem Pétrus war auch noch dieses gewisse «Surplus» im Spiel. Ich definiere das mit einem nicht erklärbaren «Überdrüber». Was ist die Fortsetzung von Jahrhundertwein? Jahrtausendwein? Nach dieser sagenhaften Magnum wurde es laut im Saal. Die Stimmung schien mehr und mehr freudig zu überborden. 20/20 trinken, träumen, taumeln …


DIE ANGST, GROSSEN WEINEN NOCHMALS ZU BEGEGNEN


Dank meinem Elefantengedächtnis kann ich praktisch jedem grossen Wein frühere Erinnerungen abrufen. Nach meinem stets getreuen Motto ist «Genuss die Erfüllung einer Vision»! Eine Vision ist nicht mit einer generellen inflatierenden Erwartungshaltung gleichzustellen. Auch hier «arbeite» ich immer nach dem Motto: «Erwarte nicht zu viel, dann wirst Du nicht enttäuscht». 


Dass eine Magnum in der Regel gegenüber einer normalen Flasche wohl länger Genuss bietet, kann als mögliche Genuss-Renaissance gewertet werden. Das schürt beim Anblick auch wieder eine partielle Erwartungshaltung. 


Bevor ich einen mir bekannten Wein möglicherweise zum x-ten Mal verkoste, stelle ich mir vor, was mich da erwarten könnte. Der Rest ist dann Lust oder Frust. Lassen wir mal den Negativ-Fall aus dem Spiel und nehmen das positive Paradebeispiel. Die Farbe stimmt. Altersgemäss. Dann führst Du das Glas an Deine Nüstern. Du nimmst den Duft auf und lässt die nasalen Aromen tanzen. Die Vorfreude auf einen Schluck des legendären Nektars steigt. Im Gaumen angelangt, macht man etwas Druck auf den Zungenteppich und presst den Wein in die Papillen. Dann öffnet man den Mund und lässt Luft über die aufsteigenden Duftmoleküle und memorisiert die daraus entstandene Primär-Aromatik. Dann verschliesst man den Mund, lässt den Kopf leicht nach vorne fallen und öffnet den Mund minim, um in der Folge kurz die Flüssigkeit zu schlürfen. Jetzt multiplizieren sich die Aromen und die leichten Bestandteile der Würzstoffe vermischen sich mit den schwereren Bestandteilen. Ein individuelles Parfüm des betreffenden Weines entsteht. Während die Flüssigkeit den Weg ans Ende der Zunge sucht, wandern die duftigen Bestandteile über den retronasalen Weg direkt zu den Riechzotten ins Gehirn. 


Wenn man alles richtig gemacht hat, werden in der Folge Dopamin und Endorphine aktiv. Durch das so im Körper entstehende Dopamin werden positiv assoziierte Reize freigesetzt. Endorphine führen zu einem entspannten bis ausflippenden Wohlgefühl. Dafür braucht es Training, Können, Respekt, Hingebung und eine gewaltige Ration Demut. 


Rolf Tucholski schrieb einst: «Schade, dass man Wein nicht streicheln kann». Er lag falsch. Mann kann! 


A CLASS OF ITS OWN


Eigentlich passt ein Napa-Wein ganz und gar nicht in ein solches Magnum-Tasting. Ausser es geht um wirkliche Raritäten. Und die aller-allerbesten Rotweine der Welt …


1974 Cabernet Sauvignon Marthas Vineyard, Heitz, Napa Valley: Immer noch recht dunkel, zeigt aber die zu ihm passende Reife mit dezent bräunlichen Nuancen im präsenten Rot. Von der Nase her hatte ich gewisse Erwartungen. Die stammten von in den letzten Jahren getrunkenen, normalen Flaschen. Hier wurde das Ganze wieder, wie zu früheren Bestzeiten, angetroffen. Viel Malz, viel Eucalyptus und viele andere Kräuter. Pflaumen in gekochter wie auch getrockneter Form. Erdbeerengelee, Hagebuttenmarmelade und Edelhölzer, sowie auch Zedern im weit gefächerten, parfümierten Duft. Komplexer Gaumen, noch fein stützende Tannine- und Säuremuskeln zeigend. Aromen von Kandis, dunklem Caramel, Malz und enorm viele Rosinen, welche Süsse applizieren, aber nicht so arg vermitteln. Im Finale katapultartig lang. Wobei sich sämtliche Aromen nochmal zu multiplizieren scheinen. Es gibt viele frühere Eindrücke von diesem Wein welche locker auf 20/20 kamen. Diese Magnum hier formiert sich zum bisherig allerbesten Eindruck von dieser verdienten Napa-Legende! 20/20 trinken


P.S. Wir genossen an diesem Abend die Nummer 389. Eine Magnum – von total 1'200.



EINE IMPERIAL FÜR 48 PERSONEN

 

Jürg Richter mit sechs Litern Château La Tour-Blanche 1928! Dadurch, dass nicht nur volle Plätze im Angebot standen, sondern auch die Möglichkeit gegeben war, mit einem Partner oder einem Weinfreund zu teilen, sass die Gesellschaft an einem ziemlich laaaaaaaangen Tisch. Bei der finalen Imperiale bekam dann jeder Gast ein sehr gut gefülltes Glas. Mit Nachschlag. Wer von dem Gebrauch machte, kam in der Folge locker auf ein «Zweierli».   


1928 Château La Tour-Blanche, Sauternes: Imperial. Dunkles Gold mit bräunlichen Reflexen, am Rand Orange aufhellend. Offenes, hell malziges Bouquet. Im ersten Moment mehr Würze wie Süsse aufzeigend; kandierte Früchte, Bitterorange, getrocknete Papaya und dunkle Rosinen. Im zweiten Ansatz Curcuma, ja sogar ein Hauch Curry und Malmsey-Madeira vermittelnd. Zeigt nasale Rasse. Im Gaumen wirkt er minim süss, halbcremig, zeigt Aromen von Gelatine, Brottrunk und wiederum ein verführerischer Hauch von Madeira. Mittelgewichtiger Gaumen mit ziselierter, gut verteilter Säure. Für Jürg war es vom Stil her eher ein Barsac wie ein Sauternes. So oder so; eine unglaublich rare Grossflasche. 19/20 austrinken 



Das Foto zeigt einen silbernen Karaffen Anhänger von Château Pétrus. Den bekam ich einst von Christian Moueix geschenkt. Jetzt ist er im Besitz von Jürg Richter. Als Dank für unglaublich viele besonders schöne, gemeinsame Weinerlebnisse!


1959 BORDEAUX MIT FLASCHENPOKER


Beim Kauf von sehr alten Weinen ist das Flaschenrisiko ein ständiger Begleiter. Manchmal hat man Glück. Auch bei niedrigeren Füllständen. Manchmal hat man halt Pech. Auch bei gegen aussen vermeintlich perfekte Bouteillen. 


Beim langlebigen Latour gibt es nicht wenige Beispiele, bei dem ein schwieriges Füllniveau kein Handicap war. Im Gegenteil sogar. Während sich noch perfekt befüllte Flaschen immer noch stoisch verschlossen zeigten, kamen Jahrgänge mit hoher, manchmal sogar mittlerer Schulter besser rüber. In wenigen Fällen waren auch Flaschen mit extrem schlechtem Füllstand noch sehr beindruckend. So ein 1878 Lagrange, welchen ich einst auf das Weingut nach Bordeaux mitnahm. 


Bei unserer mittwochigen GAMÜSTOBÄ-Freundschaftsrunde entkorkte Bärti Stocker vier Bordeaux’ von seinem Geburtsjahrgang 1959. Die Füllniveaus sind oben auf dem Titelbild klar ersichtlich und bei meinen nachfolgenden Verkostungsnotizen nochmals exakt beschrieben. 


Auf den ersten Blick hätte ich hier das Beeinträchtigungsrisiko relativ gering eingeschätzt. Nach dem Motto: «Zuerst hatten wir kein Glück und dann kam noch Pech dazu» hielt sich der Genussspass dann aber leider doch ziemlich in Grenzen. Dass ausgerechnet die Hanappier-Peyrelongue-Händler-Abfüllung vom 1959er Château Calon-Ségur das Rennen machen würde hätte ich, als ich das Foto der vier Flaschen im Keller knipste nie gedacht.  


1959 Château Calon-Ségur, Saint-Estèphe: Händlerabüllung Hanappier Peyrelongue. Füllstand; obere Schulter. Mittleres Weinrot mit ziegelroten Reflexen. Süsses, pflaumiges Bouquet welches mit Tabak und dunklen Rosinen durchzogen ist. Immer noch intakt und den heissen Jahrgang nasal so richtig anzeigend. Auch im Gaumen zeigt er eine Süsse. Diese fühlt sich aber trockener an, als in der Nase und vermittelt eine Nuance Port. Die Endreife wurde da wohl schon vor Jahrzehnten erreicht. Und trotzdem lässt sich diese Händerfüllung als Essbegleiter noch sehr schön geniessen. 17/20 vorbei 

UNERWARTETES FLASCHENPECH


Wie schon erwähnt ist eine nicht ganz optimal befüllte Flasche von einem grossen Latour-Jahrgang eine sonst relativ sichere Bank. Diesmal reicht es leider doch nicht ganz …


1959 Château Latour, Pauillac: Füllstand; mittlere bis obere Schulter. Die Farbe fast noch Schwarz und immer noch violette Reflexe anzeigend. Nebst einer gewissen Anzeige von Oxidation sind da reichlich sind grossartige Terroir-Reflexe vorhanden. So in Richtung Cohiba, Périgord-Trüffel, dunkles Malz, Ratafia-Likör, Nuss-Schalen und waldige Baumstämme. Im zweiten Ansatz schwingen da noch viel Kräuter mit und irgendwie erfrischt sich dabei das Nasenbild. Kommt dabei nahe an das Erwartungs-Idealbild einer Erwartungshaltung heran. Im Gaumen enorm konzentriert, gedarrte Körner und auch dunkle Bieraromen, fleischig, extrem nachhaltig. Weiss zu beeindrucken, zeigt seine ehemalige Grösse immer noch dramatisch. Auch wenn diese Flasche leider nicht ganz optimal war. In der Folge wurde dieser Latour dann doch noch irgendwie besser. Und am Schluss wurde die Flasche dann doch leer. Keine Bewertung.   


DER WEIN DES TAGES


2003 Château Montrose, Saint-Estèphe: Magnum. Etwas Rot im Farbbild, der Rest ist Schwarz. In der Mitte satt. Er beginnt mit einem gigantisch intensiven Nasenbild. Und das ist bei einem Montrose praktisch neu, Kandis, Pflaumen, Darjeeling Tee, füllig ausladend, laktisch. Im Gaumen fett, voll, rund, mundfülklend. Die Tannine sind reichlich vorhanden, aber gleichzeitig auch mit Fett ummantelt, gigantisches Finale. Ein völlig atypischer Montrose. Das erwartet man von einem der allerbesten Crus des ebenso un- typischen Jahrganges 2003 auch gar nicht. Eine Gaumenorgie schlechthin. 20/20 trinken



GROSSARTIGE LYNCH-BAGES-VERTIKALE


Weinfreak Jürg Richter opferte eine Palette von 13 Lynch-Jahrgängen für seine Wein-Wanderfreunde für einen geselligen Abend. Normalerweise finden diese Treffen in Eschenbach statt. Diesmal gab es ein Gastspiel im Schläpfers Gourmetkeller in Hochdorf. 


Also traf sich die Truppe zwar wie immer in Bärtis W1. Danach wanderte die Männertruppe Richtung Frauenwald an den Austragungsort. Die Bilanz: Rund 10'000 Schritte mit einer Distanz von 7.3 Kilometern. 


Verdienter Apero mit weissem Lynch Bages, Jahrgang 2021. Der schmeckt zwar sehr gut. Für den Preis von rund 50 Franken gibt/gäbe es günstigere Alternativen. Für einen dermassen roten Lynch-Event passte der weisse Lynch aber ideal zur Veranstaltung. Zudem stieg die Jahrgangsanzahl von der androhenden Unglückszahl von 13 auf 14. Sicher ist sicher! 

    

Die Weine lieferte Jürg schon Wochen zuvor an und ich stellte die Flaschen im Keller für das geschossene Titelbild auf. Am Vormittag der Veranstaltung (Montag, 17. Februar 2026) entfernte ich alle Kapseln. Nach dem Mittag entkorkte ich alle Weine mit dem Durand. Laut Werbung der «beste Korkenzieher der Welt». Besonders, wenn es um alte Flaschen geht. Den gibt/gäbe es auch beim Gabriel-Glas.  


Weltweite Rarität! Alte Jahrgänge von Lynch Bages findet man selten auf dem Markt. Die Vermutung; die Flaschen werden nicht gesammelt, sondern entkorkt. Entkorken macht mehr Sinn wie «Flaschengaffen» im Keller. Im Markt ist aktuell kein 1929er Lynch verfügbar.  

 

1929 Château Lynch-Bages: (HS-TS). Nur noch wenig Rot in den überwiegend braunen Reflexen zeigend. Dafür ist die Mitte erstaunlich satt. Leicht stalliges, waldiges Bouquet. Es zeigt sich aber noch eine trockene Süsse darin. Dabei geht er auch in eine bemerkenswerte Tiefe. Trüffel, Bakelit, Korinthen, kalter Rauch, getrocknete Nussschalen, Ratafia-Likör. Im Gaumen mächtig, den gewaltigen 1929er-Jahrgang deutlich anzeigend. Nasses Leder, Baumrinde, Frühlingslaub, sandige Textur. Man muss hier eine gewisse Toleranz bei der Betrachtung, respektive der Beschreibung walten lassen. Was angesichts seiner Grösse einem Altweinliebhaber nicht besonders schwer fällt. Ein immer noch stark beeindruckender Pauillac-Methusalem. 18/20 vorbei


1975 LYNCH IN DER WEINBÖRSE


Aktuell läuft eine Internetauktion der Weinbörse bis zum 1. März 2025. Da wird unter rund 10'000 anderen Flaschen auch der Lynch Bages 1975 angeboten. Der Ausruf liegt bei 360 Franken für das Lot von sechs Flaschen. Zum Ersten. Zum Zweiten. Zum Dritten! www.weinboerse.ch


1975 Château Lynch-Bages: Aufhellendes, rostiges Ziegelrot, transparenter Rand. Erdiges Bouquet, Torf, altes Leder, animalische Töne. Wirkt etwas trocken im Ansatz. Wird im zweiten Ansatz süsser und zeigt einen rosinigen Schimmer. Nach weiterem Luftzutritt wird das Nasenbild zunehmen frischer und erinnert mit seinem Minz- Eucalyptustouch sogar an einen Heitz Marthas Vineyard. Im Gaumen weiss er noch besser zu gefallen als in der Nase. Zeigt roten Pflaumensaft, eine mürbe, leicht gezehrte Textur und im Finale eine versöhnlich rosinige Süsse. Ein Zeitzeuge der damaligen Vinifikation. Und auch der Beweis, dass selbst hoch reife Altweine mit dem Dekantieren nochmals zulegen können! 17/20 austrinken 


LYNCH, DER BESTE ALLER BAGES  Zwischen Château Latour und den beiden anderen Premiers (Mouton und Lafite) liegt das sogenannte Plateau de Bages. Viele Crus teilen sich dort Parzellen und profitieren auch gleichzeitig von diesem Terroir. Doch es glänzt nicht ganz alles, was sich Bages nennt.   Der jüngste aller Bages ist der Cordeillan-Bages. Eigentlich ein Hauswein vom Hotel Cordeillan-Bages, welches zur Familie Cazes gehört. Die Angebote sind spärlich und liegen um 75 Franken. Günstig (unter 30 Franken) ist der Haut-Bages-Monpelou. Ein Cru Bourgeois der zur Familie Castéja (Lynch-Moussas und Batailley) gehört. Der Haut-Bages-Libéral ist im Besitz von Claire Villars (Ferrière). Ein sehr guter, wenn auch nicht besonders tiefgründiger Wein, welcher in mehreren Jahrgängen unter 50 helvetischen Talern im Markt zu finden ist. Dann ist/wäre noch der Croizet-Bages. Auch dieser kostet nicht viel. Die Qualitäten stagnieren aber seit (zu) vielen Jahren auf einem jämmerlichen Niveau.   Dann kam viele Jahre der Haut-Bages-Avéroux auf den Markt. Das war der frühere Zweitwein von Lynch Bages, welcher letztmals im Jahr 2007 unter diesem Namen abgefüllt wurde. Der heisst heute Echo de Lynch-Bages und erfreut sich unter dem neuen Brand grosser Beliebtheit.   Popularitäts-Sieger in dieser «Bages-Liga» ist und bleibt der Château Lynch-Bages. In der Qualität, im Potential, aber verständlicherweise auch was sein Preis-Niveau betrifft.

LYNCH, DER BESTE ALLER BAGES


Zwischen Château Latour und den beiden anderen Premiers (Mouton und Lafite) liegt das sogenannte Plateau de Bages. Viele Crus teilen sich dort Parzellen und profitieren auch gleichzeitig von diesem Terroir. Doch es glänzt nicht ganz alles, was sich Bages nennt. 


Der jüngste aller Bages ist der Cordeillan-Bages. Eigentlich ein Hauswein vom Hotel Cordeillan-Bages, welches zur Familie Cazes gehört. Die Angebote sind spärlich und liegen um 75 Franken. Günstig (unter 30 Franken) ist der Haut-Bages-Monpelou. Ein Cru Bourgeois der zur Familie Castéja (Lynch-Moussas und Batailley) gehört. Der Haut-Bages-Libéral ist im Besitz von Claire Villars (Ferrière). Ein sehr guter, wenn auch nicht besonders tiefgründiger Wein, welcher in mehreren Jahrgängen unter 50 helvetischen Talern im Markt zu finden ist. Dann ist/wäre noch der Croizet-Bages. Auch dieser kostet nicht viel. Die Qualitäten stagnieren aber seit (zu) vielen Jahren auf einem jämmerlichen Niveau. 


Dann kam viele Jahre der Haut-Bages-Avéroux auf den Markt. Das war der frühere Zweitwein von Lynch Bages, welcher letztmals im Jahr 2007 unter diesem Namen abgefüllt wurde. Der heisst heute Echo de Lynch-Bages und erfreut sich unter dem neuen Brand grosser Beliebtheit. 


Popularitäts-Sieger in dieser «Bages-Liga» ist und bleibt der Château Lynch-Bages. In der Qualität, im Potential, aber verständlicherweise auch was sein Preis-Niveau betrifft.    


FREAKIGER REIFWEIN-AFICIONADO


Im Vorfeld zu dieser Lynch-Bages-Probe bat ich Jürg Richter seine Liebe zu alten Weinen zu deklarieren … 

 

Woher kommt bei mir die Leidenschaft zu «alten» Weinen?


Hierbei müssen wir gleich schon zu Beginn ein Missverständnis aus dem Weg räumen, denn «alt» heisst für mich nicht – wie viele denken – «zu alt». 


Das ist in etwa ein so grosser Unterschied, wie wenn man einen Oldtimer in erstklassigem Zustand mit einem verrosteten Exemplar vergleicht.


Und schon kommen wir zur nächsten Frage, die sich aufdrängt: Was heisst denn eigentlich alt? Sind dies 5, 10, 25 oder gar 50 oder mehr Jahre?


Diese Frage muss im Prinzip jeder für sich selbst und in Einklang mit seinem subjektiven Genuss-Empfinden beantworten.


Grundsätzlich ist ein Wein dann alt (nicht zu alt!), wenn er sich schon länger in der Genussphase befindet. Diese dauert, wie wir ja wissen, je nach Produzent, Traubensorte und Jahrgang unterschiedlich lang.


Die Genussphase kann somit von wenigen Jahren bis zu vielen Jahrzenten andauern.

So lange, bis uns dann das kleine, aber degustatorisch entscheidende Wort «zu alt» anzeigt, dass der Wein nun leider den Zenit überschritten hat und effektiv zu alt ist. 


Wie bereits beschrieben, verhält es sich so mit einem gereiften und alten Wein wie bei einem in die Jahre gekommenen, aber immer noch attraktiven Oldtimer. 


Der Charakter und das Erscheinungsbild unterscheiden sich immer mehr von den moderneren, jüngeren Ausgaben.


Sind diese Autos oder Weine nun deshalb weniger attraktiv?


Nein, im Gegenteil; aber sie sind Zeugen und Repräsentanten einer neueren Zeit und Weltanschauung. Genauso verhält es sich mit einem alten Wein im Gegensatz zu einer Abfüllung aus jüngerer Zeit.


Wer bereit ist für diese Offenbarung und Faszination, der läuft grosse Genuss-Gefahr, dass diese Erfahrung ihn in seinen Bann zieht und dem Genuss neue Türen, Tore und Dimensionen öffnet.


Ganz nach dem Motto: «Sei offen für Neues – auch wenn es alt ist und erweitere Deinen Horizont für eine neue Degustations-Erfahrung».


Und genau das ist es, was meine persönliche Leidenschaft für wunderbar, gereifte – ja, auch alte Weine ausmacht. 


Es sind Erfahrungen, welche man sich nicht annähernd vorstellen kann, wenn man «nur» junge Weine trinkt und ich wünsche jedem Wein-Liebhaber diese Erfahrung zumindest einmal im Leben machen zu dürfen.


Und ich garantiere, es wird in der Folge nicht das letzte Mal sein! 


1983 Château Lynch-Bages: Gereifte, deutlich aufhellende Farbe, transparenter, ziegelroter Rand. Offenes, süsses Bouquet. Dieses erinnert an Rosinen und gesüssten kalten Kaffee sowie an einen klassischen grossen Vintage Port (Noval Nacional!) im alten Stil. Im zweiten Ansatz; Studentenfutter, dominikanische Cigarren und Zedern Holz. Auch zart jodige und torfige Nuancen schwingen mit. Dann wird das Nasenbild zunehmend süsser, zeigt Nuancen vom Kampfer und kaltem Earl-Grey Tee. Im Gaumen geht es mit dieser berauschenden Süsse nahtlos weiter. Kein besonders tiefgründiger Wein, aber den heissen Herbst so richtig anzeigend. War immer schon einem Lieblings-Jahrgänge. Auch wenn es bei weitem kein typischer Lynch ist. Aber immerhin einer der besten Bordeaux-Weine des Jahrganges 1983. Zumindest gilt das für mich persönlich. Er war aber früher nicht immer überzeugend. Zu Beginn seiner heute erfolgreichen Genuss-Laufbahn zeigt er sich ziemlich sperrig. Vor ein paar Jahren flippte ich dermassen aus, dass ich mir gleich mehrere Kisten im Markt besorgte. Auch heute würde man noch kleinere Mengen im Markt für unter 200 Franken finden. Würde! 20/20 austrinken

MEINE GRÖSSTE ÜBERRASCHUNG


So langsam mehren sich bei mir die Eindrücke, dass die Bordeaux 1986 (nach extrem langer Verschlusszeit!) nun doch zu ziemlich grossen Klassikern mutieren. Das hat mich dazu animiert, am Samstag, 24. Oktober 2026, um 13.00 Uhr, im Restaurant Kreuz Emmen eine grosse Palette als 40jähriges Jubiläum zu entkorken. Weine aus Saint Emilion und Pomerol werde da nicht dabei sein. Die sind noch nie wirklich gut gewesen. Aber das linke Ufer wird (hoffentlich) viele Teilnehmer zu überzeugen wissen. Mehr Infos: www.weingabriel.ch 


1986 Château Lynch-Bages: Sehr sattes, dunkles, schier undurchdringliches Weinrot, schier Schwarz in der Mitte. Würziges, mit frischen Kräutern durchsetztes Bouquet. Es schwingt auch ein Hauch von Eucalyptus mit was ihm einen gewissen Napa-Touch verleiht. Im zweiten Ansatz; Brazil-Tabak, schwarzer Rauch und Backpflaumen. Im Gaumen ist er jetzt langsam besser entwickelt wie noch vor einem Jahrzehnt. Er gibt sich aber immer noch als fleischiger Brocken. Lange Dekantieren ist da eine gewinnbringende Pflicht. Mein bisher überzeugendster Eindruck zu diesem (zu)

lange verschlossenen Pauillac. 19/20 beginnen



FINALE MIT REIFEM SAUTERNES


Eine Probe mit Jürg Richter ohne Sauternes ist wie ein Coupe Danmark ohne Schokosauce. 


So griff der grosszügige Gastgeber dann zum Reissverschluss seine ledernen Flaschentasche und zauberte einen 1947 Château Suduiraut ans Tageslicht. 


Der braun-goldene Nektar schmeckte nach Dörrfeigen, Pertinax und Cointreau. Die passende Säure machte ihn vif und erfrischend. Kein vollsüsser, sondern ein besonders rassiger, ja gar immer noch reichlich erfrischender Sauternes. 19/20 trinken


RENATE’S GOURMET-SERVICE


Mehr als ein kaltes Plättli zur Degustation liegt normalerweise nicht drin. Wir genossen somit ein Sondergastrecht. Auf dem Bild sieht man die Strahlefrau und Geschäftsführerin Renate Schläpfer mit ihrem Geburtsjahrgang 1985.  Webseite und Info: www.fleischundmehr.ch



VIVA IL MAGNUM-GRISCHA

Olaf Scholz reiste eine Woche vor mir ans WEF nach Davos. Aus reiner Neugier wollte ich wissen, wie es der deutsche Bundes-kanzler so mit dem Wein hat. In seiner Diplomarbeit hat Scholz über Fussball und Bier geschrieben. Wie es sich bei ihm beim Wein verhält? Er soll in der Vergangenheit ein paar Mal öffentlich seine Vorbliebe zum Wein bekundet haben und er wurde auch schon in geselliger Runde mit einem Glas Wein gesichtet. Spezifischere Öno-Angaben findet man weintechnisch nicht über ihn …  Bei mir ist es umgekehrt. Man weiss im Allgemeinen viel über meine Liebe zum Wein. Dafür erfährt man im Netz praktisch nichts über meine politische Karriere. Ist auch verständlich, weil sich mein Interesse zu diesem Jargon in überschaubaren Grenzen hält. Meine möglicherweise etwas dekadent anmutende Ansicht zum Erfolg in der Politik proklamiert sich daraus, dass gewisse Personen dort nur versuchen Karriere zu machen, wenn es ihnen in anderen Sparten nicht gelang.   


Also kommen wir, weil eben der Gabriel grad wieder Mal am Laptop sitzt, unweigerlich weg von der Politik und fokussieren uns – einmal mehr – auf den Wein.  Wein in doppelter Form! Denn, es geht in diesem Artikel um Magnums. Die wurden zwar in Davos eingeschenkt, aber in Eschenbach entkorkt und dekantiert.  Und zwar am Veranstaltungstag. Dem ersten Tag im Monat vom «Horner» 2025. Im Volksmund mehr als Februar bekannt. 


Mit dem Hotel Grischa verband mich vom Anfang an eine Geschäftsbeziehung. Ich sah nämlich zufällig, dass eine ganze Palette von Gabriel-Gläsern vor ein paar Jahren bestellt wurden. Ich nahm mir vor in diesem Hotel einmal eine Raritäten-Verkostung zu organisieren. Das passierte letztes Jahr im Herbst 2024, als wir mehr als 50 Jahrgänge von Château Haut-Brion in den Bündner Bergen auf rund 1560 Metern über Meer während zwei Tagen zelebrierten.


MAGNUM-EVENT IM GRISCHA


Neun verschiedene Bordeaux-Crus aus Magnumflaschen wurden an diesem komplett ausgebuchten Samstagabend entkorkt. Plus zwei Weine aus normalen Flaschen. Einerseits der Apero in Form von einem «trockenen Sauternes», dem «G» de Guiraud vom Jahrgang 2022 und einem richtigen Sauternes zum Finale; 1999 Château d’Yquem. 



EINE MAGNUM KORKTE


Trotzdem war kein Frust beri den Teilnehmern zu verspüren. Dies deshalb, weil ich die Magnums zu Hause entkorkte und für die schadhafte Bouteille einen Ersatz hatte.


2004 Château Léoville-Poyferré, Saint-Julien: Magnum. Sattes Purpur mit rostroten Reflexen. Intensiver Moccatouch von dunkel gerösteten Barriques, schwarze Kirschen, Rauchnuancen, dunklen Pfefferkörnern. Geht gewaltig in die Tiefe und strahlt bereits nasal eine grosse Kraft aus. Im Gaumen kräftig und sehr fleischig mit einer tollen Konzentration im Extrakt anzeigend. Mehr Kraft wie Finesse und noch ein weiteres Potential vermittelnd. Somit ist er erst am Anfang einer langen Genussreife. Lange Dekantieren. 19/20 beginnen 



ZWEI LIEBLINGSWEINE


Auf die Frage, welcher sein Lieblingswein des Abends war, griff Gischa-Sommelier Igor Somm nach dem Gazin und dem Mouton-Rothschild.


1998 Château Lafaurie-Peyraguey, Sauternes: Magnum. Helles, leuchtendes Gold mit senfgelben Reflexen. Offenes, weit ausladendes Bouquet, zeigt eine reife, marmeladig anmutende Frucht. In erster Linie erinnert diese an Quittengelee, dann an Mirabellenkonfitüre und schliesslich zeigen sich Nuancen von Mandeln und minim auch Bittermandeln. Aus dieser Kombination ergibt sich ein Duft, welcher deutlich an Marzipan erinnert. Im Gaumen weich und anmutig. Zeigt sich hier wesentlich süsser als in der Nase und vermittelt viel Honigaromen. Vielleicht gibt er sich ein bisschen old-fashioned vom Stil her. Gefällt mir aber gerade deshalb. 19/20 trinken


1999 Château d’Yquem, Sauternes: Aufhellendes, brillantes Goldgelb mit orangen Reflexen. Intensives, vielschichtiges Bouquet. Die Aromen tanzen von Frucht über Würze zu blütenartigen Nuancen. Das Ganze wirkt verspielt, fast neckisch im Nasenbild. Der Ansatz der Süsse wirkt elegant und filigran. Im Gaumen süss, helles Malz, Akazienhonig, füllend-elegant und hoch aromatisch im langen Finale. Kein Sauternes-Likör, sondern eine tänzerische Variante welche auch für einen allerbesten Barsac passen könnte. Mein Einstandspreis für diesen damals ausserordentlich günstigen Yquem im Markt: 165 Franken. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Information: wenn ich ihn das nächste Mal geniessen will, muss ich mühsam eine noch verschlossene 12er Kiste öffnen. So ein Pech aber auch! 19/20 trinken



LOCKER UND PRÄZIS



Küchenchef Thomas Huber hat alles fix im Griff. Präsentation, Garzeiten, Geschmack.

Für ein Wine & Dine eine sichere Bank.  Offizielle Website: www.hotelgrischa.ch 




MOUTON-ROTHSCHILD & KRUSTENBRATEN

Es geht um sechs Jahrgänge von Château Mouton-Rothschild. Alle aus der Phase nach seinem Upgrade als Premier-Grand-Cru (1973). Entkorkt wurden diese an einem stinknormalen Januar-Dienstag im Eschenbacher W1. Der Indian-Töffgarage von Bärti Stocker. Er war Gastgeber für unsere Quartals-Jassrunde mit den Fehr-Brothers aus dem Aargau. Erstmals war er komplett fürs Menu verantwortlich. Und die Speisenfolge passte hervorragend zu diesem, mit schönen Etiketten versehenen Pauillac. 


Die Verbindung von Speisen mit Wein liefert bei Events immer wieder Diskussionen. Da gibt es einerseits ein tolerantes Lager, welche nach dem Motto «erlaubt ist, was gefällt» begleitende Kompositionen kreiert. Andere Organisatoren wiederum treiben die Suche nach Speisen-Wein-Harmonie buchstäblich zum pingeligen Exzess.  Diesmal kamen rustikale Gerichte auf den Teller: Schwartenmagen. Krustenbraten in Form von knusprigem Bauchspeck. Und reife Käse. Einer aus dem Tessin, genauer aus Isone. Die anderen von der Sagi-Chäsi in Rain. So weit so gut!


Bei genauerer Analyse der zelebrierten Gerichte und der Historie von Mouton kann vielleicht bemängelt werden, dass der Schweinebraten dann doch nicht so recht in die Symbiose der zelebrierten Weinen passte. Die Rothschilds waren und sind Juden und da ist Schweinsfleisch verständlicherweise aus religiösen Gründen tabu.  In früheren Zeiten war ich ein paar Mal auf dem Weingut in Pauillac eingeladen. 

Meist kam da eine dampfende Daubière mit einem «Navarin de Mouton» auf den Tisch. Dieses Gericht habe ich in der Folge ein paar Mal zu Hause für Freunde nachgekocht, wenn ein paar Moutons entkorkt wurden. 

Der Bericht ist auf www.bxtotal.com aufgeschaltet.



1995 Château Mouton-Rothschild, Pauillac:

Dunkles Granat, in der Mitte fast Schwarz. Geballtes, konzentriertes Bouquet, Pflaumen, Cassis, Black-Currant-Pastillen, Szechuan Pfeffer, Schwarzbrot Kruste. Im Gaumen kompakt, sehr konzentriert, fleischig, umfassende Adstringenz. Letzteres will heissen, dass die Gerbstoffe noch nicht ganz ausgereift sind und der Wein sich somit noch nicht auf dem Genusspeak befindet. Mindestens vier Stunden dekantieren. Vor Jahren war er immer «versprechend», aber doch relativ schwierig einzustufen. Heute merkt man, dass das ein grosses Mouton der modernen Art wird. Als Speisenbeilage kann man ihn jetzt schon einsetzen. 19/20 beginnen





1966 CHÂTEAU LA LAGUNE 


Es zeigt sich in der aufhellenden Farbe noch ein minimes Rot, nebst verständlichen Brauntönten. Das Bouquet vermittelt eine geniale Süsse mit Malz, Ricola-Kräutern, hellen und dunklen Rosinen, sowie Dörrpflaumen. Man findet auch Spuren von einem Gemisch von kaltem Darjeeling Tee und Kaffee. In dieser Kombination hatte ich das bisher noch nie so deutlich. Hält sich stoisch an der Luft. Also ist da keine Eile angesagt. Blind würde man da nasal bei einem grossen, reifen Saint-Julien suchen. Im Gaumen superelegant mit schon fast zärtlichen Rest-Tanninen, seidiger Fluss, im angenehm süsslichen Finale Hirschleder und dominikanische Cigarre. Nobel gereift und immer noch mit viel Genuss zu trinken. 18/20 


P.S. 1: Die Weine von La Lagune aus dieser Zeit waren alle gross und auf grossartigem Niveau. 1970 war unser Hochzeitswein im Jahr 1998 für 100 Personen. Die zwei Kisten waren schnell weg … 


P.S. 2: Zum Wild-Saucisson und Lauch-Bratkartoffeln sollte er eigentlich ganz gut passen. 




JUBILÄUM AUF DER MELCHSEE-FRUTT


Switzerland-Mobility deklariert das Obwaldner Ferien-Paradies wie folgt: «Umgeben von einer herrlichen Bergkulisse in einem landschaftlich prächtigen Hochtal liegt Melchsee-Frutt auf knapp 2000 Meter über Meer. Der familienfreundliche Ferienort am kleinen Melchsee wird mit der Gondelbahn erreicht». 

Zahlenmässig auf genau gleicher Höhe befindet sich der Bordeaux-Jahrgang 2000. Der feiert nämlich heuer seinen 25jährigen Geburtstag. Und wenn man ihn aktuell entkorkt, dann kommt ziemlich schnell Feierlaune auf. Denn – die besten Reifweine liefern im Glas ein veritables Volksfest ab. 


Am letzten Wochenende im Januar 2025 war es wieder mal so weit. Gastgeber Irene und Ruedi Berwert luden ein. Mit dabei; Freunde aus der Weinszene. In alphabetischer Reihenfolge: Alice, André. Felix, Karin, Kurt, Markus, René und Romi. 


Die fruttigen Austragungsorte: Post Huis, Stockhütte und Alpenheim. Mehr als ein Dutzend Flaschen vom begehrten Bordeaux 2000 wurden entkorkt. Passendes Essen und gute Gespräche mit sehr guten Freunden. Eine Formel mit ganz vielen Genussmöglichkeiten. 


Ein Blick zurück: Bei der Primeurprobe im Jahr 2001 verkostete und bewertete ich während acht Tagen total 850 Fassproben vom Jahrgang 2000. Mein journalistischer Einsatz resultierte aus 43'545 Wörtern. Insgesamt hackte ich 324'827 in die Laptop-Tasten um meine damaligen Eindrücke einzufangen. 

In den Jahren danach kamen ganz viele neue Eindrücke dazu. Diese wurden im Suchportal

www.bxtotal.com laufend angepasst.  

Wer alle aktuellen Wertungen und Notizen auf einen Blick will. gibt einfach beim Jahrgang «2000» ein und drückt auf «Suchen»



2000 Château La Fleur-Pétrus: Wertung von André Kunz. Samtenes, süsses, kräftiges, cremiges Bouquet, Brombeergelee, Erdbeeren, Pralinen. Ausgewogener, dichter, voller Gaumen mit vielfältiger, süsser Aromatik, feinem Tannin, fein opulenter Struktur, langer, kräftiger, süsser Abgang. 19/20 trinken – 2034


FELIX IM FACEBOOK


Er sponsorte, nebst mitgebrachten Müller-Bräu Bierdosen, auch noch den Apéro auf der Terrasse der Stockhütte am Samstagmittag. Nach dem Motto «Ein Dézaley kommt selten allein!»


Spontan postete ich das Foto auf Facebook. 

Bis zum Redaktionsschluss wurde der Beitrag über 5'000 Mal angeklickt. 



WEINGENUSS IN DEN ALPEN?


Schmecken die Weine in den Bergen genau gleich wie im Tal? Oder gibt es Unterschiede in physischer oder psychischer Form? Beim Frühstück kamen wir auf dieses Thema zu sprechen. Das Problem liess sich erörtern, aber ohne Recherche leider nicht klar definieren. Eine Spurensuche im Netz … 


Ein Veltliner schmecke in den Bergen immer besser. So war damals die Meinung zu den Weinen zu den «Alpen-Nebbiolos» von Triacca, Kindschi, Zanolari & Co. Habe ich früher ein paar Mal versucht. Die schmeckten mir oben so wenig wie unten! Beat Caduff veranstaltete jeweils ein alpines Weinforum in den Bergen von Arosa. Mir berichtete er, dass er die Weine jeweils schon eine Woche zuvor an den Veranstaltungsort transportierte, damit sich diese akklimatisieren konnten.    


Bei weiteren Recherchen fand ich heraus, dass es auch wichtig ist, dass sich der Mensch selbst 

auch akklimatisiert. Wichtig sei dabei, dass man seine Flüssigkeitszufuhr erhöht. Damit meine ich in erster Linie Wasser, weil der Körper in Höhenlagen schneller dehydriert. 


Eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung sei daher auch aus gustatorischen Gründen sinnvoll. Sind Gaumen und Nasenschleimhaut ausgetrocknet, verändert sich die sensorische Wahrnehmung. Die niedrigere Luftfeuchtigkeit führt dazu, dass Aromen von Schleim¬häuten schlechter aufgenommen werden. 


In der Höhe haben subtile Noten daher weniger Chancen, erkannt zu werden, denn die Aromen verflüchtigen sich rascher. Das intensiviert die Empfindung von Säure und Tanninen. Diese zeigen sich in der Höhe im Gaumen kräftiger. Gerbstoffe führen normalerweise dazu, dass wir mehr Speichel produzieren, um die adstringierende Wirkung zu senken. Hat man einen zu geringen «Wasserstand», fällt die Speichelproduktion geringer aus, folglich nehmen wir die Tannine stärker wahr.  



DER FRUTT-ALPENSIEGER


2000 Château Ducru-Beaucaillou: Verkostungsnotitz von André Kunz. Fein konzentriertes, komplexes, dunkles Bouquet, kleine schwarze Beeren, Zedern, Korinthen, Trüffel. Dichtverwobener, eleganter, vielschichtiger Gaumen mit dunkler, feiner Frucht, vielfältiger, dunkler, kräftiger Aromatik, viel feinem Tannin, kompakter Struktur, sehr langer, kräftiger Abgang. 20/20 trinken – 2048 







RESTFLASCHEN IM GABRIEL-KELLER


Bei der folgenden Aufzählung geht es nicht darum, wie viele Flaschen vom Jahrgang 2000 noch in Keller schlummern. Beim Durchstöbern gewisser Restposten, fand ich immer noch ein paar günstige Bordeaux, welche ich damals mit Überzeugung eingekauft hatte. Wenn ein Jahrgang gross ist, dann sind auch die «kleinen» sehr gut. Da ich kein Snob bin, schätze ich auch einfachere Weine. Die sind meistens mehr wert, wie die teureren. Was man bei mir aktuell an günstigen 2000ern (noch) in Einzelflaschen findet: Côte de Baleau, Lynsolence, Rol Valentin, Haut-Marbuzet, de Pez, Tronquoy-Lalande, Domaine de Chevalier, Lagrange, Angludet, Ferrière, Monbrison, du Tertre, Belgrave, Citran, Paloumey, La Garricq, Haut-Bages-Libéral, Clos de Salles und der spannende Moulin-Haut-Laroque aus Fronsac. 


Zum bevorstehenden Nachtessen wählte ich auch gleich einen Cru aus dieser «Schatulle» aus. Die Wahl fiel auf den 2000 Château d’Escurac: Immer noch sehr dunkel in der Farbe. Rauchig, würziges Bouquet mit einer defensiven Süsse von schwarzer Pflaumenhaut. Im Gamen saftig, weich und hoch aromatisch mit Lakritze im Finale. Wertung: 17/20. Mit diesem Wein verbinden mich viele Emotionen mit dem leider im Jahr 2017 verstorbenen Winzerfreund Jean-Marc Landureau. (Bild). 



LIEBER SMARAGD ALS GRAND CRU


Es muss nicht immer Latour sein! Karin mag auch Lynch-Bages, Grand-Puy-Lacoste oder La Mission Haut-Brion. Margaux mag sie gar nicht. Cos auch nicht. Palmer? Na ja! 

Es müssen Weine mit Ecken und Kanten sein. Wenn diese nicht vorhanden sind, dann switcht sie lieber auf einen Sauvignon Blanc oder – noch lieber – auf einen Wachauer. Und wenn schon, dann favorisiert sie die Liga der Smaragde. Hier scheint sie überglücklich mit der Magnum 2021 Riesling Spezial vom Weingut Jäger zu sein. 


Das Foto schickte ich dem Winzer Roman Jäger. Seine Antwort: «Glückliche Frau, schönes Leben für den Mann! Ich freue mich auf Euren Besuch im heurigen März.»  



GASTFREUNDSCHAFT


Zwei wunderbare Tage an einem Januar-Wochenende in der Melchsee Frutt. 


Ruedi als Flaschensponsor und Irene als Hackbratenkönigin. Vielen Dank!  


Der grosse PDF-Bericht von André Kunz und René Gabriel.  www.bxtotal.com 


2015 Rioja Grand Reserva 904


Wenn ich keinen Bordeaux mehr trinken dürfte, dann wäre es die Rhône oder Weine aus Spanien. So oder so eine schwere Entscheidung ... 


Ein Freund schenkte mir eine Flasche vom 2015 Rioja Gran Reserva 904 von La Rioja Alta. Da habe ich wunderschöne Erinnerungen an ältere Jahrgänge. Diesen kannte ich noch nicht. Also heute, aus reiner Neugier entkorkt und spontan begeistert. 


Für einen an sich klassischen Rioja ist die Farbe erstaunlich dunkel. Das Bouquet voller Bounty (Kokos und helle Schokolade), dann Sandelholz, Mocca, Cassis und Maulbeeren. Vom amerikanischen Holzausbau (48 Monate!) momentan noch eher süss. Das wird sich aber im Alter legen. Im Gaumen üppig, laktisch, weich und somit eine runde Sache. Gebündeltes, reiches Rückaroma. Ein genialer Blend aus 90% Tempranillo und 10% Graciano. Die Selektion der Trauben kommt aus den Dörfern Briñas, Labastida, Villalba und Fuenmayor. Die Reben sind zum grössten Teil bis 60 Jahre alt. 


Ein heute schon gigantischer Genuss mit einem Alterungspotential von garantierten 30 Jahren. Wertung: 19/20. Empfehlung: Kaufen!!!



Ein kurliger, gutmütiger Freund hat die Welt verlassen. Er war wohl am glücklichsten in unserer Freitags-Runde im W1 in Eschenbach. 


Leider konnten wir seinen 70igsten Geburtstag nicht mehr gemeinsam zelebrieren. Die Kalbsbratwürste und Pommes Frites waren schon bestellt. 


Oft bist Du bei uns vor dem Haus auf dem Glasbänkli gesessen. Dann haben wir Dir einen Villiger Stumpen in die Hand gedrückt. Dein Lächeln sprach Bände. 


Leb wohl Leo. Im Himmel nimmt Dir niemand die Zigaretten weg!



JASSPOKAL BLEIBT IN ESCHENBACH


Sie nennen sich «Eschenbacher Weinwanderer». Normalerweise wird etwas gewandert und dann gemeinsam Flaschen aus den eigenen Kellern genossen. Anfangs Jahr veranstaltet Weinfreund Baschi Schwander jeweils im Löwen eine Jassmeisterschaft. Er entkorkte nicht nur grosse Weine, sondern auch grosse Flaschen. Das Selbstbedienungs-Weinbuffet bestand nämlich ausschliesslich aus Magnumflaschen. 


Der Wanderpokal reiste beim ersten Concours nach Sempach (Hugo Gabriel). Bei der zweiten Auflage gewann Jürg Richter (Magden). Bärti Stocker gewann die heurige Jassmeisterschaft souverän mit einem Glanzresultat von 5'349 Punkten. Somit bleibt der Jasspokal erstmals im Dorf. Der Schieber ist nicht gerade Bärti’s Favorit. Lieber mischt er die Karten für den Coiffeur oder den Sidi Barrani mit Doppelkart. 





Ich denke, wir liegen im grünen Bereich. Die Schweizer sind massvoll. Nicht alle, aber halt im Schnitt ...


Beim Lesen vom Buch «Der letzte Schnee» von Arno Camenisch musste ich mehrmals schmunzeln. Deutsche Grammatik vermischt mit «Bündnerisch». Herrlich. Eine Passage möchte ich da nicht vorenthalten: «Dem Ende entkommt man nicht. Auch wenn man sich tot stellt!»



MODERATER ALKOHOLKONSUM?


Grundsätzlich gibt es ja Gruppierungen, welche Alkohol in jeglicher Form als schädlich bezeichnen. Bei der extremsten Mengen-Variante wird das im Netz wie folgt deklariert: «Wenn Sie bis zum Rausch trinken, auch wenn es nur gelegentlich vorkommt, erhöht sich Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich und Ihr Gehirn kann dauerhafte Schädigungen davontragen. Während eines Rausches steigt ausserdem die Gefahr eines Schlaganfalls sowie von Herzrhythmusstörungen».


Kürzlich habe ich einen spannenden Artikel in meiner Tageszeitung gelesen. Es gäbe in Amerika Bestrebungen gibt, sämtliche alkoholischen Getränke mit schockierenden Bildern, ähnlich wie bei Zigarettenpackungen zu deklarieren. Im selben Artikel steht, dass Herr oder Frau Schweizer rund 12 Liter Alkohol pro Jahr konsumieren. Dieser wird im von Bruno Knellwolf verfassten Artikel in Bier (59.6 lt.), Wein (33.8 lt.) und restlichen Mengen von Spirituosen, Obstwein und reinem Alkohol umgerechnet. 


Dabei wird aktuell in der EU ein Konsum von 1.5 Liter Wein, 3.5 Liter Bier oder 4.5 Deziliter Spirituosen pro Woche immerhin noch als «moderat» eingestuft. Moderat wird wortmässig mit gemässigt, massvoll, verhalten, akzeptabel, nicht überzogen oder auch vernünftig deklariert. 


Somit liege ich beim Bier sicher weit unter dem Wochenschnitt. Und beim «Spiritus Sanctus» ebenfalls. Bei genauerem Hinschauen und Verstehen dieser «zugelassenen Hebdomadismenge» habe ich dann erst im zweiten Ansatz verstanden, dass diese Mengen nicht kumuliert werden dürfen und so mit dem Wort «oder» verbunden sind. Somit muss ich zugeben, dass es bei mir Wochen gibt, bei welchen ich – besonders beim Wein – die als moderat geltenden Genussmengen etwas überschreite. Nicht konsequent oder permanent, aber dann doch halt situativ. 


Generiere ich mir dabei ein schlechtes Gefühl? Ganz bewusst nicht! Die Angst ist ein miserabler Genuss-Motivator. Der Konsum aller Art geht immer mit einem gesunden Verantwortungsbewusstsein einher. 


Ich könnte da auch noch dagegenhalten, dass ich von der Grösse und vom Gewicht über der Norm liege und deshalb diesen Differenzfaktor eigentlich aufrechnen könnte. So ist der durchschnittliche Europa-Mann 1.789 Meter gross und wiegt 85.8 Kilogramm. Wenn sich jetzt aus der Multiplikation dieser zwei Kennzahlen Faktoren ein Hunderterwert von 1.531384 ergibt. So kann ich den persönlichen Wert vom moderaten Alkoholkonsum (meine Grösse und Gewicht) mit einem buchhalterischen Faktor von 1.45358708 aufrechnen. Das gibt mir gedanklich oder entschuldigenderweise keine Luft nach oben. Es ergibt sich aber ein gutes Gefühl, wenn errechneten Eigenwerte unter den wöchentlichen Konsumationsvorgaben liegen. So etwa in der Richtung, dass ich mich effektiv das ganze Jahr über im Schnitt locker im absolut moderaten Bereich zu bewege. 


Und wenn wir schon bei Rechnen sind, dann frage ich mich, warum man den generellen Konsum in der Bemessung lediglich auf eine Woche herunterbrechen muss. Warum kann man nicht, als Konstante das ganze Leben bei der Betrachtung miteinbeziehen? Also eine Vermischung von Vergangenheit und Gegenwart. Wenn ich also errechne, dass ich heute 67 Jahre alt bin und bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr gar nichts getrunken habe, so ergibt sich im Schnitt eine unglaublich gesunde Formel, welche deutlich unter dem «moderaten Wert» liegt. Santé



2025 IST ANGERICHTET!



Das neue Jahr kommt automatisch! Man kann es nicht regulieren, aber immerhin steuern. Ich habe beschlossen 2025 weiter zu kuppeln und zu schalten. Nach dem Schalten kann man immer noch situativ entscheiden, ob ein Gang höher oder einer tiefer eingelegt wird. Nach dem Motto von Henry Ford: «Es liegt an Dir, ob Du im kommenden Jahr aufs Gas- oder Bremspedal trittst!». 

Gelegenheiten ergeben sich nicht von selbst. Man muss dafür auch etwas dafür tun. «Auf Veränderungen zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten». Hatte Albert Einstein mit diesem Spruch recht? Auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel. Grad gestern war ich am Bahnhof in Luzern. Und da ist ein Schiff abgefahren …


2024 war ein glücklicher, bewusst auch privilegierter Mix vom Besten, was das Leben zu bieten hat. Dafür bin ich meiner Familie, meinen Freunden und dem transzendentalen Umfeld wirklich sehr dankbar. Dabei vergesse ich nie Menschen, welchen es nicht so gut geht. Wenn man zu sich grosszügig ist, dann sollte es für andere eigentlich auch reichen … 


Was nächstes Jahr privat passiert, weiss meine Familie bereits und meine Freunde sind auch informiert. Weitere Freiräume sind mir heilig und dienen der persönlichen Regeneration. In Sachen Wein sind alle kommenden Events bereits auf der Webseite aufgelistet. Insgesamt sind es ein paar weniger als sonst. Insbesondere deshalb, weil ich alle externen Anfragen aus Altersgründen mittlerweile höflich negiere. 


Was 2025 kommt; Bordeaux-Magnum in Davos • Pomerol-Jahrhundert-Jahrgang 1998 in Hildisrieden • Zwei grosse Mouton-Vertikalen (Emmental und Bad Ragaz) • Jürg’s Magnum-Ikonen in Zürich • Bordeaux 2005 in Eschenbach • Figeac-Vertikale in Zürich • Doppelmagnums und rare Pomerols (Pétrus & Co.) in Meggen • Imperiale in Zürich • Château Guiraud in Bordeaux • Luzerner-Legenden-Lunch …


Sehen wir uns irgendwo nächstes Jahr? Das würde mich sehr freuen. 


ALLES GUTE AUS ESCHENBACH, RENE


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